Kulturbegriffe, Kultur der Moderne, kultureller Wandel
Begrifflichkeiten
„Das Wort ‚Kultur‘ ist wohl eines der komplexesten in unserer Sprache“ – so beginnt Terry Eagleton (2001:7) seine Einführung in die Kulturtheorie. Was für das Englische gilt, gilt erst recht für die deutsche Sprache: Der Kulturbegriff ist in aller Munde. In den Wissenschaften gibt es fast überall einen „cultural turn“ (Bachmann-Medick 2006). Die aktuelle Konjunktur des Kulturbegriffs weist darauf hin, dass mit ihm etwas erfasst wird, was bisherige Konzepte und Begriffe offenbar übersehen haben. Seine vielseitige Verwendung in vielfältigen Praxis- und Wissenschaftskontexten lässt zudem erwarten, dass man es mit einer Pluralität unterschiedlicher Definitionen zu tun hat. Eine Vielfalt von Kulturen – was auch immer darunter verstanden wird – entspricht einer Vielfalt der Kulturbegriffe und -theorien. Es kann sich aber auch um Paradigmenwechsel in den Wissenschaften handeln, die ihre Ursache in der Untauglichkeit bislang verwendeter Konzepte haben oder auch bloß Moden sind (Fuchs 2008b).
„Kultur“ ist jedenfalls ein Pluralitätsbegriff, ein Begriff, der Relevanz in Theorie und Praxis hat, ein Begriff, an dem sich bestimmte Professionen festmachen. Er hat mit Entwicklung zu tun. Seine Vielfältigkeit und seine Dynamik weisen zudem darauf hin, dass man nicht sicher über seinen Gegenstandsbereich sein kann. Dirk Baeckers (2000:33) Vorschlag, „Kultur“ aus all den genannten Gründen als Suchbegriff zu verstehen, macht deshalb Sinn. Auf welche Problemlagen reagiert man also bei der Verwendung des Kulturbegriffs? Wie kommt seine Attraktivität zustande? Welche Problemlage verdeckt aber auch möglicherweise der Kulturbegriff?
Als erste Orientierung sollen zwei Kulturbegriffe wiedergegeben werden. „Kulturphilosophie“, so Ralf Konersmann (2003:26), „ist die verstehende Auseinandersetzung mit der endlichen, von Menschen gemachten Welt – und das ist die Kultur.“ Es geht darum, dass der Mensch handelnd in die Welt eingreift, um diese zu seiner Welt zu machen und auch sich selbst in diesem Prozess gestaltet. Damit wird die Beschäftigung mit der Kultur (als Menschenwerk) zur komplementären Ergänzung von Anthropologie (als Lehre vom Menschen selbst): Kulturtheorie und Anthropologie sind zwei Seiten derselben Medaille. Die tätige Auseinandersetzung mit der Welt, dieser Prozess der Selbst- und Weltgestaltung will verstanden werden – auch dies ist offenbar eine Mitgift der Anthropogenese: der Bedarf an Deutung. „Kultur“ kann sich daher sowohl auf Dinge und Prozesse, aber auch auf Geistiges beziehen. Der Kulturbegriff stellt eine Brücke zwischen Basis und Überbau dar (vgl. Eagleton 2001).
Als Kontrast zu dieser philosophischen Annäherung dient eine für die politische und pädagogische Praxis einflussreiche Definition von der UNESCO-Weltkonferenz zur Kulturpolitik in Mexiko 1982 (Deutsche UNESCO-Kommission 1983). Die hier festgelegte Bestimmung von „Kultur“ ist Grundlage für eine Reihe von völkerrechtlich relevanten Konventionen und Pakten. „Kultur“ erhält neben der oben erwähnten alltäglichen, wissenschaftlichen, philosophischen und professionsbezogenen Dimension damit auch eine politische und rechtliche Dimension. So kann „Kultur“ gemäß der UNESCO „in ihrem weitesten Sinne als die Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte angesehen werden, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe heranziehen. Dies schließt nicht nur Kunst und Literatur ein, sondern auch Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertsysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen“ (ebd.:121).
