Künste, Diversity und Teilhabe. Kulturelle Bildung zwischen Multikulti, Postmigranten und Transkultur
Neuköllner Schülergalaxien mit brandneuen Forschungsergebnissen: In neu entdeckten Galaxien sind ebenso neue Planeten identifiziert worden, die von bislang unbekannten menschenartigen Ethnien bewohnt werden. Die Planeten „Tasal“ und „Wamboo“ sind von Kriegern beherrscht, die ihr Überleben durch Eroberungen und Plünderungen sichern; Konsum und Besitz sind die vorherrschenden Themen auf „Konsumika,“ auf „Fitablon“ und „An-hadaal“ dreht sich alles um Wasser, auf „Daguar“, von Frauen regiert, ist das Leben durch naturnahe Lebensweisen bestimmt, bei den „Moodikanern“ herrscht Emotion und Stimmung, und das Böse sowie der Umgang mit Scheitern und Katastrophen lenken das Leben auf den Planeten „Failanien“ und „Furkanium“.
In der Ausstellung „Masken-Ethnien. Nordneuköllner Schülergalaxien“ (2008) im Dahlemer Ethnologischen Museum waren diese Entdeckungen vor geraumer Zeit zu bewundern, mit sauberen ethnologischen Methoden, und präsentationstechnisch professionell realisiert konnte man etwas über Aussehen, Lebensweise, Sprache, Ernährung, Kleidung. Religion, Kommunikationsformen und Machtstrukturen auf diesen fremden Planeten erfahren.
Die Forscher und Autoren dieser Ausstellung waren Schüler des Neuköllner Albert-Schweitzer-Gymnasiums in Kooperation mit Ethnologen und der Museumscrew, sie war Station einer langfristigen Patenschaft (http://www.kulturprojekte-berlin.de/projekte/kuenste-schule/kuenste-schule/zoom patenschaften/zoom-6). Der Besucher war in „Nordneuköllner Schülergalaxien“ gelandet – für die meisten Besucher dieses Museums mindestens ebenso fremd wie die Galaxien des Weltraums. In einer vorausgehenden Ausstellung, „Besonders alltäglich. Alltäglich besonders. Jugend in Neukölln“, war das Alltagsleben der Schüler Thema gewesen. Diesmal ging es um Träume, Phantasien, Zukunftsvisionen von jungen Menschen, die pars pro toto die demografische Entwicklung zumindest urban-metropolitaner Stadtregionen der meisten Großstädte dieser Welt widerspiegeln. Ca. 85 Prozent der Schüler dieser Schule kommen aus einer Familie mit Migrationsgeschichte. Vor fünf Jahren stand diese Schule übrigens vor der Schließung, bis mit einem neuen Rektor und ungeheurer Anstrengung aller Lehrer, Eltern, Schüler und des umgebenden Kiezes mit neuen Impulsen neues Leben erwachte.
Die Situation dieser Schule, die Zusammensetzung der Schüler erzwingt Reflexion, Erforschung, Analyse und Respektierung der Lebensrealität Jugendlicher, die sich auf dem Weg in eine – reale oder erträumte – Transkulturalität sehen, in der sie vieles, was vor ihnen war, hinter sich lassen können. Projekte wie „Schülergalaxien“ werden von den Schülern mit hohem Engagement realisiert, weil sie genau wissen, dass sie es sind, die selbst Antworten finden müssen und können. Die Albert-Schweitzer-Schüler misstrauen dem, was sie vorgelebt erleben. Sie erleben es umso heftiger, weil ihre Lebensphase, Pubertät und Adoleszenz, diesen Identitätsfindungs- und Orientierungsprozess intensiviert. Sie verarbeiten die bislang im Leben gemachten Erfahrungen von Ausgrenzung einerseits, von Aufgehobensein oder Eingesperrtsein in Traditionen andererseits. Viele von ihnen kommen zu dem nicht verwundernden Ergebnis, dass das Gehabte eigentlich keine Option für sie ist, dass sie sich in der gesellschaftlichen, familiären, kulturellen, religiösen Realität, im „Alten“ nicht wieder finden: Sie machen sich auf den Weg, Neues zu erobern, zu entdecken, zu erfinden. Die anderen Galaxien und Planeten dieses Forschungsvorhabens waren dafür hilfreiche Projektionsflächen. Die Jugendlichen sehen sich als transkulturelle neue Persönlichkeiten – natürlich ohne diese Begrifflichkeit und ohne zu wissen, dass sie mit ihrer Suche „on the top“ von wissenschaftlichen Debatten der Pädagogik, Psychologie, Kulturwissenschaft sind. (vgl. Datta 2005)
Die Optionen, die junge Menschen in urbanen multiethnischen Lebensrealitäten haben, sind vielfältig: Sie reichen vom Versager, Kriminellen, Getto-Heroen, Fundamentalisten, Clan-Untertan, Fußballstar, Supermodell über den unauffälligen Normalo bis zum hochqualifizierten, aus dem Reichtum unterschiedlicher kultureller Erfahrungen Wert schöpfenden polyglotten Top-Weltbürger, mit allen Facetten eines durchschnittlich erfolgreichen Lebens dazwischen. Diese Optionen werden gemindert oder verbessert durch den sozialen Status der Eltern, durch deren ethnisch-kulturelle Prägung, das urbane Umfeld, durch mehr oder weniger große Offenheit ihrer sozialen Umgebung, durch ein Schulsystem, das sich um Chancengleichheit bemüht – oder eben nicht, durch Freizeitangebote – wenn ihnen Freizeit bleibt. Gerade diese Schüler, die eher wenig Lern- Unterstützung im Elternhaus erfahren, sind übrigens von „G8“ (der Verkürzung der Schulzeit von 13 auf zwölf Jahre, vollzogen vor allem in der Oberstufe) fürchterlich getroffen.
Das Anpeilen von Lebenszielen und die Mobilisierung von Energie, die dafür notwendig ist, sind den jungen Menschen nicht abzunehmen. Die Bereitschaft, das eigene Leben in die Hand zu nehmen, erst recht nicht. Was Pädagogik, Kultur- und Jugendkulturarbeit, Gemeinwesenarbeit, soziale Lernformen leisten können, ist das Schaffen von Möglichkeiten und Freiräumen, von Versuchsanordnungen und Werkzeugen, in und mit denen Kinder und Jugendliche entdecken können, wer sie sind, was sie möchten, was sie können, was sie können möchten. Und: dass sie Zutrauen in ihre eigenen Stärken und Fähigkeiten gewinnen, sie erproben können und Anerkennung finden.
Interkulturelle Ethnologen der Zukunft
Wir alle sind mitten in dieser Versuchsanordnung, ob wir es wollen oder nicht als Kultur- wie als Jugendarbeiter. Auch das Kulturamt hat dort seinen Platz, in verschiedensten Formen – als Teilchenbeschleuniger, Kontrastmittel, Katalysator, als Präsentationsrahmen. Denn die Initiierung und Förderung kultureller Bildung ist eine ganz zentrale Aufgabe kommunaler Kulturarbeit, deren Leitidee bestimmt ist durch Inklusion, Partizipation und Innovation. Dies umso mehr, weil sich mein Neuköllner Arbeitsplatz nicht auf der gesellschaftlichen Sonnenseite befindet, sondern heftigen Turbulenzen ausgesetzt ist, ausgelöst durch Armut, Arbeitslosigkeit, Migrationen aller Art, zugleich aber überquillt in seinem Reichtum von Menschen vieler Herkünfte, die sich in diesen Kessel urbaner Kultur mit Tatendurst und Talenten hineinbegeben, um zu überleben und um Neues zu entwickeln. Darunter sind auch viele Künstler, auch sie häufig mit Migrationsgeschichte – sie versuche ich so weit wie möglich in unser Konzept kultureller Bildung zu involvieren.
