Qualität! Diskursanalytische Gedanken zu einem Zauberwort in der Kulturellen Bildung
Abstract
Obgleich eine eindeutige Bestimmung in der Literatur ausbleibt, kann der Begriff Qualität als ein Leitkonzept im Bildungsdiskurs verstanden werden. So ist es nicht verwunderlich, dass die Frage nach Qualität auch im Diskurs der Kulturellen Bildung seit Mitte der 1990er Jahre in Deutschland eine bedeutende Rolle einnimmt. Dabei wird Qualität zu einem ‚Slogan‘, der grundsätzlich positiv konnotiert ist. Wer kann schon gegen Qualität sein? Die impliziten Erwartungen und Hoffnungen, historisch gewachsenen Prämissen, selbstverständlichen Implikationen und verborgenen Zwänge bleiben bei solchen Slogans jedoch häufig als ‚blinder Fleck‘ unsichtbar. Auf der Grundlage einer diskursanalytischen Untersuchung (vgl. Unterberg 2018) versucht der Beitrag diese ‚blinden Flecken‘ näher zu beleuchten und Bedingungen, Modalitäten und Logiken des Qualitätsdiskurses in der Kulturellen Bildung sichtbar zu machen. Dabei wird gezeigt, wie der Diskurs um Qualität dazu beigetragen hat, Prinzipien und Logiken im Feld der Kulturellen Bildung zu implementieren, die zu einer diskursiven Anschlussfähigkeit hinsichtlich aktueller (neoliberaler) gesellschaftlicher Diskurse und Hegemonien in Deutschland führen.
(1) Kulturelle Bildung als Erfolgsmodell
In den vergangenen rund 20 Jahren hat eine erfolgreiche Anerkennung des Begriffs Kulturelle Bildung auf unterschiedlichen Ebenen stattgefunden. Ausgehend von den Konzepten der „neuen Kulturpädagogik“ in Abgrenzung zu Konzepten der „musischen Bildung“ hat sich Mitte der 1990er Jahre der Begriff Kulturelle Bildung zunächst auf einer fachpolitischen Ebene, später auch in der allgemeinen politischen Diskussion verstetigt. Kulturelle Bildung ist dabei auf der diskursiven Ebene sehr erfolgreich: Zusammen mit den an sie gerichteten Wirkungserwartungen wird eine „diskursive Formation“ (Foucault 2001:921) gebildet, die in hohem Maße akzeptiert ist. Dies lässt sich an einer Reihe von Entwicklungen nachvollziehen.
In einer Befragung der „Mitgliedsstädte des Deutschen Städtetages zur Finanzierung und Organisation Kultureller Bildung“ zeigt sich als zentrales Ergebnis, dass mehr als „dreiviertel aller Städte die Bedeutung von Kultureller Bildung in Politik und Verwaltung als eher hoch (50 Prozent) oder sehr hoch (28 Prozent)“ (Rat für Kulturelle Bildung 2016:8) einschätzen. Auf der Ebene der Bundesländer wird die Anerkennung von Kultureller Bildung als „eigenständiges Bildungsfeld“ (Zacharias 1996:12) anhand der Rahmenkooperationsverträge, die zwischen Trägern der Kulturellen Bildung und Schulministerien für die Zusammenarbeit im Rahmen von Angeboten in der Ganztagsschule geschlossen worden sind, deutlich (vgl. Kelb 2007:68). Auch die Ebene der Bundesförderung zeigt diese Entwicklung an. Mit dem Förderprogramm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ fördert das BMBF seit 2013 außerschulische Angebote der Kulturellen Bildung in erheblicher Höhe.
Gleiches zeigt sich in der Forschungsförderung für die empirische Forschung im Bereich der Kulturellen Bildung. So hat das BMBF im Oktober 2015 eine eigene „Richtlinie zur Förderung von Forschungsvorhaben zur kulturellen Bildung“ aufgelegt (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2015). Außerdem ist ein großer Zuwachs an formalisierten Studien- und Ausbildungsgängen in den vergangen zwanzig Jahren zu verzeichnen (Blumenreich 2012:849).
Als letztes Zeichen für den Erfolg Kultureller Bildung im Diskurs sei hier das Wachstum von Bildungsangeboten in Kulturinstitutionen angeführt. In der „Infrastrukturerhebung: Bildungsangebote in klassischen Kultureinrichtungen“ (Keuchel & Weil 2010) zeigt sich, dass sich die Entstehung der Bildungsformate vor allem auf die Jahrzehnte nach 2000 datieren lässt (vgl. Keuchel & Weil 2010:22). Auch auf dieser Ebene ist die Relevanz von Kultureller Bildung erheblich gestiegen.
