Intergeneratives Tanztheater als ästhetisches Vermittlungsmodell
Tanztheater verbindet Generationen – Forschungsprojekt zur intergenerativen ästhetischen Bildung
Abstract
Ästhetische Bildung ist in der Kulturpädagogik und in den Kulturwissenschaften wesentlicher Bestandteil der wissenschaftlichen Lehre und Forschung. Ein intergenerativer Ansatz ist jedoch innerhalb der theoretischen und praktischen Ausrichtung der Studiengänge eine Leerstelle. Das Forschungsprojekt an der Hochschule Niederrhein beleuchtete genau diese Leerstelle näher und begleitete ein Semester lang ein intergeneratives Tanztheaterensemble, bestehend aus neun Studierenden und neun Senior*innen, mit der Perspektive der ästhetischen Forschung. Anhand von Projekttagebüchern, Befragungen, Beobachtungen und Gesprächen wurden die Wirkungsweisen der intergenerativen ästhetischen Arbeit untersucht. Angesichts aktueller Krisen der Gesellschaft steht gerade auch das Generationenverhältnis vor neuen Herausforderungen und benötigt Möglichkeitsräume, dieses immer wieder neu auszuhandeln, um Unverständnis oder Vorurteilen entgegenzuwirken. Das Forschungsvorhaben leistete zusätzlich eine Grundlage, Kooperationschancen zwischen den Generationen zu entwickeln und damit ein innovatives Modell der Begegnung und des gegenseitigen Verstehens durch das gemeinsame ästhetische Handeln zu entfalten.
Ein intergenerativer künstlerischer Ansatz ist bisher in der Forschung und Lehre der kulturpädagogischen und -wissenschaftlichen Studiengänge wenig berücksichtigt. Im Sommersemester 2022 erforschten die Autor*innen die Wirkung der ästhetischen Bildung am Beispiel eines intergenerativen Tanztheaterensembles, das von Felicitas Lowinski und Véronique Peitz am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Niederrhein gegründet wurde. Der folgende Artikel soll die wichtigsten Forschungsergebnisse zusammenfassen und einen Einblick in die intergenerative ästhetische Arbeit leisten.
Im Fokus des Forschungsprojekts stand die Kunst des intergenerativen Tanztheaters sowohl als ästhetisches Experiment als auch als Vermittlungsmodell. Implizit und explizit leistete das Forschungsvorhaben zusätzlich eine Grundlage, neue Kooperationschancen zwischen den Generationen zu entwickeln, ein innovatives Modell der Begegnung und des gegenseitigen Verstehens durch das gemeinsame ästhetische Handeln zu entfalten. Angesichts aktueller Krisen der Gesellschaft steht gerade auch das Generationenverhältnis vor neuen Herausforderungen und benötigt Möglichkeitsräume, dieses immer wieder neu auszuhandeln, um Unverständnis oder Vorurteilen entgegenzuwirken. Ein „natürliches“ Lernen im Miteinander der Generationen ist seit der Moderne kaum noch gegeben, sodass es gezielter intergenerativer Bildungsangebote im kulturellen Kontext bedarf (vgl. Gregarek 2007:85ff).
Das Forschungsvorhaben stellte sich folgende Fragen: Wie gestalten sich ästhetische Bildungsprozesse im intergenerativen Kontext? Was verändert sich im Generationenverhältnis durch ästhetische Bildungsprozesse? Welchen Beitrag leisten gemeinsame ästhetische Erfahrungen, die durch das Medium Tanztheater ermöglicht werden? Wie kann das intergenerative Tanztheater in der Spezifik seiner Prozesse einen vielfältigeren Perspektivwechsel (vgl. Duncker 1997:180ff) im Sinne einer „Pädagogik der Vielfalt“ (vgl. Prengel 2006:184ff) ermöglichen? Welche andersartige Ästhetik kann ein intergeneratives Tanztheater entwickeln (vgl. Bentivoglio/Carbone 2007:52)?
Das Tanztheaterensemble, welches wöchentlich probte und im Juli 2022 seine erste Aufführung mit dem Stück „Mitten.In“ hatte, ermöglichte es den unterschiedlichen Generationen, sich in einem sicheren, angstfreien Raum zu begegnen und dabei zu erlernen, eine hohe Vielfalt an Differenzen anzuerkennen und zu verstehen. Die Chance liegt hier im ästhetischen Möglichkeitsraum, der diese Unterschiede wertschätzt und verbindlich werden lässt. Durch die von den zwischen 21 und 75 Jahre alten Teilnehmenden geführten Projekttagebücher ließ sich erkennen, dass dies auch erfolgreich geschah, da Altersunterschiede im Verlaufe der Zusammenarbeit immer weniger Raum bekamen und die gemeinsame ästhetische Arbeit im Vordergrund stand. Das Innovative des Forschungsprojekts lag in der neuartigen Kombination eines intergenerativen Ansatzes mit ästhetischer Bildung, die wiederum im ganzheitlichen Medium des Tanztheaters spezifiziert und erfahrbar gemacht wurde.
