Land in Sicht?! Kulturelle Bildung in ländlichen Räumen

kubi-online widmet sich einer „Leerstelle" bisheriger Feldvermessung: Wie es um die Kulturelle Bildung für Menschen in ländlichen Räumen bestellt ist, welche Ansätze impulsgebend, welche Strukturen wichtig und welche Rahmenbedingungen nötig sind, reflektieren über 20 Beiträge dieses 2018 erschienenen Dossiers.

Welche Konzepte und Strategien sind für die Kulturarbeit in ländlichen Räumen impulsgebend und handlungsleitend? Welche Rolle spielen Amateurkultur- und Heimatvereine, Kultur- und Bildungseinrichtungen, Kirchen, Künstler*innen, Freiwillige etc. für eine positive regionale Kulturentwicklung? Welche Voraussetzungen sind für eine sinnstiftende Kulturarbeit auf dem Lande angesichts von demografischem Wandel und Digitalisierung von Bedeutung? Welche Inhalte und Formate scheinen für die Förderung von lokaler und regionaler Identität besonders geeignet? Diese und ähnliche Fragen stehen zu selten im Fokus kulturpädagogischer, kulturpolitischer und kulturwissenschaftlicher Reflexion. Die Wissensplattform kubi-online hat dieser „Leerstelle“ der Feldvermessung Kultureller Bildung daher einen Themenschwerpunkt gewidmet.

Die Autor*innen geben Einblick in Theorie und Praxis der Kulturarbeit auf dem Land, stellen Forschungsergebnisse vor, diskutieren Fördermöglichkeiten und Veränderungsbedarfe.

Aus den verschiedenen disziplinären Bezugswissenschaften der Kulturellen Bildung, aus den unterschiedlichen Sparten- und Akteursperspektiven, aus gesellschafts- und bildungspolitischen, kulturpolitischen und raumsoziologischen, kunst- und kulturpädagogischen Perspektiven wurden Akteur*innen gewonnen, den Blick gezielt auf die Kulturelle Bildung in ländlichen Räumen zu richten. Sie analysieren, beschreiben und reflektieren, wie es um Kunst, Kultur und Kulturelle Bildung für Menschen in Dörfern und Kleinstädten bestellt ist. Sie diskutieren, welche kulturellen Bildungspraxen gestärkt werden sollten, damit sich Zugänge verbessern und Kunst und Kultur jenseits der urbanen Zentren Raum bieten für Kommunikation, Auseinandersetzung, Persönlichkeitsentwicklung und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

 

Grundlagen Kultureller Bildung in ländlichen Räumen

Von Beate Kegler

Zukunft Land? Perspektiven für einen kulturellen Umgang mit Transformationsprozessen und Chancen kreativer und partizipativer Kooperationen zwischen Stadt und Land

Das Land steht wieder im Fokus und Stadt-Land-Beziehungen werden aktuell neu geordnet. Zwischen romantischen Bildern vom idyllischen Land und dem gelebten Alltag auf dem Land tun sich Klüfte auf. Seit Jahrzehnten bröckelt das Gemeinwesen in den meisten Dörfern und die ehrenamtlichen Akteure der Breitenkultur werden immer älter und weniger. Ein scheinbar weites, fruchtbares Feld eröffnet sich für Kulturakteure aus den städtischen Räumen. Doch zwischen dem Agieren der professionellen Kulturakteure aus der Stadt und ehrenamtlichen Akteuren der Breitenkultur tauchen Fragen und Irritationen auf. Aus der vielschichtigen Beschreibung der unterschiedlichen Stadt-Land-Perspektiven heraus, zeigt der Beitrag Möglichkeiten auf, wie partizipative Kooperationen der Kulturellen Bildung gelingen können. Dabei werden unterschiedliche Handlungsstrategien und -muster genau so formuliert wie Herausforderungen und Stolpersteine in den Kooperationen sowie Forderungen an die (Kultur)Politik.

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Von Brigitte Schorn, Birgit Wolf

Chancen für junge Menschen: Kulturelle Bildung zwischen Schule und Verein, Daheim und Welt

Ländliche Räume stehen aktuell im Fokus. Doch: Wie steht es um die Jugendkulturarbeit in ländlichen Regionen? Welche Potenziale bieten ländliche Räume und welche nutzen junge Menschen zwischen Tradition und Erneuerung? Welchen Stellenwert hat die Jugendkulturarbeit in Jugendverbänden und Jugendämtern? Welche Rahmenbedingungen tragen zum Gelingen kultureller (Bildungs)Angebote in ländlichen Räumen bei? Welche Rolle könnte Schule als Lern-, Lebens- und Kulturort zukünftig einnehmen? Dieser Beitrag versucht Antworten auf diese Fragen zu bieten und zeigt anhand von Beispielen Lösungsansätze auf. Gefordert wird zugleich ein vehementes Umdenken seitens der Förderprogrammverantwortlichen und seitens der Jugendkulturarbeit. Denn reale Kriterien sowie vitale Ideen brauchen die ländlichen Räume.

