Regionales Kulturmanagement: Die Bedeutung professionell organisierter Kulturarbeit, untersucht im Landkreis Neumarkt i.d.OPf.
Abstract
Ländliche Räume stehen aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungstendenzen wie demografischer Wandel, Pluralisierung und Individualisierung vor großen Herausforderungen. Kultur spielt gerade in diesen Räumen eine wichtige Rolle für gesellschaftlichen Zusammenhalt, Lebensqualität und regionale Entwicklung. Die Bewältigungsaufgaben in ländlichen Räumen werden in diesem Beitrag in einen Zusammenhang zu den positiven Wirkungen von professioneller Kulturarbeit und regionalem Kulturmanagement gestellt. Im Rahmen einer Masterarbeit wurden für die bayerische Region Landkreis Neumarkt i.d.OPf. Daten zur Zufriedenheit mit der bisherigen Organisation der Kulturarbeit erhoben, Verbesserungsoptionen evaluiert und der Bedarf für eine professionelle Organisation in der Form von Netzwerkstellen mit hauptamtlichen Kulturbeauftragten/ KulturmanagerInnen herausgearbeitet. Auf theoretischer Ebene wird die Bedeutung von Kultur in ländlichen Räumen in Bezug auf das soziale Miteinander, Lebensqualität und Regionalentwicklung diskutiert. Die Ergebnisse können für kulturelle Entwicklungsprozesse in ländlichen Regionen nutzbar gemacht werden und zeigen: Kulturmanagement in ländlichen Räumen kann Bewusstsein für Kulturelle Bildungs- und Entwicklungsprozesse schaffen. Professionell organisiert als Anlaufpunkt für Kunst- und Kulturschaffende - im Sinne einer Netzwerkstelle - können Kulturszenen gezielter gefördert und das kulturelle Leben sowie die Lebensqualität in der Region gesteigert werden.
Einleitung
„Kultur ist in der Kommunalpolitik ein Pfund, mit dem man wuchern kann! Das schafft Unverwechselbarkeit.“ So äußert sich Willibald Gailler, der Landrat des Landkreises Neumarkt i.d.OPf. Doch was ist Kultur, was kennzeichnet ländliche Räume und wie könnte ein professionelles Kulturmanagement zur Regional- und Kulturentwicklung wirksam beitragen?
Auf der Basis theoretischer Annäherungen an Begriffsverständnisse von „Kultur“ und „Land“ und anhand der Ergebnisse einer exemplarischen Untersuchung des Landkreises Neumarkt i.d.OPf. werden Antworten auf diese Fragen und Möglichkeiten einer professionell organisierten Kulturarbeit dargelegt. . Es wird bewusst nicht von dem ländlichen Raum gesprochen, da ländliche Räume aufgrund ihrer Heterogenität und Differenzierungen im Plural genannt werden müssen.
Kultur ist ein weiter Begriff mit einer Bedeutungsvielfalt und einem aktuellen Diskussionsgehalt, den kaum ein anderes Wort für sich beanspruchen kann (vgl. Fuchs 2012:63f.). Da er wohl auch einer der „komplexesten in unserer Sprache“ (Eagleton 2001:7) ist, kann an dieser Stelle nur der Versuch einer Definition unternommen werden.
Kultur wird in den unterschiedlichsten Bereichen verwendet, z.B. Gartenbau, Biologie, Medizin, Soziologie. Seinen Ursprung hat der Terminus nach Schneider und Götzky (2008:26) im Lateinischen „cultura“: Landbau, Pflege. Andere Quellen (vgl. Fuchs 2012:64; Cerny 2011:15) gehen im Ursprung noch weiter zurück zum Verb „colere“ – pflegen, bebauen.
Die ursprüngliche Verwendung von Kultur im „Landbau“ (cultura agri) wies auf die Überwindung der menschlichen Abhängigkeit von der Natur hin, als der Mensch begann, Felder zu bewirtschaften (vgl. Schneider/Götzky 2008:26; Fuchs 2012:64). Dem stellte Cicero in seinen tusculanischen Schriften die Pflege des Geistes (cultura animi) gegenüber (vgl. Fuchs 2012:64), welche noch heute die Bedeutung des Begriffs prägt: Es geht bei Kultur um die „Entfaltung des Geistes“ (Schneider/Götzky 2008:26) durch Aktivitäten, die mehr sind als nur die Erfüllung der Grundbedürfnisse. Kultur wird als besondere Aktivität mit dem Ziel definiert, den Geist zu weiten oder auch Möglichkeiten der Reflexion zu schaffen. Der Ausdruck „Entfaltung des Geistes“ gleicht von seiner Weite her dem Begriff „Kultur“ (Schneider/Götzky 2008:26).
Eine bedeutende Definition von Kultur wurde auf der UNESCO-Weltkonferenz 1982 in Mexiko entwickelt: „Die Kultur kann in ihrem weitesten Sinne als die Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte angesehen werden, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen. Dies schließt nicht nur Kunst und Literatur ein, sondern auch Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertsysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen“ (Deutsche UNESCO-Kommission 1983:121).
