Natürlich digital?! Warum wir eine nachhaltige Medienpädagogik brauchen
Abstract
Vom Online-Planspiel Jugendklimakonferenz über eine Social Media Redaktion zu Nachhaltigkeitsthemen bis hin zum Repair-Café – es gibt viele Möglichkeiten, wie die Kinder- und Jugendmedienarbeit das Jugendinteresse an Umweltthemen aufgreifen und junge Leute dabei unterstützen kann, unsere (Medien-)Welt lebendiger und gerechter zu gestalten. Zunächst gilt es jedoch, eine Haltung zur digitalen Transformation zu gewinnen und die Themenfelder nachhaltiger Medienpädagogik zu erschließen: erste konzeptionelle Überlegungen zu einem komplexen Aufgabenbereich.
Die digitale Umwelt gestalten – die Umwelt digital gestalten?
Dass Klimawandel nicht nur erfreulich sonniges Wetter bedeutet, wurde in diesem Sommer sehr deutlich. 2020 ist das dritte Jahr in Folge, in dem auch in unseren „gemäßigten“ Regionen Trockenheit und Hitze so stark waren, dass mindestens drei Viertel aller Bäume in Deutschland geschädigt sind und viele einfach absterben. Zugleich erlebten wir unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie im April und Mai den Rückgang von Emissionen, unter anderem durch den verringerten Berufs- und (Flug-)Verkehr: Digitale Kommunikation macht plötzlich Homeoffice möglich und Dienstreisen überflüssig. Ein „Digitalisierungsschub“, wie ihn auch die Jugendmedienarbeit erlebt hat, hilft, Kontakteinschränkungen zu überbrücken. Tatsächlich machen sich hier viele auf den Weg (vgl. MedienConcret 2020).
Aber was für ein Weg ist das? Zunächst ist er von gutem Willen und Kompromissen geprägt: Mit viel Kreativität und Experimentierfreude wurden Kontakte digital gehalten und neue Angebote ausprobiert. Unterschiedlich sind die Erfolge, wenn es darum geht, Kinder und Jugendliche nicht nur zu informieren, sondern zum Mitmachen und Ausprobieren zu bewegen. Mit kommerziellen Medienangeboten, die die Gaming- und Streamingkanäle heiß laufen lassen, können medienpädagogische Angebote selten mithalten. Und der „soziale und emotionale Kitt“, der unsere pädagogischen Prozesse so charmant zusammenhält, ist digital viel schwerer zu erzeugen. Es wird breit in technische Ausstattung investiert, z.B. beim „Digitalpakt Schule“; Nachhaltigkeitskriterien spielen bei der Technikauswahl bisher keine Rolle. Richten wir – auch mit den Erfahrungen der letzten Monate – den Blick nach vorne und fragen: Welche Digitalisierung wollen und brauchen wir?
Soziotechnologische Systeme sind politisch
Alle wissen: Der Mega-Begriff Digitalisierung meint nicht nur die Technik, sondern auch die dadurch initiierte gesellschaftliche Transformation. Das macht es ebenso anspruchsvoll wie interessant. Harald Gapski, Leiter der Forschung beim Grimme-Institut, sieht hier den Kern neuer Anforderungen an die Medienbildung: Digitalisierung fordert heraus, global vernetzte digitale, soziotechnologische Systeme in Bildungsprozessen transparent zu machen, Menschen dazu auszubilden, sie demokratisch kontrollieren und gestalten zu können (vgl. Gapski 2018).
Diese immense Anforderung lässt sich nicht allein in der pädagogischen Praxis erfüllen. (Medien-)Pädagogik braucht hier den für die Praxis aufbereiteten Rückgriff auf Expertenwissen sowie unabhängige Institutionen, die die demokratische Kontrolle von digitalen Systemen unterstützen als auch juristische Werkzeuge wie z.B. den digitalen Verbraucherschutz. Mit einem solchen Hintergrund jedoch ist Medienpädagogik gefordert, Orientierung zu geben und „Übersetzungshilfe“ zu leisten:
- Wissen über die Funktionsprinzipien der Digitalisierung/digitaler Medien und ihren Folgen verständlich und zugänglich machen.
