Medien und Ästhetik
Künste, Medien und Bildung verbinden sich im Fokus eines weit verstandenen kulturell-ästhetischen Lernens, Erfahrens und Handelns zu einer je nach Frage- und Ausgangsinteresse spezifisch akzentuierbaren Einheit. Die zu bewältigende Aufgabe besteht darin, jeweils dem Alter und der Situation angemessene Umgangs- und Aneignungsformen zu finden und plurale Arbeitsweisen differenziert so anzuwenden, dass sie der Vielfalt Kultureller Bildung in allen ihren Formen entsprechen: medial, leiblich, symbolisch, analog, digital, von Tönen, Worten über Bilder und Tanz, Spiel bis Film, Computer und Web 2.0.
Die ästhetische Form als Botschaft
Der Zusammenhang von Medien und Ästhetik ist insofern unhintergehbar, als Medien per se ästhetisch formatiert sind. Das Ästhetische in der Spannweite von sinnlich-leiblicher Wahrnehmung bis zu den Künsten und allen kulturell-symbolischen Formen beruht immer auch auf Medialität, auf Bildern, Tönen, Bewegungen, Zeichen, Sprache, Kommunikation, Aktion, Dramaturgie, Theatralität und Gefühlen in gestalteter Form. Daraus werden Wirklichkeitswahrnehmungen, Bedeutungen, Interessen und Handlungen konstituiert und gesteuert sowie Wissen und Gefühl generiert bzw. transformiert. Insofern hat das Verweisungsverhältnis des Medialen und des Ästhetischen eine schon immer fundamentale anthropologische wie auch bildende Dimension, speziell insbesondere für Künste und Kulturen aller Art und aller Zeiten. Das Mediale, das sich als Formung und Gestaltung ästhetisch und im Prinzip zunächst ohne bedeutungsrelevante Inhaltlichkeit zwischen Sender und Empfänger spannt, vermittelt damit zwischen menschlicher Sinneswahrnehmung und vorhandenem Vorwissen einerseits und Sachen, Informationen, Botschaften andererseits. Mediale Zeichen lösen so inhaltliche Erfahrungen und Erkenntnisse, spezifische Emotionen und Reflexionen aus. Dies betrifft individuell subjektive wie auch kollektiv gesellschaftliche Reaktionen und Werte, die Lerneffekte und Handlungsimpulse auslösen, also im weitesten Sinn Wissens- und Bildungswirkungen haben – zunächst durchaus unabhängig von ihrer Qualität. Das Medium ist das „Dazwischen“, wie etwa auch in der lateinischen Vorsilbe „inter“ enthalten.
Schon die ersten menschlichen Kulturleistungen haben symbolisch-mediale Informationen und Bedeutungen, vermittelnden Charakter als symbolische Formen (vgl. Cassirer 1953/54) des ‚homo ludens‘ (vgl. Huizinga 1994): Bilder z.B. schon als Höhlenmalerei, Träume, Gesänge, Worte, Rituale, Spiele, Instrumente, weltanschauliche Projektionen, später dann Schrift, Buch, Foto, Film, Computer, Web 2.0 sind sowohl Ausdruck als auch Formen der Weltwahrnehmung. Das ästhetische Verhältnis von Mensch und Medien lässt sich so als Urphänomen und Ursprung aller Künste, Kommunikationen, Kulturen und Spielformen bezeichnen. In der globalisierten „Netzwerkgesellschaft“ des elektronisch-digitalen Zeitalters (vgl. Castells 2001a) haben sich die Erscheinungsformen und Wirkungsweisen des Medialen expansiv verändert. Ein zentrales medienästhetisches Motiv lieferte der kanadische Medienanalytiker Marshall McLuhan: „The medium is the message“ (McLuhan 1968). Es ist die Art und Form der gestalteten medialen Botschaft, die auch die inhaltlichwerthaltige Information und Aussage qualitativ zumindest mitbestimmt: die Formatierung.