Die Definition der Deutschen UNESCO-Kommission (1983:121) bezieht sich also auf vier Dimensionen von Kultur: Geistig, emotional, materiell und intellektuell. Diese Definition kann diskutiert werden mit Kulturbegriffen von Bockhorst et al. (2012), Schneider/Toyka-Seid (2013), Fuchs (2012:65) und Reckwitz (2000). Daraus ergibt sich für diese Forschungsarbeit folgende, eigene Kulturdefinition:
Stellt man das Wort Kultur in den Gesamtzusammenhang mit Begriffen wie Kulturelle Bildung, Kulturarbeit, Kulturvermittlung usw., dann gibt Kulturpolitik als Gesamtheit der „Maßnahmen, die Städte, Gemeinde und Landkreise ergreifen, um ihr kulturelles Leben zu gestalten“ (Schneider/Götzky 2008:33) den Rahmen für Kulturmanagement. Der Gegenstand von Kulturmanagement ist demnach (professionell organisierte) Kulturarbeit, welche die Vermittlung von Kultur mit dem Ziel der Kulturellen Bildung einschließt (vgl. Abbildung 5).
Kulturvermittlung und Kulturmanagement fasst Mandel wie folgt zusammen: „professionelle Funktionen …, die vor allem im strategischen Zusammenspiel Rahmenbedingungen (für kultureller Produktion und Rezeption bei möglichst effizientem Umgang mit vorhandenen Ressourcen – Einfügung d. A.) herstellen, unter denen Kulturelle Bildung stattfinden kann“ (Mandel 2012:279f.). Mandel nimmt eine wesentliche Gliederung der Bedeutung des Begriffs Kulturmanagement vor: Einerseits kann Kulturmanagement in Bezug auf den einzelnen Kulturbetrieb verstanden werden und im Sinne von effizienter Rationalisierung Kultureinrichtungen zu ökonomischem Erfolg verhelfen. Andererseits kann Kulturmanagement in Bezug auf einen größeren Wirkungskreis gesehen und als Management kultureller Kontexte mit gesellschaftlicher Dimension verstanden werden (vgl. Mandel 2009:17). Das Augenmerk richtet sich dabei nicht auf einzelne Einrichtungen wie Kleinkunstbühnen und Heimatmuseen, sondern beispielsweise auf die Gesamtheit der Kultur- und Kreativszenen eines Landkreises bzw. einer Region. Hier greift der Zusatz „regional“, der dem regionalen Kulturmanagement eine Raumkategorie sowie eine geografische Verortung – in diesem Falle – im Wirkungskreis ländlicher Regionen zuweist.
Weitergehend wird in der als PDF beigefügten Masterarbeit auf Zielformulierungen des Kulturmanagements, Kulturwirtschaft, Kulturentwicklungsplanung als kommunale/regionale Aufgabe sowie Zusammenhänge und Synergien zwischen Kulturwissenschaften und Sozialwissenschaften eingegangen und in Bezug auf die Kompetenzen und Potenziale von KulturmanagerInnen reflektiert (siehe das PDF im Anhang).
Definition und Begrifflichkeit von ländlichen Räumen
Es gibt keine einheitliche Definition für ländliche Räume, je nach Perspektive der definierenden Institutionen werden unterschiedliche Klassifikationen vorgenommen. Zu Annäherung an eine grundlegende Definition wurden folgende Quellen herangezogen: „Soziale Arbeit in ländlichen Räumen“ (Debiel et al. 2012), „Handwörterbuch zur ländlichen Gesellschaft in Deutschland“ (Beetz/Brauer/Neu 2005), der Prüfbericht der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD 2007) sowie Berichte des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR 2010) bzw. des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR 2005). Allgemein spielen bei der Definition ländlicher Räume zwei Kriterien eine Rolle (vgl. Penke 2012:18f.; BBSR 2010:3):
- Die Besiedlung, d.h. Bevölkerungsdichte und Siedlungsflächenanteil der jeweiligen Region
- Die Lage, d.h. Analyse der Erreichbarkeit sowie das Vorhandensein von Arbeitsplätzen und Versorgungseinrichtungen in Bezug auf die Konzentration der Bevölkerung.
Untersuchungen zur wirtschaftlichen Lage, der sozialen Struktur, dem Pendlerverhalten, usw. können als weitere Analysekriterien im Sinne der Mehrdimensionalität herangezogen werden. Der „soziale Faktor“ wird bei statistischen Analysen oft nur am Rande beachtet (vgl. Penke 2012). Dabei spielen „Ressourcen und Stärken[, die] sich in ländlichen Netzwerken, Nachbarschaften, Ökonomien und Umweltressourcen finden“ (Penke 2012:20), aus sozialwissenschaftlicher Sicht eine bedeutende Rolle. Penke formuliert für die Herausarbeitung der sozialen Potenziale und Entwicklungsperspektiven von ländlichen Räumen ein dringendes Forschungspostulat.
Anhand statistischer Daten lassen sich ländliche Räume klassifizieren. Die OECD (2007:34) verweist dabei auf die Ländlichkeit und verfolgt das Ziel, auf europäischer Ebene vergleichbare Daten herzustellen. Nach Berichten der OECD ist eine Kommune ländlich geprägt, wenn ihre Bevölkerungsdichte unter 150 EinwohnerInnen pro km² liegt.