Ästhetische Forschung
Ästhetische Bildung ist ein lebenslanger Prozess, ästhetische Forschung ist subjekt- und handlungsorientiert, sodass sowohl die Entwicklungsprozesse der Teilnehmenden des intergenerativen Tanztheaterensembles als auch die Produktionsweisen untersucht wurden. Einhergehend mit der ästhetischen Forschung wird oft auch die künstlerische Forschung genannt. Der künstlerische Forschungsbegriff bezieht sich auf den Erkenntnisgewinn mithilfe von künstlerischen Ausdrucksmitteln und ist somit wesentlich enger zu fassen als der weite ästhetische Forschungsbegriff, der auf ästhetisch-sinnlichen und reflexiven (Alltags)-Erfahrungen sowie dem Erwerb kultureller Kompetenzen der Lernenden basiert (vgl. Kämpf-Jansen 2012:22).
In der ästhetischen Forschung vereinen sich das ästhetische Agieren sowie das wissenschaftliche Denken und streben einen Akt der Erkenntnis an. Während im Bereich des Ästhetischen auf die verschiedenen praxisorientierten Arbeitsweisen zur sinnlichen-ästhetischen Wahrnehmung und Erkenntnis zurückgegriffen wird, beziehen sich die wissenschaftlichen Methoden (z.B. Erkunden, Einordnen, Präsentieren und Kommentieren) auf sprachliche, diskursive und kognitive Prozesse (vgl. ebd.:133).
Die ästhetische Forschung ist dadurch geprägt, dass die Forschenden eine Verbindung von vorwissenschaftlichen bzw. alltagsorientierten, künstlerisch-ästhetischen, wissenschaftlichen und reflexiven Verfahren schaffen (vgl. Damm/Kaiser/Schneider 2017:16). Unter ästhetischer Forschung wird also der Prozess der forschenden Erkenntnisgewinnung durch ästhetisch-künstlerische Sichtweisen verstanden (vgl. Rittelmeyer 2016:108ff).
Ästhetische Forschung ist von Prozesshaftigkeit und Performativität geprägt, das heißt, der Weg zum Wissenserwerb und Erkenntnisgewinn unterliegt einem stetigen Wandel. In der Annäherung an das zu erforschende Thema, das intergenerative tanztheatrale Schaffen, wurden im Sinne des Ästhetischen, Grenzen überschritten (vgl. Brenne 2008:2) sowie eine Verfremdung des Gewohnten erfahren. In diesen forschenden Prozess wurden sowohl die Co-Leiterin, Véronique Peitz, als auch die Teilnehmenden des intergenerativen Tanztheaterensembles durch schriftliche und mündliche Reflexionen (Befragung vor Probenbeginn, Projekttagebuch, Gespräche), auch auf der Basis von Filmaufzeichnungen der Proben, mit einbezogen. Dadurch sollen die ästhetischen Wirkungen der tanztheatralen Zusammenarbeit erfasst und gedeutet werden (vgl. Rittelmeyer 2016:318).
Da die subjektiven Wahrnehmungen neben den wissenschaftlichen Grundlagen in der ästhetischen Forschung besondere Relevanz haben (vgl. Blohm/Heil 2012:6), wurden diese durch Befragungen und Projekttagebücher der Teilnehmenden in den Forschungsprozess mit eingebunden. Auch die Beobachtungen des Anleitungsteams flossen durch regelmäßige Reflexionsrunden in die Forschung mit ein.
Bevor das Tanztheaterensemble in die Proben startete, wurde eine Umfrage erstellt, anhand welcher die bereits vorliegenden Kenntnisse im Bereich Tanz und Theater abgefragt wurden, aber auch die Erwartungen der Interessent*innen hinsichtlich der intergenerativen und ästhetischen Arbeit thematisiert wurden. Es bestand eine hohe Nachfrage an der Teilnahme am Ensemble, nicht alle vorab Befragten wurden letztendlich Teil dessen, doch zeigten die Ergebnisse, dass die meisten noch keine Vorerfahrungen aus intergenerativen Projekten mitbrachten. Ein sehr großes Interesse bestand darin, auf unterschiedliche Menschen zu treffen und „den Horizont zu erweitern“ und „Neues zu erfahren“. Bei vielen bestand im vorneherein die Hoffnung vor allem Barrieren zwischen den Generationen abzubauen, durch ein Miteinander und ein voneinander lernen. An dieser Stelle sollte angemerkt werden, dass die teilnehmenden Senior*innen alle Gastzuhörende des FAUST-Programmes der Hochschule Niederrhein waren und somit bereits vertraut im Umgang mit Studierenden waren. Zudem waren die teilnehmenden Studierenden alle Student*innen der Kulturpädagogik und brachten somit eine entsprechende pädagogische Haltung mit sich, die den Umgang untereinander nachhaltig prägte. Neu am Tanztheaterensemble war das ausgeglichene Verhältnis (9:9) an älteren und jüngeren Teilnehmenden, welches für alle eine erstmalige Konstellation in der ästhetischen Arbeit war.
