Partizipative Ansätze in Museen und deren Bildungsarbeit
Analog zur insgesamt gestiegenen gesellschaftlichen Bedeutung von Mitsprache und Beteiligung ist „Partizipation“ seit einigen Jahren zu einem zunehmend wichtigen Schlagwort in der museologischen Debatte avanciert, stellt jedoch noch kein etabliertes und schon gar kein klar definiertes Format der Museumsarbeit dar. Die Auslegungsbreite reicht derzeit von bloßem Anwesend-Sein über verordnete (Selbst-)Lernerfahrungen und basisdemokratische Mitbestimmungsverfahren bis hin zu ungefragter Intervention bzw. dem anarchistischen Widerstand gegen die herrschende Kultur (Gesser/Handschin u.a. 2012).
Der Begriff „Partizipation“
Der aus dem Lateinischen stammende Begriff „Partizipation“ wird im Duden mit „Teilhaben, Teilnehmen, Beteiligtsein“ übersetzt, kann also sowohl einen Zustand als auch einen Vorgang meinen. Weiter weist er neben dieser deskriptiven Seite eine normative Komponente auf: „Partizipation“ wird in der Regel stark positiv konnotiert – vor allem mit Selbsttätigkeit, Empowerment oder Inklusion.
Was das Museumswesen und die Museumspädagogik betrifft, so existiert bisher keine feststehende Definition: Auslegungen, die Partizipation als passive „Teil-Habe“ begreifen, stehen einem Begriffsverständnis gegenüber, das eine tatsächlich handelnd-aktive „Teil-Nahme“ meint; dazwischen entfalten sich fließend weitere Interpretationen. Bei ersterer Auslegung bezeichnet der Begriff also die – zumindest formal gegebene – Möglichkeit zum Besuch bzw. zur Inanspruchnahme kultureller Angebote als mehr oder weniger aktiver Rezipient bzw. „Kulturkonsument“ sowie das subjektive Gefühl der Zugehörigkeit.
Das in diesem Text vertretene Partizipationsverständnis bezieht sich dagegen auf (Vermittlungs-)Ansätze, bei denen sich (potentielle) BesucherInnen einzeln oder zusammengeschlossen als Arbeitsgruppe aktiv in Ausstellungen oder andere Felder der Museumsarbeit einbringen und Einfluss auf diese nehmen können. Im Vordergrund steht dabei nicht primär die Vermittlung von Wissen oder Fertigkeiten von Seiten des Museums an die Partizipierenden nach dem top-down-Prinzip, sondern die Idee eines reziproken Austausches, bei dem sich beide Seiten wechselseitig befruchten und bereichern. Ein Kennzeichen von Partizipation ist daher, dass sich beide „Parteien“ gegenseitig Handlungsspielräume als „KulturproduzentInnen“ zugestehen, wodurch das Agieren aller Beteiligten wirkliche und dauerhafte Veränderungen des „Endprodukts“ nach sich zieht: So etwa, weil ein Text anders formuliert oder gewichtet ist, eine Ausstellung bestimmte Objekte integriert, oder weil durch Teilnehmerkommentare weitere, alternative, manchmal sogar widerstreitende Perspektiven dauerhaft in eine Kuratorenausstellung Eingang finden. Genau dies unterscheidet Partizipation von Hands-on-Stationen oder interaktiven (Medien-)Angeboten, welche nur temporäre Veränderungen nach festgelegtem Ablaufschema zulassen, somit Handlungskonsequenzen bloß simulieren (Kravagna 1998:30). Von freiwilliger Mitarbeit unterscheidet sich Partizipation – überspitzt dargestellt – insofern, als Museen hier nicht einfach anfallende Aufgaben an museumsexterne Personen (denen in diesem Geschehen mitunter nur eine „Statistenrolle“ zukommt) delegieren, sondern Teilnehmende als eigenständige AkteurInnen in Erscheinung treten lassen (Chrusciel 2013:28). Partizipationssituationen zeichnen sich zwar auch durch asymmetrische Macht- und Hierarchieverhältnisse aus (z.B. Lynch 2011:147ff.), zielen jedoch auf eine bewusste Abschwächung traditioneller hierarchischer Muster und institutioneller Autorität. Ernsthafte Partizipation setzt auf Museumsseite also ein aufrichtiges Interesse am Gegenüber, Offenheit und „Lernbereitschaft“, die Akzeptanz nicht-wissenschaftlicher Erkenntnisformen (wie z.B. persönliche Erfahrung und Alltagsexpertise) sowie die Bereitschaft zur Machtabgabe und zur selbst- und institutionskritischen Reflexion voraus.