Der Mitte der 1990er Jahre im Zusammenhang mit dem Qualitätsdiskurs formulierte Anspruch, Kulturelle Bildung in der öffentlichen und politischen Wahrnehmung zu stärken und eine stärkere fachliche Anerkennung zu ermöglichen (vgl. bspw. Kamp 1998; Kneffel & Reinbold 1996; Zacharias 1996:12f) kann aus heutiger Sicht als erfolgreich gewertet werden. Eine Frage, die aus dieser Erkenntnis folgt, ist, wie diese hegemoniale Stellung von Kultureller Bildung im Diskurs zustande gekommen ist und welche Diskursformationen dies begünstigt haben.
An dieser Stelle sei auf Foucault verwiesen, der mit seinem Konzept des Diskurses und der Diskursanalyse herausstellt, dass es alles andere als selbstverständlich ist, dass ein Begriff oder Konzept wie Kulturelle Bildung sich im Diskurs durchsetzt:
„Durch welche Gewohnheit oder durch welche Abnutzung sie uns auch vertraut geworden sind, welche Verblendungen auch von ihren Machtmechanismen ausgehen mögen oder welche Rechtfertigungen sie auch hervorgebracht haben mögen: Sie [Die akzeptierten Konzepte, Anm. L.U.] sind nicht kraft irgendeines ursprünglichen Rechtes akzeptabel gemacht worden. Um zu erfassen, was sie akzeptabel gemacht hat, muss man hervortreten lassen, dass das gerade nicht selbstverständlich war, dass es durch kein Apriori vorgeschrieben war, dass es in keiner altehrwürdigen Tradition festgeschrieben war.“ (Foucault 1992:34f)
Entscheidend an diesem Gedanken ist die Anerkennung der Tatsache, dass die Art und Weise, wie wir über Dinge sprechen und worüber wir sprechen, nicht zwangsläufig und notwendig, sondern sozial gewachsen und historisch kontingent sind. Was wir für falsch oder richtig, für objektive Elemente der Wirklichkeit, für Aberglauben oder bewiesen halten, ist an komplexe historische Prozesse und soziale Formationen gebunden.
Der Erfolg einer diskursiven Formation ist nur dann möglich, wenn diese Formation eine Konformität hinsichtlich der Regeln und Zwänge von gesellschaftlichen Diskursen entwickelt:
„Denn nichts kann als Wissenselement auftreten, wenn es nicht mit einem System spezifischer Regeln und Zwänge konform geht – etwa mit dem System eines bestimmten wissenschaftlichen Diskurses in einer bestimmten Epoche, und wenn es nicht andererseits, gerade weil es wissenschaftlich oder rational oder einfach plausibel ist, zu Nötigungen oder Anreizungen fähig ist.“ (Foucault 1992:33)
Wissenselemente oder akzeptable Diskurselemente müssen also in das jeweilige System passen, damit sie hervorgebracht werden können. So erklärt sich, dass nicht alles was gedacht, gesagt oder getan werden kann auch umgesetzt wird. Während einer Fachkonferenz der Teilchenphysiker würden Bibelzitate als wissenschaftliche Beweisführung nicht verfangen. Auf einer Tagung von Theologen wäre dies durchaus üblich. Die Frage ist nicht, ob Bibelzitate per se wahr oder falsch sind, sondern ob sie in dem jeweiligen wissenschaftlichen Diskurs als Wissenselement und Beweisführung anerkannt sind.
Der diskursive Erfolg Kultureller Bildung auf sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen lässt sich also aus einer diskursanalytischen Perspektive durch eine Passung mit den gesellschaftlichen Diskursen erklären. Im Folgenden möchte ich die zentrale These ausführen, dass der Begriff Qualität und der sich darum entwickelnde Diskursraum in besonderem Maße zu dieser Konformität zwischen Kultureller Bildung und gesellschaftspolitischen Diskursen beigetragen hat. In ihm wurden Logiken und Denkweisen des Neoliberalismus in den Diskurs der Kulturellen Bildung eingeführt und verankert.
Um dies zu verdeutlichen werde ich zunächst in einem kurzen genalogischen Überblick die Logiken und Prinzipien des Begriffs Qualität herausarbeiten (2), bevor ich in einem zweiten Schritt die gesellschaftlichen und politischen Bedingungen für den Qualitätsdiskurs in der Kulturellen Bildung umreiße (3). Konkret werde ich meine These anhand drei zentraler Transformationsdynamiken untermauern, die in den letzten 20 Jahren im Diskurs der Kulturellen Bildung augenscheinlich geworden sind (4): der zunehmenden Akzeptanz des Begriffs Qualität, der ideologischen Aufladung des Begriffs Kulturelle Bildung und einer zunehmenden Wettbewerbsorientierung im Feld. In meinem Fazit (5) befrage ich die vorgestellten Erkenntnisse nach ihren Implikationen für den Umgang mit der Frage nach Qualität bei der Zusammenarbeit zwischen Schulen und außerschulischen Partnern in der Musikvermittlung.
An dieser Stelle sei auf das im Sommer 2017 abgeschlossene Dissertationsprojekt „Qualität in der Kulturellen Bildung. Eine Diskursanalyse“ verwiesen, welches im Frühjahr 2018 bei Beltz Juventa erscheinen wird. Die in diesem Rahmen erfolgte systematische Analyse des Korpus aus 106 Schriftstücken aus den Jahren 1995 bis 2015 bildet die Grundlage für diesen Beitrag.