Fortlaufend während der Forschungsperiode waren die Teilnehmenden dazu angehalten, Projekttagebücher zu führen. Anhand von Leitfragen sollten sie jeweils nach den Proben ihre Wahrnehmungen und Eindrücke festhalten. Einige nutzen die Tagebücher auch, um sich Abfolgen von Tanzschritten, Gedanken während der Proben und kreativen Output festzuhalten. Teilnehmende schrieben Gedichte oder zeichneten Szenen aus dem Stück. Die Fragen, zu denen sich die Teilnehmenden in den Projekttagebüchern positionierten, waren die folgenden:
- Welche ästhetische Erfahrung war heute besonders intensiv? Was habt ihr gespürt oder was habt ihr gesehen?
- Wie habt ihr das soziale Miteinander heute erlebt? Hat sich etwas zur vorherigen Probe verändert?
- Was nehmt ihr von der heutigen Probe für euch persönlich mit? Was hat euch heute (heraus-) gefordert? Was habt ihr gelernt?
Nicht alle Teilnehmenden haben ihre Projekttagebücher regelmäßig nach jeder Probe ausgefüllt oder sich an die vorgegebenen Leitfragen gehalten, sodass eine qualitative Inhaltsanalyse, wie sie in der empirischen Sozialforschung zur Datenauswertung genutzt wird, an dieser Stelle nicht angebracht war. Auch in der Auswertung der Tagebücher wurde sich an dem Prinzip der ästhetischen Forschung orientiert, der den Fokus auf den Erkenntnisprozess selbst setzt und das Ergebnis, welches hier subjektive Wahrnehmungen, die teils wieder in ästhetische Produkte umgesetzt wurden, offenlässt (vgl. Blohm; Heil 2012:6). Wie auch Sabisch herausstellt, ist das Tagebuch als Instrument der ästhetischen Forschung deshalb so beliebt, da es neben der offensichtlich reflexiven Funktion, auch den „produktiven Entwurfscharakter im Entdeckungskontext [heraus]stellt. Im Tagebuch werden nicht nur vorhandene Erfahrungen dokumentiert, reflektiert und kommuniziert, sondern auch neue generiert“ (Sabisch 2006:189).
Neben der Befragung im Vorneherein, die ein hohes Interesse am Ensemble bekundete, und den Projekttagebüchern, wurden zudem die Besucher*innen der beiden Aufführungen im Nachgang befragt. Mit einer 99% Rücklaufquote konnte die Antworten der Besucher*innen einen guten Eindruck über die Wirkung des Stücks hergeben. Das Alter der Besucher*innen orientierte sich stark an dem der Mitwirkenden (31% zwischen 60 und 69, 22% zwischen 20 und 29), was darauf zurückzuführen ist, dass größtenteils Besucher*innen über persönliche Kontakte gewonnen werden konnten.
Auf die Frage „Was hat Ihnen besonders gut gefallen? Was hat Sie ästhetisch berührt?“ wurden vor allem die Vielfalt und die unterschiedlichen Darstellungen genannt. Auch der tänzerische Eindruck und das Zusammenspiel zwischen Jung und Alt stachen als Antworten heraus. Die gegenseitige Ergänzung, das Miteinander, die Wertschätzung und die Augenhöhe waren Eindrücke, die Besucher*innen von Generationsbeziehungen im Stück Mitten.In erhalten haben. Eine Besucherin (25) antwortete folgendermaßen: „Eine liebevolle Auseinandersetzung miteinander, durch das gemeinsame Interesse Tanz. Der Tanz hat die Generationen, ihre Geschichten und ihre generationsspezifischen Aushandlungsprozesse miteinander verbunden.“ Doch nicht alle trauten der vermeintlich wahrgenommen Harmonie auf der Bühne. So merkte eine weitere Besucherin (43) an: „Die Beziehungen wirkten teils utopisch-harmonisch auf mich, was eher einen Bedürfnis-Zustand für mich darstellte.“
Besonders eindrücklich in der Besucher*innenbefragung war das große Interesse weitere Aufführungen dieser Art zu besuchen oder gar selbst Teil eines Tanztheaterensembles zu werden.
Der bisherige Forschungsstand zeigt, dass es eher im rein kulturgeragogischen Bereich Forschungen (vgl. Fricke und Kaiser) im künstlerischen Kontext (Theater und Film) gibt als im intergenerativen Bereich. Es existieren Forschungen über intergenerative Projekte, aber davon sind sehr wenige der künstlerischen oder ästhetischen Forschung zuzuordnen. Im Bereich der ästhetischen Forschung lassen sich wiederum einige Projekte im Bereich der schulischen Bildung (vgl. Leuschner 2012) und der Kinder- und Jugendbildung finden. Im intergenerativen Kontext gibt es sehr wenig ästhetische Forschung, außer beispielsweise der von Kollegin Prof. Johanna Kaiser von der ASH Berlin: Ein intergeneratives Projekt als filmische Forschung (1998): Spurensuche. Jüdische Identität im Spiegel der Generationen. Darüber hinaus hat Kollegin Kaiser im Kontext ihrer Professur vor vielen Jahren ein Senior*innentheater gegründet. Dieses „Theater der Erfahrungen“ hat sich inzwischen als eigener Verein verselbstständigt und produziert jährlich mehrere Stücke. Trotz allem wird aus der begrenzten Anzahl an vorhandenen Forschungsergebnissen ersichtlich, dass die Notwendigkeit ästhetischer Forschung im intergenerativen Kontext besteht, vor allem im Hinblick auf den Zugewinn durch intergenerative ästhetische Bildung.