Eine weitere Unterscheidung kann anhand von Regionen getroffen werden:
Für die Bundesebene lassen sich ferner drei grundlegende Regionstypen festhalten: Agglomerationen, verstädterte Räume, ländliche/periphere Räume (vgl. BBR 2005b). Differenziert in Kreistypen, lassen sich die drei Regionstypen wiederum in ländlich, verdichtet und/ oder Kernstädte aufteilen:
Neben der Besiedlungsdichte ist noch der Faktor der Nähe zu Städten zu betrachten, damit die Ländlichkeit definiert werden kann. So ergibt sich eine weitere Differenzierung (vgl. OECD 2007:38; BBR 2005b):
- Nähe Agglomeration
- Nähe verstädterter Raum
- Peripher/dicht besiedelt
- Peripher/dünn besiedelt
Im Vergleich der OECD-Definition mit der BBR-Definition ergibt sich, dass nach OECD 29 % der Fläche in Deutschland ländliche Räume sind. Nach deutscher Definition sind es dagegen 59 %. Diese Differenz ergibt sich aus der Differenzierung der OECD in „intermediär“ und „ländlich“. Nach der Definition des BBR fallen in den intermediären Sektor auch ländliche Gebiete aufgrund des Vorhandenseins eines städtischen Zentrums.
Je nach Definition fällt also die Gebietsgröße der städtischen und ländlichen Räume anders aus. Die Abbildung 6 weist Deutschland als ein verhältnismäßig großes ländliches Gebiet aus.
Ländliche Räume stehen angesichts des gesellschaftlichen Wandels vor großen Herausforderungen hinsichtlich differenzierter Entwicklungstendenzen wie Pluralisierung und Individualisierung (vgl. Schefold 2013:383ff.; Böhnisch 2013:926f.; GESIS 2012). Es stellt sich grundsätzlich die Frage, wie ländliche Räume in ihrer technischen, sozialen und kulturellen Infrastruktur zukünftig chancengerecht ausgestaltet werden können. Das Handwörterbuch zur ländlichen Gesellschaft gibt einen Überblick über wichtige Themen in ländlichen Räumen: Jugend, Alter und Altern, Dorf und Gemeinschaft, Bürgerschaftliches Engagement, Erwerbstätigkeit, Landschaft und Landwirtschaft sowie Lebensqualität (vgl. Abbildung 7).
Aufgrund der Problematiken in ländlichen Räumen kann der Kulturarbeit ein hoher Stellenwert beigemessen werden: Die vernetzenden, gemeinschaftsbildenden Funktionen von Kulturarbeit und deren integrative Wirkung auf das soziale Miteinander können einen positiven Beitrag zur Entwicklung ländlicher Räume leisten.
Kultur(arbeit) in ländlichen Räumen als Gegenstand des Kulturmanagements
Kultur auf dem Land hat viele Gesichter: Dorfkultur, Tradition und Bräuche; Kirchweihen, Tracht, Volkslieder, Wirtshauskultur, Dialekt und starke Vereinsstrukturen etc. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt vor allem auf den kultur- und kunstschaffenden Gruppen und Einzelpersonen wie z.B. Dorftheatergruppen und Heimatvereine, weil diese seltener koordiniert und vernetzt sind (vgl. Herrenknecht 2001:56) oder sich im Zuge der mangelnden kulturellen Infrastruktur eines Landkreises selbst koordinieren (müssen).
Die Aufgliederung zeigt die Vielfältigkeit der Kulturarbeit in ländlichen Räumen. Angemerkt sei jedoch, dass die „Offizialkultur“ zum Nachteil der ländlichen Räume vorwiegend in den Städten angesiedelt ist bzw. zentrale Anlaufstellen meist keine Ausläufer ins Land besitzen. So finden auch Festivals der „etablierten Angebotskultur“ oftmals in städtischen Räumen statt wie Umsonst-und-Draußen-Festivals, es sei denn, besondere landschaftliche Merkmale charakterisieren die Veranstaltung, z.B. Chiemsee Reggae Summer.
Das Problem hinter der Pluralität der ländlichen Kulturströmungen wird erst durch einen Blick hinter die Kulissen deutlich: „Die ländliche Kulturszene ist zwar nicht kleiner und ärmer, sondern noch breiter und vielfältiger geworden, aber sie ist nicht mehr vernetzt und kulturpolitisch präsent“ (Herrenknecht 2001:56). Ländliche soziokulturelle Einrichtungen sind im Gegensatz zu städtischen Institutionen vielseitiger, d.h. multifunktional. So gibt es beispielsweise Bühnen für Theater, Musik und Kunst in Einem und mit einem vielfältigeren Angebot. Mehr Offenheit der Kulturschaffenden herrscht meist in Bezug auf Zielgruppen und Sparten, weil keine Konkurrenz vorhanden ist und das Angebot mit nur einer Einrichtung abgedeckt wird (vgl. Bode et al. 2012:775).
Eine Übersicht über die mögliche Infrastruktur von Kulturarbeit/Kultureller Bildung gibt Glaser (2013:582) (vgl. Tabelle 4). Er kategorisiert die Orte der Kulturarbeit grundlegend in zentrale und dezentrale Orte. Bei den dezentralen Orten existieren nicht nur lokale Formen, sondern es haben sich auch neue Kombinationen entwickelt. Da das Augenmerk der Ausarbeitung des Autors auf der Stadt lag, wurden Ergänzungen ländlicher Kulturformen vorgenommen.