Aufschlussreich ist diese Begriffsbestimmung in mehrfacher Hinsicht: Der Begriff der „Kultur“ bezieht sich nicht auf den einzelnen Menschen, sondern er ist eine Kategorie des Sozialen, „Kultur“ ist ein Totalitätsbegriff. „Kultur“ geht von Unterschieden aus, die man wiederum nur durch Vergleiche feststellen kann. Wer von „Kultur“ spricht, spricht sofort von Andersartigkeit. „Kultur“ ist Lebensweise (also Alltag), erfasst aber auch die Künste. Sie erfasst zudem Werte, Wissenschaften und Religionen. Angesichts dieser Weite des Bedeutungsspektrums ergibt sich sofort die Frage, wie tauglich ein Begriff sein kann – gerade wenn es um begrenzte Arbeitsfelder und Professionen geht –, der alles erfassen will. Hier setzt das Glossar von Pro Helvetia (2005:31) daher eine Grenze „Diese Definition […] geht klar über das Tätigkeitsfeld der Kulturpolitik hinaus […] “.
Zur historischen Entwicklung des Kulturbegriffs
Nur wenige, allerdings relevante Etappen des Kulturdiskurses sollen hier erwähnt werden (vgl. umfassend Fisch 1992). Die tusculanischen Schriften von Cicero stehen am Beginn des Kulturdiskurses. Sein Vergleich der cultura animi mit der cultura agri ist dabei aufschlussreich: Das Verb colere, auf das cultura zurückgeht, bedeutet hegen, pflegen, bewahren und schützen. Ein Stück Land wird durch Arbeit zum fruchtbaren Acker, durch den durch Hege und Pflege die Sicherung des Lebens in der Zukunft sichergestellt wird: Bereits die Agrikultur verbindet Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die Parallelisierung der cultura animi, also der Philosophie, mit dieser überlebensrelevanten Tätigkeit ist aussagekräftig: Auch das Geistige muss gehegt, gepflegt und geschützt werden. Es gibt zudem eine Entwicklung (dynamischer Aspekt). Der Kulturbegriff verschwindet dann allerdings für Jahrhunderte, bis er in der „Sattelzeit“ (also zwischen 1770 und 1830) erneut aufgegriffen und geradezu ein Leitbegriff der Debatten wird. Johann Gottlieb Herder spielt hierbei eine entscheidende Rolle. „Kultur“ hat inzwischen seinen Genitiv verloren (Pflege des Ackers, Pflege des Geistes). Kultur wird bei Herder zur Lebensweise von Völkern, wobei nicht nur die Pluralität der Völker und ihrer Lebensweisen (also der Kulturen), sondern auch (fast) ihre Gleichwertigkeit behauptet wird (Fisch 1992:710f.). Herder gilt als Vordenker der Ethnologie, wobei man heute kritisiert, dass er den dynamischen und den interkulturellen Aspekt übersehen hat: Das „Kugelmodell“ von Kultur (Kulturen als abgeschlossene Systeme) geht auf ihn zurück. Nunmehr greifen unter anderem Immanuel Kant, Friedrich Schiller und Wilhelm von Humboldt immer häufiger auf den Kulturbegriff zurück. Die Konjunktur verläuft parallel zur wachsenden Rolle des Bildungsbegriffs. In der Tat verwendet man beide häufig synonym, wobei der Prozess der Selbstbildung als Selbstkultivierung, also als Veredelung gedacht wird. Der Kulturbegriff ist ebenso wie der Bildungsbegriff normativ aufgeladen. Auch der Begriff der Zivilisation wird vom Französischen übernommen, wobei es zu ersten Differenzierungen kommt: „Doch während das französische Wort „Zivilisation“ hauptsächlich das politische, wirtschaftliche und technische Leben abdeckte, hatte das deutsche Wort „Kultur“ einen engeren, überwiegend religiösen, künstlerischen und geistigen Bezug“ (Eagleton 2001:17).