Das ästhetische Produkt, was im Forschungsprojekt innerhalb von drei Monaten entstanden ist, und von intensiver Probenarbeit zeugt, zeigt, wie in den Fotografien und der Videoaufzeichnung zu sehen, eine Sehnsucht nach Annäherung der Generationen, was vorher nicht zu ahnen war. Ausgehend von der Frage nach Nähe und Distanz zwischen den Generationen behandelt Mitten.In den Raum und die Bewegung im Dazwischen. Den Raum, den Menschen, die in fünf verschiedenen Jahrzehnten geboren sind, performativ auf der Bühne erschaffen haben. Dabei wurde das Bewegungsmaterial durch gezielte Aufgabenstellungen in verschiedenen Alterskonstellationen entwickelt. Die Gesamtchoreografie reflektiert auf ihre eigene Art und Weise unterschiedliche Strukturkategorien der Generationen und sucht sie in Frage zu stellen, um neue Möglichkeiten des Gemeinsamen zu eröffnen (vgl. Video auf www.tanztheater-mittenin.de). Die besondere Atmosphäre der Bühne in der Fabrik Heeder in Krefeld sowie die Intensivierung der Bühnenpräsenz und Spielfreude des Ensembles durch die Ko-Präsenz und Energie des Publikums bildeten den Höhepunkt des ästhetischen Prozesses. Die Mehrheit des Ensembles stand zum ersten Mal auf der Bühne. In der Nachbesprechung werteten alle Beteiligten diese Erfahrungen als ein ganz besonderes, unvergessliches Erlebnis, das auch hinter der Bühne die Gruppe
zusammengeschweißt hat.
Das Besondere an intergenerativen Bildungsprozessen
Bemerkenswert an Bildungsprozessen in nicht homogenen Gruppen ist, dass es von außen betrachtet sehr schnell zu ästhetischen Resultaten kommt. Die Zusammenwirkung der unterschiedlichen Positionen und Erfahrungen führt dazu, dass ein lebendiger Austausch entsteht, der die ästhetische Praxis untereinander anregt. Der Altersunterschied im intergenerativen Tanztheater rückt in der Praxis in den Hintergrund und die Körper und ihre Bewegungen werden zum elementaren Bestandteil des Prozesses. Auch einfache und experimentelle Bewegungen, oft durch gebundene Improvisationen (vgl. Lowinski 2007:135ff) entstanden, wurden zu wirkungsvollen Bildern, in denen Jung und Alt miteinander verschmolzen. Eine der älteren Teilnehmenden stellt nach einer Probe im Mai fest: „Es kommen erstaunliche Szenen zustande. Ich bin total begeistert. Die Studis sind so außergewöhnlich, aber auch die Faustis sind so kreativ.“ („Faustis“ sind die FAUST-Gasthörenden, „Studis“ die Studierenden der Kulturpädagogik). Durch die gemeinsame Arbeit der unterschiedlichen Altersstufen wurde es den Beteiligten ermöglicht, den eigenen persönlichen und kreativen Prozess durch die Erfahrungen verschiedenster Positionen, sowohl bei gesellschaftlichen als auch kreativen Themen, anzuregen und zu erweitern.
Das Besondere an intergenerativen Bildungsprozessen ist neben den erstaunlich schnell entstehenden ästhetischen Ergebnissen, der bemerkenswert achtsame Umgang der Generationen miteinander. Bereits nach einem ersten Treffen des Ensembles im März 2022, berichteten Teilnehmende von der Faszination des Kennenlernens auf sehr vertrauter Ebene und wie schön es sei, dass Alt und Jung sich vermischen. Eine teilnehmende Person berichtet davon, dass Alter keine Rolle spiele und alle auf Augenhöhe miteinander agieren könnten.
Der Austausch zwischen den Generationen birgt zudem die Möglichkeit, gegenseitige Werte und Lebensweisen kennenzulernen. Sowohl Studierende als auch Senior*innen beschreiben in ihren Projekttagebüchern immer wieder, wie sie Parallelen in Weltanschauungen und Lebenserfahrungen untereinander entdecken. Dies führte dazu, dass ein wertschätzendes Miteinander entstand, welches von gegenseitiger Toleranz und Offenheit geprägt war. Natürlich wurden, wie auch in altershomogenen Gruppen, Unterschiede entdeckt, die jedoch auch einen Beitrag für das gegenseitige Verständnis leisteten.
