Medien in der Kita
Das Thema Medien in der Kita ist im Grunde genommen nicht neu, denn in Kindertageseinrichtungen wird seit jeher mit Medien gearbeitet. Das Bilderbuch ist fester Bestandteil im Ausstattungsrepertoire, und auch Trägermedien mit Kinderliedern werden wie selbstverständlich eingesetzt. Ein Hörspiel mit dem guten alten Kassettenrekorder oder CD-Player ist gang und gäbe.
Jedoch, über all das sprechen wir heute gar nicht, wenn es um Medien in der Kita geht. Eine solche Betitelung zielt eher auf Digitalmedien wie z.B. Computer, Datenbeamer, Tablets, Foto oder Videokamera und manchmal sogar das Internet ab. Kleine Kinder und moderne Medien ist darauf bezogen ein durchaus heikles Thema.
Medienerziehung im Wandel der Zeit
Eine Art Blitzzusammenfassung der Medienerziehung im Wandel der Zeit verdeutlicht die enorme Veränderung, die auch die Vorschulerziehung direkt betrifft.
Medienerziehung ist in Deutschland seit den 1950er Jahren ein wichtiges Thema. Grund war die Verbreitung von Kino und Fernsehen. Dabei stand vor allem der bewahrpädagogische Aspekt im Vordergrund. Als zentrale Erziehungsaufgabe wurde der Schutz der jungen Menschen vor den schädigenden Auswirkungen der Medien verstanden. Erst Ende der 1970er Jahre begann sich der von Dieter Baacke geprägte Begriff der „Medienkompetenz“ zu etablieren. Der Blick auf die Medien erhielt eine neue Dimension durch die aktive Medienarbeit. Medieninhalte selbst zu kreieren und deren Distribution unabhängig von den Massenmedien zu betreiben, etablierte sich als ein Königsweg zur Ausformung der Medienkompetenz. Grund hierfür waren auch technische Neuerungen für semiprofessionelle Anwendungen wie z.B. Videoaufnahme und -schnittgeräte.
Mit der starken Verbreitung von digitalen Techniken kam es Ende der 1980er Jahre zu einer Zäsur. Nicht mehr Fernsehen und Kino standen im Mittelpunkt der Medienerziehung, sondern der Computer und das Internet. Die flächendeckende Ausbreitung der digitalen Medien begann unsere Gesellschaft zu verändern. Dazu kam in Deutschland der sogenannte PISA-Schock. Die Bildungseinrichtungen gerieten in das öffentliche Scheinwerferlicht. Auch der Kindergarten blieb davon nicht verschont. Zu Beginn des Jahrtausends wurden die Bildungspläne der Länder für die Kindertageseinrichtungen überarbeitet. Waren Medien im Kindergarten bisher verpönt, so werden sie nun (zumindest in den Bildungsplänen von einigen Bundesländern) als Chance und Herausforderungen verstanden.
Die Medienkompetenz als eine wichtige Schlüsselqualifikation erlebte ihren endgültigen Durchbruch in den letzten zehn Jahren. Das Web 2.0 (siehe Franz Josef Röll „Medienkommunikation und Web 2.0“), das sogenannte Mitmach-Web, trat seinen Siegeszug an, und der nationale Jungendschutz geriet an seine Grenzen angesichts der globalisierten Datenströme, die vor allem von den jungen Menschen mit Begeisterung genutzt wurden und werden (Stichwort Communities wie z.B. Facebook). So wichtig Verbote sind, so wichtig ist es auch, den jungen Menschen Hilfestellungen zu bieten, sich in den digitalen Welten verantwortungsvoll zu bewegen und diese persönlichkeitsfördernd zu nutzen.
Zu all diesem kommt hinzu, dass mit der technischen Entwicklung auch die didaktischen Einsatzfelder von Medien eine enorme Ausweitung erfahren haben. Wenn wir heute, im Jahr 2012, von Medien in der Vorschulerziehung sprechen, dann geht es auch darum, die kindliche Aneignung der vorgegebenen Welt mit Hilfe der Medien zu unterstützen.
