Kooperativität in einem heterogenen Feld – Interprofessionelle Begegnung im Weiterbildungsmaster „Kulturelle Bildung an Schulen“
Abstract
Der Artikel untersucht interprofessionelle Begegnungen im Weiterbildungsmaster „Kulturelle Bildung an Schulen“ und befragt die Prozesse, in denen heterogene Akteure und Akteursgruppen der Kultureller Bildung mit ihrem jeweiligen Habitus im Rahmen gemeinsamer (Entwicklungs-)Vorhaben aufeinander treffen. Dabei richtet sich das Augenmerk auf die Schnittstelle der Zusammenarbeit von Schule und außerschulischem, kulturellem Feld. Die Frage dieser Untersuchung ist, wie Weiterbildungsformate neben strukturellen Fragen der Ausgestaltung vor allem das interprofessionelle Miteinander im komplexen Akteursgefüge thematisieren und die (kritische) Reflexivität der Akteure zu einem zentralen Punkt gelingenden Handelns machen. Damit schließen wir an einen erziehungswissenschaftlichen Diskurs professionellen Handelns bzw. reflexiver Professionalität an, um auf Basis von empirischem Material zu diskutieren, wie und in welcher Weise sich eine reflexive Haltung in interprofessionellen Prozessen (nicht) ausbildet, wenn verschiedenste Professionen und professionelle Selbstverständnisse aufeinandertreffen.
Kulturelle Bildung ist in den letzten Jahren zu einer zentralen Größe im Kontext schulischer und außerschulischer Bildung geworden. Diese Entwicklung, von einem vornehmlich auf die Stundentafel bezogenen und dem Fächerkanon zugeordneten Arbeiten in Schule, wurde in den 2000er Jahren durch die einsetzenden Bemühungen um die Ganztagsschulentwicklung in Gang gesetzt. In einem vielfältigen Nachmittagsangebot sollte dabei der nun verlängerte Schultag durch handlungsorientierte Angebote aufgebrochen werden. Die sich daraus ergebende Nische, in der Raum für ästhetische Handlungsfelder durch bspw. Theater, Tanz, Kreatives Schreiben und Kooperationen z.B. mit Musik- oder Jugendkunstschulen entstand (Keuchel 2007), wurde nicht nur von den Schulen selbst genutzt. Vielmehr wurde diese Entwicklung von unterschiedlichsten außerschulischen Akteuren wie Stiftungen als Chance angesehen, Programme zu entwickeln, die der Kulturellen Bildung in Schule mehr Stellenwert geben sollten. Dabei gelang es trotz der finanziellen Ermöglichung künstlerischen Handelns in Schule nicht in ausreichendem Maß, die kulturellen Projekte und Programme so grundlegend im Schulalltag zu etablieren, dass die Institution Schule hinsichtlich der Ausprägung eines kulturellen Schulprofils verändert wurde. Oftmals blieb es eher bei einer zusätzlichen Rahmung des Schulalltags, die dann, wenn die Förderung versiegte, auch wieder verschwand. Erst die bundesweiten Bemühungen ab Mitte der 2000er Jahre um „Kulturschule“ führten hier zu einer Trendwende. Es wurde daran gearbeitet, Kulturelle Bildung nicht zum Appendix des Unterrichts zu machen, sondern zu einem grundlegenden Baustein von Bildung, der als „Normalfall“ in allen Bereichen von Schule Raum nehmen muss. Das Wissen, dass Schule allein im Sinne von „Schulbildung“ (vgl. Hentig 1966) Kulturelle Bildung nicht abbilden kann, fordert von allen beteiligten Akteuren ein weiteres Umdenken (Kammler 2018:7).