Der Soziologe Niklas Luhmann hat das Phänomen dieser auch qualitativen Dominanz medialer Form gegenüber inhaltlicher Vielfalt und Welthaftigkeit in seiner Analyse der „Realität der Massenmedien“ so beschrieben: „Ihre reale Realität, könnte man sagen, besteht in ihren eigenen Operationen“ (Luhmann 1996:12). Er konstatierte eine Art paradoxe Verdopplung des Realen. Die mediale Konstruktion wird zu einer eigenen Wirklichkeit als „erfundene Wirklichkeit“ (vgl. Watzlawick 1981). Die zentrale Frage: „Was ist Medialität?“ hat sich im Horizont des Web 2.0 allerdings radikalisiert: „Medien übertragen nicht einfach nur Botschaften, sondern entfalten eine Wirkungskraft, welche die Modalitäten unseres Denkens, Wahrnehmens, Erfahrens, Erinnerns und Kommunizierens prägt“ (Krämer 1998:14). Dies prägt und transformiert Kunst, Kultur und Ästhetik entscheidend und damit auch im Kern alle damit identifizierten Bildungsformen, soweit Medialität und Symbolvermittlung dabei eine Rolle spielen, welcher Inhaltlichkeit auch immer.
Allgemeine wahrnehmungsorientierte und künstlerische Diskurse betonen den Aspekt des „Erscheinens“ (vgl. Seel 2000) als besonderes ästhetisches Phänomen. Dabei geht es auch um Schönheit und die durchaus positive Bewertung des mehr oder weniger „schönen Scheins“ (vgl. Schiller 1793/2000) als Qualitätsmerkmal aller Künste und Medien, des Illusionären, Simulativen, Spielerischen, Vorstellbaren, Imaginären als Möglichkeit. Durch mediale Präsentation, Transformation und Performation wird dieser kulturelle ästhetische Schein wahrnehmbar, anschaulich und Teil von Wirklichkeit – und damit auch zum kulturellen Träger und Medium von bildenden Inhalten und Ideen. Dies betrifft in neuen und extrem expansiven technologischen Formaten die digitale Medienkultur (siehe Barbara Hornberger/Stefan Krankenhagen „Pop- und Medienkultur in der Kulturellen Bildung“), ihre Nutzungen und Gestaltungsmöglichkeiten (vgl. Bolz 1991), natürlich auch alle Medien- und Netzkunst (vgl. Rötzer/Weibel 1991). Fehlen noch die „games“ und „social networks“ aus heutiger Sicht, die damals, 1991, noch nicht die globale Bedeutung hatten wie heute.
Der Begriff „Medienästhetik“
Der Begriff „Medienästhetik“ selbst erhält historisch Bedeutung mit dem Aufkommen technisch reproduzierbarer audiovisueller Ausdrucks- und Wahrnehmungsformen. Er bezieht sich auf „die Entwicklung audiovisueller Wahrnehmungsformen am Beispiel des Films unter produktionsästhetischen Aspekten wie Kamera, Montage, Film und Literatur und Film-‚Sprache’. Sie diskutiert die weitere audiovisuelle Entwicklung am Beispiel des Fernsehens, der elektronischen Medien und der Digitalisierung bis hin zu aktuellen Phänomenen wie Internet-Ästhetik, Videoclips und Computerkunst“ (Schnell 2000:12).
In Reflexionskontexten über Medialität generell, akzentuiert etwa als Medienanthropologie, Medientheorie, Medienwissenschaft, Medienkritik, Medienethik, Medienphilosophie oder Medienökologie, ist Medienästhetik als Thema eher marginalisiert. Sie wird in der Regel (kunst-)spartentechnisch abgehandelt, etwa im Kontext Literatur, Film, Audio, Fernsehen, Popkulturen – mit wenigen Ausnahmen: „Ästhetische Wahrnehmung ist nicht identisch mit dem was gezeigt oder gesagt wird, sondern sie besitzt ihre Spezifik in der Art und Weise, wie sie ihre eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten, ihre Techniken, ihre Mittel […] zur Verarbeitung einsetzt. Das Wie dieser Wahrnehmung steht im Mittelpunkt dieser Medienästhetik“ (Schnell 2000:22). Eben dies begründet die besondere und entgrenzte Bedeutung des Verhältnisses von Medien, Kultur und Ästhetik allgemein, insbesondere dann in Bezug auf Bildung, Lernen, Wissen und Handeln, Individuum und Gesellschaft.