Medienbildung für die Kinder der Wissensgesellschaft
Das Motto heute lautet: Medienkompetenz von klein an. „Ziel der Medienbildung ist es aber nicht nur, Kinder für einen verantwortungsvollen, kritischen Umgang mit Medien stark zu machen. Ebenso wichtig ist es, mit Kindern Medien für die Gestaltung ihrer Bildungsprozesse zu nutzen. Wenn man Bildung als einen Prozess organisiert, in dem Kinder aktiv, im kokonstruktiven Austausch untereinander und mit Erwachsenen Wissen und Verständnis konstruieren, bieten sich Medien als Werkzeuge an, um diese gemeinsamen Lernprozesse zu unterstützen“ (Fthenakis u.a. 2009:13).
Die Kinder einer Wissensgesellschaft haben ein Anrecht darauf, mit zeitgemäßen Spiel- und Lernmitteln umgehen zu dürfen. Den Kindertageseinrichtungen obliegt die besondere Möglichkeit, erste Schritte zur kreativen und vielfältigen Nutzung der Medien frühzeitig zu vermitteln und erlebbar zu machen.
Während im häuslichen Umfeld Medien für Kinder überwiegend unterhaltend und konsumierend erlebt werden, eröffnet sich für die Kindertageseinrichtungen ein großes Spektrum an Möglichkeiten, Medien kreativ und aktiv mit den Kindern zu nutzen. Beispielsweise können Kinder, unterstützt durch die Erziehungskräfte, experimentierend erleben, wie Fotografie, bewegte Bilder und Ton kombiniert, gemeinsam gestaltet und dargestellt werden. Die Kindertageseinrichtungen bieten ein ideales Lern- und Erfahrungsfeld, in dem Kinder auch die virtuellen Welten pädagogisch begleitet erkunden und diese zweckorientiert nutzen können.
Das Thema Medien in der Kindertageseinrichtung steckt längst nicht mehr in den Kinderschuhen, obwohl zugegebenermaßen viele pädagogisch Verantwortliche demgegenüber immer noch verunsichert sind. Informationen, Hilfestellungen und Ideen für die eigene Praxis bieten zahlreiche Projekte, deren Erkenntnisse für den eigenen Kindergartenalltag genutzt werden können. Das SIN-Studio im Netz führt beispielsweise seit 1997 das Projekt „Multimedia Landschaften für Kinder“ (MuLa) mit kommunalen Einrichtungen in München durch.
Interessant für pädagogisch Verantwortliche in den Kindertageseinrichtungen ist auch das bundesweite Projekt „Biber“. Auf der Plattform www.bibernetz.de steht dazu: „BIBER, ein Projekt von Schulen ans Netz e. V., ist das Netzwerk für die frühkindliche Bildung. Hier können alle mitmachen, die sich im Berufsfeld der Frühpädagogik informieren, vernetzen und weiterbilden möchten“. Die Internetplattform beinhaltet ein reichhaltiges Angebot an inspirie renden Projektideen. Als kostenloses Fortbildungsangebot wird im Rahmen dieses Projektes seit 2008 eine Medienqualifizierung für insgesamt bis zu 30.000 ErzieherInnen angeboten.
Ist-Zustand
Betrachtet man den derzeitigen Ist-Zustand, so werden Medien im Vorschulbereich vorwiegend dazu eingesetzt, um zu dokumentieren und dies nicht nur, um gelegentlich einmal ein Foto vom Sommerfest zu machen. In der Portfolioarbeit, manchmal auch als Mappen bezeichnet, werden wichtige Entwicklungsschritte der Kinder festgehalten. Vor allem der Fotoapparat spielt dabei eine wichtige Rolle.
Die aktive Medienarbeit ist demgegenüber seltener, aber das Interesse daran wächst. Mit Geräten, die robust und einfach zu bedienen sind, können die Kinder hierbei eigenständig mediale Produkte erstellen. Digitale Fotoapparate ermöglichen z.B. selbstgemachte Bilder zu einem festgelegten Thema, womit im Nu eine eigene, von den Kindern gemachte Bildschirmpräsentation zusammengestellt werden kann. Wer über ein Mikrofon verfügt, der kann mit den Kindern Sprachaufnahmen machen. Der Computer als „digitales Tonband“ zeichnet nicht nur die Stimme auf, er zeigt dazu auch grafische Ausschläge, die von den Kindern höchst interessiert zur Kenntnis genommen werden.
