Weiterbildung für Handlungsfelder Kultureller Bildung

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von Karl Ermert

Erscheinungsjahr: 2013/2012

Abstract

Weiterbildung wurde im Berichtssystem Weiterbildung (BMWF 2006:12) nach einer traditio­nellen Definition gefasst als „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Ausbildungsphase [...] Das Ende der ersten Bildungsphase und damit der Beginn möglicher Weiterbildung ist in der Regel durch den Eintritt in die volle Erwerbstätigkeit gekennzeichnet [...] Das kurzfristige Anlernen oder Einarbeiten am Arbeitsplatz gehört nicht in den Rahmen der Weiterbildung“ (Deutscher Bildungsrat 1970:197).

Weiterbildungsbegriff

Weiterbildung wurde im Berichtssystem Weiterbildung (BMBF 2006b:12) nach einer traditio­nellen Definition gefasst als „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Ausbildungsphase [...] Das Ende der ersten Bildungsphase und damit der Beginn möglicher Weiterbildung ist in der Regel durch den Eintritt in die volle Erwerbstätigkeit gekennzeichnet [...] Das kurzfristige Anlernen oder Einarbeiten am Arbeitsplatz gehört nicht in den Rahmen der Weiterbildung“ (Deutscher Bildungsrat 1970:197).

Für die Handlungsfelder der Kulturellen Bildung gilt wie für nahezu alle nicht im engeren Sinne wissenschaftlichen beruflichen Handlungsfelder, dass die Ausbildung an der Hoch­schule in der Regel nur die fachliche Grundlage für die Berufsausübung liefert (siehe Ulrike Blumenreich „Das Studium der Kulturvermittlung an Hochschulen in Deutschland“). Die eigentliche Berufstauglichkeit wird in der Praxis erworben. Auch im Erfolgsfall wird die neue grundsätzliche Praxisorientierung des Studiums nach der Bologna­-Studienreform nur den Berufseinstieg erleichtern. Jede neue Aufgabe fordert die Ausbildung neuer Kompe­tenzen. Dies geschieht meist informell durch learning by doing, aber auch, indem Angebote der organisierten Weiterbildung in Anspruch genommen werden (vgl. Ermert 2008). Fort-­ und Weiterbildung ist das Instrument der Qualitätssicherung und des Qualitätsausbaus beruflichen und – gerade im Kulturbereich – auch freiwillig-­gemeinnützigen bzw. ehrenamtlichen Han­delns. Weiterbildung ist das professionelle Instrument zur Unterstützung des lebenslangen bzw. lebensbegleitenden Lernens.

Für diese Angebote sorgt die sogenannte Vierte Säule des Bildungswesens, Fort-­ und Weiterbildung. Nach einer traditionellen Unterscheidung bedeutet Fortbildung Ausbau der Kompetenzen innerhalb des bereits durch eine vorherige Ausbildung grundgelegten Fachpara­digmas, Weiterbildung den Erwerb von Kompetenzen, die demgegenüber neu sind. Zwischen diesen Weiterbildungsarten bestehen fließende Übergänge. Inzwischen werden diese Begriffe weitgehend deckungsgleich gebraucht, so auch in diesem Artikel.

Bezogen auf Lerner­-Aktivitäten hat sich inzwischen die Unterscheidung zwischen „forma­lem“, „non-­formalem“ und „informellem“ Lernen durchgesetzt (nach European Commission/eurostat 2006:20ff.). Formales Lernen geschieht innerhalb der ersten drei Säulen des formalen Bil­dungssystems von der Grundschule über die weiterführenden allgemeinbildenden Schulen bis zum Berufsbildungssystem (einschließlich Hochschulen) und dient jeweils innerhalb staatlicher curricularer Vorgaben dem Erwerb von formal qualifizierenden Bildungsabschlüs­ sen. Non-formales Lernen findet (in der Regel im Anschluss an das formale Lernen) in vielge­staltigen organisatorischen Kontexten der vierten Säule des non-­formalen Bildungssystems statt und ist in vielfältigen Erscheinungsformen verbunden mit organisierten Formen des Unterrichts. Non­-formales Lernen kann zu weiteren tätigkeitsqualifizierenden Abschlüssen führen. Es unterscheidet sich vom formalen Lernen vor allem dadurch, dass es nicht im Rahmen curricular organisierter Bildungsgänge des primären bis tertiären Bildungssystems mit staatlich anerkannten Abschlüssen stattfindet. Mit informellem Lernen werden alle nicht institutionalisierten, lediglich individuellen Aktivitäten der Weiterbildung bezeichnet (unge­achtet dessen, ob es individuell oder in Gruppen, im privaten, beruflichen oder öffentlichen Raum stattfindet). Als Weiterbildung im Sinne dieses Artikels werden alle Aktivitäten des „non­-formalen“ Lernens Erwachsener angesehen.