Mit dieser Einsicht begann eine verstärkte – bislang jedoch nicht wirklich in Schule angekommene – Priorisierung der Zusammenarbeit mit den außerschulischen Expert*innen. Als These lässt sich dabei formulieren: Wenn Kulturelle Bildung fundamentaler Bestandteil von Schule ist, gehört diese als Teil des Bildungsprozesses in alle Fächer. Und wenn Kulturelle Bildung wiederum das außerschulische Feld, die Künstler*innen und Vermittler*innen, wie Museumspädagog*innen, braucht, um wirksam zu werden, müssen die Garanten von Unterricht, die Lehrer*innen, in eine neue Art von Zusammenarbeit mit den außerschulischen Akteuren eintreten. Dieses interprofessionelle Miteinander bietet die Chance, die Institution Schule zu einem kreativen Feld zu machen (vgl. Burow 2005). Gleichzeitig zeigt sich in dem interprofessionellen und interinstitutionellen Miteinander, dass sowohl das jeweilige Professionsverständnis als auch die interprofessionellen Gegebenheiten – ohne entsprechende Aus- und Weiterbildung – mit Widerständen und Reibungsverlusten belastet sind.
Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet wird ersichtlich, dass eine gelingende Zusammenarbeit von den unterschiedlichsten, oftmals noch zu wenig betrachteten Faktoren abhängig ist. So wurden z.B. bereits in der Vergangenheit unter anderem von der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) Qualitätstableaus für gelungene Kooperationsbeziehungen entwickelt, die die formalen Kriterien von Kooperation sichten und Qualitätsindikatoren benennen (2013). Die Tableaus sorgen für eine Transparenz in allen formalen Fragen und schaffen Sicherheit für die notwendigen Verabredungen zwischen den Kooperationspartner*innen. So gilt es, Kooperationen adressat*innengerecht zu gestalten, die gemeinsamen Projekte professionen- und formatspezifisch auszugestalten und zu koordinieren wie auch institutionelle Logiken und organisationale Taktungen im Blick zu haben. Vom Feld unbeachtet bleibt dabei allerdings die Frage, wie dieses interprofessionelle Miteinander von den Einzelnen wahrgenommen wird und welche Rolle der oder die Einzelne im Rahmen der Kooperation spielt.
An diesem Punkt setzen wir forschend an und fragen danach, was passiert, wenn die heterogenen Akteure und Akteursgruppen der Kulturellen Bildung mit ihrem jeweiligen Habitus im Rahmen gemeinsamer (Entwicklungs-)Vorhaben aufeinander treffen, um gemeinsame Formen von Zusammenarbeit im Bereich der Kultureller Bildung zu initiieren, zu entwickeln, zu verstetigen und nachhaltig zu verankern. Dabei richtet sich unser Augenmerk, wie oben begründet, auf die Schnittstelle der Zusammenarbeit von Schule und außerschulischem kulturellen Feld. Interesse dieses Beitrags ist es, erste Ergebnisse zu der Frage zu formulieren, wie Weiterbildungsformate zur Schnittstellenqualifizierung aufgebaut werden müssen, die neben strukturellen Fragen der Ausgestaltung vor allem das interprofessionelle Miteinander im komplexen Akteursgefüge thematisieren und die (kritische) Reflexivität der Akteure zu einem zentralen Punkt gelingenden Handelns machen. Damit schließen wir an einen erziehungswissenschaftlichen Diskurs an, der reflexive Professionalität mit dem Fokus auf Spannungslinien pädagogischen Handelns thematisiert (bspw. Combe; Helsper 1996), während andere Diskurslinien sich auf Pierre Bourdieus Konzept wissenschaftlicher Reflexivität beziehen, in dem die soziale Herkunft, die Position innerhalb des eigenen Feldes sowie die Stellung innerhalb des sozialen Raums in Beziehung zu anderen Feldern (Friebertshäuser et al. 2006) im Fokus stehen. Im Forschungsprozess dieses Projekts zeigte sich einerseits ein Bewusstsein für die Bedeutung der eigenen Profession im Umgang mit Spannungslinien im (interprofessionellen) Feld der Kulturellen Bildung, andererseits jedoch auch biographisch bedingte „Blinde Flecken“. Ein erstes Ergebnis des Forschungsprozesses schließt an diesen Diskurs an und fokussiert den Begriff der Haltung in der Begegnung mit anderen Professionen und deren Akteuren im Kontext des im Folgenden beschriebenen Weiterbildungsmasters Kulturelle Bildung an Schulen der Philipps-Universität Marburg.