Es bahnt sich die durchaus verhängnisvolle Entwicklung des 19. Jh.s an, in der der (scheinbar oberflächlichen) westlichen Zivilisation die (tiefgründige) deutsche Kultur entgegengestellt wird (vgl. Bollenbeck 1994).
Der Diskurs über die Künste und der Kulturdiskurs werden dabei zunächst einmal getrennt voneinander geführt. Man erinnere sich, dass Mitte des 18. Jh.s Alexander Baumgarten in seiner „Aesthetica“ zwei Leistungen vollbracht hat: Zum einen setzt er sich für eine Rehabilitation der sinnlichen Erkenntnis ein. Zum zweiten führt er einen einheitlichen Begriff von Kunst ein, der alle Künste wie Literatur, Bildende Kunst, Musik etc. erfasst. Die derart reflektierten Künste werden spätestens seit der „Kritik der Urteilskraft“ aus dem Jahr 1790 von Kant und vor allem durch deren einflussreiche Rezeption durch Schiller in dessen „Briefen zur ästhetischen Erziehung“ aus dem Jahre 1795 Teil, ja sogar zentraler Motor einer kulturellen Entwicklung und somit Teil einer politischen Vision der Freiheit (vgl. Fuchs 2011a).
Ein weiterer Entwicklungsstrang ergibt sich im 19. Jh. durch die Entstehung der Soziologie. Die Klassiker wie Emile Durkheim, Ferdinand Tönnies, Max Weber und Georg Simmel betreiben diese neue systematische Selbstreflexion der Gesellschaft im wesentlichen als Kultursoziologie. Denn sie befassen sich mit Religion und mit gesellschaftlichen Werten als Basis für einen vom Zerfall bedrohten sozialen Zusammenhalt. „Kultur“ wird in den Wissenschaften, in der populären Publizistik, in der Philosophie und in den Künsten zu einem Kernbegriff der Gesellschaftsanalyse mit einer starken kritischen Tendenz. Man kann feststellen, dass die Kulturanalyse der modernen Gesellschaft seit den Preisschriften von Jean-Jacques Rousseau Kulturkritik ist (Bollenbeck 2007). „Kultur“ wird zum wichtigsten Konzept, um all die Pathologien der Moderne, die immer deutlicher formuliert werden, auf den Begriff zu bringen. Dies hat bis heute nicht aufgehört: Man spricht im Hinblick auf Kultur von Unbehagen, von der Tragödie, von der Krise. Man sieht besorgt die Auswirkungen auf den Menschen: Nervosität und Neurasthenie als Grundbefunde um die Jahrhundertwende 1900, der eindimensionale Mensch, der außengeleitete Mensch, heute die Depression: Das Subjekt steht unter starkem, meist als deformierend verstandenem Druck der Kultur der Gesellschaft, in der es lebt.
Man kann also unterscheiden:
>> einen anthropologischen Kulturbegriff: Der Mensch als Gestalter seiner Welt und von sich selbst. Kultur als das Gemachte. Dieser Begriff erfasst die Totalität des Gattungswesens Mensch.
>> einen ethnologischen Kulturbegriff: Kultur als Lebensweise. Dieser Begriff erfasst die Totalität der Lebensweise bestimmter Gruppen.
>> einen normativen Kulturbegriff: Dieser Begriff erfasst die Entwicklung und „Veredelung“ des Menschen.
>> einen soziologischen Kulturbegriff: Dieser Begriff erfasst das Subsystem Kultur mit den Kulturmächten Kunst, Religion, Sprache, Wissenschaft und hat die Aufgabe der Selbstbeobachtung und -deutung der Gesellschaft unter dem Aspekt des Sinns.
>> einen engen Kulturbegriff, der „Kultur“ auf die Künste einengt. Dieser Begriff kommt etwa dort zur Anwendung, wo eine „Hochkultur“ von einer Alltags- oder populären Kultur unterschieden wird.
