Museumspädagogische Praxisprofile und Berufsbilder

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von Elke Kollar

Erscheinungsjahr: 2017/2016

In den vergangenen Jahrzehnten sind die Aufgabenbereiche und Strukturen der Museumspädagogik immer heterogener und vielfältiger geworden, was sich auf ihre heutigen Organisationsformen und Qualitätsanforderungen auswirkt (Hagedorn-Saupe/Noschka-Roos 1998:36f.). Bildung wird mehr und mehr als integraler Bestandteil der musealen Arbeit verstanden und eröffnet MuseumspädagogInnen inzwischen ein weites Tätigkeitsfeld, verlangt ihnen damit aber umgekehrt ein entsprechend weitgefächertes Portfolio ab. Die daraus resultierenden Praxisprofile und Berufsbilder sind ähnlich vielfältig wie die Museumslandschaft selbst und werden entscheidend von den jeweiligen Personen in ihrem Kontext vor Ort mitgeprägt. Zugleich lässt sich in der Museumspädagogik eine zunehmende Professionalisierung beobachten, wie sie analog auch für andere pädagogische Bereiche festgestellt wird (Helsper 2011). So werden zur Qualifizierung der (zukünftigen) MuseumspädagogInnen beispielsweise spezifische Studiengänge und Ausbildungsmodule sowie berufsbegleitende Weiterbildungsprogramme angeboten. Mit diesen Entwicklungen differenzieren sich die Tätigkeiten der MuseumspädagogInnen sowie die an sie herangetragenen Erwartungen beständig aus. Wie lassen sich die institutionellen Strukturen, die Aufgabenfelder sowie die Arbeitsformen und Vertragsverhältnisse in der gegenwärtigen museumspädagogischen Praxis skizzieren?

Institutionelle Strukturen

Die Forderung nach dezidiert pädagogischen MitarbeiterInnen und Abteilungen in Museen formulierte Franz Hilker bereits 1929 auf der Tagung „Museum und Schule“ des Zentral­instituts für Erziehung und Unterricht in Berlin. In der Bundesrepublik wurden diese Ideen jedoch erst ab den 1960er-Jahren im Zuge der Bildungsreformen und der zweiten Museumskrise des 20. Jahrhunderts in umfassender Weise aufgegriffen (Kaldewei 1990:61ff.), in der ehemaligen DDR schon früher.

Sofern sie institutionalisiert wurde, wird Bildungsarbeit seitdem an Museen zumeist von einer oder mehreren Fachkräften oder eigenen museumspädagogischen Abteilungen geleistet, die bisweilen mehrere Einrichtungen einer Institution oder eines Trägers betreuen. Teilweise werden Kräfte für diese Aufgaben aus anderen Bereichen, etwa dem Schuldienst, abgeordnet; ergänzend arbeiten viele Museen mit selbstständig Tätigen zusammen.

Museumspädagogische Abteilungen und Dienste

Die strukturellen Verankerungen und Organisationsformen der Museumspädagogik in den Häusern gestalten sich demnach sehr heterogen. An den Staatlichen Museen Berlin etwa ist die Bildungs- und Vermittlungsarbeit mit den Besucherdiensten in einem eigenen Referat zusammengefasst, wohingegen an der Klassik Stiftung Weimar die Bereiche Forschung und Bildung gemeinsam ein Stabsreferat bilden. Darüber hinaus existieren in den größeren Städten und Ballungszentren verschiedene museumspädagogische Zentren und Dienste, die – vor allem hinsichtlich ihrer Trägerschaft und Zuständigkeitsbereiche – sehr individuell organisiert sind. Sie werden vorwiegend von der Kommune und/oder dem Land sowie weiteren Partnern getragen. So entwickelt, organisiert und plant beispielsweise der Museumsdienst Köln („Wir machen Programm“) als kommunale Einrichtung die Vermittlungsarbeit der städtischen Museen, wobei er Vermittlung und Kulturmarketing sowie übergreifende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit miteinander verbindet. Das Kunst- und Kulturpädagogische Zentrum der Museen in Nürnberg („Führend in den Museen“) wird von der Stadt Nürnberg und der Stiftung Germanisches Nationalmuseum gemeinsam in einer Stiftung bürgerlichen Rechts getragen. Das Museumspädagogische Zentrum München (MPZ) („Wir übernehmen die Führung“) wurde hingegen durch den Freistaat Bayern und die Landeshauptstadt München gegründet.