Als „Vater“ der Medienästhetik im engeren Sinn gilt Walter Benjamin mit seinem Text „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ von 1936 (Benjamin 2002a:351). „Benjamin hat darin dem Problem der Medienkonkurrenz mit der Begründung den Boden entzogen, dass im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit von Kunst der Kunstbegriff selbst einer Revision bedürfte. Dies konnte nur deshalb gelingen, weil Benjamin seine Ästhetik nicht als philosophische Theorie, auch nicht als Kulturphilosophie entfaltet, sondern – im getreuen Sinn des Wortes – als Lehre von der Wahrnehmung“ (Schnell 2000:9). Benjamins zentrale medienästhetischen Sätze lauten: „Noch bei der höchstvollendeten Reproduktion fällt eines auf: Das Hier und Jetzt des Kunstwerks – sein einmaliges Dasein an dem Ort, an dem es sich befindet“ (Benjamin 2002a:354). Das, was wegfällt, nennt Benjamin die „Aura“. Aura meint das Authentische, Einmalige, Nichtvervielfältigbare etwa bei Kunstwerken und Kunstereignissen zugunsten ästhetischer Erfahrung (vgl. Schöttker 2002).
Zusammenfassend lässt sich Medienästhetik bzw. das Zusammenspiel von Künsten, Medien und dem Ästhetischen, Kulturellen für und in Bildungskontexten so beschreiben:
„Medienästhetik als Theorie der Wahrnehmung unter den Bedingungen neuer Medien klingt griffig und plausibel. Die Formel schließt an ästhetische Konzeptionen an, die auf Wahrnehmungen aller Art bezogen sind […]. Medienästhetik liefert Konstruktions- und Sinnangebote für medial geprägte Lebenswelten und Weltsicht. ‚Leben auf gigantischer Benutzeroberfläche’, ‚Verführung als Dienstleistung des Marktes’ oder ‚medial inszenierte Heilsversprechen’ sind einige der Schlagwörter, die hier komplementär und kritisch zu nennen wären. Dennoch ist Medienästhetik mehr als ein ‚Effekt der Unterhaltungsindustrie’.“ (Imort/Müller/Niesyto 2009:7). Franz Josef Röll mit einem Basisverständnis von „Ästhetik“ als „Aisthesis“, also vorrangig als Wahrnehmungsphänomen, schlussfolgert zum Zusammenhang von Ästhetik und Internet: „Die Medienästhetik des aktuellen und zukünftigen Internets ist orientiert an Interaktion, Einmischung und Partizipation. Sie richtet sich vor allem an den Interessen der Prosumenten aus“ (Röll 2009:29). Dies kann auch Kunst sein, in einem erweiterten und auch kollektiven Verständnis. Röll spricht in diesem Zusammenhang auch von einem unabweisbaren ästhetischen Imperativ jedweden medialen, rezeptiven wie produktiven Medienumgangs, welcher Formatierung und Inhaltlichkeit („content“) auch immer (vgl. Röll 2003:51).
Mediengestaltung als Möglichkeitsentwurf
Digital vernetzte und gestaltete Medienästhetik ist – da es keine Authenzität im eigentlichen Sinne mehr gibt – diesbezüglich sozusagen der „Supergau“ traditioneller, authentisch einmaliger Ästhetik. Andererseits ist sie aber auch eine „Superchance“, da sie „für alle, immer und überall“ produzierbar und konsumierbar ist – die entsprechende mediale Kompetenz vorausgesetzt.
Mediale Produktion und Rezeption schaffen symbolische Möglichkeitsräume. Diese eröffnen sich sozusagen medialästhetisch neben, oberhalb und auch konträr zu real existierenden Wirklichkeiten im existentiellen Hier und Jetzt, dem „Reich der Notwendigkeiten und Zwänge“, wie Friedrich Schiller dies in den „Briefen zur Ästhetischen Erziehung des Menschen“ (Schiller 1793/2000) nannte. Er setzte diesem das „Reich der Möglichkeiten“, des Vorstellungswissens, von Fantasie und Imagination als Potential des Künstlerischen, Kulturellen und Gestaltenden sowie Dramaturgischen entgegen.