(2) Genealogie des Qualitätsbegriffs
Intuitiv ist die Bedeutung des Begriffs „Qualität“ leicht zu erfassen. Wie bei jedem abstrakten Begriff fällt es jedoch schwer zu erklären, was unter dem Begriff genau verstanden wird und wie er präzise zu definieren ist. Die lange philosophische Tradition des Begriffs geht auf die ursprüngliche Wortbedeutung von Qualität - entlehnt aus dem Lateinischen - zurück: Beschaffenheit. In der Philosophie wird seit der Antike das Problem der „definierenden Merkmale der Beschaffenheit“ als eine Grundform des Denkens von Dingen verstanden (vgl. Blasche 1989:1748). Mit Qualität wird in diesem Zusammenhang also die wesentliche Beschaffenheit oder Eigenschaft einer Sache beschrieben. Qualität im Sinne von Eigenschaften wird dazu genutzt, Dinge voneinander abzugrenzen und unterscheidbar zu machen.
Neben diesem deskriptiven Verständnis von Qualität gibt es ein wertendes Verständnis. In diesem zweiten Sinne wird der Begriff „Qualität“ genutzt um die Güte oder „Brauchbarkeitsgrade“ (Wirz 1915:1) von Dingen zu beschreiben:
„Eine Schiene Thomasstahl vermag bei 1 m Auflageabstand 910 kg zu tragen, eine solche aus Elektrostahl 1430 kg: die Schiene aus Elektrostahl hat höhere Qualität.“ (Wirz 1915:1)
Wirz nutzt für die Unterscheidung der beiden Begriffsbedeutungen in seiner Untersuchung „Zur Logik des Qualitätsbegriffs“ von 1915 die plastische Beschreibung von horizontal und vertikal (vgl. Wirz 1915:1). Das horizontale Verständnis von Qualität dient, wie oben beschrieben, der Abgrenzung von unterschiedlichen Gegenständen anhand ihrer spezifischen Eigenschaften. Das Charakteristische am vertikalen Begriffsverständnis ist die Implikation einer Wertung – Dinge können besserer oder schlechterer Qualität sein. Es ist diese Idee von Qualität, die in der Alltagssprache in der Regel genutzt wird. Intuitiv wird mit dem Begriff „Qualität“ ein Wert impliziert: Qualität ist das Gute und Wertvolle (vgl. Harvey & Green 2010:18).
Um die Logik des Qualitätsbegriffs und des Qualitätsmanagements nachvollziehen zu können, ist es sinnvoll, die historische Entwicklung des Qualitätsmanagements im Sinne einer Genealogie nachzuzeichnen. Die Herkunft des Begriffs zu erforschen heißt, sein historisches Gewordensein anzuerkennen und die impliziten Bedeutungen, Regeln und Ideen, die dieser Begriff mit sich bringt, explizit zu machen. Auch wenn die bisher vorliegende Darstellung einer Geschichte des Qualitätsmanagements (vgl. Juran 1995) eher aus zusammengetragenen „ausgewählten Impressionen“ (Zollondz 2014:17) besteht und eine vollständige, systematische historische Analyse bis heute ein Desiderat darstellt, lassen sich aus den vorliegenden Publikationen dennoch Erkenntnisse gewinnen, die für das Nachdenken über Qualität fruchtbar scheinen.
Es lassen sich drei Prinzipien festhalten, die für den Begriff Qualität wesentlich sind: das Prinzip der Zertifizierung und Kontrolle, das Prinzip der Objektivierbarkeit und Vergleichbarkeit und das Prinzip der Vertrauensbildung in komplexen Handelszusammenhängen.
Es war das Textilgewerbe, das die Qualitätssicherung schon früh ernst genommen hat. Mitte des 13. Jahrhunderts entwickelte sich das Siegeln von Tuchballen in Mitteleuropa (vgl. Reith 2003:132). Dies wurde angesichts eines weltweit wachsenden und komplexer werdenden Stoffhandels notwendig. Anhand von Musterbüchern wurden Güte und Wert von Waren verglichen. Anschließend wurden mit Prägezangen die Stoffballen plombiert, um ein unverwechselbares Symbol für deren Qualität anzubringen. Wer eine Prägezange besaß, konnte also Stoffe mit einem Qualitätssiegel versehen und es ist nicht erstaunlich, dass die Zangen streng kontrolliert wurden. Das Fälschen der Zangen stand unter drakonischen Strafen, bis hin zum Tod am Galgen (vgl. Reith 2003:133).
Die industrielle Revolution und die in der Folge entstehende Massenproduktion machte Qualitätsmanagement auch in einer anderen Hinsicht notwendig: die Normierung der Produktion und die Standardisierung von Bauteilen war eine zentrale Voraussetzung für die Fertigung am Fließband (vgl. Zollondz 2014:20).