Diese Formen der aktiven Medienarbeit unterstützen die jungen Menschen in der Ausformung ihrer Medienkompetenz und fördern zudem in animierender Weise das Miteinander von Kindern unterschiedlicher sozialer Herkunft. Solche aktiven Anwendungen eröffnen für Kinder die Gelegenheit, die digitalen Techniken zur Gestaltung eigener medialer Produkte zu nutzen, womit frühzeitig ein pädagogisch wertvoller Gegenpol zum passiven Konsum aufgezeigt wird. Diese medienpädagogischen Aktivitäten zielen darauf ab, die Medienwelten kindgerecht zugänglich zu machen.
Auch ohne PC und Drucker kann man den kindlichen Aneignungsenergien bezüglich medialer Welten gerecht werden. Die Kinder sind begeistert dabei, wenn es gilt, aus einem Pappkarton einen Computer zu basteln, mit bunten Farben eine CD zu bemalen oder aus alten ausgedienten Computermäusen ein Mobile zu gestalten. Die bunte Medienwelt, die unseren Kindern allüberall begegnet, kann damit sinnlich erfahrbar thematisiert werden. Auch dies ist ein Beitrag zur Förderung der Medienkompetenz.
Der Medieneinsatz zur Unterstützung des Lernens ist ein weiterer Aspekt. Bundesweit bekannt ist dazu das Projekt „Schlaumäuse“. Letztendlich geht es dabei um die Unterstützung beim Spracherwerb im Vorschulbereich mit Hilfe des Computers. Aber auch bei manchen anderen Gelegenheiten werden Medien im Kindergarten genutzt, wobei das Internet als Bildreservoir dient, der Beamer zur Gruppenpräsentation eingesetzt wird oder Lernprogramme zum spielerischen Vergleichen, Lernen und Entdecken ihre Verwendung finden.
Der Bereich Medien in der Kindertageseinrichtung umfasst somit im Wesentlichen die Bereiche Dokumentation, aktive Medienarbeit und die Lernunterstützung. Die inhaltliche Belebung dieser drei Bereiche wird entscheidend vom stetigen Veränderungsprozess in der Medientechnik geprägt. Die digitalen Technologien finden einerseits immer größere Verbreitung, und andererseits benötigt deren Anwendung immer weniger Spezialistenwissen. Mit beinahe jedem Handy können heute beispielsweise Fotos oder sogar kleine Videosequenzen aufgenommen werden. Ein Ende der technischen Entwicklung ist bisher nicht absehbar, weshalb sich für die Medienbildung in der Kindertageseinrichtung immer wieder neue Chancen und Möglichkeiten eröffnen.
Ausblick
Die Verfügbarkeit der Medien nimmt im Elementarbereich zu. Dabei ist der Einsatz privater Geräte nicht selten. Der schnelle technologische Wandel scheint die pädagogischen Institutionen wie z.B. den Elementarbereich zu überrollen. Beispielsweise sind technische Neuerungen, wie z.B. das iPad, auch für den Elementarbereich interessant. Diese Geräte werden mit den Fingern gesteuert, und deren Bedienung ist kinderleicht. Bereits jetzt gibt es Apps, die durch aus einer pädagogischen Betrachtung wert sind. Das bemerken derzeit eher manche Eltern.
Die Kinder kommen mit immer reicheren medialen Erfahrungen in die Einrichtungen. Spätestens die Verbreitung von Smartphones und Tablets deutet auf eine Kluft hin, die sich für die Kinder auftut. In der elterlichen Umgebung stehen technische Lernmaterialien zur Verfügung, während die Kindergartenwelt solche didaktischen Materialien kaum anbietet.
Die künftige Herausforderung für Medienerziehung, Medienbildung und Medienpädagogik in den Kindertageseinrichtungen ist sicherlich, ob und wie wir die neu zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten pädagogisch sinnvoll nutzen. Dies auch und gerade im Hinblick auf eine veränderte Kultur des Aufwachsens.