„Das soziale Miteinander habe ich als sehr wertschätzend wahrgenommen. Ich habe das Gefühl, dass alle immer mehr ein Gespür für die anderen bzw. die Einzelnen bekommen und sich Charaktere raus entwickeln. Alle haben sich getraut auf der Bühne zu stehen und ihre Präsentation zu zeigen. Es ist ein offener Raum entstanden, in dem man keine Scheu haben muss.“ (TN 22 J. Projekttagebuch)
Intergenerative Bildungsprozesse ermöglichen es den Beteiligten, sich in anderen Lernkontexten als denen in homogeneren Gruppen kennenzulernen. Gerade die Studierenden gaben vermehrt an, dass ihnen die altersgemischte Gruppe die Möglichkeit gegeben habe, mit weniger Leistungsdruck und einem niedrigeren Perfektionsdrang als in Gruppen mit Gleichaltrigen zu performen. Eine Studentin schrieb in ihrem Projekttagebuch, dass eines ihrer persönlichen Ziele das Loslassen des inneren Perfektionsdrangs wäre („Kopf folgt Körper!“, TN 36 J. Projekttagebuch). Von diesem Prozess berichtet sie Wochen später erneut und merkt an, dass es ihr in dieser Gruppe möglich wäre, diesen Anspruch auch offen zu kommunizieren und Schritte in die gewünschte Richtung zu machen. Weitere Studierende gaben an, dass durch den achtsameren Umgang miteinander auch die Ruhe in den eigenen Bewegungen zunähme, wodurch ein wohlwollender Zugang zu den eigenen Bewegungen und dem eigenen Körper entstände. Dies förderte auch die Improvisationsfähigkeit innerhalb der Übungen. Eine Studierende schilderte, dass das Projekt ihr helfe, ihren eigenen Weg der künstlerischen Ausdrucksform zu verfestigen und dies für sie „sehr empowernd“ sei. Weitere schrieben, dass sie durch das Tanztheater an Selbstbewusstsein gewännen und die Probe innerhalb der Woche oft das einzige sei, wo sie sich selbst Ausdruck verschaffen könnten.
Bei den älteren Teilnehmenden konnte hingegen festgestellt werden, dass sie durch die Dynamik der jüngeren Teilnehmenden dazu motiviert wurden, über ihre – vor allem körperlichen – Grenzen hinauszuwachsen. Es konnte beobachtet werden, wie Teilnehmende, die zu Beginn noch sehr zaghafte Bewegungen vollzogen, sich im Verlauf der Proben immer mehr zutrauten und mutiger wurden. So berichtet eine Teilnehmerin mit langjähriger Tanzerfahrung, dass sie sich schon lange nicht mehr getraut hatte, Tanzbewegungen auf dem Boden auszuführen, dies aber nun tut und sich darüber freut, diesen Schritt gewagt zu haben. Ein älterer Teilnehmer (65 J.) beschreibt nach einer Probe: „Am Ende habe ich mit einem guten Gefühl die Veranstaltung verlassen. Diese hatte eine positive Wirkung auf meine Stimmungslage. Es ist beeindruckend, wie vital und gelenkig die Studis sind. Dies überträgt sich auf mich als Fausti." Und eine weitere Teilnehmerin (69 J.) deutet die Bewegungen folgendermaßen: „Die jungen Leute sind quirliger, bewegungsfreudiger, turbulenter, schneller, impulsvoller. Wir Faustis können auch wild und ausdauernd sein. Unsere Bewegungen sind mehr Gelassenheit, Wiederholung und innere Ruhe." Die von den Teilnehmenden gemachten Beobachtungen schlugen sich auch in den tänzerischen Ausführungen nieder: die Jüngeren fanden einen Ruhepol und die Älteren Anregung zur Dynamik.
Diese Erkenntnis deckt sich mit den Ergebnissen einer Studie der Keele University in Newcastle, die Theaterprojekte mit mehreren Generationen untersuchte und von einer der Begründerinnen der Kulturgeragogik, Almuth Fricke, aufgegriffen wurde: „Jüngere Teilnehmende wussten es zu schätzen, einen Einblick in die Gedanken der älteren Altersgruppe zu bekommen und sich über Erfahrungen auszutauschen. Die älteren Teilnehmenden empfanden die jungen Teilnehmenden als inspirierend, schätzen ihre Energie, ihre Begeisterung und ihren Optimismus. Positiv vermerkten die älteren und jüngeren Teilnehmenden, dass sie die Wahrnehmung der anderen Generation während der Theaterarbeit korrigiert haben“ (Groote/Fricke 2017:248).
Unterschiede in der Vermittlung heterogener Gruppen
Durch das Forschungsprojekt konnte die Erkenntnis gezogen werden, dass unabhängig von der grundsätzlichen Haltung von Kulturpädagog*innen auf die individuellen Bedürfnisse von Teilnehmenden zu achten, eine Unterscheidung in der Vermittlung aufgrund des Alters nicht notwendig ist.