Partizipation aus historischer Perspektive
Historisch betrachtet scheint im Kerngedanken hinter Partizipation kein völlig neues Phänomen des Museumswesens wie auch der Vermittlungsarbeit auf. Man denke nur an die Grundsätze der Reformpädagogik Anfang des 20. Jahrhunderts (u.a. Subjektorientierung, Selbsttätigkeit, selbstgesteuertes Agieren und Verantwortungsübernahme statt Bevormundung etc.), an die Neue Kulturpolitik der 1970er Jahre unter dem Eindruck der breiten gesellschaftlichen Protest- und Reformbewegungen seit den 1960er Jahren in den USA und Europa (bei denen marginalisierte Gruppen in sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen – so auch dem Museum – ihr Recht auf Gleichberechtigung, Repräsentation und Mitbestimmung einforderten) sowie an die Forderungen der Neuen Museologie. Letztere führte zu den partizipativ ausgerichteten Museumstypen der Neighbourhood- oder Community-Museums in den USA und im angelsächsischen Raum, den Museos Communitarios in Mittel- und Südamerika und dem in Frankreich entwickelten Ecomusée. In Deutschland könnte vor allem den Museen für Industrie- und Sozialgeschichte eine gewisse Rolle als Wegbereitern von Partizipation und unmittelbarem Bevölkerungsbezug zugeschrieben werden: So wiesen die Ende des 19. Jahrhunderts entstehenden Sozialmuseen etwa einen expliziten Gegenwarts- und Alltagsbezug sowie Handlungsorientierung auf und wollten zu aktuellen gesellschaftlichen Fragestellungen praktikable Lösungen propagieren (Foerster 1995:90f.). Was die Industriemuseen betrifft, so ging der Wunsch nach musealer Erhaltung der stillgelegten Betriebe vielerorts auf direkte Initiative der ehemaligen Belegschaften zurück, die aktiv an der musealen Umgestaltung mitwirkten und teilweise deren Leitung und Betrieb (ehrenamtlich) mittels gegründeter Museumsvereine stemm(t)en.
Partizipation aus aktueller Perspektive
Die Gründe für die neuerliche Konjunktur von Partizipation liegen vor allem in den geänderten Rezeptionsgewohnheiten und Erwartungshaltungen im Zuge der Informations- und Wissensgesellschaft sowie in der Erosion der bildungsbürgerlichen Stammbesucherschaft durch den demografischen Wandel.
Partizipation birgt die Chance, Gegenwarts- und Zukunftsbezüge in Museen einzubringen und die Institution so für ein möglichst breites Publikum attraktiver werden zu lassen. Auch die Tatsache, dass Museen in unserer Einwanderungsgesellschaft inzwischen nicht mehr als Speicherorte des kulturellen Erbes aller Bevölkerungsteile gelten können, macht Partizipation gerade auch bei der Arbeit mit und für Menschen mit Migrationshintergrund interessant.
Auch aus lern- und motivationspsychologischer Sicht spricht einiges für partizipative (Vermittlungs-)Settings, z.B. weil die Möglichkeit zu Eigenaktivität die kognitive Verarbeitungstiefe positiv beeinflussen kann und persönliche Bezüge die emotionale Beteiligung verstärken, was Lernen begünstigt und das Interesse steigert (Schröder 2001:348; Falk 2013:119). Auch befriedigen gut gemachte Partizipationsangebote in der Regel das genuin menschliche Bedürfnis nach Autonomie, Kompetenzerleben und sozialer Eingebundenheit– in der kulturpädagogischen Bildungspraxis häufig durch den Begriff „Selbstwirksamkeit“ gefasst, was eine intrinsisch motivierte Weiterbeschäftigung mit einem Inhalt zur Folge haben kann (Deci/Ryan 1993:229; Piontek 2014:112).