- Wege aufzeigen, wie sich (junge) Menschen an der Gestaltung der digitalen Zukunft auf der politischen wie auf der zivilgesellschaftlichen oder der technischen Ebene beteiligen können.
Diese Fragestellungen stoßen auf großes Interesse bei Jugendlichen. So zeigt die Studie des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI), dass Jugendliche an gesellschaftlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit Digitalisierung interessiert sind und ein Unbehagen in Bezug auf Datensicherheit empfinden. Sie empfinden sich, so die Studie, bisher eben nicht als „Gestalter der Entwicklung, sondern eher als Getriebene“ (DIVSI 2018:106). Sie fordern geradezu ein, dass Schule und Medienbildung ihnen helfen, die komplexe digitale Umwelt besser zu verstehen.
Für Medienpädagoginnen und -pädagogen sollte das eine Steilvorlage sein, um die Reflexion über die Digitalisierung mit ihren Chancen und Risiken für die Gestaltung einer lebenswerten Zukunft in die Methodenentwicklung einzubeziehen. Die hiermit verbundene Auseinandersetzung kann in Kontexten der Jugend- und Kulturarbeit ja durchaus kreativ, spielerisch oder künstlerisch umgesetzt werden. Gerade, weil die Digitalisierung Chancen und Risiken öffnet, muss es darum gehen, (junge) Menschen dabei zu unterstützen, eigene Anforderungen und Ideen für eine „gute digitale Zukunft“ zu formulieren. Die ökologischen Wirtschaftsforscher Steffen Lange und Tilmann Santarius, die sich mit nachhaltigen Formen der Digitalisierung beschäftigen, fordern: „Gleichzeitig sollte eine kritische digitale Bildung auch Fragen stellen, die unsere Gesellschaft als Ganzes betreffen: Welche und wie viel Digitalisierung wollen wir? Wer gewinnt, wer verliert bei der digitalen Revolution? Was bedeutet die Digitalisierung des Konsums und der Industrie für die Umwelt? Welche Auswirkungen hat sie auf den globalen Süden?“ (Lange, Steffen/Santarius, Tilmann 2018:106).
Jugendinteresse an Umweltfragen aufgreifen
In der Auseinandersetzung mit diesen Fragen haben wir im Team des jfc Medienzentrums einen erfreulichen Nebeneffekt bemerkt: Die Nachhaltigkeitsperspektive hilft, die Fortschrittsdynamik der Digitalisierung, die uns oftmals vor sich hertreibt, an humanen und ökologischen Kriterien zu messen. So können wir prüfen, ob und wie die riesigen Chancen, die die digitale Technologie bietet, für „gleiche und hinreichende Entfaltungschancen für die Menschen auf diesem Planeten, heute und zukünftig innerhalb der bestehenden planetaren Grenzen“ – so die Definition von Nachhaltigkeit des WBGU (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen:2011) – eingesetzt werden können. Kurz: medienpädagogische Methoden zu entwickeln, um junge Menschen zu befähigen, mit (Medien-)Technologien eine nachhaltige und gerechte Zukunft zu gestalten.