Haltung kann als zentrales Moment des interprofessionellen Miteinanders herausgehoben werden, welches zugleich an ein aktuelles philosophisches und pädagogisches Interesse anschließt (vgl. Kurbacher/Wüschner 2016; Schwer/Solzbacher 2014; Henn 2017). Die Haltung meint an dieser Stelle die persönliche Einstellung des Einzelnen zu den anderen Akteuren, zur eigenen Profession oder zur Art der Zusammenarbeit. Es wird zu diskutieren sein (s.u.), wie und in welcher Weise sich eine reflexive Haltung in interprofessionellen Prozessen (nicht) zeigt, wenn verschiedenste Professionen und professionelle Selbstverständnisse aufeinandertreffen (vgl. Juliane Steinmann (2015): Gewünschte Fremdheit: KünstlerInnen in die Kita in Bezug auf ein Projekt Kultureller Bildung). Für eine Verortung des Forschungsprojekts soll hier zunächst der Weiterbildungsmaster in seinem Aufbau und seinen Strukturen dargestellt werden.
Weiterbildungsmaster Kulturelle Bildung an Schulen (WBM KuBiS)
Der Weiterbildungsmaster Kulturelle Bildung an Schulen an der Philipps-Universität Marburg ist deutschlandweit der erste Studiengang, der als universitäres Weiterbildungsformat im Kontext des interprofessionellen Miteinanders der oben genannten Akteure konzipiert wurde. Gemeinsam in einer Kooperation von der Philipps-Universität Marburg und der ALTANA Kulturstifung (seit 2017 Stiftung Nantesbuch) entwickelt, ist der WBM KuBiS seit 2014 akkreditiert und startet mit der Studiengangsdurchführung alle zwei Jahre. Besonderes Anliegen des über 24 Monate laufenden, berufsbegleitenden Weiterbildungsmasters ist es, bereits im Studium die verschiedenen Akteursgruppen wie Lehrer*innen, Künstler*innen und Vermittler*innen (z.B. Museumspädagog*innen) zusammenzuführen. Darüber hinaus werden allerdings auch andere Berufsgruppen angesprochen, wie z.B. die an den Schulen im Feld der Kulturellen Bildung mitarbeitenden Sozialarbeiter*innen oder z.B. die aus Einzelbeauftragungen heraus am Feld der Kulturellen Bildung in Schulen interessierten (Grafik-)Designer*innen. Während die Verteilung im Studiengang zwischen Lehrer*innen und außerschulischen Akteuren ausgewogen jeweils bei 50% liegt, fällt auf, dass wesentlich mehr Frauen als Männer sich für das Studium interessieren. Je nach Durchführungsrunde unterschiedlich liegt die Frauenquote in der Regel bei mehr als 70%.
Ein zentrales Anliegen des Studiengangs ist es, den Akteuren die interprofessionelle Begegnung und den interdisziplinären Austausch zu ermöglichen. Darum werden in professionsgemischten Arbeitsgemeinschaften prozessorientiert Fragestellungen zur Feldentwicklung gemeinsam identifiziert und in einen interprofessionellen Austausch gebracht. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden von den Studierenden analysiert und konzeptionell eingeordnet. Dabei werden wissenschaftlich fundierte und anwendungsorientierte Studieninhalte sowie das vorhandene Erfahrungswissen der Studierenden in unterschiedlichsten Lern-/Lehrsettings eingebracht, um so die Reflexivität der Studierenden zu erhöhen und eine theoriegeleitete Ausgestaltung des Feldes zu unterstützen.
