„Künste, Natur, Nachhaltigkeit“ – Impulse für die Kulturelle Bildung
Only when people are in a position to use their own creative potentials, which can be enhanced by an artistic imagination, will a change occur [...] Art can and should strive for an alternative that is not only aesthetically affirmative and productive but is also beneficial to all forms of life on our planet. (Rasheed Araeen 2010)
Seit mehr als einem Jahrzehnt konstatieren bedeutende Organisationen den Mangel der Befassung mit der kulturellen Dimension der Nachhaltigkeit:
- Die Kulturpolitische Gesellschaft fordert: „Nachhaltigkeitspolitik und Kulturpolitik enger miteinander zu verknüpfen“ (Kulturpolitische Gesellschaft 2010).
- Um Umweltgutachten 1994 macht der Sachverständigenrat für Umweltfragen hinsichtlich einer dauerhaften umweltgerechten Entwicklung deutlich: nachhaltige Entwicklung sei nicht allein ein Prozess technologischer (…) Innovation, sondern erfordere eine kulturelle Umorientierung (vgl. SRU 1094).
- In den Toblacher Gesprächen heißt es: Nachhaltigkeit sei ein unverzichtbarer und zu wenig beachteter Aspekt von Zukunftsfähigkeit, Ressourcenphantasie, Kreativität und Schönheit seien unbegrenzt nutzbar und nachhaltig (vgl. Glauber 1998/2006).
- Die Konferenzteilnehmenden der UNESCO-Weltkulturkonferenz von 1998 beschließen: Nachhaltige Entwicklung und kulturelle Entfaltung sind wechselseitig voneinander abhängig (vgl. UNESCO-Weltkulturkonferenz 1998).
- Zur Bedeutung von Kultur für das Leitbild Nachhaltige Entwicklung formulieren die Sachverständigen Hildegard Kurt und Bernd Wagner: nachhaltige Entwicklung ist ein diskursiver Prozess zwischen Ökologie, Ökonomie, Soziales und Kulturelles, Nachhaltigkeit ohne kulturellen Bezug ist undenkbar (vgl. Kurt/Wagner 2002).
- Und der Rat für nachhaltige Entwicklung äußert die Erwartung: Nachhaltigkeit erfordert eine neue gesellschaftliche Rolle von Kunst und Kultur (vgl. Rat für nachhaltige Entwicklung 2018).
Doch obwohl in diesen und vielen Gutachten, Konferenzen, Manifesten und Publikationen als unverzichtbar für die Sensibilisierung der Menschen beschworen, bleibt die kulturelle und ästhetische Dimension der Nachhaltigkeit auch 28 Jahre nach dem großen Erdgipfel in Rio (1992) weitgehend unbearbeitet. Es gibt kein weithin sichtbares politisches Handeln nach dieser Einsicht. Am herrschenden Verständnis des Drei-Säulen-Modells der Nachhaltigkeit hat sich bis heute nichts Grundsätzliches geändert.
Das Tutzinger Manifest zum Beispiel forderte 2001 „die nationale und internationale Nachhaltigkeits-politik auf, sich mehr als bisher, den gesellschaftlichen Entwicklungspotenzialen von Kultur, Ästhetik und Kunst zu öffnen. Denn der Erfolg des Jahrhundertprojektes Nachhaltigkeit dürfte entscheidend davon abhängen, ob und wie weit es künftig gelingt, neben naturwissenschaftlichen, sozial- und wirtschaftspolitischen Konzepten auch kulturell-ästhetische Gestaltungskompetenzen substanziell in die Umsetzungsstrategien einzubeziehen" (Kulturpolitische Gesellschaft 2001). Gefolgt ist daraus viele weitere kostbare Jahre nichts.
Die kulturelle Dimension der Nachhaltigkeit ist unbearbeitet
Im Gegenteil: Ob die „Lisbon to Leipzig Declaration“ der Deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007, ein an der Freien Universität Berlin erstellter Leitfaden Studium und Forschung zur Nachhaltigkeit oder der im Dezember 2014 von Ban KI Moon vorgelegte „Synthesis Report, Road to Dignity by 2030", die kulturelle Dimension der Nachhaltigkeit fand keine Erwähnung. Die Entwicklung, den diffus und schal gewordenen Begriff der Nachhaltigkeit mit den Mitteln der Kunst neu aufzuladen, wurde versäumt und wird weiterhin versäumt.