Weiterbildungsebenen

Die Handlungsfelder Kultureller Bildung, auf die hin Weiterbildung qualifiziert, sind mannig­faltig und auf verschiedenen Ebenen angesiedelt. Zur Kulturellen Bildung gehören nicht nur im engeren oder weiteren schulischen Sinne curricular organisierte Vorgänge, sondern auch die offeneren Vorgänge der Kulturvermittlung, wie sie für Einrichtungen der außerschulischen Kulturellen Bildung, Erwachsenenbildung und vor allem Kultureinrichtungen charakteristisch sind. Einen guten Überblick liefert der Bericht der Bundestagsenquetekommission „Kultur in Deutschland“ in seinem Kapitel „Kulturelle Bildung“ (Deutscher Bundestag 2008b:377-­410).

Auf unmittelbare Teilhabe an kultureller Tätigkeitspraxis von der professionellen bis zur privaten Dimension zielen Weiterbildungen z.B. für Menschen, die künstlerisch oder kultur­schaffend (auch im Sinne von Kulturmanagement und Kulturverwaltung) tätig sind oder sein wollen oder auch Kunst und künstlerisches Arbeiten verstehen wollen (siehe Larissa von Schwanenflügel/Andreas Walther „Partizipation und Teilhabe") . Das ist ein typisches Handlungsfeld und eine Weiterbildungsebene, auf der die Volkshochschulen wirken, private Anbieter, aber auch Kulturverbände und Berufsverbände im Kulturbereich, die für ihre Mitglieder tätig werden, z.B. Musikverbände, die Fortbildungen für ihre KünstlerInnen oder Ensembles anbieten, ein typisches Handlungsfeld auch für Landesmusikakademien. Hier handelt es sich um Weiterbildung für „Endnutzer. Zunehmend werden hier übrigens auch Kultureinrichtungen selbst im Zuge des „audience development“ aktiv (siehe Birgit Mandel „Kulturvermittlung, Kulturmanagement und Audience Development als Strategien für Kulturelle Bildung“).

Davon zu unterscheiden ist Weiterbildung für MultiplikatorInnen, für Personen, die die erworbenen Kompetenzen ihrerseits an „Endnutzer“ weitergeben. Typische MultiplikatorInnen sind LehrerInnen, ErwachsenenbildnerInnen, KindergärtnerInnen, Kunst­-, Musik-­, Theater-­, MuseumspädagogInnen, also (kulturelle) Bildungsberufe und ihre freiwillig-­gemeinnützigen Spielarten. Das ist ein typisches Handlungsfeld und die Weiterbildungsebene, auf der die Lehrerfortbildungseinrichtungen der Bundesländer tätig sind, aber auch Kulturverbände, Berufsverbände und bundes-­, länder-­ und kommunal getragene Fort­-/Weiterbildungsakade­mien, Weiterbildungseinrichtungen der Hochschulen sowie private Anbieter.