Eben dies ermöglichen die Neuen Medien insbesondere in ihrer digitalen und globalen Vernetzung in bisher ungeahnter Weise und prinzipiell „für alle und überall“. Das ‚Bild der Welt‘ entsteht in der Welt der Bilder, der Abbilder und der Fantasiebilder. Alle Bilder haben die Macht und bildende Kraft bzw. Freiheiten, durch die imaginären Räume des schönen, ästhetischen Scheins – durchaus mit der Möglichkeit ethischer Dimensionen – Fantasien, Weltentwürfe, Gestaltungen und Interessen, die über das Hier und Heute hinausweisen, anzustoßen. Der mögliche bildende Gewinn: „Die Schulung der Wahrnehmung könnte zu einer entscheidenden Kompetenz werden, um die Beziehung zwischen realer und medialer Wirklichkeit einschätzen zu können“ (Baacke/Röll 1995:20).
Eher informationstechnisch akzentuierte Medienkompetenz wird hier ergänzt und erweitert um eine innovative, impulsgebende und gleichermaßen spezifisch kulturell-ästhetische Kompetenz des reflexiven wie produktiven Umgangs mit Wirklichkeiten, Fantasien und Wünschen – diese eben in symbolischer Gestalt zu anschaulichem Erscheinen gebracht. Der medienästhetische Gewinn liegt hierbei auf Interaktion, Transformation, Performation und Partizipation in einem prozessualen Vorgang und in subjektivindividuellen Varianten.
Dabei gilt auch: „Medien sind sozial: alle Medien, schon immer. Denn Medien vermitteln; sie sind […] Mittel und Mittler in Tauschprozessen zwar unterschiedlicher, aber immer auch und prinzipiell verbindender Art“ (Münker 2009:9). Wir sprechen heute wie selbstverständlich von der herrschenden Medienkultur, oder auch angemessen von „digitaler Medienkultur“, in der „Wahrnehmung, Konfiguration, Transformation“ neue und entscheidende gesellschaftliche Konstellationen ausbilden (Missomelius 2006). Dies ist die kulturell-ästhetische Dimension:
„All diese Entwicklungen kreisen um die Erweiterung und Transformationen der Optionen zu kommunizieren, zu kollaborieren, Kontakte zu knüpfen und Gemeinschaften zu bilden, kurz: Sie betreffen das ganze Spektrum der Sozialität, ihrer Modi und Herstellungsbedingungen“ (Jörissen/Marotzki 2008:151).
Medienbildung als Chance ästhetischen Lernens 2.0
Das experimentelle Vorbild der „Medienkünste“ kann neue Wege, ungewöhnliche Umgangsformen und innovativ-überraschende Nutzungen z.B. digitaler Kommunikation und Präsentation aufzeigen. Das ist eigentlich schon immer Auftrag, Interesse und Aufgabe avantgardistischer Kunstpraxis im Umgang mit je Neuem, etwa dem digitalen und vernetzten Medium, natürlich und vor allem auch medienästhetisch.
Interaktive „Medienkunst“ und „Netzkunst“ sind aktuelle Spielarten insbesondere im Kontext der bildenden Kunst, aber eigentlich nicht mehr kunstsparten-spezifisch definitiv eingrenzbar und nicht mehr im Traditionskanon der Künste aufgehoben (Gendolla u.a. 2001). Es geht dann um eine erweiterte Sichtweise von Kunst durch Medien: „Kunst ist nicht mehr Kunst der Darstellung, sondern – vorrangig – Kunst der Transformation. Den stetigen Wandel der Ansprüche an Kunst zu bedenken, die Medien des Austausches zwischen den als Kunst verfassten Aussagen und den in Kunstwerken wahrgenommenen Erkenntnisansprüchen zu erwägen, ist der Kern der medienbewussten Kunst und Kunsttheorie“ (Reck 2002:94).
Das medienästhetische Bildungsziel: Lebenskunst 2.0
Lebenskunst als weitestmögliche Zielperspektive Kultureller Bildung spannt sich auf zwischen alltagskultureller leiblicher Wahrnehmung, ästhetischer Praxis und künstlerischer Gestaltung mit Bezug auf das jeweilige lernende, sich bildende Subjekt zugunsten der je eigenen ‚Ästhetik der Existenz’ und eines gelingenden Lebens (vgl. Schmid 1998). Für Kulturelle Bildung im Rahmen der Fachorganisation Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) hat sich hier in Bezug zur Lebenskunst ein komplex-qualifiziertes Leitbild ergeben (vgl. BKJ 1999), dem sich auch kulturell-ästhetische Medienbildung (siehe Eva Bürgermeister „Medienbildungsorte“) verpflichtet fühlt (vgl. Zacharias 2010:267ff.). Medienästhetisch zugespitzte Orientierungen sind dabei:
>> Wer bin ich eigentlich? Womit identifiziere ich mich? Was bedeute ich anderen? Welches Bild habe ich von mir? Welches Bild haben andere von mir? Wo überall kommuniziere ich dies medial? Mit wem und mit welchen jeweiligen Interessen?