Konzeptionell durchlaufen die Studierenden insgesamt sechs Module:
Im Modul 1 Ästhetische Erfahrung und Kulturelle Bildung findet die Rückbesinnung auf die eigene Biographie in seiner sozio-historischen Spezifik und Verflechtung statt. Dies geschieht u.a. auch durch eine reflexive Auseinandersetzung mit den eigenen Positionierungen im sozialen Feld sowie den eigenen Blickwinkeln auf das Feld der Kulturellen Bildung. In sogenannten PLGs (Professionellen Lerngruppen) werden dann virulente, das eigene Arbeitsfeld der Kulturellen Bildung betreffende Fragestellungen theoretisch bearbeitet.
Der Frage nach der eigenen Erfahrung und der professionellen Rolle stellen sich die Studierenden im zweiten Modul. Im Rahmen einer Künstlerischen Erprobung sind die Studierenden in der Begegnung mit der/dem Einzelnen fernen (vielleicht auch nur lang nicht mehr erlebten) Handlungsfeldern aufgefordert, sich einer persönlichen Verunsicherung bewusst aussetzen. In einem reflexiven Miteinander werden darauf aufbauend ästhetisch-künstlerische Erfahrungen kontextualisiert und als Erfahrungswissen in das eigene Arbeitsfeld integriert.
Im Modul 3 Kooperation und Vernetzung werden die Studierenden mit dem systemischen Ansatz von Organisationsentwicklung vertraut gemacht und erhalten in vielfältigen Zusammenhängen die Möglichkeit, Rollenansprüche in Förderantragprozessen, in der Öffentlichkeitsarbeit, im Networking etc. zu reflektieren und sich selbst in diesem Kontext zu erproben.
Auf das theoretische, in Modul 3 erworbene Wissen von systemischen Zusammenhängen aufbauend, werden dann im vierten Modul die Grundlagen Systemischer Schulentwicklung gelegt, um damit das Handlungsfeld, aber auch die eigenen Handlungsmöglichkeiten auszuloten.
Im fünften Modul erhalten die Studierenden die Möglichkeit eigene Projektformate einzubringen und darin die Ausgestaltung von Rollenmustern zu erproben. Noch einmal vertieftend bearbeitet werden die auf die eigene Person bezogenen Prozesserfahrungen in performativ-gestaltender Weise, um im Sinne ästhetischer Lernprozesse die in dem Gestaltungsprozess liegende Reflexivität zu fördern. Das Praxismodul ist gerahmt von einem die Kleingruppen begleitenden, professionellen Coaching durch Prozessbegleiter*innen (KTC).
Das letzte Modul schließt das Studium dann mit der Masterarbeit zu einem selbstgewählten Thema ab.
Forschungsdesign
Im Fokus der hier vorgestellten Untersuchung steht die Frage nach Zusammenhängen zwischen der Disposition der/des Einzelnen, den (inter-/professionellen) Handlungsfeldern, bereits vorhandenem (Professions-)Wissen und dem Studium in Hinblick auf die interprofessionelle Zusammenarbeit sowie die Erweiterung der eigenen Kompetenzen in Bezug auf Reflexivität.
Um sowohl das Erleben einzelner Akteure mit ihren Sinn- und Bedeutungszuschreibungen, als auch situative und organisatorische Vollzugswirklichkeiten analysieren zu können, setzt das Forschungsvorhaben an unterschiedlichen Stellen an. Es werden Schriftstücke aus den Bewerbungsverfahren einbezogen, ethnographisch-beobachtende Erhebungen (vgl. Breidenstein et al. 2014) wie auch narrativ-biographische Interviews durchgeführt (vgl. Flick et al. 2007; Kruse 2014). Als Auswertungsmethode folgen wir dem Vorgehen der Grounded Theory nach Corbin und Strauss (2008).