Weiterbildungen für MultiplikatorInnen wollen – idealtypisch gesehen – entweder die Vermittlungskompetenzen künstlerisch und kulturwissenschaftlich vorgebildeter Perso­nengruppen – wie KünstlerInnen aller Sparten, KulturwissenschaftlerInnen und Kulturma­nagerInnen – ausbilden bzw. stärken. Oder sie wollen solchen Personengruppen, die schon über pädagogische und Vermittlungskompetenzen verfügen – wie (Sozial­-)PädagogInnen, KindergärtnerInnen, BeschäftigungstherapeutInnen und GeragogInnen – die nötigen künst­lerischen bzw. kulturwissenschaftlichen Grundlagen Kultureller Bildung vermitteln. Oft hat man es mit Mischformen zwischen beiden Typen zu tun.

Der Arbeitsmarkt der beruflich in der Kulturellen Bildung Beschäftigten ebenso wie der „Engagementmarkt“ der freiwillig-gemeinnützig Tätigen ist umfangreich und sehr differenziert je nach Thematik und Status (vgl. Deutscher Kulturrat 2008). Er reicht von dem Lehrer im Beamtenstatus über den befristet angestellten Museumspädagogen, den nebenberuflichen Chorleiter oder literarischen Autor, den freiberuflichen Theaterpädagogen oder Journalisten bis zum ehrenamtlich engagierten Mitarbeiter eines Soziokulturellen Zentrums, eines Muse­ums oder eines Literaturhauses. Ihr Interesse gilt fachlichen Kompetenzen im engeren Sinne ebenso wie Schlüsselkompetenzen der Beschäftigungsfähigkeit. Dabei wird der Kompetenz­begriff hier nicht zufällig gebraucht; er bezeichnet nach einer einflussreichen Definition der OECD „die Fähigkeit, komplexe Herausforderungen kontextgerecht erfolgreich zu bewältigen“. Dazu werden nicht nur Wissen, intellektuelle und praktische Fähigkeiten gebraucht, sondern auch soziale und Verhaltensdispositionen, wie Einstellungen, Gefühle und Werthaltungen: „A competence is defined as the ability to successfully meet complex demands in a particular context. Competent performance or effective action implies the mobilization of knowledge, cognitive and practical skills, as well as social and behaviour components such as attitudes, emotions, and values and motivations. A competence – a holistic notion – is therefore not reducible to its cognitive dimension, and thus the terms competence and skill are not synony­mous” (OECD 2003:2). Der Kompetenzbegriff übersteigt insoweit den Qualifikationsbegriff. Gerade deshalb passt er für künstlerisch­-kulturelle Bildung besonders gut.

Weiterbildungsstrukturen

Die Kulturschaffenden und Kulturinstitutionen sind in zahlreichen Verbänden organisiert, die ihre Mitglieder in ihren praktischen Bedürfnissen unterstützen, ihre Interessen gegenüber Öffentlichkeit und Politik vertreten und an der verbandsinternen kulturpolitischen Willensbil­dung arbeiten. Die bundesweite Dachorganisation der Bundeskulturverbände ist der Deutsche Kulturrat in Berlin. Auf seiner Homepage finden sich die Zugänge zu seinen acht Sektionen mit derzeit gut 230 Verbänden und Organisationen. Der größte spartenübergreifende allgemein kulturpolitisch arbeitende Verband ist die Kulturpolitische Gesellschaft in Bonn. Der größte Dachverband mit expliziter Zielsetzung in Kultureller Bildung ist die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) in Remscheid. Alle Kulturverbände und Kulturberufsverbände – von Baukultur bis Tanz – arbeiten nach ihrem Selbstverständnis auch an der qualitativen Weiterentwicklung ihrer Handlungsfelder bzw. der ihrer Mitglieder. Dazu gehören für die meisten auch Fortbildungsangebote.

Darüber hinaus stehen Kulturschaffenden und KulturvermittlerInnen zahlreiche, meist öffentlich geförderte Weiterbildungseinrichtungen zur Verfügung, die der föderalen Organi­sation der Bundesrepublik Deutschland entsprechend auf Länderebene, kommunaler Ebene oder auch bundesweit arbeiten. Die dichtesten Weiterbildungsangebote hat der Musikbereich; fast jedes Bundesland hat mindestens eine Landesmusikakademie. Bundesweit arbeiten hier die Bundesakademie r musikalische Jugendbildung Trossingen e.V. (gegründet 1973) und die Musikakademie Rheinsberg GmbH (gegründet 1991, seit 2001 Bundes-­ und Landesakademie).