Aus den dargestellten Kulturströmungen, Orten der Kulturarbeit und Kulturformen lässt sich noch kein charakteristisches Profil für die Organisation professioneller Kulturarbeit auf dem Lande herleiten. Hierzu bedarf es zudem der vertiefenden Bezugnahme auf wissenschaftliche Ergebnisse zur Bedeutung von Kulturmanagement für die Entwicklung einer Region.
Bedeutung des Kulturmanagements für ländliche Räume
Kulturmanagement hat Einfluss auf verschiedene Bereiche der Gesellschaft, des Kulturstaats, der ländlichen Räume und letztlich der Region (vgl. Abbildung 8).
Kulturarbeit bzw. Angebote der Kulturellen Bildung können sich, durch ihre vernetzende und verbindende Eigenschaft gemeinsam kreativ tätig zu werden und Freude am Kulturschaffen zu haben, positiv auf das soziale Miteinander auswirken. Das bietet eine Chance für die Integration von Neuzugezogenen und MigrantInnen in ländlichen Kommunen. Über künstlerisch-kulturelle Ausdrucksformen und das gemeinsame Schaffen wird ein niedrigschwelliger Zugang zur Kontaktaufnahme eröffnet. Wenn Menschen unterschiedlicher Muttersprache aufeinander treffen, kann über Kunst das Potenzial non-verbaler Kommunikation fruchtbar gemacht werden. Letztlich zielt Kulturarbeit auf verschiedene Zielgruppen ab und es werden Möglichkeiten eröffnet, unterschiedliche Menschen zusammenzubringen, neue Kontakte zu schließen und alte Kontakte wiederzubeleben. Kultur verbindet Menschen und hat das Potenzial durch professionelle Organisation der Kulturarbeit den Zugang zu einer personellen sowie regionalen Identität zu ermöglichen (vgl. Rammelmeier 2013b; Schober Architekten und Stadtplaner 2012a). Kultur hat letztlich nicht nur Einfluss auf die Mentalität der Menschen, die in einer ländlichen Region leben, sondern auch auf die Lebensqualität und die persönliche Identitätsbildung und beinhaltet somit die Chance zum Selbstwirksamkeitserleben. Durch die Symboliken der Kultur kann das Gefühl ermöglicht werden, zu wissen, wer man ist und sein möchte, was man hat und schließlich, wo man lebt (vgl. als weiterführenden Begriff: „Kollektive Identität“ nach Glaser 2013:581).
Regelmäßige Angebote können diese Bedürfnisse erfüllen und somit die Attraktivität einer Region steigern. Dies wiederum hat Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft. Daher kann von „Kultur als Wirtschaftsfaktor“ gesprochen werden (weiterführend: Bujard et al. 2011; IHK Niederbayern & IHK Regensburg für Oberpfalz 2013). Die Nutzung von Synergien von professioneller Organisation von Kultur, regionaler Entwicklung und Wirtschaft kann folgenden wirksamen, positiven Kreislauf ergeben (vgl. Abbildung 9).
Zur effizienten Durchführung von Kulturmanagement und Bewusstmachung der Bedeutung von Kultur und deren Management bedarf es großer Aufklärungsarbeit. Damit ist gemeint, dass politisch Verantwortliche von den positiven Funktonen von Kulturarbeit und von dem Nutzen von Kulturförderung durch professionelles Kulturmanagement in ländlichen Regionen umfänglich Kenntnis haben müssen bzw. darüber aufgeklärt werden sollten. Auf der anderen Seite sollten Kulturschaffende dabei unterstützt werden, Lobbyarbeit zu betreiben und ihre Interessen und Positionen klar gegenüber regionalen Entscheidungsträgern zu äußern, um somit ihr Selbstmanagement zu steigern und ihren eigenen Sektor gezielt „von innen“ zu stärken (z.B. Fördermittelakquise, Netzwerkarbeit, Public Relations usw.). Kooperation und Zusammenarbeit stehen bei wirksamen Managementprozessen an erster Stelle. Hierzu sollten alle Instanzen mit „ins Boot“ geholt werden und gemeinsam an einem Strang ziehen, um die Bedarfslagen nach kulturellen Angeboten ländlicher Räume und der Region zu erkennen und kooperativ zu gestalten. Bei der Entwicklung eines regionalen Kulturkonzepts kann der sog. Bottom-up-Ansatz hilfreich sein. „Bottom up“ (engl. „von unten nach oben“) „bedeutet, dass lokale AkteurInnen an der Entscheidungsfindung bezüglich der Strategie und bei der Auswahl der Prioritäten eingebunden sind, die in ihrem lokalen Gebiet verfolgt werden sollen“ (Europäische Kommission 2006:9). Es geht also beim Kulturmanagement um eine breite Partizipation der Kunst- und Kulturschaffenden. Gerade ländliche, politische Strukturen bzw. Kommunen sollten „optimal auf die Bedürfnisse der Gemeinschaften, denen sie dienen, zugeschnitten“ (Europäische Kommission 2006:9) sein, um eine kulturelle Entwicklungsstrategie erfolgreich verfolgen zu können. Die Benennung von Kulturbeauftragten in einer Gemeinde kann gezielt Bedarfe decken, um Ehrenämter zu entlasten und Möglichkeiten der Ausgestaltung zu gewähren. An dieser Stelle wird zwar die Subsidiarität (vgl. Knoblich 2004) gewahrt, jedoch stellt sich die Frage nach dem Verantwortungsbewusstsein, der Motivation und der Qualität der kulturellen Aufgaben. Wird beispielsweise der Verantwortungsbereich für das Thema „Kultur“ auf eine Person oder einen Arbeitskreis in der Kommune durch eine höhere Stelle übertragen, ohne dass ein Bewusstsein über die Wichtigkeit der Thematik besteht, so wird letztlich die Qualität der kulturellen Aufgaben darunter leiden. Daher ist der erste Schritt der kulturellen Entwicklung von Kommunen und auch von Landkreisen und Regionen die Schärfung des Bewusstseins für die Thematik.