Dies ist ein niederschmetternder Befund, denn es müsste doch nach so vielen Jahren Nachhaltigkeitspolitik eine Vorstellung davon geben, wie die Ökologie als „Studium von Verhältnissen zwischen Individuen und ihren kulturellen, sozialen, ökonomischen und natürlichen Umgebungen" zu verstehen ist (vgl. Arts Council England/Johnson, Gill 2004). Ziel müsste sein, durch die unterschiedlichen methodischen und inhaltlichen Ansätze von Umweltaktivist*innen, Wissenschaftler*innen, Autor*innen, Philosoph*innen und Künstler*innen, neue Formen der Zusammenarbeit zu begründen und deren nachhaltige Spiegelung in der Politik zu ermöglichen. Ökologie würde damit zu einem konzeptionellen Feld, das verschiedene Künste und verwandte Disziplinen befähigt, zu gegenseitigem Nutzen miteinander zu arbeiten.
Wir brauchen ein Denken und Handeln in Zusammenhängen, ein Ausschwärmen in neue Organisations- und Bewegungsformen. Die Entfesselung der Fantasie auf allen Ebenen, Versuchsanordnungen, Erfindungen, um die genuin kulturellen Herausforderungen, die die globalen Verwerfungen bedeuten, anzunehmen.
Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar (Paul Klee)
Die Künste haben vielleicht das Gegengift zum Spezialistentum und seinem Expertenschein. Sie bilden aus ihren Methodiken heraus, in ihrem Tun gewissermaßen, die Avantgarde der „flüssigen Moderne", die, wie der Soziologe Zygmunt Bauman beschrieb, durch instabile Verhältnisse und den Verlust an Gewissheiten gekennzeichnet ist (vgl. Bauman 2003). Künstler*innen sind darin geübter, sich immer in neue, ungesicherte Zusammenhänge zu begeben, sie zu hinterfragen, neu zusammenzusetzen, gegebenenfalls zu revidieren. Die Gesellschaft als ganze ist auf umfassende Unsicherheiten aber noch nicht vorbereitet.
Um uns für die überall beobachtbaren Ansätze und der Kunst in der Nachhaltigkeit öffnen zu können, brauchen wir einen umfassenden, kulturellen Ansatz der Nachhaltigkeit, der sich nicht an einem „Drei-Säulen-Modell“ (vgl. Deutscher Bundestag 1998:218) und nicht an dem oft technoid verengten Verständnis der Wissenschaften und der Vernutzung des Begriffs durch seinen inflationären Gebrauch in Wirtschaft und Politik orientiert. Auch das ist hinlänglich bekannt:
„Die Nachhaltigkeitsdebatte krankt oft daran, dass sie entweder abstrakt bleibt oder im bloßen Empirismus landet, wo es von Reduktionszielen und Effizienzindikatoren nur so wimmelt. Es geht aber nicht nur um Zahlen, sondern vor allem um ein Lebensgefühl, in dem Ethik und Ästhetik eine ebenso große Rolle spielen wie Politik und Technologie." (Reinhard Loske 2017)
Die Gesellschaft, die sich als Nachhaltigkeit gestaltend versteht, kommt nicht ohne die Künste und Wissenschaften aus; von ihnen ist das Denken in Übergängen, Provisorien, Modellen und Projekten zu lernen. Damit sie aber ihre Möglichkeiten gesellschaftlich verbreitern können, brauchen sie ein Gegenüber in der Politik.
Kultur kann dann sehr allgemein einen individuellen Veränderungswillen meinen, der sich mit anderen verbindet, um Lösungen, Wege zu erproben, zu verknüpfen und zu verwerfen. Es geht um Bewahren, Vergegenwärtigen, um die bewusste Gestaltung des Lebens, um die aktive Beschäftigung des Menschen mit seiner und mit der ihn umgebenden Natur; um eine beharrliche experimentelle Humanisierung (vgl. Norbert Elias 1989). Kultur heißt für Menschen und Welt, mit den Sinnen wahrnehmbare Antworten auf die praktischen Fragen unserer Lebensformen zu suchen.