Es stellte sich während der Proben heraus, dass aufgrund des Alters öfters Pausen eingelegt werden mussten oder Übungen von älteren Teilnehmenden gar nicht oder nur teilweise ausgeführt werden konnten. Bemerkenswert war die Rücksichtnahme und Achtsamkeit, mit welcher die jüngeren Teilnehmenden gleich zu Beginn der Projektphase agierten. Zugleich fühlten sich die älteren Teilnehmenden durch die Agilität der Jüngeren angespornt auch über ihre Grenzen hinauszugehen. Dadurch ist eine Vielzahl von ungewohnten Bewegungsvariationen entstanden, die oftmals in die Endchoreografie eingeflossen sind.
Die künstlerische Vermittlungsarbeit mit dem Medium Tanztheater ist aufgrund seines ganzheitlichen Zugangs über den Körper gut geeignet für die Zusammenarbeit von (alters)heterogenen Gruppen. Ein zentrales Mittel, um authentische Tanzbewegungen zu entwickeln und später für die Choreografie zu gestalten, ist die gebundene Improvisation, die zielgerichtete, thematisch aufeinander aufbauende Aufgaben stellt (vgl. Haselbach 1991). Sie fördert das ästhetische und psychosoziale Vertrauen untereinander. Gerade durch die Auseinandersetzung mit dem „Fremden“ (z.B. älteren oder jüngeren Körper) kann der Einzelne mehr das Eigene finden. In einer sehr intensiven Probenarbeit kann es wohl zuweilen schwierig werden, genügend Zeit für Rückzug und Reflexion zu lassen sowie immer wieder an einen „safer space“ zu denken. Ein möglichst sicherer Raum, der auf der vertrauensvollen Zusammenarbeit aller Beteiligten beruht, ist durch angemessene Gesprächsangebote in kleiner oder großer Runde umzusetzen. Es gab zweimal Situationen, wo männliche ältere Teilnehmer jungen Studentinnen in ihrem Empfinden in der tänzerischen Improvisation zu nahe kamen. Hier war eine direkte Intervention der Anleitung notwendig, um dann aber im künstlerischen Prozess andere Lösungen zu suchen, die wiederum ein Erkennen und Verstehen des jeweils anderen ermöglichten. Wenn es um sehr sensible Themen geht, empfiehlt die kulturpädagogische Arbeitsweise auch eine Vertrauensperson zu wählen, an die sich jemand wenden kann, wenn er oder sie sich unwohl fühlt. Das intergenerative Tanztheaterensemble ist in drei Monaten Zusammenarbeit unglaublich rasch zusammengewachsen, obwohl die Teilnehmenden sich vorher untereinander nicht in Gänze kannten, doch alle Teilnehmenden brachten zum Teil intensive Vorerfahrungen aus anderen Tanz- oder Theaterprojekten mit. Von Vorteil war hier auch die jahrelange pädagogische und künstlerische Erfahrung der Anleitung in der jeweils spezifischen tanztheatralen Arbeit mit den entsprechenden Altersgruppen, auch konkret an der Hochschule Niederrhein. So waren den beiden Anleitenden die einzelnen Teilnehmenden aus vorherigen, altershomogenen Angeboten und Seminaren, bereits bekannt. Neben den tanzpädagogischen Kenntnissen und Erfahrungen benötigt ein Anleitungsteam für ein intergeneratives Tanztheaterensemble vor allem eine hohe Kommunikations-, Organisations- und Gestaltungsfähigkeit, aber auch Geduld, Spontaneität und Fingerspitzengefühl, da es sich immer noch um die Arbeit mit Laien handelt. Günstig erschien uns auch, dass wir als Anleitungsteam selbst intergenerativ zusammengesetzt waren und damit Verständnis für die spezifischen Situationen der Teilnehmenden mitbrachten und gleichermaßen eine Art Vorbildfunktion besaßen.
Die Veränderung des Generationenverhältnisses durch ästhetische Bildung
Intergenerative Bildungsprozesse können durch die Fokussierung des ästhetischen Modus intensiviert werden. Durch die explizite Beschäftigung mit Schönheit, Kunst und Sinnlichkeit wird die Bedeutung der intergenerativen ästhetischen Bildung dieses Forschungsprojekts hervorgehoben.