Exemplarische Untersuchung: Region Landkreis Neumarkt i.d.OPf.
Meist werden in Untersuchungen zu ländlichen Räumen periphere, strukturschwache und schrumpfende Kommunen oder Kreise als Forschungsgegenstand behandelt (vgl. Maretzke 2012). Aus diesem Grund wendet sich der Fokus der vorliegenden Ausarbeitung auf strukturstarke, ökonomisch aufsteigende Regionen unter Berücksichtigung kultureller Entwicklungen. Eine besondere Typenbeschreibung stellen dabei dünn besiedelte ländliche Räume dar. Dünn besiedelte ländliche Räume sind auf Kreisebene „Kreise mit einem Bevölkerungsanteil in Groß- und Mittelstädten unter 50 % und Einwohnerdichte ohne Groß- und Mittelstädte unter 100 E./ km²“ (BBSR 2014). Im wirtschaftsstarken Bundesland Bayern gibt es eine Vielzahl von strukturstarken und ökonomisch aufsteigenden Regionen.
Eine Region in Bayern ist der Landkreis Neumarkt i.d.OPf. mit 131 662 EinwohnerInnen verteilt auf einer Fläche von 1 344,07 km² (Stand 31.12.2016). Das entspricht einer Bevölkerungsdichte von 98 EinwohnerInnen pro km². Somit zählt der Landkreis Neumarkt i.d.OPf. siedlungsstrukturell zu den dünn besiedelten ländlichen Kreisen.
27 ExpertInnen wurden anhand von Fragebögen und leitfadengestützte Interviews zur Organisation der Kulturarbeit in der Region, dem Bedarf an professionellem Kulturmanagement und Perspektiven für die kulturelle Entwicklung befragt. Mit zwei ExpertInnen wurden Interviews geführt, die anderen Daten wurden per Online-Fragebogen erhoben. Die Befragten lassen sich kategorisieren nach ihren Tätigkeitbereichen Politik, Kultur, Kunst, Wirtschaft, Tourismus und Presse.
Es wurde darauf Wert gelegt, dass die Befragten sowohl in der Stadt Neumarkt, in den Gemeinden als auch im Landkreis tätig sind. Eine weitere Kategorisierung fand bezüglich der Organisation statt: So sind die ExpertInnen in öffentlichen Institutionen, privaten Einrichtungen oder Vereinen tätig. An der Umfrage nahmen unter anderem der Landrat, der Kreisvorsitzende des bayerischen Gemeindetages sowie PresseredakteurInnen für das Ressort „Kultur“ teil. Darüber hinaus wurden private KulturinitiatorInnen nach ihrer Meinung zur aktuellen Organisation der Kulturarbeit und Entwicklungsperspektiven befragt. Das Ziel war die Bedarfserhebung hinsichtlich einer professionell organisierten Kulturarbeit vor dem Hintergrund einer theoretischen Bewusstseinsbildung zur Bedeutung von Kultur in ländlichen Räumen.
Ergebnisse: Untersuchung zu Bedarfen der AkteurInnen
Auf die Frage, warum man sich überhaupt mit Kultur beschäftigen solle, wurden folgende Ergebnisse erzielt: Einer, der wohl wichtigsten Gründe ist die Steigerung der Lebensqualität (Note 1,12), gefolgt von dem positiven Einfluss auf das soziale Miteinander und die Integration (Note 1,27). Als drittwichtigster Grund wurden Bildung und Attraktivität der Region genannt.
Als weitere wichtige Gründe werden die Abwanderung der Jugend sowie der Tourismus genannt.
Die Zufriedenheit mit der kommunalen sowie landkreisweiten Organisation der Kulturarbeit liegt im Durchschnitt bei 3,4 (Note 1 bis 6). Damit sind die befragten ExpertInnen eher unzufrieden mit der bisherigen Situation der Kulturarbeit im Landkreis Neumarkt i.d.OPf.
Am unzufriedensten mit den vorhandenen Rahmenbedingungen für Kulturarbeit ist der Sektor der eingetragenen Vereine: Am zufriedensten sind dagegen ExpertInnen, die in der Stadt Neumarkt i.d.OPf. tätig sind.
Bedarf und Aufgaben für KulturmanagerInnen
Aus der Unzufriedenheit mit der bisherigen Organisation der Kulturarbeit ergibt sich für die ExpertInnen ein hoher Bedarf für die Einrichtung einer Stelle für eine/n Kulturmanager/in auf Landkreisebene bzw. für eine/n Kulturbeauftragte/n in den Kommunen, um die Kultur professionell organisieren und koordinieren zu können.