Nachhaltigkeit braucht die multiplen Verknüpfungen des vorhandenen Reichtums an Wissen und Erfahrung, an Empfinden, Wahrnehmen und Gestalten von Welt. Längst zielen künstlerische Fragestellungen und Handlungskonzepte auf die Erweiterung ihres gesellschaftlichen Resonanzraumes.
Ästhetik als die Summe der Wahrnehmungen, war aber viel zu lange an die Kunst delegiert worden. Die Notwendigkeit, umfassend nachhaltig zu handeln, bietet die Chance, die Wahrnehmungsfähigkeit den einzelnen Individuen wieder zurückzugeben. In diesem Sinne heißt es, sich auf die Wahrnehmung und die eigenen Sinne zu verlassen und zu begreifen, dass alles mit allem verbunden ist.
Ästhetische Nachhaltigkeit als Gestaltungsaufgabe
Wir könnten dann von einem Möglichkeitsraum für Ästhetik und Nachhaltigkeit sprechen, wenn Kreativität als Quelle verstanden wird, die in allen Menschen vorhanden ist, so man es ihnen ermöglicht, sich zu entfalten. Ästhetische Nachhaltigkeit zielt auf das Herstellen von Zusammenhängen, aufgebaut auf einem Fundament der Sinne.
- Nachhaltigkeit braucht neue Formen des Lernens.
- Nachhaltigkeit muss sich mit neuen Formen der Arbeit auseinandersetzen.
- Nachhaltigkeit stellt andere Aufgaben an universitäre Lehre und Forschung.
- Nachhaltigkeit meint, sich in Wissen, Erfahrungen und Handeln zu verbinden.
- Nachhaltigkeit bedeutet, Durchlässigkeiten zu erzeugen.
Nachhaltigkeit als gesellschaftliche Gestaltungsaufgabe zu begreifen meint, die unterschiedlichen Blicke, die unterschiedlichen Fähigkeiten der Einzelnen hineinzunehmen in ein verändertes und ein veränderndes Handeln. Die Künste könnten dies mit ihren Instrumentarien in Bewegung bringen. Das könnte dann „Soziale Plastik" meinen: Die Ent-Edelung der Kunst durch ihre Benutzbarkeit als gesellschaftliches Verflüssigungsmoment zur Herstellung von Prototypen für gesellschaftliche Veränderungen.
Von jeher haben sich die Künste mit dem Spannungsverhältnis zwischen Natur, Kultur und dem Menschen beschäftigt, ganze Epochen waren diesem Verhältnis dieser Interdependenz gewidmet (vgl. Ruby 2010). Die Literatur, vor allem die Poesie, hat sich durch alle Epochen damit beschäftigt. Innerhalb der bildenden Kunst herrschte über viele Jahrhunderte ausschließlich die bildliche Repräsentation vor (vgl. ebd.).
Gleichzeitig mit der Entwicklung der lokal wie international agierenden Umweltbewegungen, hat sich innerhalb der Kunst eine nennenswerte Strömung dezidiert mit all den Fragen des Überlebens des Planeten beschäftigt und dafür vielfach Anleihen bei Wissenschaften und Umweltbewegungen genommen. Klimawandel, Erosion, Abbau von Bodenschätzen lösten Fragen aus wie: Was passiert eigentlich mit der Welt, den Ressourcen, dem Pflanzenreichtum? Wie vernichten Atom- und fossile Energien, wie die Finanzwirtschaft, und welche Machtverhältnisse sind davon berührt?
Hierzulande gab Joseph Beuys durch die anthropologische Erweiterung des gängigen Kunstverständnisses dem Verhältnis von Kunst und Natur die stärksten Impulse für eine veränderte künstlerische Praxis (Beuys et al. 1990:270). Sein erweiterter Kunstbegriff zielte dezidiert auf einen ganzheitlichen Ansatz, der Natur, Mensch und Gesellschaft zusammen dachte und somit das traditionelle Kunst-Machen hinter sich ließ, indem er sich immer auf den einzelnen Menschen als Teil einer emanzipierten, künstlerisch-kreativ bestimmten Gemeinschaft bezogen hat, der die eigenen Geschicke selbst in die Hand nimmt.
Künstlerische Beispiele der Ausstellung „zur nachahmung empfohlen!”