Von Kultur und Kulturen
Wenn hier der Begriff „Kultursensibel“ als Postulat auftaucht, so ist dies ein etwas freches Spiel mit Mehrdeutigkeiten – Mehrdeutigkeiten, die in den Bedeutungen des Begriffs „Kultur“ angelegt sind. Und frech, weil man ja meinen könnte, dass Kulturarbeit und kulturelle Bildung a priori „kultursensibel“, also empfindsam/empfindlich gegenüber Kultur sein müssten, wie die Beinhaltung des Wortes Kultur im Namen schon sagt. Aber „Kultursensibilität“ benutzt eine andere Bedeutung von „Kultur“, wobei wir bei den Mehrdeutigkeiten sind: Der Aufruf zur Kultursensibilität war und ist ein richtungweisendes Aufbegehren gegen die unreflektierte normative Setzung einer Leitkultur in der Praxis der Migrationsgesellschaft, erstmals verwendet in der Altenpflege und ihrer wissenschaftlichen Begleitung. So wünschte sich die Caritas 2006 für den angemessenen Umgang mit alten Menschen Orientierung an dem Lebensverhältnissen und insbesondere die Entwicklung von Sensibilität für die eigene kulturelle Prägung und die Erkenntnis der damit verbundenen begrenzte eigene Wahrnehmung, um die kulturelle Prägung des anderen zu erkennen (Caritas, www.kultursensible-altenhilfe.net).
Wenn „Altenhilfe“ ersetzt würde durch „Erziehung“ oder „Kulturarbeit“ und „ältere Menschen“ durch „Kinder und Jugendliche“, so stünde da ein sehr einfaches, aber sehr brauchbares Credo für gesellschaftliche Inklusion, die die Beseitigung von Chancen mindernden Differenzen aller Art als Grundlage akzeptiert hat. In dem Konzept von „Kultursensibilität“ steckt ein ganz bestimmter Kulturbegriff, der davon ausgeht, dass es viele sich voneinander abgrenzende und unterscheidende Kulturen gibt, wobei der Unterschied im Wesentlichen im Geschlecht, in der Religion, in der sexuellen Orientierung, in der regionalen oder in der ethnischen Herkunft liegt. Soziale Herkunft wird dabei oft vergessen. Meist ist im Gebrauch die ethnisch-religiöse Differenz gemeint.
Bei allen Abgründen der Begriffsdefinitionen von „Kultur“ brauchen wir eine gemeinsame Verständigungsgrundlage, die zumindest Akzente setzt in dem unendlichen Gewirr der Begriffsannäherungen, die von Biologie – „Wir legen eine Kultur an“ – bis zum „Kulturstaat“ reicht, als welcher sich die Bundesrepublik versteht – im Unterschied zum„Nationalstaat“. (Zur Begriffsklärung brauchbar: http://kulturkritik.net/begriffe/begr_txt.php?lex=nation).
Mein Ausgangspunkt im Pfad durch dieses Gewirr soll ein Verständnis von Kultur (im Singular) sein als das, was Menschen in ihrer gesamten Entwicklung unternommen haben, um die Welt zu formen – und was sie wiederum als Gesellschaft formt –, und zwar alle Menschen. Denn: „Der Mensch verhält sich nicht rein passiv, sondern erst sein Tun und Handeln bringt die Welt der symbolischen Gestalten hervor, die seine Kultur ausmacht. Nichts in der Welt ist also an sich gegeben, die Welt ist kein Sammelsurium von einfach vorhandenen Dingen, sondern all die uns vertrauten Sachen entspringen erst der Kulturtätigkeit des Menschen, seinem Tun“ (Cassirer 1964:207).
Akzeptiert man eine so oder ähnlich gelagerte Definition, so kann bei niemandem von „Kulturferne“ die Rede sein – gestaltendes Tun und Handeln treibt jeder Mensch. Darin eingebettet stellt Kunst einen nicht zwangsläufigen, aber zentralen Punkt der Kultur als symbolisches Handeln und bewusstes Gestalten dar: Die Kunst – ästhetisch gestaltete Realität, die eine andere ist als die naturgegebene oder zufällige Schönheit; Kunst als Ort des Neuen, Kunst als Utopie, Aufklärung, Kommunikation, Kunst als Inbegriff des ästhetischen Wohlgefallens, aber auch der Provokation und des Ärgernisses. Eigene künstlerische Erfahrungen setzen in Menschen Potenzen frei, die in ihrer Wirkung unvergleichlich und substantiell für die Persönlichkeitsentwicklung und erfülltes Leben sind. (Vgl. Dorothea Kolland 2013:45 ff.) Deshalb kommt Kunst und ästhetischer Erziehung im Kontext kultureller Bildung eine besondere Rolle zu. Eine Gleichsetzung von Kunst und Kultur würde die besondere Herausforderung und Qualitätssetzung von Kunst verwischen: Nicht jede Blockflöten- oder Drum-Gruppe bringt Kunst hervor, aber die kulturelle Praxis der Beschäftigung mit künstlerischen Ausdrucksformen (und das ist auch das Blockflötenspiel und das Trommeln) gibt Ahnungen von einem „Mehr“ im Leben, zumindest als Reiz für genauere Wahrnehmung sowohl der Welt um uns herum wie unserer eigenen Potenziale.
Kultur kann als gemeinsamer, Koheränz schaffender Nenner einer Gruppe – vom Dorf bis zum Kontinent – gelten, wie das von der „Leitkultur“ erhofft (oder ihr unterstellt) wird. In der Kulturwissenschaft wird dies als „Kohärenz-Position“ bezeichnet. Hier ist die so verstandene Kultur oft mit qualitativen Wertungen und vermeintlicher Homogenität ausgestattet, die nach außen abgrenzt (vgl. Thomas 2003:138). Sie baut auf einer hohen Kohärenz, also Übereinstimmung nach innen und Konstruktion von Differenz nach außen auf.
Dagegen steht die „Differenz-Position“ für die „Dekonstruktion der Vorstellung, dass eine monokulturelle Sozialisation in der heutigen Welt fraglos den Normalfall darstellt“ (Feldtkeller 2003:135) und geht vielmehr von Kultur als Ergebnis einer Vielfalt von Erfahrungen, Handlungen, Erkenntnissen und Verhalten aus, das ständiger Veränderung durch Fremdes und Neues unterworfen ist. Sie verweigert sich qualitativer Wertung, gerät damit jedoch immer wieder in die Position libertärer Beliebigkeit, weil losgelöst von sozialen Bedingungen. Auf dieser Differenz-Position gründet auch Theorie und Praxis der „Kultursensibilität“, weil sie ja die Wahrnehmung der Differenz zur Grundlage hat. Sie muss dann in Frage gestellt werden, wenn die Feststellung der Differenz sich ähnlich grenzziehend manifestiert wie bei der Koheränz-Position, grundsätzlich aber geht sie respektvoll mit dem anderen Fremden um. Im Rahmen dieser beiden Positionen bewegen sich Theorie und Praxis interkultureller Arbeit; sie erscheinen selten in Reinform, aber prägen den gesamten Integrationsdiskurs und Integrationspolitik und somit natürlich interkulturelle Kulturarbeit wie Kulturpädagogik.