Der Bedarf für eine/n Kulturmanager/in auf Landkreisebene wird auf ca. 63 % eingestuft (0% - 100%). Der Bedarf für eine/n Kulturbeauftragte/n auf Gemeindeebene wird bei ca. 71 % gesehen (0% - 100%). Der höchste Bedarf für Kulturbeauftragte (82%) sowie für eine/n Kulturmanager/in (76%) wird von privaten Einrichtungen/ Personen des Kulturbereichs gesehen.
Als Aufgaben gilt es dabei nicht nur „Kultur zu managen“ (vgl. Klein 2008:1). Zum vielfältigen Tätigkeitsprofil gehört auch, die Öffentlichkeit in kulturelle Entwicklungsprozesse einzubeziehen, um Aufmerksamkeit und Bewusstsein für Kunst und Kultur zu schaffen (vgl. Mandel 2012:281). Vernetzung und Kommunikation mit den unterschiedlichen Akteuren sind wichtig; ebenso die Unterstützung bei Planung und Durchführung von Kulturveranstaltungen oder bei der Fördermittelakquise und erforderlichen Verwendungsnachweisen. Ein einheitliches Berufsbild für KulturmanagerInnen ist bis jetzt nicht vorhanden. Die Aufgabenbereiche eines/r Kulturmanager/in decken sich mit denen eines/r Kulturbeauftragten. KulturmanagerInnen sind auf Landkreisebene angesiedelt und Kulturbeauftragte sind auf kommunaler Ebene verortet.
Die konkrete Untersuchung ergab, dass als primäre Aufgaben von KulturmanagerInnen zuvorderst Kooperation, Vernetzung, Akquise von Fördermitteln und Information stehen.
Anforderungen und Verbesserungswünsche für die Kulturarbeit
Neben der Ermittlung von Zufriedenheit und von Bedarfslagen wurde nach den Gründen für die „stockende“ Kulturarbeit geforscht; gemeint sind damit die Kritikpunkte an der bisherigen Organisation der Kulturarbeit in der untersuchten Region. So wird angeführt, dass vor allem eine koordinierende Stelle fehlt (14 von 15 Befragte stimmen zu). Mangelndes Bewusstsein und das Fehlen von finanziellen Mitteln bzw. ein unzureichender Zugang zu Förderungen wurden ebenso als Argumente für die stockende Kulturarbeit genannt.
In punkto Kooperation wird am schlechtesten die Kooperation zwischen Kommunen und der Stadt Neumarkt i.d.OPf. bewertet (3,9), danach folgt die Kooperation von Kommunen und Landkreis (3,6).
Folgende Thesen leiteten den empirischen Teil und wurden überprüft:
Des Weiteren wurden in einem qualitativen Teil dieser Forschungsarbeit drei Themenbereiche vertieft ausgewertet:
- Finanzierung und Förderung: Kunst- und Kulturschaffende leben oft in prekären Lebensverhältnissen. Ein Befragter benennt die Situation der Kulturförderung in der Kommune so: „Förderung von Kunst im öffentlichen Raum fehlt fast gänzlich.“ Von den ExpertInnen werden hier vor allem die Gemeinde und die Politik in die Verantwortung genommen. Immaterielle Förderung im Sinne von Anerkennung geht der monetären Unterstützung voraus.
- Bürgerschaftliches Engagement: Kulturelles Engagement geht oft von sehr engagierten Einzelpersonen oder Initiativen aus. Es ist unerlässlich, dass dieses Engagement anerkannt, gefördert und honoriert wird. Ein wohlwollendes Miteinander von Haupt- und Ehrenamt fördert den Prozess einer regionalen, kulturellen Entwicklung.
- Kulturidentität und Gemeindeleben: Enge Blickwinkel führen oft dazu, dass jede Gemeinde ihr „eigenes Süppchen“ kocht. Der Blick über den „Tellerrand“ ermöglicht es, die Reflexions- und Entwicklungsfähigkeit der Kommune und Bevölkerung zu erweitern. Professionell organisierte Kulturarbeit kann dazu beitragen, das Gemeindeleben und die Kulturidentität der Region zu stärken.
Kulturelle Entwicklungsperspektiven im Landkreis Neumarkt i.d.OPf.
An erster Stelle der Ideen der Befragten für eine kulturelle Entwicklung im Landkreis steht die Verbesserung der Zusammenarbeit mit Stadt und Landkreis. Die Zusammenarbeit zu entwickeln, zu fördern und zu stärken sollte nach Meinung der ExpertInnen unbedingt verwirklicht werden. Für Landrat Gailler geht es darum, das vorhandene Potenzial zu unterstützen und zu stärken. Aber auch in die Zukunft muss gedacht werden: Da bürgerschaftliches Engagement schnell an seine Grenzen gerät – im Sinne von zeitlicher, personeller und qualifikationsbedingter Überbelastung, sollten hauptamtlich beschäftigte Kulturbeauftragte/-managerInnen die kulturelle Entwicklung voranbringen.