Einen bundesweiten Auftrag für jeweils mehrere Kultursparten nehmen die Akademie Remscheid für musische Bildung und Medienerziehung e.V. (gegründet 1958) sowie die Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel e.V. (gegründet 1986) wahr. Sie arbeiten multiplikatorenorientiert für die berufliche Weiterentwicklung ebenso wie für ehrenamtliche Tätigkeiten in Kulturvermittlung, Kultureller Bildung, Kulturproduktion und Kulturmanagement auf professionellem Niveau.

Verwendete Literatur

  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.) (2006b): Berichtssystem Weiterbildung IX. Integrierter Gesamtbericht zur Weiterbildungssituation in Deutschland. Bonn/Berlin: BMBF.
  • Deutscher Bildungsrat (1970): Empfehlungen der Bildungskommission. Strukturplan für das Bildungs­wesen. Stuttgart: Klett.
  • Deutscher Kulturrat (Hrsg.) (2008): Kultur als Arbeitsfeld und Arbeitsmarkt für Geisteswissenschaftler. Berlin: Deutscher Kulturrat.
  • Deutscher Bundestag (Hrsg.) (2008b): Kultur in Deutschland: Schlussbericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/070/1607000.pdf (letzter Zugriff am 22.09.13)
  • Ermert, Karl (2008): Kulturelle Bildung in der Kulturgesellschaft als Aufgabe von Geisteswissenschaftlern und ihrer Weiterbildung. In: Deutscher Kulturrat (Hrsg.): Kultur als Arbeitsfeld und Arbeitsmarkt für Geisteswissenschaftler (81-89). Berlin: DKR.
  • European Commission/eurostat (2006): Classification of learning activities: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/KS-BF-06-002/EN/KS-BF… (Letzter Zugriff am 10.10.13).
  • OECD (2003): Definition and Selection of Competencies: Theoretical and Conceptual Foundations (DeSeCo). Sum­mary of the final report „Key Competencies for a Successful Life and a Well-Functioning Society”. Paris: OECD.
  • Stang, Richard (2005): Angebot, Perspektive und rechtliche Rahmenbedingungen der kulturellen Erwachsenenbildung in Deutschland. Gutachten für die Enquete-Kommission „Kultur in Deutsch­land“ des Deutschen Bundestags, vorgelegt vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung. Kommissionsdrucksache 15/494.
  • Akademie Remscheid für musische Bildung und Medienerziehung e.V. (ohne Jahr): www.akademieremscheid.de
  • Arbeitskreis der Musikbildungsstätten in Deutschland (ohne Jahr): www.musikbildungsstaetten.de
  • Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel (ohne Jahr): www.bundesakademie.de
  • Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e.V. (BKJ) (ohne Jahr): www.bkj.de Übersicht über die bundesweiten Wettbewerbe in der Kulturellen Kinder- und Jugendbildung steht auf der Homepage der BKJ zum Download bereit.
  • Deutscher Kulturrat (ohne Jahr): www.kulturrat.de
  • Kulturpolitische Gesellschaft (ohne Jahr): Tutzinger Manifest: www.kupoge.de/ifk/tutzinger-manifest (letzter Zugriff am 22.09.13)

Anmerkungen

Dieser Text wurde erstmals im Handbuch Kulturelle Bildung (Hrsg. Bockhorst/ Reinwand/ Zacharias, 2012, München: kopaed) veröffentlicht.

Zitieren

Gerne dürfen Sie aus diesem Artikel zitieren. Folgende Angaben sind zusammenhängend mit dem Zitat zu nennen:

Karl Ermert (2013/2012): Weiterbildung für Handlungsfelder Kultureller Bildung. In: KULTURELLE BILDUNG ONLINE: https://www.kubi-online.de/artikel/weiterbildung-handlungsfelder-kultureller-bildung (letzter Zugriff am 14.09.2021).

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Dieser Artikel wurde dauerhaft referenzier- und zitierbar gesichert unter https://doi.org/10.25529/92552.228.

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