Der scheinbar weltferne theoretische Diskurs möge mir verziehen werden und vielleicht erkannt werden als gar nicht so weltfern, denn all die genannten Positionen tauchen in den langen politischen Debatten um Migration und in ihrer Praxis auf, und sie sind noch lange nicht zu Ende. Die Akzeptanz der Politik, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei und das damit veränderte Staatsbürgerrecht ist eine wichtige Station; dass der Boden aber noch gar nicht stabil ist, zeigen immer wieder aufflackernde Leitkulturdebatten, zeigt das Topp-Ranking von Sarrazins rassistischen Hasstiraden auf der Bestsellerliste und seine Beliebtheit in Talkrunden und das Lauterwerden derer, die das sagen, „was man doch wohl noch mal sagen können müsse“. Heinz Buschkowsky, Bürgermeister von Neukölln und selbstgestrickter Volkstribun, folgt ihm auf dem Fuße.
Immer wieder zeigen sich die offenen Flanken: Auch wenn sich Deutschland grundsätzlich dazu bekennt, ein Einwanderungsland zu sein und den hier lange verankerten Menschen mit Migrationshintergrund die deutschen Bürgerrechte zuerkannte, ist das Thema nicht erlegt. Dies zeigen die immer wieder geführten Debatten um doppelte Staatsbürgerschaft und Wahlrecht für hier lebende, aber keinen deutschen Pass besitzenden Menschen, die in Berlin vor kurzer Zeit im Kontext des Wahlkampfes und der Kampagne „Jede Stimme zählt“ wieder auflebten(www.jedestimme2011.de), sie werden aber für viele hier geborene und aufgewachsene Jugendliche brandaktuell, die sich im Alter von 18 Jahren für die Herkunftsstaatsbürgerschaft ihrer migrierten Eltern oder für die deutsche entscheiden müssen. Dass mit dem Staatsbürgerschaftsrecht sich keineswegs Integration automatisch einstellt, zeigen die Bemühungen der Länder um Integrationsgesetze, deren erstes in Berlin 2010 verabschiedet wurde und das sich leider in der Praxis als ausgesprochen zahnlos erwiesen hat.
The Times are a-changin: Von Gastarbeitern zu Postmigranten
Jenseits des Verfassungsstatus – der eine notwendige Grundlage für das Zusammenleben einer vielfältigen Gesellschaft ist – spielen folgende gesellschaftstheoretische und – praktische Konzepte und Kampfbegriffe in der Integrationsdebatte und –praxis heute eine wichtige Rolle, selten in Reinform, oft in Mischformen:
>> Zuerst waren es Gastarbeiter. Nachkriegsdeutschland brauchte, um das Wirtschaftswunder auf die Reihe zu bekommen, viele Arbeitskräfte. Und viele von ihnen blieben – wider Erwarten. Deutschland hatte ein Problem.
>> Die Assimilation: Assimilation bedeutet immer, etwas in etwas „hineinzuintegrieren“, was es gibt: Möglichst lautlos und möglichst ohne hohe Kosten sollen die Migranten in die deutsche Gesellschaft eingepasst werden, auf Kosten ihrer eigenen kulturellen Prägung. Die Leitkulturdebatte leuchtet am Horizont auf.
>> Interkulturalität und Multikulturalität (vulgär fehlinterpretiert als „Multikulti“) gehen von einem statischen, potentiell ethnisierenden Nebeneinander von Kulturen (Herdersches Kugel-Konzept) aus und versuchen über Konfliktvermeidung und Konflikttherapie ein zumindest zeitlich friedliches und – mit Glück – fröhliches Zusammenleben zu fördern.
>> Diversity-Konzepte: Sie betrachten die Vielfalt der Kulturen als Reichtum und Potenzial, sehen jedoch doch auch deren KonfliktPotenzial, bedeutet „diversity“,so wie ihn die UNESCO-Debatte geprägt hat, doch Vielfalt und Differenz (vgl. Kolland, 2006). Sie betonen den absoluten Wert von Vielfalt als erhaltenswerte Grundausstattung, anerkennen jedoch den vorwärtsweisenden Impetus des Sich aneinander Reibens und des Konflikts, wenn auch die Konsequenzen, dass es dabei auch Verluste geben kann, oft nicht zu Ende gedacht sind.
>> Communities als „Beheimatung“: Streitbar nebeneinander stehen zwei Positionen. Die eine sieht darin die Notwendigkeit der Verortung in einer (ethnischen oder religiösen, oft geht dass eine in das andere über) Community, also einer Gruppe, die sich über Sprache und gemeinsame kulturelle Traditionen definiert, um Selbstvergewisserung und Identitätsfindung auch in einer Minderheitenposition möglich zu machen, auch wenn die Bindung an diese Community ganz punktuell sein kann. Die andere befürchtet genau darin eine unzulässige (Re-)Ethnisierung, Gefahr der Gettoisierung, kulturellen Traditionalismus und damit Entwicklungshemmnisse.
>> Die vehemente Kritik einer möglichen Bindung an ethnische Traditionen und dadurch Behinderung der Verankerung in der Gesellschaft heute führte zu dem Kampfbegriff der postmigrantischen Gesellschaft, die im Extremfall jede Rückbindung als – meist erzwungene oder von außen zugeschriebene – Re-Ethnisierung versteht. Zunächst als Begriff von offensiven jungen Menschen mit Migrationsgeschichte gesetzt, die die Nase voll hatten von der Frage „Wo kommst du her?“, verweist dieser Begriff eher auf die durchaus hilflos anmutenden Versuche einer angemessenen Begriffsfindung der Mehrheitsgesellschaft für Jugendliche, deren Eltern oder Großeltern irgendwann in den letzten 50 Jahren in Folge der Anwerbeabkommen, die Deutschland mit verschiedenen südosteuropäischen Ländern geschlossen hat, nach Deutschland eingewandert sind. Weder die Jugendlichen noch ihre Eltern und Großeltern wollen sich zu Recht noch auf irgendwelche Migrationshintergründe reduzieren lassen. Sie leben hier als Teil einer vielfältigen Gesellschaft, deren Anerkennung auf Zugehörigkeit in der entwickelten Einwanderergesellschaft eigentlich keiner Voraussetzung mehr bedarf.
>> In der Migrationsforschung wird mit einem Begriff gespielt, der seine Bezugspunkte in der Globalisierung sucht: Neue Entwicklungen weltweiter Veränderung von Migration, die sich nicht mehr in großen (ethnischen) Strömen, sondern in individualisierten Wanderungen vollziehen, erfordern neues Denken in Kategorien von Super-Diversity (Vgl. verschiedene Arbeiten von Steven Vertovec, Max Planck Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften), die bisherige Kategorisierungen infrage stellen, da unsere Gesellschaften und ihre Einwanderungsbevölkerungen heute eine innere Komplexität erreicht hätten, die jedes bislang bekannte Maß überschreite. Dieser Theorie zufolge geht es nicht mehr um Communities, die als ethnische Gruppe von A nach B kommen, sondern um Individuen, die von A nach F über E, D, B, A, C kommen und vielfach geprägt sind – jeder anders.