Konkret heißt das: Zunächst werden die Bewerbungsschreiben im Sinne einer umfassenden Dokumentenanalyse gesichtet und bilden die erste Datenmenge. Im Weiteren berichten die Bewerber*innen in Bewerbungsgesprächen von ihren Vorerfahrungen, von vorhandenen Kompetenzen und von den mit dem Studium verbundenen Zielen. Anhand der Interviews lassen sich so auch professionelle Verortungen, die interprofessionellen Arbeitszusammenhänge der aktiven Akteure des Felds wie auch die individuellen (Ein-)Sichten biographisch-rekonstruktiv untersuchen.
Diese Form des forschungsmethodischen Settings wird im weiteren Studienverlauf zu zwei Erhebungszeitpunkten (nach dem zweiten Semester; nach Abschluss des Studiums) wiederholt und durch eine qualitative schriftliche Abfrage ergänzt.
Das Forschungsdesign sieht ein vornehmlich qualitatives Setting vor, mit dessen Hilfe Fallvignetten erstellt werden, die typologisch-generalisierte Aussagen zulassen. Der Erhebungszeitraum erstreckt sich zurzeit von dem Bewerbungsschreiben bis nach der Abgabe der Masterthesis über ca. zweieinhalb Jahre.
Materialanalyse – erste Schritte in die Daten
In einer ersten Analysephase wurden die Bewerbungsschreiben als Datenquelle, gesichtet und mit MAXQDA offen codiert und anschließend geclustert. Die Bewerbungsschreiben werden von allen Bewerber*innen eingereicht, um damit etwas über ihre Motivationen, aber auch ihre Erwartungen gegenüber dem Studiengang zu erfahren. Auf dieses Wissen aufbauend werden dann die individuellen Bewerbungsgespräche vertieft geführt. Auffällig waren in der Sichtung der Bewerbungsschreiben die sehr unterschiedlichen Textsorten, aber auch Gestaltungen der Schriftstücke, die im Sinne von Motivationsschreiben den Unterlagen beigefügt waren: Hintergrundbilder, farbliche Unterlegungen, szenische Beschreibungen, Hervorhebungen durch Fond-Gestaltung, Rhythmisierung des Textes durch Aufzählungen, Frageblöcke, (berufs-)biographische Absätze, Deklarationen („Das treibt mich an.“, „Ich bin bereit“) etc. Diese grobe Übersicht verweist bereits darauf, dass sich das „Was“, die Motivation der Bewerber*innen, auch durch das „Wie“ der Gestaltung der Motivationsschreiben transportiert. Die hohe Motivation, sich selbst und das eigene Anliegen verständlich zu machen, zeigt sich somit über die textliche Darstellung wie auch die graphisch-bildliche Gestaltung. Das Motivationsschreiben wird als Gestaltungsraum sehr individuell genutzt. Textformate und inhaltliche (Selbst-)Beschreibungen unterscheiden sich deutlich. Dabei werden bereits hier unterschiedliche professionsbezogene Aspekte sichtbar. Lehrer*innen berichten vermehrt von ihrem Bedürfnis, sich innerhalb des Kollegiums, aber ggf. auch außerhalb des Kollegiums mit anderen zu vernetzen und dadurch Verbünde zu schaffen, die eine höhere Arbeitszufriedenheit ermöglichen. Künstler*innen und Vermittler*innen weisen oftmals auf strukturelle Grenzziehungen des „Systems Schule“ und damit auf Hindernisse im interdisziplinären und interinstitutionellen Miteinander hin. Die darin persönlich gefühlte Ohnmacht der Außerschulischen gegenüber dem System Schule führt zu einer Vorannahme, in der – ohne Einbeziehung der systemischen Gegebenheiten – behauptet wird, mit der eigenen Profession Schule und Lernen „besser zu machen“. Aus beiden beruflichen Hintergründen ergibt sich die Bearbeitung der Haltungsfrage als ein zentraler Weiterbildungsgegenstand.