Mit den beiden Weltkriegen im 20. Jahrhundert, deren immenser Materialaufwand nur mit Hilfe einer zuverlässigen und gut organisierten Massenfertigung von Ausrüstungsgegenständen denkbar war, wurde der Fokus im Qualitätsmanagement weg vom eigentlichen Produkt hin zur Organisation verschoben. Die Lieferanten der Ausrüstung hatten organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um eine Qualität der Waren sicherzustellen (Zollondz 2014:22). Qualität wurde zu einer Managementaufgabe. Die Regelwerke für militärische Güter bildeten die Grundlage für die bis heute branchenunabhängige und allgemein gültige Normierung von Qualitätsmanagement, die unter anderem in den ISO 90000ff Normen festgehalten ist und die sich als Paradigma im Qualitätsmanagement durchgesetzt hat.
Dabei stellt die Objektivierung von Beobachtungen und menschlicher Wahrnehmung eine zentrale Notwendigkeit in der Entwicklung des Qualitätsmanagements dar. Es geht darum „die subjektive Fehlbarkeit des Menschen sowohl individuell als auch im soziotechnischen Zusammenhang zu kompensieren“ (Zollondz 2014:25). Was mit dem Musterbuch im Textilgewerbe begonnen hat, wird im Verlauf der Industrialisierung in der Entwicklung eines internationalen Systems von einheitlichen Größen und Messmethoden weitergeführt, das mit mathematischen Modellen und Methoden unterfüttert wird.
All dies spielte sich im 20. Jahrhundert in einer zunehmend erstarkenden Marktwirtschaft ab, in der Erfolg und Wettbewerb zentrale Größen sind. Qualität, Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement und die sich daraus entwickelnden Handlungslogiken und Verfahren können als eine Antwort auf die Fragen und Probleme, die sich im Verlauf der Industrialisierung, Massenfertigung und Marktwirtschaft ergeben haben, verstanden werden.
Außerhalb der produzierenden Industrie, beispielsweise im Rahmen von Dienstleistungen oder von sozialen Institutionen stellt die Frage nach Qualität eine besondere Herausforderung dar. Hier können Produkte nicht nach eindeutigen und objektiven Kriterien bewertet werden und die Steuerungsdimension der Produktionsprozesse entfällt. Hier sieht sich das Qualitätsmanagement besonderen Herausforderungen gegenüber.
Die Logiken und Prinzipien, mit denen sich der Qualitätsbegriff im Verlauf seiner langen Geschichte aufgeladen hat, können nicht einfach ignoriert werden, sondern spielen auch im Diskurs zur Kulturellen Bildung weiter eine Rolle. Wann immer der Begriff Qualität genutzt wird, denken wir Kategorien von Objektivierung, Zertifizierung, Kontrolle und Vergleichbarkeit mit. Auch wenn kaum etwas vorstellbar ist, das weiter von der Schiene aus Thomasstahl entfernt ist als Kinder und Jugendliche, die künstlerisch tätig sind.
(3) Bedingungen für den Qualitätsdiskurs in der Kulturellen Bildung
Ein zentrales Ergebnis der umfangreichen Recherchen zur Qualität in der Kulturellen Bildung stellte die Erkenntnis dar, dass der Begriff Qualität erst Mitte der 1990er Jahre im Feld der Kulturellen Bildung auftaucht. Zwar hat die Frage nach guter Arbeit, nach notwendigen Voraussetzungen, Ressourcen, Rahmenbedingungen und der Qualifizierung von Mitarbeitern bereits vorher eine Rolle gespielt und es wurde nicht alles für gut und erstrebenswert gehalten, sondern es wurden Abgrenzungen und Setzungen vorgenommen. Der Begriff der Qualität wurde hierfür jedoch nicht genutzt.
Es ist das Evaluationsprojekt „Wirkungen in der Kinder- und Jugendkulturarbeit“, das die BKJ in den Jahren 1995 bis 1997 im Rahmen der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten „Bundesinitiative Qualitätssicherung in der Kinder- und Jugendhilfe“ einführt (vgl. Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e. V. 1996) durchführt, das als Beginn des Redens über Qualität in der Kulturellen Bildung verstanden werden kann (vgl. Fuchs 2010: 92). Dieses Projekt findet in einem spezifischen gesellschaftlichen und politischen Kontext statt. Zum einen erfährt das Feld der Kulturellen Bildung eine zunehmende Professionalisierung. In Folge der deutschen Wiedervereinigung tragen erhebliche finanzielle Mittel im Programm zum „Aus- und Aufbau freier Träger in den fünf neuen Bundesländern“ zu einem Ausbau der institutionellen Strukturen der Kulturellen Bildung bei. Darüber hinaus entwickelt sich eine Struktur der Aus- und Fortbildung für Akteure in der Kulturellen Bildung. Zum anderen verändern sich die Strukturen in der öffentlichen Verwaltung erheblich. Die stabilen gesellschaftlichen Organisationen, die den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aufstieg und das Wachstum der deutschen Nachkriegsjahre begleitet haben, verfallen zunehmend. Arbeit, Familie, Sozialstaat, aber auch kulturelle Institutionen müssen sich angesichts sich ändernder Umstände und einer Haushaltskrise in den Kommunen neu strukturieren.