>> Das Konzept, was mich gerade in der Erfahrung des Umgangs mit jungen Menschen und als mögliche Zukunftsperspektive unserer Migrationsgesellschaft am meisten überzeugt, ist das der Transkulturalität. Es geht von umfassender Offenheit der möglichen kulturellen Sphären untereinander aus, die nicht ab- oder ausgrenzen, sondern eine Vielfalt individueller Lebensformen zulassen, deren Ideal Verflechtung, Durchmischung und Gemeinsamkeit ist. Eine Manifestation dieser Auseinandersetzung und der Bemühung um transkulturelle Identitätsfindung ist die Gruppe junger, vorwiegend islamischer junger Intellektueller, die sich „Neue Deutsche“ nennen oder sich zu „Deutsch plus“ zusammengeschlossen haben und die mit großem Selbstbewusstsein ihre interkulturelle Kompetenz und ihre Erfahrung des Lebens in mehreren Kulturen als wichtige Bereicherung des Deutschseins einbringen (Vgl. www.heymat.hu-berlin.de/neue_deutsche und www.deutsch-plus.de)
>> An diesem Prozess zur Transkulturalität sind alle beteiligt, er prägt und verändert die gesamte Gesellschaft. Das dominante „ihr“ und „wir“ als Gegenüberstellung wird abgelöst von einem „Wir“, das nicht mehr fragt: „Woher kommst du?“.
Patchwork Transkulturalität
Der Bildungsforscher Asit Datta formuliert dies so: „Transkulturalität ist (…) eine weiterführende Perspektive, da sie (…) über den traditionellen Kulturbegriff hinaus- und durch die traditionellen Kulturgrenzen wie selbstverständlich hindurchgeht…Auf der Mikroebene von Individuen bedeutet Transkulturalität, dass die individuelle Entwicklung durch mehrere kulturelle Herkünfte und Verbindungen in Richtung auf eine interne Pluralität beeinflusst ist. (…) Aufgabe des Subjekts ist es dann, seine Identität auszuhandeln, Kultur subjektiv zu konstruieren.“(Datta 2010:157) Es geht hier nicht mehr um das „Zwischen den Stühlen sitzen“, wie lange die Situation gerade der zweiten Migrantengeneration beschrieben wurde, sondern um eine neue Aufenthaltsdimension, z.B. um einen neuentdeckten Planeten, wie ihn die Schüler bei ihren anfangs beschriebenen Galaxien-Forschungen entwarfen. Und es geht um dessen Bewohner, um Individuen: „Aus den separaten Einzelkulturen des klassischen Kulturbegriffs (…entsteht…) keine Globalkultur, keine uniforme Weltkultur, sondern Individuen und Gesellschaften, die transkulturelle Elemente in sich tragen. Die Kombination von verschiedenen vertikalen und horizontalen Elementen verschiedener Herkunft macht so jedes Individuum transkulturell (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Transkulturalit%C3%A4t) – so differenziert Wikipedia gegenüber multikultureller Weltkultur. Oder, wie Seyran Ates formuliert: „Die multikulturelle Werte-Orientierung ist darauf ausgerichtet, dass Kulturen sich nicht überschneiden, begegnen, berühren. Eine transkulturelle Identität lebt davon, dass Kulturen Schnittstellen haben und aus verschiedenen Kulturen Neues entsteht. Kurz: Im Multi-Kulturalismus wird die Differenz gefeiert. Im Trans-Kulturalismus wird nicht die Differenz gefeiert, sondern die Vereinigung verschiedener kultureller Identitäten in einer Person.“ (Publik-Forum, Zeitung kritischer Christen, Oberursel, Ausgabe 3/2008)
Wenn wir diese Perspektive der Transkulturalität akzeptieren, so akzeptieren wir damit auch die Notwendigkeit von Räumen und Foren, in und auf denen sie erprobt werden und sich entfalten kann. Ein für mich beispielhaftes Forum war die anfangs geschilderte Galaxienforschung der Neuköllner Schüler. Die Bewohner dieser eben entdeckten Welten waren einem Reflexionsprozess der Transkulturalität entsprungen, in dem sich die Jugendlichen entdeckten. Die Galaxienbewohner sind Projektionen der „Patchwork-Persönlichkeitsgeneration“, so wie sie in der Sozialpsychologie benannt werden: junge Menschen, die in ihrer Identitätsarbeit, bei ihrer individuellen Identitätskonstruktion zu einer Vielzahl von Orientierungssystemen finden, um Wertewandel und gesellschaftliche Brüche – und Adoleszens – konstruktiv für sich zu bewältigen. Die Erfahrung von kulturellen Differenzen löst sich in Patchwork-Identitäten (vgl. Keupp 2011) auf, die, je vielfältiger und gravierender diese Brüche sind, umso bunter und vielfältiger sein wird. Ein Gelingen dieses komplizierten Weges ist nicht zuletzt abhängig vom erfolgreichen Kampf um „Zugehörigkeit und Ausschluss“ (Keupp 2011:23) und um Anerkennung als Voraussetzung von Lebenssouveränität. Die multiplen Patchwork-Persönlichkeiten, die Kinder und Jugendlichen, die diesen harten Weg erfolgreich gehen, zeichnet das aus, was zum Zauberwort geworden ist: die „interkulturelle Kompetenz“. „Sie erweisen sich als kreative Schöpfer von Lebenskonzepten, die die Ressourcen unterschiedlicher Kulturen integrieren. Sie bedürfen aber des gesicherten Vertrauens, dass sie dazu gehören und in ihren Identitätsprojekten anerkannt werden.“ (Keupp 2011:24)
Chancen auf dem Kontakthof Kultur: Interkulturelle Kompetenz
Diese hier nur andeutungsweise umschriebenen komplizierten Prozesse der Identitätsarbeit gelingen eher, wenn sie Unterstützung finden – nicht, indem man den Kids sagt, wo es lang zu gehen hat, sondern wenn Räume gegeben werden, in denen ausprobiert werden kann, in denen neue Rollen erprobt oder in fremde geschlüpft werden kann, in denen role models montiert oder demontiert werden können, in denen Lebenshypothesen nicht gleich Gesetzescharakter annehmen. Und hier kommt ganz vehement und selbstbewusst die Kunst als mit besonderer Freiheit ausgestatteter Nukleus menschlicher Kultur ins Spiel.