In der text-basierten Analyse der Bewerbungsdokumente entstand ein breitgefächerter Kategorienbaum. Dabei kristallisierten sich nachfolgende Themen als besonders relevant heraus, da einerseits hierdurch die eigene Verortung der Studierenden im Feld Kultureller Bildung und andererseits deren Motive und Anliegen mit Blick auf den Weiterbildungsmaster aufzeigt werden.
Verortungen
Auffällig war, dass die eigenen Erfahrungen aus dem professionellen Alltag als Lehrperson in Schulen und Kulturinstitutionen oder als Gestalter*in von Vermittlungsformaten wie auch von speziellen Weiterbildungen im Kontext Kultureller Bildung oft polarisierend ausgeführt wurden. Der Spannungsbogen reichte dabei von persönlicher Unzufriedenheit, der Bemängelung von Zuständen und der Entscheidung, etwas zu ändern bis dahin, „einen anderen Blickwinkel“ einnehmen und eine mehrdimensionale Betrachtungs- und Analysefähigkeit erwerben und einüben zu wollen.
Das Studium, so erste Auswertungen, soll unbedingt theoretisch „fundieren“, aber gleichzeitig die für die Bewältigung der Arbeit im Feld notwendigen Kompetenzen vermitteln und/oder weiterentwickeln, um so an der Schnittstelle mit einem kooperativen Selbstverständnis handeln zu können. Darüber hinaus soll es in seiner berufsbegleitenden Struktur den Studienbewerber*innen Möglichkeiten bieten, „kulturelle Praxis mit dem Bildungssystem zu verknüpfen“, „Bedingungen für interdisziplinäre Projekte zu schaffen“, einen „Brückenschlag“ zwischen Schule und außerschulischem Feld ermöglichen, um „innerhalb“ von Schule zu wirken und Kindern Teilhabechancen zu ermöglichen.
Formuliert wird ein starkes Interesse, innerhalb des Studiengangs bestehende (Feld-)Strukturen zu befragen, zu analysieren und den eigenen Blickwinkel zu verändern. Gerade die Motivation, sich reflexiv theoretisch und praktisch innerhalb des Feldes Kultureller Bildung zu verorten ist verknüpft mit einem Anliegen, Veränderungsimpulse im Austausch „an den Nahtstellen“ unterschiedlicher Akteure und Professionen zu generieren.
Grenzgänge – Grenzsprünge
Ein weiterer, deutlicher Fokus liegt nach jetzigen Erkenntnissen bei den Bewerber*innen auf der Bearbeitung systemischer Grenzen. Um dies richtig zu verstehen, sind die berufliche Bandbreite der Bewerber*innen und darüber hinaus die unterschiedlichen Rollenübernahmen zu vergegenwärtigen: So kommen die Interessent*innen bspw. aus folgenden Erfahrungsbereichen: Graphiker*in im Kontext Unterricht, Lehrer*in in Kunstprojekten, als Kooperationspartner*in mit anderen Institutionen, als Theaterpädagog*in, als Projektleiter*in in Stiftungsprogrammen, Lehrer*in in Zusammenarbeit mit regionalen kulturellen, aber auch politischen Akteuren.
Die berufspraktische Überschreitung systemischer Grenzen – und auch Grenzziehungen – verweist auf die Suche nach „Anschlusspunkten“, nach gemeinsamen Fragestellungen der Beteiligten etwa im Hinblick auf gesellschaftliche Entwicklungen und Diskurse, die sich in Bildungspraktiken und -institutionen zeigen.
So geraten nicht nur die Individuen als Adressat*innen der kulturellen Bildungsangebote in den Blick, sondern ebenso die Entwicklung von (von inter-institutioneller Zusammenarbeit geprägten) Bildungslandschaften. Dies zeigt sich in den Bewerbungsschreiben durch eine erhöhte Sensibilität für das Miteinander von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und für systemische und professionsbedingte Unterschiede. So expliziert z.B. eine Bewerberin, dass sie sich „täglich zwischen Kulturen“ bewege, was sie selbst für sich positiv belegt, als besondere berufliche Herausforderung versteht.