Als konkrete Ideen für eine bessere Vernetzung ergab die Befragung:
- Eine Internetplattform für VeranstalterInnen zum Austausch von KünstlerInnen und Kulturschaffenden sowie zur Terminabstimmung.
- Eine interaktive Netzwerkstruktur zwischen kulturellen und sozialen Einrichtungen, in welchem eine rege Kommunikation sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen Kulturschaffenden und –nutzerInnen gepflegt werden.
Ein regelmäßiger Informationsfluss würde dazu beitragen, die kulturelle Zusammenarbeit von Gemeinden und Städten voranzubringen und zu beleben. Netzwerkarbeit könnte den Informationsfluss, die Kommunikation und Kooperation erheblich erleichtern. Die Vorstellung vom sozial-kulturellen Netzwerk unter dem Leitgedanken „Kultur für alle“ deckt sich auch mit inhaltlichen Ideen der ExpertInnen für eine Verbesserung der frühkindlichen Förderung durch Kunst und Kultur und eine stärkere Berücksichtigung der kulturellen Interessen von Jugendlichen.
Im Zuge der Ideenabfrage wurden auch Vorschläge zu einem großen Kultur- oder Festspielkalender unterbreitet. Darüber hinaus wurden Veranstaltungen definiert, welche für die kulturelle Entwicklung des Landkreises von Bedeutung sein könnten:
- Regionen übergreifende Kulturveranstaltungen
- Landkreisfeste mit Vorstellung der Gemeinden des Landkreises
- Regelmäßiges Angebot für Theater als gemeinsame Aufgabe von Stadt und Landkreis
Zudem ergab die Befragung, dass gerade kulturelle Vereine und (private) Kleinkunstbühnen einer besseren Unterstützung bei der Finanzakquise und Förderung bedürfen, um ihren wesentlichen Beitrag als KulturveranstalterIn/-trägerIn der Regionen erfüllen und in der Kulturszene bestehen zu können.
Resümee und Ausblick
Für den Landkreis würden die Ergebnisse der Befragung bedeuten, eine Stelle im Landratsamt einzurichten, die als Netzwerkstelle eine erste und zentrale Anlaufstelle für die Kunst- und Kulturschaffenden der Region bietet. Von dieser Stelle aus können Netzwerkstrukturen initiiert und geschaffen werden, welche die kulturelle Entwicklung der Region auf Grundlage eines ausgearbeiteten Kulturentwicklungsplans gezielt fördern. Ehrenamtliche Strukturen können so gesichert und von hauptamtlicher Seite unterstützt werden. Strukturen können weiterentwickelt werden, die es ermöglichen, Kulturelle Bildung von klein auf zu vermitteln und besser zugänglich zu machen und dazu beitragen, ein Bewusstsein über die Bedeutung Kultureller Bildung im lokalen, regionalen und globalen Kontext bei allen beteiligten AkteurInnen zu schärfen.
Im Spannungsfeld der Entwicklung ländlicher Räume zwischen Regionalisierung und Globalisierung, zwischen Tradition und Moderne kann die Kulturelle Bildung ihren Platz als verbindendes, gemeinschaftsstiftendes und sinnerfüllendes Element finden. Mit Bottom-up-Prozessen und der Initiierung von Partizipationsprozessen kann ein niedrigschwelliger Zugang zu Kultureller Bildung geschaffen werden. Eine professionelle Organisation dieser Kulturarbeit und Kulturellen Bildungsprozesse geht einher mit der von den Befragten geforderten und auf der Basis dieser Forschung angeratenen Initiierung einer Netzwerkstelle, die die tragende Struktur schafft und die „Verantwortlichen“ an einen Tisch holt. Professionell bedeutet dabei „mit Qualität“ managen: D.h., der Kulturmanager/die Kulturmanagerin hat eine fundierte fachliche Ausbildung und vielfältige Kompetenzen im sozialen, gesellschaftsanalytisch-politischen und im Managementbereich sowie im organisationalen Bereich. Daneben sind ein öffentlich gefördertes und gesichertes Zeit- und Finanzbudget die Grundvoraussetzungen für die Initiierung einer solchen strukturbildenden Maßnahme. Auf Basis eines ausgearbeiteten kulturellen Entwicklungskonzepts für die Region, zu welchem sich die politischen Entscheidungsträger verpflichten, kann der Schritt in Richtung KulturmanagerIn auf Landkreisebene gelingen.
Der Landkreis Neumarkt i.d.OPf., als großer Flächenlandkreis, kämpft aktuell noch nicht so sehr mit den Folgen des demografischen Wandels wie beispielsweise die östlicheren Landkreise Bayerns oder Gemeinden in Bundesländern wie Brandenburg, Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern. Diese sind von starker Abwanderung und einem erhöhten Altersquotienten betroffen. Wirft man jedoch einen Blick in die Zukunft, wird auch die untersuchte Region nicht davon verschont bleiben. Hier gilt es zukunftsweisend zu denken und zu handeln, um die Attraktivität und Lebensqualität des Standorts zu wahren. Konkret heißt das, dass das kulturelle Leben in den zahlreichen Vereinen, Kleinkunstbühnen, Kulturinitiativen, usw., in den Dörfern und Kommunen der Region gestärkt werden muss.