Die Ebene kulturell-künstlerischen Handelns bietet ein hervorragendes – weil nicht sofort existenzbedrohendes und freiwilliges – Übungsterrain für Gesellschaft, indem sie sich als transkultureller „Kontakthof“, als „contact zone“ anbietet (Ybarra-Fraustro 2002:45f). Bereits heute zeichnet sich ab, dass auf dieser Bühne nicht nur avantgardistische, experimentelle hybride Kunst und Kultur entwickelt wird, dort bewegen sich Menschen, die in ihren transkulturellen Persönlichkeitsstrukturen spezifische Entwicklungsmöglichkeiten finden – als notwendige Elemente eines friedlichen Globalisierungsprozesses. Was für künstlerisch-kulturelle Praxis insgesamt gilt, trifft umso mehr für kulturelle Bildung in- und außerhalb der Schule zu, denn hier kann (leider will man meistens nicht!) bewusst Raum und Zeit bereit gestellt werden für diese Anziehungs- und Abstoßungsprozesse, für Suchen und Finden. Und hier können auch – insbesondere von Künstlern – Werkzeuge bereitgestellt werden. Oft geht es aber auch „nur“ darum, die Jugendlichen machen zu lassen – ohne gut gemeinte Ratschläge, die meist als Besserwisserei ankommen.
Gerade die Akzeptanz der Möglichkeiten künstlerischer Gestaltung von Wirklichkeit kann ein unerhört wichtiger „Dritter Raum“ – real oder konstruiert – sein, um Kultur der Interaktion zu ermöglichen und andere Erlebniswelten aufzutun. Dieser Raum muss „tapeziert“ sein mit Sensibilität für das Andere, das Fremde – für Vielfalt, Differenz, die die Bereitschaft für Veränderung selbstverständlich beinhaltet – und zwar die Veränderung von allem und allen, im Sinne von Transkulturalität. (Vgl. Steven Vertovec, Max Planck Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften.)
Wir leben mitten in dieser bunten diversen Gesellschaft und haben keine Wahl. Sicher mag es regionale Differenzen geben. Die bis zu 98 Prozent Kinder nicht-deutscher Herkunftssprache, wie das ja im schönsten Schuljargon heißt, die wir in Nord-NeuköllnerGrundschulen haben, sind sicher nicht die Regel, aber in Berlin nicht die Ausnahme. Wir könnten uns nun darüber unterhalten, wie mit all den daraus resultierenden Schwierigkeiten umzugehen ist (wobei die meisten Probleme, wenn man genauer hinschaut, nicht aus der ethnischen Differenzen, sondern aus sozialen Problemen resultieren) und welche kulturpädagogischen Methoden da hilfreich sein könnten.
Ich hingegen möchte Sie einladen, sich nicht auf das „Umgehen müssen“, sondern auf das „Umgehen dürfen“ einzulassen, also eine ganz andere Perspektive einzunehmen: auf Vielfalt als Potenzial und nicht als Behinderung, als Bereicherung und nicht als Grund für Exkludierung.
Paradigmenwechsel: Von der Last zur Lust
Diese Entscheidung für einen Paradigmenwechsel ist ein fundamental wichtiger Ansatz zu einer Haltung, um in die Zukunft aufzubrechen, um zu den neu entdeckten Planeten unserer Jugendlichen zu gelangen. Bei diesem Paradigmenwechsel ist das Arbeitsfeld kulturell-künstlerischer Aktivitäten sinnvoll, weil es vermag, vom Defizit wegzulocken, ohne diese zu beschönigen: Einen der klügsten Sätze für den Kulturkontext, den eine europäische Agenda je formuliert hat, stammt – ausgerechnet – von der Europäischen Kommission Beschäftigung und Soziales: „Im Vergleich zur Sozialpolitik ist für kulturelle Aktivitäten entscheidend, dass diese einen positiven Ausgangspunkt haben: Menschen werden nicht als Problem, sondern als potenzielle und konkrete Bereicherung angesehen.“ (Europäische Kommission 2004:86)
Damit ist die Sozialpolitik nicht aus ihrer Pflicht entlassen, aber die Chancen, die kulturelle Betätigung bietet, werden deutlich – auch für die kulturelle Bildung und ästhetische Erziehung. Wie kann kulturelle Bildung, innerhalb wie außerhalb der Schule, ein Ort sein, in dem es nicht vornehmlich um ein fest gefügtes vorgeprägtes Bild geht, nach dem junge Menschen geformt werden, sondern ein Raum, der den Prozess der Identitätsfindung jeder und jedes Einzelnen zulässt und unterstützt? Ein Ort, der das Suchen nach der eigenen Persönlichkeit, die nicht in ein Korsett von Eigen- oder Fremdkultur gepresst ist, ermöglicht, der unterschiedlichste kulturelle Prägungen und Träume zulässt, in der Individualität seine notwendige Berechtigung hat?
Gerade Schule – das wissen wir alle – ist von enorm vielen externen und internen Zwängen belastet, und sie gerät in Gefahr, von diesen als Raum, der Entwicklung in Freiheit zulässt, erdrückt zu werden. Und die freie Jugendarbeit ist dies zwar institutionell, aber sie hat mit extrem vielen Gefahren der Exklusion zu kämpfen, der sozialen, der finanziellen (Kampf um Finanzierung!), der mentalen. Umso wichtiger ist es, der kulturellen Bildung und ästhetischen Erziehung in der Schule Platz zu lassen, den Kampf um ihre Präsenz auf der Stundentafel und im Finanzplan immer wieder aufzunehmen, denn es sind gerade diese Bereiche – Kunst, Musik, Theater, Film, Fotografie, Tanz, kreatives Schreiben –, die, stärker als andere, von Erwartungshorizonten eingezäunte Fächer, den nötigen „dritten Raum“ stellen, in dem die Arbeit der Identitätsfindung geleistet werden kann. Hier werden eigene Erfahrungen und Kreativität herausgelockt, Neues erprobt – jedenfalls dann, wenn nicht nur Quintenzirkel gelernt und Segelboote mit Linealen gezeichnet werden, Unsinniges nicht gleich mit einer schlechten Note belegt wird (wobei ich dem Achten auf Qualität durchaus das Wort reden möchte – es geht nicht darum, bei irgendwelchen unverständlichen unsinnigen Worten, zum Möchtegern-Rap zusammengefügt, stehen zu bleiben…). Hier kann der Raum dafür sein, Fremdes der anderen und den anderen fremdes Eigenes auszusprechen, zur Kenntnis zu nehmen und zu respektieren. Hier ist die große Chance, mit dem Eigenen und dem Fremden zu spielen, aber auch zu kämpfen, es sinnlich zu begreifen und nach Brücken und Überschneidungen zu suchen, ohne Brüche und Kontraste zu nivellieren. Damit wird die große Chance eines an Diversität orientierten Konzepts kultureller Bildung genutzt, die darin Vielfalt und Differenz sieht, wobei gerade der Differenz und dem sich aneinander Abarbeiten große Innovationskraft und Zukunfts-Potenzial zuzumessen ist. Jedoch anders als bei der anfangs skizzierten Differenzorientierung sollte nicht bei diesen sich gegenseitig als fremd markierenden Positionen verharrt werden, sondern deren Überwindung angestrebt werden: nicht durch Vermischung der Gegensätze, sondern durch Neues, in das die Differenzen einfließen. So könnte der Weg zu transkultureller Bildung und Kultur geöffnet werden, zu einem Raum der Entwicklung transkultureller Persönlichkeiten. Was im Kontext der Patchwork-Identitätsarbeit Jugendlicher besonders hervorgehoben wurde, das Moment der notwendigen Anerkennung, um Lebenssouveränität zu gewinnen (Keupp 2011:24) in einem so konzipierten Kultur -/Kunstraum eher realisierbar als in den von Leistungsdruck belasteten Lernfächern und schon gar nicht in den Warteräumen des Jobcenters. „Kunst und Kultur bieten dank ihrer Komplexität ausreichend Stoff für Auseinandersetzung, der genutzt werden sollte, um transkulturelle Diversität und die mit ihr einhergehenden Vorstellungen zu reflektieren und neu zu verhandeln.