Im Zuge dessen erfolgt eine „gesellschaftliche Durchsetzung neoliberaler Programme, Programmatiken und Praktiken“ (Höhne 2006:204), die auch eine Transformation des Staates nach sich zieht. In den 1980er und 1990er Jahren findet eine Dezentralisierung und Deregulierung des Staates statt. Das Leitbild des „aktivierenden Staates“ (vgl. Lamping, Schridde, Plaß & Blanke 2002), das als Mittelweg zwischen ausuferndem Wohlfahrtsstaat und neoliberalem Minimalstaat entwickelt wird, fasst diese Transformation zusammen. Dabei steht „aktivierend“ in diesem Kontext „sowohl für permanentes politischen Handeln statt einmaliger Aktion als auch für die Verantwortungsteilung mit den gesellschaftlichen Akteuren“ (Lamping, Schridde, Plaß & Blanke 2002:5).
Konkret wird dies an der Einführung des ‚Neuen Steuerungsmodells’ als neues outputorientiertes Paradigma in der Kommunalverwaltung. In den meisten Kommunen in Deutschland hatte diese Einführung das Ziel der Haushaltskonsolidierung und bot gerade für ehrenamtliche Rats- und Kreistagsmitglieder eine verlockende Möglichkeit, Entwicklungen und Veränderungen in den Kommunen umzusetzen und zu überwachsen (vgl. Holtkamp 2008). Die Kulturverwaltungen und Kulturinstitutionen spielten dabei in den Kommunen häufig eine Vorreiterrolle (vgl. Sievers 1995:32). Es etabliert sich eine neue Form der Gouvernementalität, die durch Wettbewerbsfähigkeit geprägt ist:
„[...] was die neoliberale Gouvernementalität ausmacht: Regieren heißt den Wettbewerb, selbst regieren heißt, die eigene Wettbewerbsfähigkeit fördern. Dabei soll wiederum ein zirkulärer Konditionierungsmechanismus greifen: Je mehr Wettbewerb herrscht, desto mehr Gelegenheit haben die Akteure, ihr Handeln auf Wettbewerbsfähigkeit hin auszurichten.“ (Bröckling 2016:107)
Bröckling zeigt mit der Figur des „unternehmerischen Selbst“, welche Subjektivierungsform sich in der Logik neoliberaler Gouvernementalität entwickelt. Es ist sowohl „ein normatives Menschenbild wie eine Vielzahl gegenwärtiger Selbst- und Sozialtechnologien, deren gemeinsamen Fluchtpunkt die Ausrichtung der gesamten Lebensführung am Verhaltensmodell der Entrepeneurship bildet“ (Bröckling 2016:47).
Für das Feld der Kulturellen Bildung stellen sich existenzielle Fragen im Angesicht dieser neuen Strukturen. Die Frage nach einer adäquaten Förderung angesichts knapper öffentlicher Ressourcen, nach der Deutungsmacht über das Feld der Kulturellen Bildung, nach der eigenen Professionalität und (fach-)politischen Anerkennung sowie nach Legitimation und Weiterentwicklung des Feldes. Fuchs und Bockhorst stellen die Unsicherheit und Offenheit der Situation dar, wenn sie auf die Rahmenbedingungen für das Projekt „Wirkungen in der Kinder- und Jugendkulturarbeit“ im Rahmen der Bundesinitiative „Qualität in der Kinder- und Jugendarbeit“ eingehen:
„Dies waren Rahmenbedingungen für eine verstärkte Auseinandersetzung mit der Wirkungsfrage in der Kulturarbeit: eine gesellschaftliche Mentalitätsverschiebung hin zu einer größeren Akzeptanz des ökonomischen Denkens, und dies speziell im fachlichen Diskurs, eine sich rasch ausdehnende Beschäftigung von Unternehmensberatungsbüros zum Zwecke der politischen Entscheidungsfindung, eine Verunsicherung der Akteure im Hinblick auf „legitime Ziele“ von Kulturarbeit, eine Krise der Verwaltung und ein geschickt lanciertes Reformmodell.“ (Fuchs & Bockhorst 1998:7)
In diese gesellschaftlichen und politischen Rahmungen ist der Beginn des Nachdenkens und Schreibens über Qualität in der Kulturellen Bildung eingebettet. Zunächst ist zwar eine grundsätzliche Skepsis gegenüber dem Begriff Qualität und den damit einhergehenden Konzepten und Logiken im Diskurs zu beobachten, diese Skepsis verhindert jedoch nicht die gründliche Beschäftigung mit der Frage nach Qualität im Feld. Es mache „[...] dann doch Sinn, sich mit den Fragen nach Qualitäten und Standards zugunsten einer Berufsfeldprofessionalisierung, einer Organisationseffizienz und Wirtschaftlichkeit sowie politischen Durchsetzungsstrategien zu beschäftigen“ (Zacharias 1996:12). So wird Qualität zu einem zentralen Diskursgegenstand in der Kulturellen Bildung und wird als Knotenpunkt und Antwort auf vielschichtige diskursive Problemlagen etabliert.