>> Wie will ich später als Erwachsener leben? Wie will ich im Alter leben? Welche medialen und realen Vorbilder habe ich bzw. interessieren mich?
>> Wie kann ich an meinem Selbstbild, an den mich betreffenden Fremdbildern arbeiten, sie beeinflussen und entwickeln? Was ist mir technisch möglich? Wie kann ich darüber permanent verfügen, die mich betreffenden Daten beherrschen und kontrollieren?
>> Bleibe ich in der Hinwendung und Nutzung medialer Welten meiner leiblich-sinnlichen Natur sozusagen „anthropologisch“ verbunden auch in sozialen und ästhetisch positiven Lebensumgebungen?
Mögliche didaktisch-pädagogische Strukturen und Angebotskonstellationen hätten dann etwa folgende und weiter in der Differenz von Handlungsfeldern auszuarbeitende Aufgaben:
>> Erreichbare Anlässe, Aufgaben und Angebote zur aktiven Beschäftigung bereitzustellen, z.B. mit den oben genannten Fragerichtungen und dazu zu motivieren – im Querschnitt kultureller und medienästhetischer Erfahrungs- und Handlungsfelder.
>> Diese alters-, milieu- und geschlechtsspezifisch zu gestalten sowie zeit-räumlich, atmosphärisch und technisch in angemessene Formen zu bringen, Orte und Gruppierungen sowie reale wie digitale Plattformen dafür anzubieten.
>> Weitgehende Freiwilligkeit der Teilnahme unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen der AdressatInnen zu ermöglichen, auch durch qualifizierte anregungsreiche Umgebungen, Vorbilder und partizipative Gestaltungsräume – insbesondere auch im Netz.
Ausblick und Herausforderungen: Komplementarität von Medialität und Leiblichkeit
Die zentrale medienästhetische Herausforderung ist das, was Wolfgang Welsch bereits 1990 im Horizont einer neuen Aktualität und Prominenz des Ästhetischen so formuliert: „Ästhetisches Denken ist eines, für das Wahrnehmungen ausschlaggebend sind. Und zwar sowohl als Inspirationsquelle wie als Leit- und Vollzugsmedium“ (Welsch 1990:48). Es geht dann um neue – mediale – Verhältnisse zwischen Künstlichkeit und Natürlichkeit, Symbolisierung und Leiblichkeit, wie es auch in der Formel einer Vermittlung zwischen „Sinne und Cyber“ zum Ausdruck kommt. Welsch formulierte diesbezüglich auch die neue ästhetische Programmatik von „Komplementarität“ und „Revalidierung“, also von Balance und zunehmendem Wiederinstandsetzungsbedarf körperlich-authentischer Erfahrung gegenüber Simulation, Medialisierung und Digitalisierung: „Wir sollten die Doppelfigur der Moderne weder medien-euphorisch noch leibfanatisch auf nur einen Pol verkürzen. Wir sollten unsere Zweiäugigkeit bewahren – oder neu gewinnen“ (Welsch 1995:92). Dieses Doppelmotiv hat insbesondere kultur- und kunstpädagogische Bedeutungen und ist medienästhetisch und dann auch didaktisch orientierend (vgl. Kirschenmann 2003).
Eine neue und zukünftig weiter zu bearbeitende Fragestellung betrifft das Verhältnis von „Wahrnehmung – Kognition – Ästhetik“ mit neurobiologischen Interessen und im Horizont von Digitalität: „Wie verarbeiten wir Wahrnehmungsprozesse? In welchem Verhältnis stehen der menschliche Wahrnehmungsapparat und die Umbrüche in der Medienentwicklung zueinander? Und welche Rolle spielen in diesem Verhältnis die künstlerischen Avantgarden, insbesondere die der Mediengeschichte?“ (Schnell 2005:10).