Während im Alltag Analyse und Verständnis oft zu kurz kommen, eröffnen sich in der Beschäftigung mit Kunst Denk- und Aktionsräume, in denen eine erweiterte Reflexion stattfinden kann. Dies stellt ein Potenzial für gesellschaftliche und politische transkulturelle Praxis dar. Kulturelle Bildung bzw. ‚Arts Education’ hat das Potenzial, mit Hilfe von Kunst diesen ‚lebendigen Streit’ über das Zusammenwirken individueller und kollektiver Lebensräume zu initiieren, indem die individuellen Hintergründe der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und ihre eigenen Positionen, Lebensmodelle und -perspektiven in die Diskussionen so eingebunden werden, dass sie als transkulturelle Akteure wirken können“. (Trunk:12)
Wenn gerade Jugendliche aus sozialen und kulturellen Randbereichen ihre role models bei DSDS oder Super-Model-Shows, in Fernsehserien, bei Rappern, Fußballern, Boxern suchen, so drückt dies zwar ein Resignieren aus vor den an Hochkultur orientierten Idealen der Mehrheitsgesellschaft, denen sie von vornherein nicht genügen können, ist jedoch durchaus ein bemerkenswerter Versuch, ihre ihnen möglich erscheinenden Potenziale zu realisieren. Dort suchen und glauben Jugendliche im erhofften Erfolgsfall Anerkennung zu finden, den sie in ihrer Umgebung vermissen, auch um den Preis der Beschimpfung und Blamage. Diesen Wunsch nach Anerkennung und Respekt gilt es wahrzunehmen und Räume zu schaffen, in denen sie dies realisieren können.
Auch das offensichtliche Verachten von Sprachen, die von Jugendlichen nichtdeutscher Herkunft in ihren Familien gesprochen werden, ist verletzend. Den Wunsch nach Anerkennung und Respekt der Muttersprache gilt es wahrzunehmen und das Besondere sichtbar zu machen und darauf aufzubauen, auch und gerade in der Schule. Ich wage mich auf das Glatteis der Sprachvielfalt und Sprachkompetenz – ein heißes, umstrittenes Thema. Um es vorab klarzustellen: Natürlich gilt, dass der möglichst gute Erwerb und die Beherrschung der deutschen Sprache die Voraussetzung für alle weiteren Bildungsschritte und damit auch für Chancengleichheit und gesellschaftliche Teilhabe ist, auch für Kinder mit deutscher Muttersprache. Genauso aber gilt, dass der Erhalt von Sprachen und ihre Beherrschung Teil der UNESCO-Konvention zur Erhaltung der kulturellen Vielfalt ist, nicht nur in deren Ursprungsland. Damit ist impliziert, dass die vielen anderen Sprachen, die unseren Migrationsalltag ausmachen, genauso wertvoll und aussagestark sind wie die unsere und deshalb auf jeden Fall als Mutter- und erste (oder zweite) Sprache gepflegt werden sollten. Vielsprachigkeit ist ein großes Potenzial, das Menschen mit Migrationsgeschichte den monolingualen Autochthonen häufig voraushaben. Außerordentlich beeindruckend ist immer wieder die Selbstverständlichkeit, mit der Menschen mit Migrationsgeschichte zwischen mehreren Sprachen herswitchten. Dieses Switchen erleben wir tagtäglich in der U-Bahn, insbesondere wenn mehrere Generationen gemeinsam unterwegs sind. Kinder – vor allem Flüchtlingskinder - , die fließend mehrere Sprachen sprechen, sind keine Seltenheit. Solange diese Sprachen nicht englisch, französisch oder vielleicht noch spanisch sind, werden sie jedoch als Behinderung und nicht als Potenzial wahrgenommen, selten ernst genommen und gepflegt. Wichtige Begabungs- und Entwicklungsmöglichkeiten gehen verloren, wenn dieses Können nicht gepflegt und geschätzt wird; insbesondere der Vorteil beim weiteren späteren Fremdsprachenerwerb und differenziertes Sprachbewusstsein bleiben ungenutzt (vgl. Engin 2008) und werden nicht geachtet. Der Blick in den Berliner Wedding, wo eine Schule mit einem wichtigen Preis ausgezeichnet wurde, weil sie ihren Schülern verbot, auch außerhalb des eigentlichen Unterrichts eine andere als die deutsche Sprache zu verwenden, ist beliebter und wird deutscher Leitkulturideologie eher gerecht als der Blick nach Kanada, wo Eltern in die Schule gebeten werden, um in ihrer Herkunftssprache Sprachkurse für die Schüler zu geben. (Einen konträren Weg versuchte das Neuköllner Projekt „Neues aus Babylon“ zu gehen, nachzuverfolgen in der Projektdokumentation „Neues aus Babylon“, herausgegeben 2006 vom „Verein zur Förderung der Bürgerstiftung Neukölln e.V., Berlin.) (Kolland 2013:156 ff.).
Keine Schublade für interkulturelle kulturelle Bildung
Im Laufe vieler Jahre Kulturarbeit in einem ausgesprochen multiethnischen Gemeinwesen hat sich für mich ein Arbeitsgrundsatz entwickelt: Es gibt keine spezielle kulturelle Bildung für Migranten, es kann nur eine „kultursensible Kulturarbeit“ mit ihrem Kernaufgabenbereich „kulturelle Bildung“ für alle geben. Es wäre eine schädliche Reethnisierung und Problemverschiebung, zumal die höchsten Barrieren gerade bei Kindern und Jugendlichen nicht ethnisch-kultureller, sondern sozialer Art sind. Es würde dem Prozess der Wegs in eine interkulturelle Gesellschaft, geschweige denn in eine Zukunft der Transkulturalität völlig widersprechen, wenn eine besondere Schublade mit Methoden für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund aufgezogen würde, die einer Sonderbehandlung – und mag sie noch so gut gemeint sein – dienten. Denn Transkulturalität bedeutet ja, dass alle auf dem Weg sind, die Biodeutschen wie die mit Migrationsgeschichte. Was allerdings geschult werden muss – bei allen –, das ist die Kultursensibilität, die Wahrnehmung der Differenzen: nicht um sie als trennend zu zementieren, sondern um das eigene Repertoire zu hinterfragen und zu entwickeln.
An zentraler Stelle im Prozess der Erreichung einer neuen, integrativen Gesellschaft, die Transkulturalität ermöglicht, muss die Schaffung von Teilhabegerechtigkeit. Wenn wir uns Sensibilität als die Tapete des gewünschten „Dritten Raumes“ vorstellen, so ist Teilhabegerechtigkeit der Fußboden: Alle, die dies wollen, sollen einbezogen sein, an vorderster Stelle Kinder und Jugendliche.