Damit treffen wir auch inhaltlich auf das derzeit wichtigste Thema der Jugendlichen: der Schutz der Umwelt. Ein Blick auf die aktuelle Shell Studie zeigt: „Der Schutz der Umwelt liegt 71 % am Herzen und ist damit inzwischen sogar wichtiger als ein eigener hoher Lebensstandard (63 %) (Shell-Studie 2019:21).“ Diese Aussage gilt also für fast drei Viertel aller Jugendlichen. Die Unterstellung, benachteiligte Jugendliche interessierten sich nicht für Umweltthemen, stimmt angesichts dieser Zahlen jedenfalls nicht. Immerhin sind es auch „in der unteren Mittel- sowie untersten Schicht immer noch gut zwei von dreien“ (Shell-Studie 2019:23), die umweltbewusstes Verhalten für wichtig halten. In Milieus jedoch, in denen sich Jugendliche abgehängt fühlen und das Gefühl haben, keine Kontrolle über ihr Leben zu haben, entwickeln sich Haltungen, die für einfache, populistische Lösungen offen sind: Laut der Shell Studie gibt es unter den Jugendlichen 24 % Populismus-Geneigte und 9 % Nationalpopulisten, die populistisch aufgeladenen Statements durchgängig zustimmen. Zu solchen Statements gehört es auch, den Klimawandel zu leugnen. Wenn „Populismus dem Wunsch nach Rückgewinnung von Kontrolle dient“ (Shell-Studie 2019:17), wie die Forscherinnen und Forscher folgern, muss es umso wichtiger sein, Jugendlichen, (die sich u.a. Sorgen um die Umwelt machen), zu zeigen, dass sie eben nicht hilflos sind.
Wenn wir feststellen, dass sich viele Jugendliche schon längst für Nachhaltigkeit einsetzen, müssen möglicherweise eher wir Erwachsenen aufhören, das Thema zu verdrängen. Der Schriftsteller Jonathan Safran Foer (2019:30) formuliert es in seinem Buch, „Wir sind Klima“: „Das Dumme an der Krise des Planeten ist, dass hier ‚Apathie-Verzerrer‘ eingebaut sind. Obwohl viele der mit dem Klimawandel zusammenhängenden Katastrophen (…) anschaulich und persönlich immer schlimmer werden, fühlen sie sich nicht so an. (…) Statt als Facetten einer immer relevanteren Geschichte werden sie als abstrakt, weit weg und isoliert empfunden.“ Foer möchte dieses Phänomen jedoch nicht akzeptieren, sondern weist auf eine moralische Verpflichtung hin, die dadurch entsteht, dass wir etwas wissen: „Wenn wir die Tatsache, dass wir den Planeten zerstören, zwar akzeptieren, sie aber nicht glauben können, sind wir nicht besser als die, die den menschengemachten Klimawandel ganz verleugnen.“ (Foer 2019: 31)
Ich denke, dass der Schutz der Umwelt, insbesondere des Klimas, für die Lebenschancen der nachwachsenden Generationen so wichtig sind, dass sie ähnlich übergreifend pädagogisch unterstützt werden müssen wie faires, demokratisches Handeln und die Bekämpfung von rassistischen oder sexistischen Haltungen. Jugendliche interessieren sich für den Schutz der Umwelt, aber Nachhaltigkeit ist ein komplexes Konzept, wie es das Bundesministerium für Bildung und Forschung auf dem BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung)-Portal erläutert: „Seit dieser ersten Definition hat sich der Begriff der Nachhaltigkeit weiterentwickelt und geht längst über einen reinen Umweltbegriff hinaus. Er basiert auf der Erkenntnis, dass Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft sich gegenseitig beeinflussen: Es wird langfristig keinen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt ohne eine intakte Umwelt geben. Ebenso wenig wird es gelingen, die Umwelt effektiv zu schützen, wenn Menschen um ihre wirtschaftliche Existenz kämpfen müssen.“
Es gibt viele wissenschaftlich fundierte Modelle und Visionen, wie eine Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft umsetzbarer sein könnte. Seit vielen Jahren wird dazu beispielsweise am Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie geforscht. Betont wird hier die Bedeutung des Ineinandergreifens von technologischen Lösungen und nachhaltigen Lebens- und Konsumstilen. Digitale Medien bewegen sich immer schon am Schnittfeld von Technologien und Nutzungsweisen, von technisch hergestellter Kommunikation und kulturell geprägten Inhalten. Digitale Technologien erweisen sich zugleich als Problem und als Lösung. Uwe Schneidewind stellte 2018 in der Publikation „Die große Transformation“ sieben konkrete Umsetzungsszenarien (Konsumwende, Energiewende, Ernährungswende, Ressourcenwende, Mobilitätswende, urbane Wende und industrielle Wende) vor, mit deren Umsetzung die gigantische Aufgabe in machbare Teile zerlegt, umgesetzt werden kann. Hier lassen sich auch Medienreflexion und Medienkompetenzen verorten.