Beim Blick über den fachlichen Tellerrand hinweg wird deutlich, dass die Frage nach Qualität auch in anderen fachpädagogischen Diskursen diese Funktion erfüllt. Qualität kann als ein Leitkonzept des Bildungsdiskurses betrachtet werden (vgl. Helmke, Hornstein & Terhart 2000). Ein solches Leitkonzept erfüllt nicht die Funktion einer eindeutigen Bestimmung erziehungswissenschaftlicher Forschungsthemen, sondern dient vielmehr zur Bündelung von Argumenten, Hoffnungen, Zielsetzungen, Überzeugungen und Verfahrensvorschlägen (vgl. Terhart 2000:809).
(4) Transformationen des Diskurses zur Kulturellen Bildung
Anhand von drei zentralen Transformationen, die der Diskurs zur Kulturellen Bildung seit Mitte der 1990er Jahre vollzogen hat, lässt sich zeigen, wie mit Hilfe des Begriffs Qualität eine Brücke zwischen den scheinbar unzuvereinbarenden Feldern der neoliberalen gesellschaftlichen Entwicklung und dem Feld der Kulturellen Bildung geschlagen wurde: einer zunehmenden Akzeptanz des Begriffs Qualität, einer ideologischen Aufladung des Begriffs Kultureller Bildung und der zunehmenden Wettbewerbsorientierung im Feld.
Der Beginn des Qualitätsdiskurses in der Kulturellen Bildung ist von einer kritischen Einstellung gegenüber dem Begriff und seinen Assoziationen geprägt. Zwar besteht keine grundsätzliche Ablehnung gegenüber dem Begriff, es wird aber nachdrücklich auf die Risiken hingewiesen (vgl. Bockhorst 1998b:22; Liebald 1998:71; Popp 1996:27; Prenzel 1996:15):
„Gerade im kulturellen und pädagogischen Kontext steht also viel auf dem Spiel, wenn wir uns (dann doch versuchsweise) mit Qualitätsdefinitionen und Standardisierungstrends befassen.“ (Zacharias 1996:11)
Diese kritische Perspektive wird im weiteren Verlauf des Diskurses deutlich abgeschwächt. Zwar wird immer noch auf die möglichen Schwierigkeiten und Herausforderungen hinsichtlich von Qualitätsbestimmung im Diskurs der Kulturellen Bildung verwiesen, es wird jedoch keine prinzipielle Kritik oder Skepsis gegenüber der Beschäftigung mit Qualität formuliert.
Die Frage nach der Macht und politischen Relevanz von Qualität spielt zwar weiterhin vereinzelt eine Rolle (vgl. Fuchs 2006/2008:370; Fuchs 2010:93f), der Großteil des Diskurses beschäftigt sich jedoch mit einer gegenstandsangemessenen Umsetzung und Operationalisierung von Qualitätssicherungs- und -managementfragen. Der Ton im Diskurs verändert sich: Die kritische, sich von ökonomischen Denkweisen abgrenzende Färbung bewegt sich hin zu einem produktiven Umgang mit Qualität. Diese Transformation im Diskurs macht es möglich, dass Qualitätskataloge und konkrete Materialien für die Auseinandersetzung mit der Frage nach Qualität in der Praxis entstehen: Qualitätskataloge, Qualitätsrahmen und Qualitätsinstrumente (vgl. Unterberg 2014).
Es ist die diskursive Einigkeit entstanden, dass Qualitätssicherung zum professionellen Verständnis von Kultureller Bildung gehört:
„Verfahren zur Qualitätssicherung gehören zum professionellen Standard in der Kulturellen Bildung und Kulturvermittlung. Die Vielfalt der Handlungsfelder, Netzwerkstrukturen und Kooperationsformen spiegelt sich in den ebenso zahlreichen wie unterschiedlichen Qualitätsansätzen wider.“ (Liebald, Münter & Becker 2010:5)
Exemplarisch zeigt dieser Text, was sich auch im übrigen Diskurs andeutet: Qualität und ihre Sicherung sind im Diskurs zur Kulturellen Bildung akzeptabel und normativ zum Standard erhoben worden. Die Offenheit des Qualitätsbegriffs, der plural und relational definiert wird, begünstigt dabei die Anschlussfähigkeit sehr unterschiedlicher Konzepte aus Theorie und Praxis. Nicht offen gehalten wird jedoch die Auseinandersetzung mit Qualität. Sie gehört zum professionellen Selbstverständnis.
Aus diskursanalytischer Perspektive ist es unwesentlich, wie „bereichs-, gegenstands- und zielspezifisch gedacht und evaluiert“ (Klepacki 2013:42) wird und wie offen und unbestimmt das Qualitätsverständnis ist, das in der Kulturellen Bildung etabliert wird. Dies ändert nichts an der Tatsache, dass mit der Akzeptanz des Qualitätsbegriffs die Logiken und Spielregeln, die dieser mit sich bringt, im Diskurs anerkannt und verankert werden.