Dies ist möglich durch
- die Einnahme einer offenen Haltung von EntscheidungsträgerInnen (z.B. PolitikerInnen, Verwaltungsangestellten) gegenüber künstlerisch-kreativem Gedankengut und Ideen zur kulturellen Entwicklung
- Wertschätzung und Anerkennung des Engagements der Kulturschaffenden
- niedrigschwellige Kunst- und Kulturprojekten für Alle (integrativ und inklusiv)
- gezielte Kompetenzvermittlung und Qualifizierung (z.B. Hilfestellung bei Fördermittelakquise)
- einen transparenten Informationsfluss und wohlwollende Pressearbeit im Sinne einer „gemeinsamen“ kulturellen Entwicklung der Region
- Unterstützung des Ehrenamtes durch das Hauptamt
- die Initiierung von tragenden und verlässlichen Strukturen für Kulturförderung durch die hauptamtliche Netzwerkstelle einer Kulturmanagerin/eines Kulturmanagers
Als Gelingensfaktoren für die kulturelle Entwicklung in ländlichen Regionen sind festzuhalten und weiter zu entwickeln:
Regionales Kulturmanagement im Landkreis Neumarkt i.d.OPf. wird dazu beitragen, den Chancen und Herausforderungen der ländlichen Entwicklung positiv zu begegnen, Gemeinschaftsgefühl für die Region zu schaffen, Identität zu stiften und Unverwechselbarkeit zu entwickeln. Kultur in der Kommunalpolitik ist ein „Wucher“, wie in dem Zitat des Landrats zu Beginn dieses Beitrags ausgeführt, den man sich nicht nur leisten kann, sondern letztlich leisten muss, damit eine Kommune, ein Landkreis, eine Region zukunftsfähig bleibt! Nur eine professionelle Organisation von Kulturarbeit durch eine/n hauptamtlich beschäftigte/n Kulturmanager/in, mit dem Landkreis als potenziellem Arbeitgeber, kann die partizipativ entwickelten Ideen, Wünsche und Entwicklungspotenziale aufgreifen und weiterentwickeln, statt dass sie im Sand versickern. Dies gilt auch für die Herausforderungen von Prävention und Integration:
Denn wird zum jetzigen Zeitpunkt nichts getan, wird das den Gebieten zu einem späteren Zeitpunkt teuer zu stehen kommen. Regionales Management hat auch eine gesellschaftliche Komponente: Das gesellschaftliche Leben und die Gemeinschaft werden durch die aktive Pflege und professionelle Organisation von Kultur gestärkt und verbessert. Man denke nur an die zahlreichen Volksfeste, Kirchweihen und Brauchtumsfeste in ländlichen Räumen. Eine fundierte, kulturelle Lebensgrundlage für alle Alters- und Bevölkerungsgruppen kann geschaffen werden, wenn die Vielfalt der Akteursgruppen und kulturellen Szenen differenziert im Fokus ist und an dem Entwicklungsprozess beteiligt wird. Sowohl öffentliche als auch private Einrichtungen sowie Vereine und Verbände, BürgerInnen, MultiplikatorInnnen, BürgermeisterInnen usw. müssen involviert werden. Kommunikation und Kooperation sind entscheidend zur Verwirklichung der kultur- und regionalpolitischen Entwicklungsziele. Der wohl wichtigste Punkt ist dabei, dass eine Person oder eine Personengruppe Verantwortung übernehmen muss für die Umsetzung aller Ideen des Regionalen Kulturmanagements. Es geht an dieser Stelle nicht nur um Verantwortungsübernahme, sondern die Verantwortung muss auch von offizieller Seite übergeben werden, damit ein Handlungsauftrag besteht, welcher öffentlich anerkannt ist. Nur mit Qualität, d.h. mit professionell ausgebildeten Fachkräften, mit einem ausgearbeiteten, zugrunde gelegten Konzept und in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen und Verwaltungsbereichen kann der Prozess gesteuert und gelenkt werden. Schließlich geht es um die Verankerung eines kulturellen Auftrags für die Gesellschaft im Gemeinwesen, der politisch im Kommunalwesen als auch im Landkreis verankert sein muss, um letztlich die Steigerung der Lebensqualität in der Region, im Landkreis Neumarkt i.d.OPf., in den Gemeinden des Landkreises Neumarkt i.d.OPf. und bei jeder/m einzelnen Bürger/in zu erreichen.
Die Ergebnisse dieser Analyse wurden nachgehend in das Regionale Entwicklungskonzept des Landkreises Neumarkt i.d.OPf. eingearbeitet, wenngleich weitere Forschungsbedarfe bestehen, beispielsweise zu Themen wie Lebensqualität in ländlichen Räumen mit dem Fokus auf Kultur und Gelingensfaktoren für kulturelle Entwicklungen oder dazu, welche Rolle Regionalmanagement bei der kulturellen Entwicklung ländlicher Räume spielt. Im Rahmen des Promotionsprogramms „Dörfer in Verantwortung – Chancengerechtigkeit in ländlichen Räumen sichern“ wird die dargestellte Auseinandersetzung wissenschaftlich fortgeführt und Fragestellungen zur zukünftigen Ausgestaltung von technischer und sozialer Infrastruktur, Regionalentwicklung, Kultur und Lebensqualität unter dem Fokus der Übernahme von Verantwortung vertiefend aufgegriffen werden.