Mit der Vision, eine friedliche und nachhaltige Gesellschaft zu gestalten, haben im Herbst 2015 auch die Vereinten Nationen eine „Globale Nachhaltigkeitsagenda“ verabschiedet, die Bundesregierung hat versprochen, die Ziele auf nationaler Ebene umzusetzen.
Als Teil dieser Nachhaltigkeitsagenda gibt es die Initiative „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ in Deutschland. Sie soll alle Bildungsbereiche umfassen, von der Kita bis hin zur beruflichen Bildung und zur Uni. Der non-formalen Bildung im Jugendbereich wird dabei besondere Innovationkraft zugesprochen. Die Initiative unterhält dazu in allen Bundesländern Koordinierungsbüros und möchte laut BNE-Portal „bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben.“
Angesichts naher Kipppunkte der Klimakrise kann der Zeithorizont von 10 Jahren, wo „durch Bildung nachhaltige Entwicklung gefördert werden soll“, sehr lang erscheinen. Doch sind Medienpädagoginnen und Medienpädagogen ja frei, sich schneller auf den Weg zu machen und am besten gleich zu beginnen. Wie gesagt, sie laufen bei den Jugendlichen offene Türen ein, ihnen fehlt die Geduld für große Konzepte und lange Umsetzungsfristen.
Im Wald pfeifen
Angesichts des gegenwärtig so enorm angewachsenen Interesses an neuen Formen digitaler Bildung kann der Anspruch, nun auch noch das Mega-Thema Nachhaltigkeit durchzudeklinieren, erschlagend wirken. Doch gerade jetzt ist es wichtig, auf die Qualität zu achten, mit der Medienpädagogik auf diese Anforderungen reagiert. Was nützt es, wenn Millionenbeträge in technische Ausstattungen gepumpt werden, die in wenigen Jahren als Elektroschrott auf die Halde wandern? Wie schnell können wir das große Interesse von jungen Menschen am Schutz der Umwelt aufgreifen, um die Umwelt nachhaltig und digital zu gestalten? Fangen wir an! Es sind viele Fragen in meinem Text zu finden und viele Appelle – beim Weg in den (kranken) Wald muss ich laut pfeifen…
Praxisimpulse zu Themen und Methoden einer nachhaltigen Medienpädagogik
Im Folgenden werden – ausgehend von den Nachhaltigkeitschancen und -defiziten digitaler Medien – verschiedene Themenfelder skizziert, die in der Medienpädagogik aufgegriffen werden können. Viele sind noch nicht oder erst ansatzweise in Methoden und Praxisansätze überführt. Erste Projektideen für die praktische Umsetzung werden daher nur stichwortartig genannt, weitere Projektideen finden sich in anderen Praxisartikeln des Magazin für die Pädagogische Praxis – MedienConcret 1/2020 und im Projektpool dieses Heftes, in welchem dieser Artikel erstmalig veröffentlicht wurde.