Das gestiegene Interesse an Partizipation kann in Teilen aber auch als Zeichen einer zunehmenden Sensibilisierung für institutionelle Ausschlussmechanismen sowie für ein institutions- und repräsentationskritisches Umdenken im Museumsbetrieb gewertet werden, wonach marginalisierten Gruppen ihr Recht auf museale (Selbst-)Repräsentation ernsthaft zugestanden werden soll (z.B. Muttenthaler/Wonisch 2006; Jaschke/Martinz-Turek u.a. 2005; Sandell/Nightingale 2014; Mörsch 2014): Gerade postkoloniale Positionen und Positionen der Kritischen Kunstvermittlung treten heute dafür ein, bisher nicht- oder unterrepräsentierte Gruppen endlich als gleichberechtigte PartnerInnen anzuerkennen und diesen, über die Chance zur Selbstartikulation hinaus, auch die Mitgestaltung musealer Machtstrukturen– und damit der Bedingungen von (Re-)Präsentation selbst– zu eröffnen. Die Möglichkeit zur Partizipation soll demnach nicht bloß Sichtbarkeit und „Sprechen-dürfen“ im Sinne von giving a voice ermöglichen, sondern explizit auch „Gegenerzählungen“ zulassen (z.B. Sternfeld 2009; S.-Sturm 2000), d.h. einem kritisch-dekonstruktiven oder sogar transformativen Ansatz innovativer (Vermittlungs-)Arbeit im Museum gerecht werden (Mörsch 2009).
Partizipatives Arbeiten in der musealen Praxis
Der praktischen Umsetzung von Partizipation sind theoretisch keine Grenzen gesetzt – Museen sollten bei der Angebotsplanung ihre finanziellen, personellen, zeitlichen, räumlichen und technischen Ressourcen sowie die anvisierte Teilnehmerschaft mit deren wahrscheinlichen Bedürfnissen und Interessen im Blick haben. Die erfolgreiche Teilnehmergewinnung stellt eine erste Gelingensbedingung dar, die in Aufwand und Dauer oft unterschätzt wird. Immerhin bestehen bei einem Großteil der Menschen generell Schwellen- und Berührungsängste gegenüber Museen. Auch muss man sich klar machen, dass Partizipation praktisch immer damit verbunden ist, sich mit dem geleisteten Beitrag auch als Person öffentlich zu exponieren und sich so womöglich lächerlich oder angreifbar zu machen.
Partizipation bedeutet also für beide Seiten, sich in einen Prozess offenen Ausgangs zu begeben und so ein gewisses Risiko einzugehen. Trotzdem haben Museen diverse Möglichkeiten, steuernd ein- bzw. vorzugreifen, indem sie das Partizipationsdesign „ihres“ Projektes vorab entsprechend entwerfen. Dazu ist es hilfreich, sich mit den zentralen Dimensionen auseinanderzusetzen, mithilfe derer sich jedes Partizipationsprojekt charakterisieren lässt, nämlich den Dimensionen Beteiligung, Akteure, Ausstellungsgegenstand, Raum, Zeit/Prozess, Kommunikation/Interaktion, Ziele und museales Selbstverständnis (Piontek 2012:222ff.). Diese fungieren in der Praxis gleichsam als „Stellschrauben“. Ohne dies in Gänze vertiefen zu können, hier einige Beispiele, die die Variations- und Steuermöglichkeiten gut verdeutlichen:
Teilnehmerschaft (Dimension Akteure)
Beteiligungsangebote können offen, halb-offen oder geschlossen konzipiert werden, was die Größe und Zusammensetzung der Teilnehmerschaft beeinflusst: Offene Angebote stellen keinerlei Vorbedingungen an Interessierte – somit ist eine inhomogene, „bunte“ Teilnehmerschaft erwartbar (und ebenso eine gewisse Vielfalt der eingehenden Beiträge). Halb-geschlossene Angebote weisen bestimmte, manchmal implizite Selektionsmechanismen auf, z.B. wenn ein Angebot thematisch voraussetzt, dass Menschen Migrationserfahrung haben oder ein bestimmtes historisches Ereignis selbst miterlebt haben müssen, um teilnehmen zu können. Wenn sich Museen gezielt an eine ganz bestimmte Gruppe wenden, z.B. an einen Verein oder eine Schulklasse, liegt ein geschlossenes Angebot vor.
Ebenen der Partizipation
Was die Dimension Beteiligung betrifft, so kann ein Museum entscheiden, auf welcher Ebene Partizipation stattfinden soll: Online im Internet, im Museum auf Besucherebene (dies sind i.d.R. Angebote, bei denen man spontan von der Besucher- in eine aktive Teilnehmerrolle wechselt und wieder zurück) oder auf Projektebene (hier werden Menschen über einen längeren Zeitraum hinweg z.B. zu Co-KuratorInnen einer Ausstellung).
Partizipation in den musealen Aufgabenbereichen
Ein weiterer Aspekt der Dimension Beteiligung bezieht sich darauf, welchen bzw. welche musealen Aufgabenbereich(e) ein Angebot abdecken soll, also ob Teilnehmende beim Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und/oder Vermitteln einbezogen werden– und somit Einsichten in sonst verborgen stattfindende Kernaufgaben eines Museums gewinnen. Prinzipiell ist überall eine Beteiligung Außenstehender denkbar, jedoch nicht in jedem Museum und jedem Museumstyp gleichermaßen praktikabel:
Das Mitsammeln bietet sich vor allem für Museen bzw. Projekte der Alltagskultur, der persönlichen Erinnerung, der Gegenwart oder der lokalen Geschichte an.