Die zweite Transformation, die ideologische Aufladung des Begriffs Kultureller Bildung, wird in der exemplarischen Gegenüberstellung zweier Texte aus dem Umfeld der „Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung“ (BKJ) deutlich. Anfang der 1990er Jahre wird Kulturelle Bildung in den Kinder- und Jugendplan des Bundes aufgenommen:
„Kulturelle Bildung soll Kinder und Jugendliche befähigen, sich mit Kunst, Kultur und Alltag phantasievoll auseinander zu setzen. Sie soll das gestalterisch-ästhetische Handeln in den Bereichen Bildende Kunst, Film, Fotografie, Literatur, elektronische Medien, Musik, Rhythmik, Spiel, Tanz, Theater, Video usw. fördern. Kulturelle Bildung soll die Wahrnehmungsfähigkeit für komplexe soziale Zusammenhänge entwickeln, das Urteilsvermögen junger Menschen stärken und sie zur aktiven und verantwortlichen Mitgestaltung der Gesellschaft ermutigen.“ (Bockhorst 1998/2013:103)
Es werden Potenziale und Chancen beschrieben, die mit der Umsetzung Kultureller Bildung einhergehen. Dabei wird den ästhetischen Bezügen, anhand derer Kulturelle Bildungsprozesse initiiert werden, durch die Aufzählung unterschiedlicher künstlerischer Bereiche Gewicht verliehen.
Dem gegenüber steht der „Qualitätsrahmen der Fachorganisationen Kultureller Bildung“ (vgl. Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e. V. 2013). An ihm zeigt sich exemplarisch, wie ausgehend von den vorher beschriebenen Gedanken eine Ideologie über Wirkungsweisen, Werte und Prinzipien von Kultureller Bildung entworfen wird. Im Kontrast zu den Formulierungen aus den 1990er Jahren, wird die Normativität und Affirmativität der Formulierungen deutlich:
„Kulturelle Bildung ermöglicht [Hervorhebungen L.U.] Persönlichkeitsbildung mit und in den Künsten. [...] Dies macht sie für ein gelingendes Aufwachsen und Leben unverzichtbar. [...] Die Angebote und Praxisprojekte der Kulturellen Bildung erschließen in den unterschiedlichen Künsten vielfältige Zugangsweisen zur Welt – produktiv und rezeptiv. Sie bieten die Grundlage künstlerischer Ausdrucksformen, ebenso wie zur Mitgestaltung der eigenen Lebensumwelt und für gesellschaftliches Engagement.“ (Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e. V. 2013:56)
Die Hervorhebungen machen deutlich, dass in dieser Formulierung nicht von Möglichkeiten, Potenzialen und Chancen gesprochen wird, sondern Tatsachen suggeriert werden. Dies beschränkt sich nicht auf den deutschen Diskurs, sondern ist auch international zu beobachten (vgl. bspw. UNESCO 2006).
In diesen Formulierungen wird immer wieder eine spezifische Form des Subjekts angesprochen, das es zu fördern gilt. Es ist der Lernende, der mittels Kultureller Bildung Kreativität, Initiative, emotionale Intelligenz, moralische Reflexivität, Selbstständigkeit, Autonomie in Gedanken und Handeln, Engagement und Selbstverantwortung entwickelt. Die im Diskurs zur Kulturellen Bildung hervorgebrachten Kompetenzen und Wirkungen auf den Lernenden stimmen mit den Kompetenzen überein, die im Rahmen einer neoliberalen Gouvernementalität postuliert werden (vgl. Bröckling 2016:185). Die stetige Verbesserung des Individuums mit Blick auf den (Arbeits-)Markt, auf eine funktionierende Gesellschaft und auf eine erfolgreiche Zukunft, werden auch in der Kulturellen Bildung verfolgt. Kultureller Bildung wird ein Nutzen und eine Verwertbarkeit zugeschrieben.
Als letzte Transformation wird die Stärkung des Wettbewerbs im Feld deutlich: Wettbewerb in der Kulturellen Bildung wird spätestens ab dem Moment sichtbar, ab dem die finanziellen Ressourcen der öffentlichen Hand geringer werden und eine Umstrukturierung der Verwaltungen in den Kommunen notwendig wird. Zunächst entsteht eine Konkurrenz zwischen dem Feld der Kulturellen Bildung und anderen kommunalen Handlungsfeldern, wie „Sozialhilfe, Straßenbau und Kanalisation“ (Fuchs & Liebald 1995b:6). Aber auch der Wettbewerb unter Trägern und Akteuren im Feld wird zunehmend größer.