Wirkung digitaler Medien auf Ökologie
Nachhaltigkeit braucht Konzepte, die natürliche Ressourcen schonen. Digitalisierung verbraucht Ressourcen und frisst sehr viel Energie. Der Energieverbrauch für die Nutzung und Herstellung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) liegt bei ca. 12 % des Gesamtverbrauchs an elektrischer Energie. (Sühlmann-Faul 2018: 49) Zugleich können digitale Medien und Technologien auch zur Einsparung von Ressourcen beitragen. Wie können wir die Energie für die Digitalen Welten nachhaltig erzeugen? Welche Tools, welche Soft- und Hardware haben welchen ökologischen Fußabdruck? Welche Tools helfen uns, unsere eigene Ökobilanz positiver zu gestalten? Wie können wir Hardware lange nutzen, wenn die Entwicklung so schnell ist? Auch wenn wir es nicht schaffen werden, dass die Nutzung digitaler Tools gleich klimaneutral ist, macht es doch Sinn, mit Jugendlichen zu überlegen, welche Konsequenzen verschiedene Medienkonsumstile haben, z.B. Streaming, Erneuerungsrate von Geräten… – macht es Sinn, zu überlegen, wie digitale Tools genutzt werden können, um Ressourcen einzusparen, z.B. eine App für Verkehrsreduzierung zu entwickeln oder im 3 D Drucker Ersatzteile zu drucken. Selbst wenn diese (noch) aus Plastik sind. Kurz: Wie können wir auch mit Kompromissen anfangen und Kinder und Jugendliche unterstützen, digitale Medien ökologisch nachhaltig zu nutzen? Wie können wir Anstöße geben, damit Rahmenbedingungen entstehen, in denen sie das überhaupt können (z.B. erneuerbarer Strom, recyclebare Technik)?
- Erste Ideen für die pädagogische Arbeit
Produktive Medienarbeit zu Umweltthemen / digitaler Lernpfad oder Actionbound zum Klimawandel / Games zu ökologischen Themen spielen, darüber diskutieren oder Spiele selber mit Jugendlichen produzieren / App-Tester Nachhaltigkeit / Repair-Café / Filmreihen mit engagierten Dokumentarfilmen / Messstation oder Gießautomatik im Fablab bauen / Escaperaum zum Thema entwickeln.
Digitale Medien und Rebound-Effekte
Nachhaltigkeit braucht eine Wirtschaft mit sozialen und ökologischen Zielsetzungen. China zeigt uns, dass ein autoritärer Staat in der Lage ist, digitale Medien zu einem umfassenden Kontroll- und Steuerungsinstrument zu machen (Social Scoring). Im Westen befindet sich die Infrastruktur digitaler Medien im Besitz privatwirtschaftlicher Unternehmen, Zugänge müssen mit Geld und Daten gekauft werden. Die Staaten in der EU tun sich schwer, hier ihre gemeinwohlorientierten Interessen wie Besteuerung von CO2 oder Datenschutz durchzusetzen. Ebenso schwer fällt es ihnen, Eckpunkte für nachhaltiges Wirtschaften zu setzen. Solange Ressourceneinsparungen durch digitale Technologien durch eine Produktionssteigerung wieder aufgefressen werden, fällt es schwer, Jugendliche für einen sparsamen Umgang mit Ressourcen zu motivieren. Die Medienpädagogik für eine nachhaltige Mediennutzung hat viele Schnittmengen zur politischen Bildung, die mit neuer didaktischer Fantasie gefüllt werden sollten. Zugleich können hier viele medienpädagogische Ansätze, wie z.B. journalistisches Arbeiten, Auseinandersetzung mit dem Wahrheitsgehalt von Informationen, mit Lebensstilen und Konsumzwängen und der Umsetzung von Sharing-Kultur, angeführt werden.
- Erste Ideen für die pädagogische Arbeit
Big-Data-Parcours (www.bigdata.jfc.info/methoden.html) / Hackathon / Coding-Seminare / Filmreihen / Zukunftswerkstatt Digitopia (www.jfcmedienzentrum.de/digitopia) / Podcast: Unsere Tipps für Datensparsamkeit / Planspiel mit Recherchetraining / Alles verboten, was Spaß mach? – Ethikdiskussion.
Gerechte Gesellschaft und Beteiligung
Nachhaltigkeit braucht gerechte Verhältnisse. Solange sie nur für Wohlhabende umsetzbar ist, scheitert sie. Dafür braucht es eine gesellschaftliche Rahmung und Infrastruktur ohne Barrieren.