Bereits zu Beginn des Projekts stellten vor allem ältere Teilnehmende fest, dass „trotz des Altersunterschiedes“ ähnliche Lebensstrukturen und Werte innerhalb der Gruppe herrschten. Dies verhalf dazu, dass zum Ende des Projekts hin, Teilnehmende über die Gruppe als „das Team“, „eine vertraute Runde“, „eine Einheit“, „unsere Gemeinschaft“ oder „eine richtige Truppe“ sprachen. Über den Verlauf der Proben hin konnte sowohl von außen also auch innen, von den teilnehmenden Menschen selbst, beobachtet werden, wie die Gruppe immer mehr zusammenwuchs. Wurden die Probenpausen zu Beginn noch getrennt nach Generationen abgehalten, änderte sich dies schon augenscheinlich nach wenigen Wochen. Eine teilnehmende Person (29 J.) gab im April in ihrem Projekttagebuch an: „Durch die intensive und gemeinsame kreative Arbeit fühlt es sich nicht so an, als würde die Gruppe sich erst zum dritten Mal sehen. Verrückt zu sehen, wie schnell eine Gruppe zusammenwachsen kann.“
Über den Verlauf des Projekts entstand eine „freundschaftliche Atmosphäre“ unter den Teilnehmenden, welche auch durch die regelmäßige ästhetische Praxis in Kleingruppen gefördert wurde. Es wurden Gemeinsamkeiten festgestellt, wie zum Beispiel „Erzählungen und Ansichten über das gesellschaftliche Normativ der Generationenverhältnisse“ (TN 36 J. Projekttagebuch) oder die Feststellung, dass alle ähnliche Träume haben. "Es hat mich sehr berührt, dass es uns allen sehr ähnlich ging, auch in den unterschiedlichen Generationen. Letztendlich wollen wir uns alle selber finden und mit uns selbst im Reinen/im Einklang sein." (TN 29 J. Projekttagebuch)
Durch die ästhetische Praxis wurde es den Teilnehmenden ermöglicht, sich gegenseitig kennenzulernen, ohne dass das Alter eine augenscheinliche Rolle spielte. Einige der Teilnehmenden erwähnten in einer Umfrage im Vorhinein, dass sie sich wünschen würden, dass im Laufe des Projekts ein Austausch der Generationen stattfände und eben diese auch miteinander verbunden werden. Durch den stetigen Austausch auf kreativer und inhaltlicher Ebene, hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, altersunabhängige Gemeinsamkeiten zu entdecken, was für einen Austausch auf Augenhöhe essenziell war. Eine Teilnehmerin fasst am Ende des Projekts die Generationsbeziehung folgendermaßen zusammen:
„Durch unser Ensemble wurden junge und ältere Menschen zusammengebracht. Ich lernte generationenübergreifende Sichtweisen und Standpunkte von jüngeren und älteren Menschen kennen. Besonders die Gespräche mit den Studierenden waren hilfreich ihre Lebenswelt zu verstehen. Danke, dass ich Teil des Ganzen sein durfte.“ (TN 69 J. Projekttagebuch)
Der Perspektivwechsel als Spezifikum des intergenerativen Tanztheaters
„Im und durch Tanzen und in der Beschäftigung mit dem Tanz kann ästhetische Bildung im umfassenden Sinne, also den ganzen Menschen betreffend, initiiert und entwickelt werden“ (Lowinski 2017:289). Der Tanz bietet unbegrenzte Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks in Prozessen der Imitation, Improvisation und Gestaltung in Zeit, Raum und Form – dabei wird der Körper zur ästhetischen Praxis, wird formal und inhaltlich gestaltbares „Drittes“ und schafft so unmittelbar einen Weg zu neuen Erfahrungen, Begegnungen und Perspektivwechseln. Teilnehmende empfanden, dass der Tanz als ästhetische Praxis ein tiefgreifendes Aufeinandertreffen ermöglichte. Durch Blickkontakte und den Austausch von Bewegungen wurden Verbindungen miteinander aufgebaut, die zu „Gänsehautmomenten“ führten. Auch wurden die tänzerischen Begegnungen als nachhaltiger verbindende Erfahrungen als die gemeinsam geführten Gespräche empfunden. Das gemeinsame Tanzen ermöglichte den Teilnehmenden ein Kennenlernen, bei dem das Alter keine Rolle spielte. „Wir waren einfach vier Menschen, die sich zusammen bewegen.“ (TN 37 J. Projekttagebuch)
Der Tanz vollzieht sich in der Gruppe, dabei können die vielfältigen körperlichen Begegnungen alle Varianten der sozialen und kulturellen Umwelt aufgreifen. Der Körper wird in seinen unterschiedlichen Dimensionen, als Sinnes- und Ausdrucksorgan, als Instrument, Identität und Biografie u.a.m. verstanden – ein gewordener, aber auch werdender Körper in der ästhetischen Auseinandersetzung im Tanztheater, was in einer intergenerativen Gruppe von besonderer Bedeutung ist (vgl. Lowinski 2007:98). Teilnehmende berichteten, wie sie ihren Körper noch nie so bewegt hatten, die tänzerischen Bewegungen sie befreie und wie die tänzerischen Bewegungen die Verarbeitung alltäglicher Erlebnisse unterstütze. Durch die Improvisationen wurden durch einfache Mittel, Emotionen, Erinnerungen und Gedanken geweckt. Zudem ermöglichte der Tanz den Teilnehmenden eine vorurteilsfreiere Begegnung. Eine wichtige Beobachtung in dem Kontext der an Heterogenität wachsenden Gesellschaft, wo ein Ausdrucksmittel, welches nicht über die Sprache funktioniert, von zunehmender Bedeutung ist. Eine teilnehmende Person bemerkt in ihrem Projekttagebuch, dass die Körper der anderen Tänzer*innen mit ihren ganz eigenen Bewegungssprachen ihre Vorstellung von Tanz erweitert haben und dies dazu geführt hat, dass sie ihre eigene Bewegungssprache mehr wertzuschätzen gelernt hat.