An der Erkenntnis, dass es unser gutbürgerlicher Kulturbetrieb vielen Menschen sehr schwer macht, an ihm teilzuhaben, basteln viele kluge Menschen schon seit langem – etwa so lange wie an der Frage der Integration. Auslöser dieses Umdenkens war vor ca. 40 Jahren das Unbehagen an einer teuren Kulturlandschaft in einem sich selbst so nennenden „Kulturstaat“, an der die große Mehrheit der Bevölkerung nicht teilhatte. Es war die Geburtsstunde der „Neuen Kulturpolitik“ mit dem Kampfruf „Kultur für alle“, wie dies Hermann Glaser und Hilmar Hoffmann auf den Punkt brachten. Eine umfassende Demokratisierung des kulturellen Lebens wurde auf die Agenda gesetzt (vgl. Schwencke:1974). Sie verschreckte die Kulturbürger, die um die Etats ihrer Paläste fürchteten, weil auch unüberschaubare Freie und subkulturelle Szenen an die gut gefüllten Fressnäpfe drängten. Das neue Programm wurde aber nicht zur ernsthaften Bedrohung, weil zwar die Kulturtempel theoretisch für alle geöffnet wurden, die verschiedenen Szenen aber unter sich und vor allem viele Menschen draußen blieben. Die symbolische Öffnung der Türen hob die – durch Bildungsdefizite und soziale Lage verfestigte – Angst und/oder Abneigung vor der Türschwelle nicht auf, und das, was sich jenseits der Türen darbot, war möglicherweise nicht für alle interessant. (Eine heute noch für viele „Kulturpäpste“ unvorstellbare Vorstellung, das dem so sein könnte. Auch hilflos-peinlicher Hiphop bei „Cosi fan tutte“ in der Berliner Komischen Oper oder ein paar türkische Klänge bei den Philharmonikern ändern dies noch nicht).
Ein wenig geriet das Konzept der „Kultur für alle“ in den Hintergrund, als die britischen „Cultural studies“ – aus der Jugendkulturforschung heraus entwickelt – dazu verführten, ein liberalistisches Konzept der „Lebensstile“ an die Stelle von sozialer Verantwortung zu setzen und jedem sein Häppchen an Kultur zugestand – und wer nicht wollte, der bekam eben nichts. Eigene Schuld, eigene Entscheidung (vgl. Kolland 2006:139ff).
Eine neue Ernsthaftigkeit der Beschäftigung mit sozialer und damit kultureller Teilhabegerechtigkeit wurde vorangetrieben von europäischen Diskussionen, die sich die Beseitigung von Armut zum Ziel gesetzt hatten, beschlossen in der Konferenz von Lissabon 2000. Deutlich ist die Erkenntnis der Notwendigkeit, Armutsbeseitigung nicht als Spartenproblem zu fassen, sondern als Querschnittsaufgabe mit mehrdimensionalem Ansatz zu begreifen, in dem neben Beschäftigungspolitik und Sozialversicherungssystemen Themen wie Wohnung, lebenslanges Lernen, e-Inclusion (Fähigkeit des Umgangs mit dem Internet) und Kultur eine wesentlich größere Aufgabe zukommen soll.
Der Kulturpolitik wird eine wichtige Funktion im Kampf gegen Armut beigemessen: „Die Teilnahme an kulturellen Aktivitäten ist eine wichtige Möglichkeit, mit der Menschen und Gemeinschaften ihre eigene Identität bestimmen und ausgestalten und diese anderen vermitteln. (...) Somit ist die Kultur ein Mittel für die aktive Teilhabe an der demokratischen Gesellschaft. Die Förderung des Zugangs zu kulturellen Aktivitäten und die Teilnahme daran ist ein ebenso bedeutsamer und gewichtiger Faktor bei der Errichtung einer integrativen Gesellschaft wie die Förderung der Teilnahme an den Bereichen Wirtschaft, Beschäftigung oder Soziales.“(Europäische Kommission 2004:86) Es ging und geht also um ein gegenseitiges „Geschäft“. In Konsequenz der Lissabon-Konferenz beschloss die EU die Antidiskriminierungsrichtlinie und, als deren Folge, wurde in der Bundesrepublik Deutschland 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verabschiedet. Es verbietet Benachteiligungen allerdings nur, soweit sie an eines der folgenden personenbezogenen Merkmale anknüpfen: Rasse und ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion und Weltanschauung, Behinderung, Alter (jedes Lebensalter) und sexuelle Identität. Nur diese Benachteiligungen sind einklagbar.
Auf der Suche nach Teilhabebarrieren
Das Verständnis von kultureller Teilhabe, das sich durchgesetzt hat, geht jedoch viel weiter. Insbesondere die engen wechselseitigen Beziehungen zwischen Armut, kultureller Teilhabe und gesellschaftlicher Inklusion bzw. Exklusion prägen die Diskussion in weit höherem Maße als früher. Die Leitfragen einer Untersuchung der Kommission Beschäftigung & Soziales (Europäische Kommission 2004) setzen bei handfesten, konkreten Problemanalysen an: „Kann mangelhafter Zugang und Teilhabe an Kulturaktivitäten Armut und soziale Exklusion verschärfen? Wenn ja, welche Gruppen sind besonders gefährdet?“ oder: „Welches sind die Barrieren, die den Zugang zu Kulturangeboten oder die Möglichkeit, die eigene kulturelle Identität auszudrücken, versperren?“ und schließlich: „Welchen Beitrag kann ein besserer Zugang zu Kultur im Kampf gegen Armut und sozialer Ausgrenzung leisten?“ Besonders hervorgehoben wurde dabei die Chance, im Rahmen von kulturellen/künstlerischen Tätigkeiten neue Fähigkeiten zu erwerben, mehr Selbstvertrauen und Selbstachtung zu erringen, Verständnis und Toleranz Verschiedenartigkeit gegenüber zu lernen. Dies ist letztlich der Tenor der Untersuchung: Nötig ist mehr Achtung und Aufmerksamkeit der persönlichkeitsbildenden und gesellschaftsstrukturierenden Kraft der Kunst gegenüber, und mehr Selbstbewusstsein des Kulturbetriebs, auf diese Kräfte zu achten und sie aktiv in den gesellschaftspolitischen Diskurs einzubringen. Und dies nicht als Zweck, sondern Impetus, um neue Kräfte in Gang zu setzen. Andersherum: Kulturelle Teilhabe – ein Menschenrecht – setzt soziale Teilhabe voraus. Kultur (bzw. diejenigen, die sie hochhalten) muss also ein ureigenes Interesse am Abbau von sozialer Ausgrenzung haben. Das „Teilhabepaket“ der Bundesregierung war ein Indiz dafür, dass sich die eine oder andere Erkenntnis, was „Teilhabe“ bedeuten könnte, ins Regierungsprogramm eingeschlichen hat – leider ist es nicht nur viel zu klein, es scheint auch in Bürokratismen aller Art stecken zu bleiben.