Vernetzte digitale Medien haben die gesellschaftliche Kommunikation revolutioniert. Jeder kann alles kommunizieren. Traditionelle journalistische Informationskanäle treten neben soziale Medien, die aus den Angeln heben, was Informationen, Emotionen, was Wahrheit und Lüge ist. Hinter persönlich erscheinenden Statements wirken algorithmengesteuerte Beeinflussungsstrategien, deren Urheber schwer zu erkennen sind. Hier entwickelt sich gesellschaftliche Spaltung zwischen verschiedenen Generationen und sozialen Gruppierungen: auf der einen Seite diejenigen mit hoher Medienkompetenz und (häufig auch) Verantwortungsbewusstsein, auf der anderen Seite diejenigen, die aufgrund sozioökonomischer Benachteiligung keinen Zugang und auch keinen Einblick in die Mechanismen der Mediengesellschaft haben. Hier ist die Medienpädagogik besonders gefordert, auch benachteiligten Kindern und Jugendlichen souveräne Teilhabe an Medienwelten zu ermöglichen, in Medienprojekten politische Bildung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Demokratieverständnis zu fördern.
Besonders wichtig ist es dabei, diejenigen im Blick zu behalten, die sich abgehängt fühlen und für sie medienpädagogische Empowerment-Strategien zu entwickeln. Solche Gruppen gilt es vor Ort zu erreichen, ihr Vertrauen in sich selbst und in andere zu stärken, ihnen echte Beteiligungsmöglichkeiten zu eröffnen. Schon jetzt entwickeln sich in vielen Quartieren reale und digitale „Allmenden“: Freiräume mit vielfältigen, attraktiven Angeboten, künstlerischen Beiträgen und freien Debatten.
- Erste Ideen für die pädagogische Arbeit
Workshop: Du hast die Wahl – Meinungsbildung in den sozialen Medien / Fotoausstellung: Was läuft falsch in meinem Stadtteil? / 30 Sekunden-Clips zu Kinderrechten / Deine Stimme für Gerechtigkeit / Jugendbeteiligung online / Open Studio (selbstverwaltete Medienräume) / Beteiligung an Quartiersentwicklung.
Individuelle und gemeinschaftliche Interessen ausbalancieren
Nachhaltigkeit braucht eine Balance zwischen individuellen und gemeinschaftlichen Interessen. Nicht zuletzt durch Medien haben wir viele Formen individueller Freiheit gewonnen: Jeder kann sich endlos mit Medien darstellen, spiegeln, sich vergleichen und abgrenzen. Bedürfnisse und Interessen ebenso wie Moden und Stile werden medial vermittelt. Die Aushandlung von Interessen ist in viele oft ungeregelte oder sehr manipulative Kommunikationsfelder diffundiert. Wie können Jugendliche unterstützt werden, in der Medienwelt ihre Stärken und persönlichen Interessen zu finden, fair mit anderen umzugehen und abwägen zu können, mit wem sie sich „gemein“ machen? Bis zu welchem Grad gibt die Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder Bewegung Sicherheit und Kraft, und wann besteht die Gefahr, sich über die Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder Strömung ideologisch abzugrenzen und ausgrenzend zu werden?
Auch um dem Klimawandel gegenzusteuern, müssen wir umdenken – und auch verzichten auf viele liebgewonnene Gewohnheiten. In einer verantwortungsvollen Gemeinschaft fällt dies viel leichter. Soziale Anerkennung in der Gruppe, die nachhaltige Lebensformen entwickelt, fördert den Klimaschutz – und gibt Sicherheit. Eine Sharing-Kultur erleichtert es, unseren Konsum einzuschränken. Und Engagement im sozialen Bereich oder in Klimabewegungen gibt uns das Gefühl, die Welt aktiv mitgestalten zu können. Nachhaltigkeitskonzepte setzen auf offene Gemeinschaften, die sich mit verschiedenen Ansätzen einem Ziel nähern, das alle angeht: den Planeten für alle und nicht nur für einige Privilegierte bewohnbar zu halten. Und ja, sie grenzen sich ab von jenen, die die Krise leugnen. Man ist also mitten drin in einem der wichtigsten medienpädagogischen Themen: Wahrheit oder Fake? Erkenntnis und Interesse…
- Erste Ideen für die pädagogische Arbeit
Videoteams / Projekt: Selbst dein Leben „influencen“ / Fake-News-Workshops / Fotosession: (Gem)einsam – Experimente für ein neues Miteinander / Workshop: Online-Offline – Wir in den Sozialen Medien / Barcamp Sharing.