Beim Mitbewahren bekommen Partizipierende z.B. die Möglichkeit, Objekte zu klassifizieren, zu fotografieren und zu inventarisieren. Je nach Projektdesign und Objekten kann es sinnvoll sein, die „Museumslaien“ vorab in Workshops anzuleiten, damit sie den musealen Umgang mit Dingen kennenlernen. Wird jedoch mit persönlichen Gegenständen der Teilnehmenden gearbeitet, und stehen dabei andere Aspekte im Vordergrund (z.B. das „Erfinden“ neuer, vielleicht humorvoller Klassifizierungsmöglichkeiten), kann die Vermittlung eines konservatorisch korrekten Umgangs mit Objekten auch ein geringeres Gewicht bekommen.
Gemeinsames Forschen setzt längere und verlässliche Partnerschaften voraus, weshalb es sich anbietet, auf bestehende Netzwerke zurückzugreifen. Meist kommen hier die Kontakte der Museumspädagogik zu Bildungseinrichtungen zum Tragen. Dementsprechend wird Mitforschen – zumindest bisher – meist im Rahmen museumspädagogischer Schulprojekte praktiziert. Generell meint partizipatives Forschen nicht klassisch universitäre Forschung, sondern eher das Recherchieren und Zusammentragen von existierenden, verstreuten Informationen zu einem Themenkomplex– manchmal auch von Informationen, die für Museen mit ihren herkömmlichen Arbeitsmethoden nicht zugänglich sind, wie z.B. beim Thema Migration.
Beim Mitausstellen schlüpfen Teilnehmende mehr oder minder umfänglich in die Rolle von Co-KuratorInnen und arbeiten entweder mit der museumseigenen Sammlung, mit (eigenen) Privatgegenständen oder erstellen – z.B. bei Kunstprojekten – eigene (Kunst-)Werke für die Ausstellung (Mischformen gibt es natürlich auch). Je nach Projektzuschnitt schreiben Partizipierende z.B. auch die Ausstellungstexte (bzw. die Objekte werden mit persönlichen „O-Tönen“ der TeilnehmerInnen versehen) oder werden bei der Festlegung der Ausstellungsnarration und -präsentation bis hin zu den Aufbauarbeiten beteiligt.
Das Mitvermitteln bietet schier unendliche Beteiligungsmöglichkeiten: TeilnehmerInnen können z.B. Texte verfassen, in der personalen Vermittlung – z.B. bei Führungen oder Ausstellungsgesprächen – aktiv werden, können als Keyworker fungieren oder das Rahmenprogramm mitentwickeln usw. Prinzipiell ist Mitvermitteln in allen Museumstypen auf die eine oder andere Weise möglich.
Typen von Beteiligungsformaten
Was den Grad der Einflussnahme von Teilnehmenden und die Intensität des Kontakts zwischen Museum und Partizipierenden betrifft, lassen sich grundlegende Typen von Beteiligungsformaten identifizieren. So unterscheidet die US-Amerikanerin Nina Simon zwischen contributive, collaborative, co-creative und hosted projects (vgl. Simon 2010, Kap. 6-9), wobei es sich bei letztgenanntem Typ nach hier vertretenem Verständnis eigentlich nicht mehr um Partizipation handelt, da kein Austausch bzw. keine Zusammenarbeit im eigentlichen Sinne intendiert ist (das Museum stellt beim hosting lediglich Raum und ggf. Ressourcen zur Verfügung, damit eine externe Gruppe völlig selbstorganisiert ein eigenes Vorhaben verwirklichen kann).