Im Folgenden zeige ich einige Beispiele künstlerischer Arbeiten, die jede auf ihre eigene Weise die Verbindung zu den großen Fragen der Nachhaltigkeit zeigen. Alle Arbeiten sind Teil der seit 2010 tourenden Ausstellung: „zur nachahmung empfohlen! expeditionen in ästhetik und nachhaltigkeit” (mehr unter: www.z-n-e.info).
Nehmen wir als Beispiel die Arbeiten von Joseph Beuys: Eine seiner markantesten Arbeiten – „7000 Eichen - Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung" – begann mit der documenta 7 und setzte auf die Teilhabe der Kasseler Bevölkerung. Beuys kombinierte jeweils eine Eiche und eine Basalt-Stele, kontrastive Naturmaterialien, die Wachstum und Erstarrung veranschaulichen. Zu verstehen als eine Metapher für die aus seiner Sicht notwendigen Veränderungs- bzw. Heilungsprozesse einer von ihrer natürlichen Umwelt zunehmend entfremdeten Gesellschaft.
Ursula Schulz-Dornburg, die sich mit dem Verlust von Biodiversität beschäftigt und dafür Anleihen am Wissen von Umweltbewegungen genommen hat, kontrastiert in ihrer Installation Einzelporträts verschiedener Weizentypen, die alle höchst individuell sind, mit Fotografien von Weizentypen, mit denen Monsanto die Welt erobern will. Die Sorten sind durch und durch uniform. Soldatisch. 100 kleine Kisten, die einen Ausschnitt der 66.000 existierenden Weizensorten zeigen, die zum menschlichen Reichtum gehören, machen ohne jede Erklärung durch die simple Schönheit klar, welcher Verlust droht, wenn wir uns nicht für eine Artenvielfalt einsetzen.
Die brasilianische Bildhauerin Néle Azevedo schafft mit „Minimum Monument" seit 2001 mit ihren schmelzenden Eisskulpturen, die sie immer in öffentlicher Aktion aufstellt, einen unmittelbaren, poetischen Eindruck des Klimawandels. Auch hier berührt, wie verschieden in Art und Zeit die aus einer einzigen Form entstandenen Figuren schmelzen.
Anna Mendelssohn, die mit ihrem Bühnensolo als Eine-Frau-Klimakonferenz auftritt, sinniert über zwei Grad Erderwärmung, die sie zunächst eine Bagatelle findet, (es sei halt in Sizilien heißer als in Finnland, schon immer, so what?!), bis sie sich die Welt als Körper vorstellt, dessen Temperatur dauerhaft um zwei Grad ansteigt. Die Reaktionen des Publikums auf diese Vorstellung sind vehement, weil die Erinnerung an durch Fieber geschwächte Körper ganz unmittelbar physisch wirkt.
Dass Sonnenenergie nicht deshalb einfach 'gut' ist, weil sie die Mitwelt nicht durch schädliche Nebenwirkungen wie die atomaren und fossilen Brennstoffe belastet, sondern auch unter diktatorischen Verhältnissen vorstellbar und zu tödlichen Maßnahmen einsetzbar ist, macht die Arbeit des US- Amerikaners David Smithson deutlich. Das kann Kunst: durch eine Skulptur mit verstörendem Titel die Notwendigkeit von Demokratie unmittelbar spürbar machen.
Die Performance und Videoarbeit des britischen Künstlers Richard Box, 2004, die anlässlich eines Artist-in-Residence Aufenthalts am Physikinstitut der Bristol University entstand, beschäftigt sich mit Forschungen über Konsequenzen von Strahlungen auf den Menschen. Die Arbeit machte ziemlich dramatisch auf die Anwesenheit elektromagnetischer Felder aufmerksam, indem sie das Unsichtbare sichtbar macht. Durch in den Boden gesteckte gebrauchte Neonröhren, die auf diese Weise selbstständig leuchten, wird der Elektrosmog unter Hochspannungsleitungen sichtbar.
Der argentinische Künstler Gustavo Romano sensibilisiert uns für eine andere Währung als Geld: die Zeit, die man vermutlich als die wichtigste Währung der Nachhaltigkeit bewerten müsste; er stellt auch die Frage nach Entschleunigung als eine Voraussetzung für Nachhaltigkeit in der künstlerischen Produktion.