Die Vorstellung von Best-Practice-Beispielen, die im Diskurs der Kulturellen Bildung allgegenwärtig sind, ist hierfür ein Beispiel. In der Folge des Qualitätsdiskurses entstehen im Feld der Kulturellen Bildung Wettbewerbe, die sich spezifisch auf die Qualität von Projekten beziehen. „MIXED UP“ und „Kinder zum Olymp!“ sind hier zu nennen. In diesen Wettbewerben werden beispielhafte und gelungene Modellprojekte ausgezeichnet. Über eine Projektdatenbank bzw. einen regelmäßig stattfindenden Kongress werden diese Projekte der (Fach-)Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Best-Practice-Beispiele werden auch im Rahmen von Qualitätskatalogen genutzt, um die Konzepte zu konkretisieren und an die Praxis anzubinden. Wettbewerb hat etwas mit der Möglichkeit zu vergleichen zu tun. Diese Möglichkeit wird mit der Hervorhebung von einzelnen Best-Practice-Beispielen, sei es in Qualitätskatalogen oder im Rahmen von Wettbewerben, eröffnet. Auf diese Weise entsteht ein neuer, kompetitiver Blick auf Maßnahmen in der Kulturellen Bildung.
In die Logik des Wettbewerbs passt auch das Format des Projektes, das in der Kulturellen Bildung allerorts gegenwärtig ist. Die „zunehmende Finanzierung Kultureller Bildung mittels Projektförderung“ (Rat für Kulturelle Bildung 2017:62) bringt eine bestimmte Form der Verfasstheit von Kultureller Bildung mit sich:
„Der Name, den man einer Sache gibt, lässt diese nicht unberührt. Etwas als Projekt zu deklarieren heißt, ihm den Charakter eines Entwurfs oder Vorhabens zuzusprechen und in der Folge so auf es einzuwirken, dass es den Kriterien der Projektförmigkeit entspricht. Dazu muss nicht zuletzt all das aussortiert werden, was nicht (oder nur mit Kunstgriffen) zwischen Anfang und Ende eingerichtet werden kann.“ (Bröckling 2016: 251)
Nicht nur die Idee von prinzipieller Planbarkeit und der Möglichkeit einer zeitlichen Eingrenzung spielen hier mit hinein, sondern auch wieder ein Bezug zum Wettbewerb. Wer seine Förderung nicht institutionell erhält, muss für jedes Projekt neu Gelder akquirieren und steht in diesem Prozess automatisch mit anderen potenziellen Zuwendungsempfängern in Konkurrenz. Der Erfolg von Projekten muss am Ende nachgewiesen werden und hilft bei der Einwerbung neuer Projektfinanzierungen. Im Format des Projektes wird Wirklichkeit organisiert (vgl. Bröckling 2016: 251) und Regierung umgesetzt. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Mitarbeiter und Inhalte in der Kulturellen Bildung (vgl. Reinwand-Weiss 2017).
(5) Und jetzt?
Der diskursanalystische Blick auf den Gegenstand der Qualität im Diskurs der Kulturellen Bildung hat die Strukturen, Bedingungen, Modalitäten und Logiken zu Tage gefördert, die dem Diskurs innewohnen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Diskurs zur Qualität das Feld der Kulturellen Bildung aus Sicht der 1990er Jahre zukunftsfähig gemacht hat. Die Thematisierung von Qualität in all ihren Wortspielen und die daran anschließenden Diskursräume wie Evaluation, Wirkung und Kooperation haben dazu beigetragen, dass das Feld der Kulturellen Bildung eine diskursive Anschlussfähigkeit an neoliberale Steuerungs- und Regierungskonzepte entwickelt hat. Was folgt nun aber aus dieser Erkenntnis? Können wir überhaupt aussteigen, wenn wir in den Worten und ihren Logiken und Spielregeln dermaßen gefangen sind?
Der vorliegende Artikel versteht sich als eine Form der Kritik im aufklärerischen Sinne:
„Die Kritik hat nicht die Prämisse eines Denkens zu sein, das abschließend erklärt: Und das gilt es jetzt zu tun. Sie muss ein Instrument sein für diejenigen, die kämpfen.“ (Foucault 2005:41)
Für die praktische Arbeit in der Kulturellen Bildung folgt daraus die Notwendigkeit neue und andere Fragen zu stellen. Zum Beispiel die Frage danach, welche unterschiedlichen Sprachspiele für die jeweiligen Kontexte wichtig und wesentlich sind, welche legitimatorischen Regeln befolgt werden müssen und wie Musik, Lernen, Bildung und Unterricht jeweils spezifisch verstanden und begründet werden. Wer bestimmt, was Qualität ist? Und mit welchem Ziel wird diese Bestimmung vorgenommen?In der gemeinsamen Auseinandersetzung mit diesen Fragen werden unterschwellige Machtstrukturen und Sprachspiele transparent. Blinde Flecke können beleuchtet werden und der Fokus kann sich verschieben. So kann die Auseinandersetzung mit Qualität dazu beitragen, kreativ und taktisch mit diesen Fragen – im besten Sinne des Wortes – zu spielen, subversive Umdeutungen zu finden und gemeinsam neu zu denken.