Medienwirkungen wahrnehmen – Medienökologie entwickeln
Nachhaltigkeit braucht auch eine individuelle Medienökologie. Wie gehen wir mit Aufmerksamkeit und Zeit, den emotionalen und kreativen Ressourcen im Zusammenhang mit digitalen Medien um? Was tut uns gut? Wann ist wovon genug? Wie verhalten wir uns zu neuen Normierungsprozessen z.B. durch den ständigen Vergleich, durch Rankings, Tracking und Scoring? Wo verlaufen Grenzen zwischen Emanzipation und Selbst-Optimierung? Wie können wir Medien nutzen, ohne Suchtgefahren oder datengesteuerten Beeinflussungsmechanismen zu erliegen? Und wie können weltweit Kinder und Jugendliche (vor Kameras und hinter Screens) vor Gewalt geschützt werden? Wie können digitale Medien zur respektvollen Kommunikation genutzt werden?
- Erste Ideen für die pädagogische Arbeit
Spinxx – junge Medienkritik / Mein Medientagebuch / Fakes, Likes und Ich (siehe Projektpool) / Kahoot-Quiz: Fake News und Verschwörungstheorien entlarven / Abenteuercamp: Digital und draußen / Digital Detox / Apps zu Bildschirmzeiten.
Medienkultur nachhaltig produzieren und nutzen: divers, inklusiv und partizipativ
Nachhaltigkeit braucht Kreativität, Vielfalt und Toleranz. Digitalisierung und Mediatisierung trägt zur sehr immateriellen Lebensqualität bei: Kunst, Kultur, Unterhaltung, dezentrale Beziehungen, Information sind ein weltweiter Kulturraum mit ständig neuem Stoff zum Träumen, Abtauchen, Lieben, Lernen und Erkennen. Wie kann dieser Raum nachhaltig gestaltet werden? Welche Ressourcen werden verbraucht, wenn wir Medien produzieren, streamen und darüber kommunizieren? Was bedeutet es, wenn wir immer größere Archive in Clouds legen, die beileibe nicht am Himmel schweben? Welche Ressourcen werden eingespart, wenn wir genau das tun? Wer hat Zugang zu diesen Schätzen und wer möchte, sollte daran verdienen? Wie geht „grünes Filmemachen“? Wie schnell darf die neueste Software dazu führen, dass man sich neue Geräte kaufen muss? Wie können globale Kulturgüter allen Menschen gleich gut zugänglich werden?
- Erste Ideen für die pädagogische Arbeit
Bewusster Umgang mit Technik und Material bei der praktischen Medienproduktion / „Wie wir leben wollen“-Reportagen / Digitale Jugendbeteiligung an der Stadtentwicklung / Jugendklimakonferenz online / Fotoaktionen / Installationen / Games.
Medien zum Thema Nachhaltigkeit kennen, nutzen und produzieren
Nachhaltigkeit braucht gute Narrative. Vom Dokumentarfilm, der Mut macht zu einer umweltbewussten Lebensführung, von Apps zum nachhaltigen Konsum bis hin zum Game zum Stadtklima – Medienpädagogik sollte den Überblick über das Medienangebot zum Thema haben, Kinder, Jugendliche, Eltern und Fachkräften beraten und Materialien für den Praxiseinsatz anbieten. Diese können diskutiert und kritisiert werden. Oder – ob Podcast oder Videoproduktion – es kann natürlich auch gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen zu lokalen Nachhaltigkeitsthemen produziert werden.
- Erste Ideen für die pädagogische Arbeit
Siehe App-, Film-, Games-Empfehlungslisten in diesem Heft / Junge Medienkritiker / Grünes Filmfestival / Produktionsteams / Augmented Reality Stadtspaziergang entwickeln