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Von Kenneth Anders

Es geht um Freiheit. Über die ländliche Kultur als Gegenstand öffentlicher Förderung und eine Kulturelle Bildung als Landschaftliche Bildung

Ländliche oder provinziell geprägte Räume erscheinen nicht erst seit dem Aufblühen des demografischen Diskurses (Beetz 2007) als mangelhaft, denn sie bieten weniger Möglichkeiten für Bildung, Karriere und Konsum. Der Beitrag vertritt die These, dass diese strukturell bedingten Merkmale im Zeitalter der Versorgungsgesellschaft positiv gewendet werden können: Als Chance auf Souveränität im individuellen und sozialen Lebenszusammenhang. Die Voraussetzung für diesen Perspektivwechsel müssen allerdings geschaffen werden, vor allem in Form einer entsprechend instrumentell gedachten öffentlichen Kulturförderung. Der Text basiert auf einer Auseinandersetzung mit dem Thema ländliche Kultur im Rahmen des Programms TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel, welches seit 2015 im Zuge einer Konzeption für das Oderbruch Museum Altranft im Sinn einer Werkstatt für ländliche Kultur geführt wird.

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Rahmenbedingungen und Förderung

Von Norbert Sievers

Kulturpolitik für ländliche Räume

Offensichtlich gibt es ein neues Interesse an Kultur und Kultureller Bildung in ländlichen Räumen. Sowohl der Bund als auch etliche Länder widmen sich in ihren Koalitionsvereinbarungen und mit konkreten Förderprogrammen diesem Thema. Vor allem die strukturschwachen und ‚abgehängten‘ Regionen stehen dabei im Fokus. Um welche Strukturschwächen geht es dabei und was könnten sinnvolle Bausteine für eine konzeptbasierte Strategie in den so etikettierten Gegenden sein? Der folgende Beitrag widmet sich diesen Fragen und formuliert einige Vorschläge sowie kritische Nachfragen.

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Von Birgit Wolf

Vier Flächenländer im Blick: Strategien und Programme zu Kultur und Bildung

Auf den Ebenen von Bund und Ländern existieren eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten für Kultur und Bildung mit jeweils spezifischen Zielsetzungen. Dieser Beitrag wirft einen aktuellen Blick auf vier Bundesländer und deren Strategien, geförderte Strukturen, Netzwerke der ehren- und hauptamtlichen Akteure, auf Erfolge und Hürden. Aufgezeigt werden beispielhaft (Modell)Programme der Kulturellen Bildung in ländlichen Räumen aus vier Flächenländern: Brandenburg, Hessen, Niedersachsen und Sachsen. Trotz der spezifischen Zuschnitte eint diese Programme die interdisziplinären und intergenerativen Ansätze ebenso wie gemeinsame Strategien zwischen Bewahren und Erneuern sowie der Stärkung der Akteure vor Ort durch Beratung, Vernetzung und Qualifizierung. Doch reicht dies, um die Unterschiede zwischen Stadt und Land auszugleichen?

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Von Christine Wingert

Förderung für kulturelle Aktivitäten und Infrastrukturen in ländlichen Räumen: Programme, Akteure und mögliche Synergien

Es gibt eine Vielzahl von Förderprogrammen für die Entwicklung ländlicher Räume, verortet in den unterschiedlichsten Politikfeldern von Landwirtschafts-, Bildungs-, Sozial- und Verkehrspolitik, Wirtschaftsförderung u.v.m. Die nachfolgende Analyse untersucht die Rolle der Kultur in diesen hinsichtlich Funktionsweisen, Zielsetzungen und Umsetzungsmodalitäten sehr verschiedenen Förderprogrammen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene. Sie fragt aus der Sicht der Kulturpolitik nach Entwicklungslinien und Handlungsbedarfen sowie förderpolitischen Verbesserungen für Kultur und Kulturarbeit in ländlichen Räumen. Die Betrachtung stützt sich auf die Ergebnisse einer explorativen Studie des Instituts für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft von 2015. Sie greift neuere Entwicklungen in der Förderlandschaft auf und macht Perspektiven und Synergien zugunsten ländlicher Räume und der Förderung kultureller Aktivitäten und Infrastrukturen deutlich.