Eine alternative Typologie stammt von Andreas Reckwitz (2000). Er unterscheidet:
>> einen normativen Kulturbegriff (von Cicero bis Alfred Weber);
>> einen totalitätsorientierten Kulturbegriff (von Herder bis zur aktuellen Ethnologie);
>> einen differenztheoretischen Kulturbegriff, der Kultur in einem unterscheidbaren Subsystem verortet (von Friedrich Schiller bis Talcott Parsons);
>> einen bedeutungs-, symbol- und wissensorientierten Kulturbegriff (von Ernst Cassirer über den amerikanischen Pragmatismus bis heute). Reckwitz hält nur den Letztgenannten heute für relevant.
Die aktuellen Debatten
Die Kulturdebatten sind heute ausdifferenziert und werden in den verschiedenen Disziplinen geführt (vgl. Fuchs 2008b, 2011a). Keine dieser Disziplinen hat dabei ein prioritäres Deutungsrecht. Für die Kulturpädagogik und die Kulturpolitik ergibt sich daraus die Schwierigkeit, dass sehr unterschiedliche Diskurstraditionen unvermittelt aufeinander treffen. Relevanzbehauptungen wie die von Reckwitz haben daher wenig Bedeutung für die praktische Arbeit. Man muss vielmehr davon ausgehen, dass in den praktischen Disziplinen totgesagte Ansätze weiter fortbestehen und Bedeutung haben. So ist der normative Kulturbegriff wegen der Formulierung und Begründung von Zielen und Werten weiterhin wichtig in der Pädagogik. Auch der Gedanke der Veredelung ist lebendig. Es ist also aus der Perspektive der Kulturpädagogik im Detail zu klären, welche Theorieansätze für welche Zwecke bedeutsam sind. So bleiben philosophische Kulturtheorien relevant für die Einübung in eine allgemeine (Selbst-)Reflexion individueller und gesellschaftlicher Entwicklungen. Soziologische Kulturtheorien, von denen einige in Moebius/Quadflieg (2006:44) vorgestellt werden, sind hilfreich bei der Analyse konkreter gesellschaftlicher Trends. Eine genuin pädagogische Kulturtheorie gibt es nicht. Vorhandene Kulturdiskurse orientieren sich oft an einem Konglomerat ethnologischer, philosophischer oder soziologischer Versatzstücke oder setzen die Tradition der geisteswissenschaftlichen Pädagogik fort (Beispiel: Helmer 2004). Für die Kulturpädagogik ergiebiger sind entsprechende Reflexionen etwa in der Sozialpädagogik (z.B. Treptow 2001).
Die Vieldimensionalität des Kulturbegriffs mit seinen politischen, theoretischen, praktischen, ideologischen etc. Akzenten muss von der Kulturpädagogik eingeholt werden. Speziell bei der Rede von der „Kulturellen Bildung“ ist zu beachten, welche Dimension verloren geht, wenn man diesen Begriff durch alternative Begriffe wie „künstlerische“ oder „ästhetische Bildung“ ersetzt (Fuchs 2008a). Der Kulturbegriff in seiner ideologischen Dimension kann dazu führen, dass ökonomische, politische oder soziale Prozesse eingeengt als „kulturelle Prozesse“, also bloß als Prozesse des Symbolischen und der Bedeutungsebene interpretiert werden. Dies ist eine Form des Kulturalismus. Zumindest als heuristisches Mittel ist es nach wie vor von Nutzen, die „klassischen“ Gegenbegriffe von „Kultur“ im Auge zu behalten: Kultur als Gegenpol von Natur, Technik, Zivilisation, Politik, Wissenschaft etc.