Weitere Anbieter

Am Beispiel München lassen sich darüber hinaus gut die vielfältigen und parallel existierenden Strukturen der museumspädagogischen Praxis aufzeigen: Hier bieten neben dem MPZ hauseigene MuseumspädagogInnen sowie externe Veranstalter (wie etwa die Münchner Volkshochschule mit ihrem „Führungsnetz“ oder gemeinnützige Vereine) Programme an und arbeiten dabei teilweise untereinander bzw. mit den Museen zusammen.

Weiterhin haben sich in verschiedenen Städten gewerblich tätige Agenturen etabliert, die eigenständig und/oder im Auftrag der Museen museumspädagogische Bildungsarbeit leisten. Ein anders gelagertes Beispiel für Outsourcing stellt die Kulturprojekte Berlin GmbH dar, zu welcher der Museumspädagogische Dienst Berlin und die Berliner Kulturveranstaltungs-GmbH 2006 fusionierten. Ihre Aufgaben sind sehr umfassend definiert und liegen vorrangig im Bereich der Vermittlung, Vernetzung und Förderung von Kultur.

Museumspädagogik an kleineren Museen

Wiederum ein anderes Bild ergibt sich für kleinere Museen, verstärkt in ländlichen Regi­onen. Hier liegt die Vermittlungsarbeit als eine von vielen Aufgaben in der Verantwortung der häufig
alleine agierenden MuseumsleiterInnen oder in den Händen ehrenamtlich Tätiger und ist häufig stark entwicklungsbedürftig (Kunz-Ott 2003:80). So beruhte im Jahr 2007 die museumspädagogische Arbeit in 36% der Museen ausschließlich auf ehren- oder nebenamtlicher Tätigkeit (Institut für Museumsforschung 2008:45). Die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern, das LWL-Museumsamt für Westfalen (Landschaftsverband Westfalen-Lippe) und verwandte, öffentlich getragene Einrichtungen in anderen Bundesländern haben es sich in diesem Kontext seit Langem zur Aufgabe gemacht, Museen in der Vermittlung und Besucherorientierung finanziell sowie qualitativ zu beraten und zu unterstützen.

Tätigkeitsbereiche und Aufgabenfelder

Die Arbeitsprofile von MuseumspädagogInnen werden maßgeblich von der Vermittlungsphilosophie der jeweiligen Einrichtung bestimmt. Dabei bewegt sich das Verständnis von Museumspädagogik zwischen den Polen „ausstellungsbegleitende Serviceleistung für das Museum“ und „integraler Bestandteil der Museumstätigkeit insgesamt“ (Hagedorn-Saupe/Noschka-Roos 1998:37).

Übergeordnet betrachtet lassen sich Tendenzen einer Abkehr von einem traditionellen Museumsverständnis feststellen, demzufolge vor allem die ExpertInnen im Museum – KuratorInnen wie VermittlerInnen – festlegen, welche Inhalte in welcher Form zu vermitteln sind. Die internationale Diskussion wendet sich seit einigen Jahren immer entschiedener der Frage nach Alternativen im Vermittlungshandeln von Museen, etwa durch partizipative Ansätze, zu. (Pagel/Maaß 2016). Damit weitet sich das Aufgabenfeld der klassischen Museumspädagogik grundlegend aus. Zugleich gilt die Besucherorientierung, wie sie sich im ausgehenden 20. Jahrhundert entwickelt hat, verstärkt als zentrale Leitlinie und Aufgabe der Institution Museum.

Ausstellungsdidaktik und Begleitmedien

Somit besteht ein Aufgabenbereich von MuseumspädagogInnen in der Mitarbeit bei der Konzeption und Gestaltung von Ausstellungen, ihren Text- und Medieneinheiten sowie interaktiven Elementen. Sie bringen Expertisen etwa im Bereich von Lerntheorien, Handlungsorientierung oder Barrierefreiheit ein und entwickeln begleitende Vermittlungsmedien. Hierbei kann es sich um analoge Materialien wie Führungskörbe, Begleithefte, Suchspiele und Aktivbögen oder technische Angebote in Form von Audio- oder Medienguides handeln. Daneben konzipieren sie didaktische Materialien und zielgruppenspezifische Publikationen.

Personale Vermittlung

Ein nach wie vor zentraler Schwerpunkt der Arbeit liegt jedoch in personalen Vermittlungsformen. Mit Beginn des 21. Jahrhunderts erweitert und differenziert sich deren Spektrum verstärkt über klassische Führungen und Workshops hinaus in Richtung von Formaten, welche Partizipation, Inklusion oder Erlebnisorientierung stärker berücksichtigen. So liegen konzeptionelle Aufgaben ebenso wie die Durchführung von Projekten bzw. deren Organisation und Steuerung in der Verantwortung von Museums­pädagogInnen. Gerade im Bereich der personalen Vermittlung obliegt es in vielen Fällen angestellten MuseumspädagogInnen, frei und ehrenamtlich tätige Kräfte auszuwählen, zu betreuen und zu koordinieren.