Das Stadttheater Bonn und das Deutsche Institut Für Entwicklungspolitik (DIE) haben 2014 in einer performativen und installativen Konferenz Save the World wissenschaftliche, politische und künstlerische Ansätze zu Fragen der Nachhaltigkeit zueinander in Beziehung gesetzt. Das Publikum traf u.a. auf die Künstlerin Folke Köbberling und die Wissenschaftlerin Corinna Voigt von der UNCCD, dem Sekretariat der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung, beide beschäftigt mit den weltweiten Auswirkungen versiegelter Böden. Folke Köbberling lud das Publikum dazu ein, vier Quadratmeter Asphalt in kleinste Teile zu zerlegen.
Die Involviertheit der Kunst in die Fragen der Ökologie, des Aktivismus und deren Ästhetik bewegt gegenwärtig viele, leider in erster Linie Künstler*innen und die Einrichtungen der Kunst, die zwangsläufig auch noch die Nachhaltigkeit künstlerischer Strukturen selbst befragen müssen. Kunst ist auch das Suchen nach Wegen in ein postfossiles Zeitalter, in eine neue Ära menschlicher Entwicklung, die auf einer Ästhetik der Nachhaltigkeit basiert.
Um ein gemeinsames Forschen und Handeln zwischen unterschiedlichen Erkenntnisformen zu ermutigen, brauchen wir aber auch ganz dringend andere Fördergefäße und Förderungskriterien. Kunst, Wissenschaft und Bewegungswissen, zu dem ganz entschieden das Wissen der Naturfreund*innen gehört, treffen gewissermaßen, wegen ihrer vollkommen unterschiedlichen Zeithorizonte, praktisch nie als gleichberechtigt Forschende auf einander. Die Universitäten mit ihren beschleunigten Studiengängen geben dafür nicht den Raum. Innerhalb der Kunst ist ein Forschungsstipendium nur äußerst selten und dann meist limitiert auf höchstens drei Monate; in Wissenschaft wie Wirtschaft ist dies die Mindestzeit, um gerade einmal die Fragestellung für ein dreijähriges Forschungsvorhaben zu formulieren. Wir können uns aber das unverbundene Nebeneinander der unterschiedlichen Wissensformen nicht leisten.
Wir brauchen dafür andere, nachhaltige Finanzierungsformen und auch da Entschleunigung und eine offene Debatte darüber, ob sich eine Gesellschaft wie die unsere, die bekanntlich arm an Bodenschätzen und reich nur an der Ressource Kreativität ist, es sich leisten kann, bei der Jahrhundertaufgabe der Nachhaltigkeit auf das Können und Vermögen der Künste zu verzichten, bzw. sie überwiegend am oder unter dem Existenzminimum zu halten.
Ziel müsste es sein, neue, überlappende Strategien zu finden und zu erfinden, die zu anderen, tragfähigen Modellen von Zusammen-Leben und Zusammen-Arbeit führen, um das ineffektive, ressourcenverschwendende Nebeneinander von Segmentförderung durch die „Versäulung" zu überwinden und einen Möglichkeitsraum herzustellen für das Zusammenwirken zwischen dem Wissen der auf dem Feld der Nachhaltigkeit tätigen NGOs, dem Bewegungswissen und wissenschaftlichen wie künstlerischen Ansätzen und gemeinsame Zeit und Raum zu geben für gemeinsames projektbezogenes multidisziplinäres Forschen (vgl. Deutscher Kulturrat 2018).
So könnte den mannigfaltig wahrnehmbaren künstlerischen Konzepten zur Darstellung von Nachhaltigkeit Raum und Zeit zur Entwicklung gegeben werden. Wir brauchen Visionen eines zukunftsfähigen Lebens, die sich mit Sinn(lichkeit), der Lust und der Leidenschaft des eigenen Handelns verbinden lassen, um mit der Nachhaltigkeit Ernst zu machen.
Inmitten der Corona- Zeiten zeigen sich die große Verletzlichkeit Aller sowie die großen gegenseitigen Abhängigkeiten. Es braucht unser aller Leidenschaft, Vorstellungsvermögen und Empathie, um aus der umfassenden Krise eine Möglichkeit der nachhaltigen Transformation zu machen. Sie entfaltet unter Corona eine noch größere Dringlichkeit.