Angelehnt an Simons Klassifizierung lässt sich auch folgende Typologie vornehmen:
Ausarbeitung/Ausführung: Dies sind kleinere, sehr beschränkte Beteiligungsmöglichkeiten innerhalb einer von KuratorInnen realisierten Ausstellung bzw. eines bereits ausgearbeiteten Konzeptes, bei denen es im Grunde darum geht, eine vom Museum vorgegebene (Handlungs-)Aufforderung individuell auszuführen oder einen theoretisch vermittelten Inhalt nach eigenen Vorstellungen praktisch auszuarbeiten. Das Angebot ist in der Regel selbsterklärend und niederschwellig, sodass prinzipiell jede/r mitmachen kann. Typische Beispiele sind Kommentierungsmöglichkeiten, die Sammlung persönlicher Erfahrungen/Erinnerungen oder Möglichkeiten, über etwas abzustimmen bzw. eine persönliche Bewertung vorzunehmen. Zwar werden die Teilnehmenden nicht an elementaren Entscheidungen beteiligt, sodass das kuratorische Konzept unbeeinflusst bleibt. Die eingebrachten persönlichen Inhalte und individuellen Blickwinkel illustrieren, veranschaulichen oder verlebendigen aber die kuratorische Setzung, wodurch eine Ausstellung eine Aktualisierung– oft auch eine Emotionalisierung– und einen Lebensweltbezug erfahren kann.
Zuarbeit: Auch hier handelt es sich, wie bei Ausarbeitung/Ausführung, um Beteiligungsangebote, die vom Museum konzipiert wurden und sich mit einem klar definierten Anliegen an die (potenziell) Teilnehmenden wenden. Den Teilnehmerbeiträgen kommt aber ein höheres Gewicht für das Endergebnis zu, da sie gewissermaßen als Vorarbeiten dienen, auf deren Grundlage die MuseumsmitarbeiterInnen weiterarbeiten. Sammelaktionen, bei denen Menschen gebeten werden, persönliche Objekte und damit verbundene Geschichten oder Erinnerungen zu einer geplanten Ausstellung im Vorfeld beizutragen, sind ein typisches Beispiel hierfür.
Mitarbeit: Hierunter fallen umfänglichere Beteiligungsangebote im Rahmen von (Ausstellungs-)Projekten, bei denen das Museum aber noch immer die Federführung innehat. Innerhalb dieses Rahmens, der in seinen Grundpfeilern also noch als top-down-Beziehung strukturiert ist, wird den Teilnehmenden jedoch eine nachhaltige Mitarbeit am Projekt selbst ermöglicht, sodass diese das Endergebnis maßgeblich mitbeeinflussen. Während sich Ausarbeitung und Zuarbeit bevorzugt an EinzelteilnehmerInnen richten, braucht es zur Mitarbeit idealerweise eine Gruppe, die über einen längeren Zeitraum besteht und mit den MuseumsmitarbeiterInnen mehrmals interagiert.
Zusammenarbeit: Dies sind Projekte, die auf einer Arbeitsgemeinschaft von Anfang an beruhen (bereits Thema und Konzept werden gemeinsam abgestimmt) und bei denen ein annäherndes Machtgleichgewicht zwischen Museum und Teilnehmenden besteht. Dies verlangt von beiden Seiten nicht nur ein Höchstmaß an Engagement und gegenseitigem Vertrauen, sondern bedeutet für das Museum auch, Macht und Privilegien abzugeben, was nicht immer leicht fällt. Die Überzeugung, dass Außenstehende das Museum bereichern können und etwas Sinnvolles beitragen werden, das das Museum selbst so nicht liefern kann, bildet hierfür die ideelle Grundvoraussetzung. Die bisherigen Projekte der partizipativen Stadtlabor unterwegs-Reihe des Historischen Museums Frankfurt entsprachen z.B. mehrheitlich diesem Typus: Wichtige Richtungsentscheidungen wurden mithilfe von Moderationstechniken für Großgruppen erarbeitet (z.B. der Methode des World Café) und demokratisch abgestimmt, während für andere Teilbereiche Untergruppen gebildet wurden, die ihre Entscheidungen in Abstimmung mit den MuseumsmitarbeiterInnen trafen.
Individuelle Beteiligungspräferenzen
Die skizzierten Varianten lassen sich nicht pauschal als besser oder schlechter einstufen; die Attraktivität eines Angebotes hängt für den/die Einzelne(n) oft nicht davon ab, wie umfänglich die Beteiligungsmöglichkeit ist, sondern mehr davon, ob es die individuelle „Beteiligungspräferenz“ trifft. So kommentieren, sammeln oder sortieren manche Menschen lieber, während andere bevorzugt konzeptionell arbeiten oder Co-KuratorInnen sein möchten (Simon 2010:8-13).
Jede Form von Partizipation trägt, gut gemacht, dazu bei, dass sich BesucherInnen oder Projektteilnehmende intensiv(er) mit Inhalten auseinandersetzen und sich vom Museum be- und geachtet fühlen. Letztlich führt dies dazu, dass Museen und deren Inhalte an persönlicher Bedeutung und Wertschätzung gewinnen und als interessant(er), relevant(er) und aktuell(er) wahrgenommen werden.