Herausforderungen
Kultureller Wandel
Studien über kulturellen Wandel behandeln vorzugsweise Wertewandel. Es scheint so, dass sich der Wandel beschleunigt. Wichtige Studien hierzu hat der Kulturhistoriker Richard Sennett (z.B. 1998) vorgelegt. Die Moderne ist ein Gegenbegriff zur Tradition. Damit ist eine ständige Umstellung der Menschen gefordert. „Flexibilität“ heißt der gegenwärtig aktuelle Schlüsselbegriff, wobei Studien, die sich an Michel Foucault annähern, hierbei vor allem neue Strategien der Unterwerfung („Gouvernementalismus“, „Subjektivierung“) sehen (vgl. Bröckling u.a. 2004). Vor diesem Hintergrund scheint Kulturpädagogik ein geeignetes Arbeitsfeld zu sein, das von seiner Betonung der Kreativität gut geeignet erscheint, die Subjektform der neoliberal organisierten Wirtschaft und Gesellschaft zu produzieren. Eine Zukunftsaufgabe wird daher darin bestehen, Räume der Emanzipation im Rahmen subtiler werdender Machtverhältnisse zu erhalten.
Neue Formen von Subjektivität
Diese Überlegungen können erweitert werden auf die Frage, in welcher Weise insgesamt die gesellschaftliche Formung des Subjekts – vor allem in Bildungs- und Erziehungseinrichtungen – erfolgt. Historische Studien zeigen (Reckwitz 2006; Fuchs 2012a), wie gravierend der Wandel gesellschaftlich erwünschter Subjektformen in den letzten 200 Jahren war. Es ist eine weitere Herausforderung für die wissenschaftliche Forschung in der Kulturpädagogik, diese Studien zu rezipieren und in Beziehung zu den eigenen Bildungsleistungen zu setzen. Dabei rückt die Notwendigkeit in den Mittelpunkt, das Forschungsdesiderat in Hinblick auf eine Theorie (kultur-)pädagogischer Institutionen, in denen wesentlich eine solche Subjektkonstitution erfolgt, zu verringern.
Interkultur
Kultur funktioniert im Modus des Interkulturellen. Kulturbegegnung kann sogar als Motor der Kulturentwicklung gesehen werden. Dies gilt nicht erst für die jüngere Vergangenheit. Doch fällt es trotzdem schwer, die Dialektik von Eigenem und Fremdem, den Umgang mit Anderen als notwendig und unumgänglich zu akzeptieren. Politisch zeigt sich diese Hilflosigkeit an der immer wieder belebten Debatte über Leitkultur bzw. an der oft populistisch geführten Integrationsdebatte. Kulturpädagogik hat in diesem Kontext besondere Möglichkeiten, im Schonraum kulturpädagogischer Projekte handlungsentlastet Kulturbegegnung zu organisieren. Aber gerade wegen ihrer besonderen Eignung zur interkulturellen Praxis besteht die Gefahr, dass politische Probleme (etwa die Integrationsverhinderung durch Politik und Verwaltung) auf pädagogischen Wegen gelöst werden sollen. Wichtig ist daher eine Unterscheidung, welche Probleme politisch, ökonomisch oder pädagogisch zu lösen sind.
Teilhabe
„Kultur“ wurde bereits von Herder zum Zwecke der Unterscheidung benötigt. Die Pluralität von Kulturen und Kulturbegriffen relativiert die Einzigartigkeit der eigenen Kultur. Pierre Bourdieu (1987) fügt dieser allgemeinen Erkenntnis noch die politische Bedeutung kultureller Unterschiede hinzu:
„Kultur“ ist kein harmloses Konzept eines harmonischen Miteinanders, sondern gelegentlich konfliktreiches Aufeinandertreffen unterschiedlicher Milieus und Lebensstile. Diese wiederum werden sehr unterschiedlich gesellschaftlich anerkannt und bewertet. Sie werden auch unterschiedlich von der öffentlichen Förderung „bedient“. Damit stellt sich das Problem der Teilhabe, der gerechten Möglichkeit zur Partizipation (siehe Larissa von Schwanenflügel/Andreas Walther „Partizipation und Teilhabe“). Kulturpädagogik, die mit ihren ästhetisch-künstlerischen Arbeitsformen über ein zentrales Medium der Differenzierung der Gesellschaft verfügt, braucht daher eine besondere Sensibilität für die soziale Wirksamkeit ihrer Arbeitsformen, will sie nicht – unbeabsichtigt – Ausgrenzung vergrößern oder zumindest stabilisieren.