Strategieentwicklung und Qualitätssicherung

Darüber hinaus gehören Strategie- und Projektentwicklung sowie die Akquise und Abwicklung von Drittmitteln zum Arbeitsalltag, der auch von Kommunikation und Vernetzung auf verschiedenen Ebenen, etwa in der Zusammenarbeit mit internen und externen PartnerInnen, geprägt ist. Dabei agieren MuseumspädagogInnen vielfach an Schnittstellen, innerhalb wie außerhalb des Museums. All diese Bereiche gilt es beständig zu dokumentieren, nicht zuletzt im Sinne der Qualitätssicherung. Je nach Größe und Struktur einer Institution übernehmen MuseumspädagogInnen mitunter zusätzlich Leitungsaufgaben und Personalführung.

Öffentlichkeitsarbeit

In verschiedenen Institutionen werden Museumspädagogik und die Bereiche Öffentlichkeitsarbeit und Marketing sowie Veranstaltungs- und Eventmanagement eng zusammen gedacht. Die zentralen Schnittmengen liegen hier in der Ansprache (potentieller) BesucherInnen (Stichwort: Audience Development) und der Kommunikation der Angebote etwa über das Internet, das eine intensive Vor- und Nachbereitung der Besuche ermöglicht. Weitere gemeinsame Aufgaben können Begleitprogramme zu Ausstellungen und die Organisation von Museumsfesten und ähnlichen Veranstaltungen sein.

Tendenzen

Welche dieser Aufgaben in welchem Umfang mit welcher Priorität und Intensität von welchen Personen ausgeführt werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Neben dem oben genannten Verständnis von Museumspädagogik in der jeweiligen Institution prägen insbesondere die finanziellen, personellen und organisatorischen Strukturen das individuelle Arbeitsprofil, wobei vielerorts die Durchführung personaler Vermittlungsformen vor allem von ehrenamtlichen oder freien Kräften übernommen wird. Susanne Keuchel zeigt in der Infrastrukturerhebung zu Bildungsangeboten an klassischen Kultureinrichtungen auf, dass Bildungsformate vor 1985 eher hausintern entwickelt wurden als in der Folgezeit. Seitdem werden in größeren Einrichtungen die Organisation und Durchführung zunehmend nach außen vergeben und nur noch die Planung wird hausintern geleistet. Dies resultiert nach Keuchel aus der Zunahme von Bildungsformaten, während gleichzeitig Einsparungen im personellen Bereich erfolgen (Keuchel 2010:23).

Arbeitsformen und Vertragsverhältnisse

In den deutschen Museen (ohne die zentralen museumspädagogischen Dienste) waren bei der letzten Erhebung im Jahr 2007 gut 20.000 Personen museumspädagogisch tätig. Davon waren nur knapp 5% hauptamtlich beschäftigt, 3,5% nahmen die museumspädagogischen Aufgaben neben anderen Tätigkeiten wahr. Etwa ein Drittel war als Honorarkraft, knapp die Hälfte ehren- oder nebenamtlich tätig. Von den 991 hauptamtlichen MuseumspädagogInnen, die das Institut für Museumsforschung in seiner Umfrage ermittelte (66% der angeschriebenen Museen hatten auf die Zusatzfragen zur Museumspädagogik geantwortet), waren 398 halbtags tätig. Im Vergleich zu den vorangegangenen Untersuchungen (1987, 1992 und 1997) zeigten sich somit eine Zunahme hauptamtlich tätiger MuseumspädagogInnen sowie eine Ausweitung der Arbeit mit Honorarkräften an Museen. Zugleich hat die Zahl ehren- und nebenamtlicher Kräfte zugenommen (Institut für Museumsforschung 2008:45ff.).

Angestellte MuseumspädagogInnen

Verträge angestellter MuseumspädagogInnen sind häufig befristet und/oder projektgebunden. Ihre finanzielle Eingruppierung ist statistisch nicht untersucht, sodass aufgrund der divergierenden Praxis allgemeine Aussagen schwierig sind. Punktuelle Beobachtungen lassen aber erkennen, dass sich die Verträge tendenziell zwischen den Entgeltgruppen 9 und 13 bewegen. Sofern MuseumspädagogInnen mit Hochschulabschluss konzeptionelle und steuernde Tätigkeiten wahrnehmen, sollte ihre Eingruppierung grundsätzlich in Entgeltgruppe 13 als wissenschaftliche MitarbeiterInnen erfolgen, bei der Wahrnehmung von Leitungsaufgaben in entsprechend höhere Entgeltgruppen.