Festzustellen ist demnach, dass das Tanztheater, hier in einem intergenerativen Kontext, den Teilnehmenden besonders intensiv ermöglicht, sich selbst und auch den anderen Beteiligten auf anderen Ebenen zu begegnen. Eine ältere Teilnehmerin gab in der Befragung, welche vor Probenbeginn durchgeführt wurde an, dass sie sich erhoffe durch die Teilnahme am Tanztheater Lebensfreude zu gewinnen. Einer ihrer abschließenden Kommentare im Projekttagebuch, ist der folgende: „Tanztheater: verbindet Menschen, ist Ausdruck von Freude und Leidenschaft, macht glücklich, erweitert die Sinnlichkeit und die Emotionen, kann eine solidarische, lebensfreudige Gesellschaft entstehen lassen, ein echtes Wundermittel.“
Das Forschungsprojekt ergab eindeutig, dass durch die Fremdheitserfahrung den Teilnehmenden intensivere ästhetische Erfahrungen und Reflexionen und dadurch Bildungsprozesse ermöglicht wurden. Bildung wird hier als stetiger Lernprozess verstanden, der den wandelnden gesellschaftlichen und individuellen Veränderungen unterliegt (vgl. Fuchs 2023:146). Insbesondere die ästhetischen Erfahrungen leisten einen wesentlichen Beitrag in der Erfahrung persönlicher Entwicklungen, die demnach grundlegend für die Selbst-Bildung sind. „Die Künste bilden, indem wir sie ausüben“ (Sting 2008:118) fasst Wolfgang Sting dies treffend zusammen und meint damit die „Lernerfahrungen individueller, sozial-kommunikativer und künstlerisch-gestalterischer Art“ (ebd.), die weit über die, wie auch der hier stattfindenden produktionsorientierten Arbeit, hinausgehen.
Die Möglichkeit für die Teilnehmenden, sich ohne Leistungsdruck und inspiriert durch die Altersheterogenität kreativ ausleben zu können, wurde durch das Medium Tanz bestärkt. Die psychosozialen Beziehungen und Erfahrungen haben letztendlich dazu geführt, dass alle Teilnehmenden davon sprachen, ein Zugehörigkeits- und Gruppengefühl erfahren zu haben, welches sich wiederum positiv auf die Selbsterfahrung und -wahrnehmung übertragen hat.
Des Weiteren kann festgestellt werden, dass die intergenerative Arbeit die Kommunikationskulturen der Generationen fördert. Die Personen verschiedenen Alters sind durch die gemeinsame Arbeit, zu der Erkenntnis gelangt, dass es „trotz des Altersunterschiedes“ viele Gemeinsamkeiten in Werten, politischen Ansichten und persönlichen Erfahrungen gab. Dies lies Barrieren verschwinden und das Verständnis füreinander wuchs. Die intergenerative Arbeit baut Hürden zwischen den verschiedenen Altersgruppen ab und fördert die Offenheit füreinander.
Das Forschungsprojekt weist hiermit mögliche Wege auf, die notwendige kulturelle Teilhabe der Menschen an der Mitgestaltung und Weiterentwicklung der Gesellschaft zu steigern. In der partizipativen Erarbeitung des Stücks „Mitten.In“ wurde es den Teilnehmenden ermöglicht, den kreativen Prozess durch eigene Ideen mitzugestalten und durch die abschließende Aufführung diese auch zu präsentieren. Dadurch wurde die Selbstwirksamkeit gefördert und es wurden mögliche Wege ausgewiesen, wie kulturelle Teilhabe auf intergenerativer Ebene möglich ist. Der Bedarf gerade in der Generation 60+ ist enorm hoch. Die Arbeitsweise im Ensemble ist nur durch Beteiligungsprozesse dauerhaft tragbar, die Teilnehmenden nehmen aktiv an Gestaltungen und Entscheidungen teil. Durch Diskussionen und Abstimmungen wird ein demokratisches Bewusstsein gefördert. Auch die Weiterführung des Ensembles, welches inzwischen in einer kollektiven und kollaborativen Arbeitsweise verläuft, spricht für die Erweiterung des Möglichkeitsraums der kulturellen Teilhabe.
Das intergenerative Tanztheaterensemble wurde nach Beendigung des Forschungsvorhaben weitergeführt und arbeitet derzeit mit inzwischen 22 Teilnehmenden an seiner zweiten Produktion, unter der Leitung von Véronique Peitz (Tanz- und Kulturpädagogin BA, bisherige Co-Leitung und Lehrbeauftrage am Fachbereichs Sozialwesen), und versteht sich dabei als lernendes Kollektiv, wo auch Teilnehmende phasenweise in die Anleitungsrolle schlüpfen können und gemeinsam an der Entwicklung des Stücks gearbeitet wird.