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Reflexionen auf spezifische Handlungsfelder, Sparten und Akteure

Von Kristin Bäßler

Kulturelle Feldentwicklung: Wie sich Kultureinrichtungen in ländlichen Räumen weiterentwickeln

Viele ländlich geprägte Regionen leiden unter dem demografischen Wandel. Seit Jahren befassen sich daher zahlreiche Landkreise und Kommunen mit der Frage, wie dieser Wandel gestaltet werden kann. Dabei geht es nicht nur um den öffentlichen Nahverkehr, die Zusammenlegung von Schulen und Kitas oder die Gewährleistung medizinischer Versorgung. Als freiwillige Leistung der Gemeinden geht es auch um die Zukunft der Kulturinstitutionen wie Theater, Museen, Bibliotheken, Musikschulen und Volkshochschulen. Dabei sind Kultur- und Bildungseinrichtungen wichtige Orte, die zur Entwicklung einer Region beitragen. Der Beitrag zeigt am Beispiel des Programms „TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel“, wie sich Kultureinrichtungen in ländlichen Räumen für neue Aufgaben öffnen können.

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Von Jakob Johannes Koch

Kirchen und Kulturarbeit auf dem Land

In den ländlichen Räumen Deutschlands ist die Kirche seit mehr als 1200 Jahren Anstifterin wertebezogener Bildungsprozesse und -netzwerke. Mit ihren sozialen Strukturen wie Beratungsstellen, Kindergärten, Caritas-/Diakonie-Diensten, Verbänden und räumlichen Versammlungsmöglichkeiten bieten beide Kirchen, die katholische und die evangelische, auch ein infrastrukturelles Grundgerüst für musisch-ästhetische wie kulturell-bildende Aktivitäten. „Kulturdiakonie“ nennt die Kirche dieses Konzept. Kirchliche Kulturelle Bildung auf dem Land betreibt konzeptionell die Verbesserung von Fähigkeiten im Umgang mit Differenz. Sie übt mit den Menschen rationales Hinterfragen und argumentative Weiterentwicklung moralischer Intuition ebenso ein wie den Erwerb theologischer Kompetenz im Sinne eines „Glaubens, der die Vernunft befragt“; sie vollzieht sich aber auch im Austausch von Feiertraditionen, Bräuchen und non-formalen Überlieferungen. Dadurch schafft Kirche auf dem Land weltoffene Heimat.

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Von Stephan Schnell

Amateurtheater im peripheren Raum von Ländlichkeit

Der Beitrag skizziert die Rolle des Amateurtheaters und spezifische kulturelle Praktiken von Amateurtheatervereinen. Amateurtheatervereine, so eine These des Beitrages, leisten kulturelle Grundversorgung. Die intrinsisch motivierten Bildungsprozesse verlaufen abseits urbaner Zentren in den Arenen und Theatralitätsgefügen der Peripherie von Ländlichkeit.

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Von Lorenz Overbeck

Zur Bedeutung des vereinsgetragenen Amateurmusizierens in ländlichen Räumen

Insbesondere in ländlichen Räumen ist das vereinsgetragene Amateurmusizieren sowohl in großer Zahl als auch in großer Vielfalt vertreten. Ca. 14 Mio. Menschen in Deutschland musizieren in ihrer Freizeit – ein Großteil davon in ehrenamtlich getragenen Strukturen in Dörfern und Kleinstädten. Der Beitrag untersucht die Bedeutung des vereinsgetragenen Amateurmusizierens in ländlichen Räumen. Nach einer allgemeinen Einführung zum Amateurmusizieren und seinem Einfluss auf das ländliche Kulturleben, werden relevante kulturpädagogische und -politische Strategien musikalischer Dachverbände im Umgang mit dem demografischen Wandel erörtert: Förderung der musikalischen Teilhabe älterer Menschen, Vernetzung in lokalen Bildungslandschaften, Stärkung der außerschulischen musikalische Jugendbildung durch spartenübergreifendes Denken und Zusammenarbeit in kommunale Bildungslandschaften, konsequente Umsetzung von „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“. Abschließend werden Perspektiven der Förderung des Engagements in der Bundesvereinigung Deutscher Orchesterverbände beschrieben.

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Weitere Expertise zum Thema bieten die neuen Beiträgen von Sylvia Amann, Judith Bildhauer, Susanne Brandt, Katja Drews, Siglinde Lang, Matthias Laurisch, Anita Moser, Kristin NaujokatMaria Rammelmeier, Thomas Renz, Christine Schmidt, Jürgen Seefeldt, Juliane v. Ilten und Antonia Wangler. Diese Autor*innen richten den Fokus auf Bibliotheken, Kulturtourismus, Musikverein, regionales Kulturmanagement, Gastspieltheater, Freiwilligendienste und Volkshochschulen in ländlichen Räumen.

Den Diskurs weiterführen! Die Feldvermessung Kultureller Bildung in ländlichen Räumen muss fortgeschrieben werden. Werden Sie Autor*in! Kontaktieren Sie die Redaktion: www.kubi-online.de.