Einer der großen Brocken der Teilhabeverhinderung ist Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft oder Rasse. Deshalb ist ein Zauberwort, das „Sesam öffne dich“ der Integration: „Interkulturelle Öffnung“, eng gekoppelt an soziale Inklusion – eines ohne das andere geht nicht. Das Berliner Integrationsgesetz von 2010 beginnt mit der „interkulturellen Öffnung“ des öffentlichen Dienstes – gut gemeint, aber oft ein Vorwand, um gleich wieder die Bemühungen einzustellen, denn die Finanzschwierigkeiten des Landes Berlin bauen unendlich hohe Barrieren hinsichtlich der Veränderung von Personalstrukturen. Dennoch ist die Forderung nach „interkultureller Öffnung“ richtig, und man sollte damit nicht warten, bis diese restriktiv erfolgt (was wohl nie geschieht!). (vgl. CJD Eutin)
Der Berliner Rat für die Künste hatte sich bemüht, eine Charta der Diversity für die Berliner Kulturlandschaft aufzustellen. Dies ist nur sehr rudimentär gelungen, aber immerhin wurden Essentials formuliert, die sich seitdem doch als ganz handfeste und praktikable Brücken auf dem Weg zu einer „kultursensiblen Kulturarbeit“ erwiesen haben. Jede Institution – und dies gilt für die Deutsche Oper ebenso wie für eine Jugendkunstschule, sollte in ihrer Arbeit
- Diversity im Programmangebot und Konzept,
- Diversity des Publikums durch Ernstnehmen eines umfassenden Teilhabe-Anspruchs und
- Diversity des Personals (Interkulturelle Öffnung) umzusetzen versuchen.
Ein solches Diversity-Konzept sollte jede Kultureinrichtung für sich erstellen und eine eigene road map zur Erreichung vorlegen. Soll dieses Vorhaben realisiert werden, dann eben nicht durch eine eigene Abteilung oder einen „Ausländerbeauftragten“: Es muss für alle, die in einer Institution, in einem Projekt arbeiten, eine ständig einzulösende Aufgabe sein (Vgl. Kolland 2012:261ff). Und – auch dies war sehr wichtig, denn eine Angst vor Reethnisierungs-Tendenzen war gerade bei der „postmigrantischen“ Generation deutlich – Diversity-Politik (egal in welchem Politik-Feld) darf nicht reduziert werden auf ethnische Diversität. In Toronto z.B., einer Stadt mit einem sehr weitreichenden Antidiskriminierungsgesetz, muss jede Einverständniserklärung zu einer Zuwendung an ein Kulturprojekt eine positive Erklärung zu Akzeptanz von Diversity- und Antidiskriminierungsgrundsätzen enthalten, also auch Gender, Sex, körperliche Verfasstheit, Religion, Ethnie usw. Man muss zumindest in einen Einleitungspassus diese umfassende Bedeutung aufnehmen. Soziale, regionale und bildungsmäßige Differenzen spielen eine sehr erhebliche Rolle in der kulturellen Diversität. Deshalb muss ein Diversity-Konzept eng gekoppelt sein an Zielvorgaben, Teilhabegerechtigkeit betreffend. Diversity und Inclusion gehören eng zusammen.
Wir sind die, über die ihr immer redet!
Diese Voraussetzungen beziehen sich auf Kulturarbeit insgesamt: Respekt – das Gegenteil von Rassismus – und Inklusion – und das ist viel mehr als ethnische Inklusion – sind die Basis für Zukunft. Und deshalb kann es nicht um eine Sparte „Ausländerkulturarbeit“ gehen. Dies ist ein Desiderat, das wir nur partiell eingelöst haben. Migranten sollen überall in der Kulturpraxis vorkommen, als Produzenten und Rezipienten, als Subjekte und Objekte. Manchmal gelingt das schon im Kleinen ganz gut, wenn sich z.B. im Schulorchester das türkische Instrument Bağlama unter die mehrheitlichen Geigen und Akkordeons mischt und neue Klangfarben entstehen. Ganz offensiv gehen gegenwärtig einige Theater in ihrer Realisierung von „postmigrantischem Theater“ um: Sie wollen keine Kunst für Gutmenschen, die den Türken auch mal die Bühne überlassen, sondern die Abbildung der gesellschaftlichen Realität – hinter der Bühne, auf der Bühne und im Zuschauerraum. (Siehe Konzeption und Programm des Ballhaus Naunynstraße, Berlin). Auch das Jugendtheaterfestival „Festiwalla“ im Haus der Kulturen der Welt, erstmals 2011 stattfindend und von den Akteuren selbst verantwortet, war von diesem Impetus getragen. Die Leidenschaft und Vehemenz der Akteure in diesen Projekten ist überwältigend und heftig; die Theaterbegeisterung und Theaterbegabung gerade der Kollegen mit türkischer Geschichte, die wir seit 30 Jahren in Berlin erleben, hat damit endlich Anerkennung und Förderung gefunden. Gerade in der Jugendkulturarbeit begegnen uns junge Menschen, die selbstbewusst auf dem Weg ihrer Identitätsfindung sind, die ihre Patchwork-Muster entdecken, für die Transnationalität Realität zu werden beginnt, auch wenn diese eine manchmal erwünschte Sicherheit verweigert. Bei allen möglichen Risiken ist es der notwendige und richtige Weg, den junge Menschen gehen, wenn sie ihr Leben gestalten wollen – es ist der Weg, den die moderne Migrationsgesellschaft zu gehen hat. Dass er nicht einfach, aber möglich ist, zeigt das Aufbegehren der „Neuen Deutschen“ – jungen hochgebildeten Menschen nicht nur deutscher Sprache, viele von ihnen Muslime, die ihr Recht auf Teilhabe am Deutschsein einfordern – einem von ihnen beeinflussbaren und veränderbaren Deutschsein (ebd.). Das „Manifest der Vielen“ sollte Zwangslektüre für alle werden, die sich auf dem Terrain der kultursensiblen Kulturarbeit tummeln wollen (vgl. Sezgin). Auch das, was bei „Festiwalla“ zu erleben war, ist ein aufregender Schritt auf diesem Weg. In ihrem „Brennpunkt Manifest“ schreiben die Moabiter Macher: „Wir sind die, über die ihr immer redet. Wir sind die Ausländer, wir sind die Migranten, wir sind die Hartz IV-Empfänger, wir sind die Jugendlichen ohne Ausbildungsplätze, wir sind die kopftuchtragende Muslima. Wir sind die Problemfälle, die Euch das Leben erschweren! Egal welchen Titel Ihr uns gebt und welches Bild ihr Euch von uns macht…Ihr werdet nie den passenden Titel oder das richtige Bild für uns finden!“ (Vgl. http://www.grenzen-los.eu/festiwalla-2012/).
Was da an Stärke, Kompetenzen, Kommunikations- und Wahrnehmungsfähigkeit zu spüren war, hat viel mit der vielberufenen interkulturellen Kompetenz zu tun, und mit dem Weg in neue Identitäten. Dieser Entwicklung Raum zu geben heißt den Weg zur Kultursensibilität und Respekt vor Neuem einzuschlagen. „Die Fähigkeit, Konflikte zu führen, und zwar gelassen, nüchtern und pragmatisch“ – beschreibt Navid Kermani diese Eigenschaft. Das Wissen um die Potenziale und ihren gesellschaftlichen Wert ist das beste Gepäck für gelingende Zukunft, gepaart mit einem mutigen Schritt ins Offene. Um nochmals Kermani zu bemühen: „Identität darf alles sein, nur nicht eindeutig. Dann wird sie gefährlich“, so Navid Kermani in der Süddeutschen Zeitung vom 29.5.2009 auf S. 12.