Selbstständige MuseumspädagogInnen

Der vergleichsweise große Anteil an selbstständig Tätigen im museumspädagogischen Bereich ist nach Mandel ein Charakteristikum des Kulturarbeitsmarktes generell, wobei es sich häufig um „KleinstunternehmerInnen“ auf schwacher ökonomischer Basis handelt (Mandel 2002:29). Im Bereich der freien Kulturberufe listet das Sächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr neben den herkömmlichen Berufen wie Autor oder Regisseur den Museumspädagogen als einen der zahlreichen neuen Berufe (vgl. Schulz 2013:59f.). Der Bundesverband der Freien Berufe weist hierzu in seinem Leitfaden zur erfolgreichen Existenzgründung nicht nur auf die Unterscheidung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit hin (eine Unterscheidung, die vom jeweiligen Finanzamt verbindlich vorgenommen wird), sondern grenzt davon zudem die nebenberufliche Tätigkeit und die freie Mitarbeit ab, die sowohl in freiberuflicher wie gewerblicher Form ausgeführt werden kann.

Selbstständige Tätigkeiten beruhen auf einem Vertragsverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis darstellt oder begründet (Bundesverband der Freien Berufe 2014:2f.). Wer selbstständig tätig ist, ist für seine Sozialversicherung, also Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, in der Regel selbst verantwortlich. Lediglich bei freiberuflichen KünstlerInnen und PublizistInnen greift die verpflichtende Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse (www.kuenstlersozialkasse.de). Der Deutsche Kulturrat verweist in diesem Kontext dezidiert auf die Gefahr der Altersarmut (Zimmermann 2013:13).

Die gezahlten Honorare unterscheiden sich von Einrichtung zu Einrichtung erheblich und können – sofern man nicht anderweitig abgesichert ist – zu prekären Verhältnissen führen, und dies, obwohl die Berufspraxis hohe Ansprüche stellt und die Bereitschaft zu unkonventionellen Arbeitszeiten fordert. Mandel sieht in dieser Paradoxie ein generelles Kennzeichen des kulturellen Marktes: „Die Produktion und Vermittlung von Kultur ist ein extrem arbeitsintensiver Prozess, der sich auf dem freien Markt nur schwer zu seinem realen Herstellungspreis ‚verkaufen‘ lässt“ (Mandel 2002:27). Eine Orientierung über Honorarsätze mag die Homepage des Verbands Deutscher Kunsthistoriker bieten (www.kunsthistoriker.org/honorarempfehlungen.html).

Rechtslage

Bei der Arbeit mit selbstständigen MuseumspädagogInnen stehen Einrichtungen häufig vor einem grundlegenden Dilemma: Der Wunsch nach Qualitätssicherung, nach zielgerechter Realisierung erarbeiteter Konzepte und nach einem organisatorisch möglichst reibungsfreien Ablauf konkurriert grundlegend mit dem Grundsatz einer freien Ausübung der Tätigkeit. Die Rechtsprechung hat sich verschiedentlich mit der Frage nach selbstständiger Tätigkeit im Führungs- und Besucherlenkungsbetrieb beschäftigt und lässt erkennen, dass für eine Beurteilung des Rechtsverhältnisses nicht die schriftlich fixierte Vereinbarung, sondern die tatsächliche Praxis ausschlaggebend ist. Die reine Benennung einer Tätigkeit als „freie Mitarbeit“ alleine genügt also nicht, um eine selbstständige Arbeit zu begründen. Im Folgenden sollen drei Gerichtsurteile skizziert werden, um exemplarisch einige der zugrunde gelegten Kriterien sowie die ausschlaggebende Bedeutung der jeweils individuellen Bedingungen aufzuzeigen, ohne Anspruch auf detaillierte Wiedergabe zu erheben:

Das Sozialgericht Berlin wertete die Tätigkeit von studentischen Honorarkräften als Besucherbetreuer im Deutschen Bundestag als abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Begründet wurde dies vor allem angesichts der Feststellung, dass die Honorarkräfte in sehr hohem Maße in die Arbeitsorganisation des Besucherdienstes eingegliedert waren und ein Leitfaden konkrete Handlungsanweisungen festlegte, deren Einhaltung dezidiert kontrolliert wurde. Eine besondere schöpferische oder kreative Tätigkeit, die eine Selbstständigkeit trotz eines vorgegebenen strengen Handlungskorsetts ermöglicht, konnte nicht erkannt werden (Sozialgericht Berlin 2012).

Die Tätigkeit der Honorarkräfte im Besucherdienst des Deutschen Bundesrates hingegen wurde vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg als selbstständige Tätigkeit bestätigt. Hier überwogen die Indizien, die für eine selbstständige Tätigkeit sprachen, trotz Einbindung in die Organisation des Besucherdienstes. Maßgeblich war, dass die Tätigkeitsbeschreibung nur generell-abstrakt vorgenommen und ihre Umsetzung nicht kontrolliert wurde, die Honorarkräfte also in der Gestaltung ihrer Tätigkeit künstlerischen und schöpferischen Freiraum hatten (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 2011).

Das Urteil zu den Honorarkräften des Technoseums in Mannheim ist das erste Urteil, das sich dezidiert auf Honorarkräfte im Museum bezieht. Sie waren als VorführerInnen­, TutorInnen­, BetreuerInnen von Kindergeburtstagen und MitarbeiterInnen für Laborangebote tätig und wurden als abhängig beschäftigt eingestuft; zentrale Kriterien waren ihr fehlendes unternehmerisches Risiko und ihre Einbindung in die betriebliche Organisation. Als schwieriger wurde die Entscheidung hinsichtlich der MuseumsführerInnen angesehen, die weder Handreichungen zu den Führungen erhielten noch hinsichtlich ihrer Qualität überprüft wurden. Ihr Handlungsspielraum sei aber typischer Ausdruck der Einschränkung des Weisungsrechts bei „Diensten höherer Art“ (Sozialgericht Mannheim 2013). Dies wurde allerdings im Berufungsverfahren nicht bestätigt, das die MuseumsführerInnen unter den spezifisch Mannheimer Gegebenheiten als selbstständig tätige Kräfte einschätzte (Landessozialgericht Baden-Württemberg 2015).

Bei der Beurteilung einer Tätigkeit werden also verschiedene Kriterien berücksichtigt, die allerdings nicht per se hinreichend sind, sondern individuell gegeneinander abgewogen werden: So sprechen etwa ein unternehmerisches Risiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die freie Gestaltung hinsichtlich Zeit, Dauer, Art und Ort der Ausführung (keine Weisungsgebundenheit) für eine selbstständige Tätigkeit und gegen eine abhängige Beschäftigung.

Die eigenen Interessen vertreten

Museumspädagogische Arbeitsfelder sind – wie skizziert – vielschichtig und komplex. Doch immer bestimmen Fragen der Finanzierung das tägliche Arbeitsumfeld entscheidend mit. In Zeiten einer Konjunktur Kultureller Bildung werden museumspädagogische Projekte vielfach über Dritt-, Förder- und Sondermittel (ko-)finanziert, zugleich müssen Fachpersonal sowie der eigene Etat etabliert, legitimiert und gesichert werden. Infolgedessen gilt es, neben und mit den unmittelbar pädagogisch-didaktischen Zielstellungen beständig kulturpolitische Strategien zu verfolgen sowie Lobbyarbeit auf verschiedenen Ebenen zu betreiben. Forderungen nach einer kontinuierlichen (kultur-)politischen Aufmerksamkeit für die Kulturelle Bildung, einer größeren (gesellschaftlichen und politischen) Anerkennung erfolgreicher Bildungsarbeit sowie einer Sensibilisierung der Leitungsebenen in Museen und andernorts, wie sie etwa Susanne Keuchel geltend macht (Keuchel 2010:188), müssen auch und gerade von den AkteurInnen Kultureller Bildung selbst vertreten werden.

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Anmerkungen

Dieser Text erschien erstmals in Commandeur, Beatrix/Kunz-Ott, Hannelore/Schad, Karin: Handbuch Museumspädagogik. Kulturelle Bildung in Museen (307-314). München: kopaed und wurde für die Veröffentlichung auf der Wissensplattform formal leicht angepasst.

Zitieren

Gerne dürfen Sie aus diesem Artikel zitieren. Folgende Angaben sind zusammenhängend mit dem Zitat zu nennen:

Elke Kollar (2017/2016): Museumspädagogische Praxisprofile und Berufsbilder. In: KULTURELLE BILDUNG ONLINE: https://www.kubi-online.de/index.php/artikel/museumspaedagogische-praxisprofile-berufsbilder (letzter Zugriff am 14.09.2021).

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Dieser Artikel wurde dauerhaft referenzier- und zitierbar gesichert unter https://doi.org/10.25529/92552.405.

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