Hier wird das eigene professionelle Handeln als Bewegung im „Dazwischensein“ expliziert, indem die Studienbewerberin ihr Lehrerinnenhandeln in der Schule in Beziehung zu unterschiedlichen Kulturen setzt. Da gibt es für sie Sprachkulturen, Unterrichtskulturen, Handlungskulturen, organisationale Kulturen oder auch die Schulkultur. Das Schreiben über Kulturen als Pluralität verweist bei vielen Bewerber*innen auf ein Verständnis von Kultureller Bildung als komplexes Gefüge. Dies wird in den Motivationsschreiben einerseits immer wieder konstatiert, andererseits wird gleichzeitig der dadurch entstehende Bedarf nach theoretischer Auseinandersetzung und Fundierung des eigenen Verständnisses formuliert. Was hier aus der Perspektive einer Lehrkraft deutlich gemacht wurde, gilt ebenso für Vermittler*innen und Künstler*innen. Diese Befunde werden gestützt durch Aussagen in der Literatur (Eger/Klinge 2015), die Perspektiven auf künstlerische Vermittlungsformate aufzeigen.
Ein weiterer Aspekt der Kategorie „Grenzgänge – Grenzsprünge“ ist die gewünschte Verknüpfung von Theorie und Praxis. Wie ein roter Faden zieht sich in den analysierten Dokumenten das Anliegen durch, sich im Studium nochmal „als Lernende*r“ zu erleben, „Fragen zu entwickeln“ und so in einem intensiven Austausch zu sein. Dabei wird die Bedeutung des Praxisbezugs und des eigenen Handlungsfelds als Erprobungsraum für eine klarere Positionierung als überaus wichtig angesehen. Hier wiederholen sich die oben gemachten Beobachtungen bezogen auf Grenzgänge, bei denen sich die bereits berufserfahrenen Studienbewerber*innen mit und in ihrer Expertise auf „Neuland“ begeben wollen. Universitäre Weiterbildung wird so als Möglichkeit der theoretischen Rahmung und Herausforderung gesehen und durch die Möglichkeit des Projektmoduls direkt mit ihrem professionellen Alltag und ihrer Berufspraxis verbunden.
Raum
Die Bezugnahme auf „Raum“ umfasst ein breites Spektrum. Drei verschiedene Deutungen von Raum können dabei herausgehoben werden. Der „persönliche Raum“, der durch das Studium gewonnen wird, spielt in den Äußerungen eine zentrale Rolle. Das Studium schenkt aus Sicht der Untersuchten persönliche Gestaltungsräume, um eine neue Fokussierung vorzunehmen, den aktuellen Diskurs im Feld vertieft kennenzulernen und Positionierungen zu unterscheiden, aber auch um die Relevanz des eigenen Handelns zu hinterfragen und zu klären.
In direkter Verbindung steht dazu der „Raum zur inhaltlichen Klärung“. So lässt der Berufsalltag in der Wahrnehmung der Untersuchten oftmals kaum Luft, zur Ruhe zu kommen und mit Abstand vom Feld auf einer Metaebene über das Feld selbst, die damit verbundenen Anliegen, oder auch über die sachliche Klärung des verwendeten Vokabulars nachzudenken. Das Studium erscheint mit seinem wissenschaftlichen Anliegen passend, um dieses Vakuum zu füllen. „Raum als Ort im Sinne der Gestaltung“ von Kultureller Bildung wird als dritter Aspekt in den Aussagen der Studierenden noch einmal besonders gewertet. Aufgerufen werden dabei exemplarisch materiale Räume wie der Schulraum, das Museum oder diskursiv-begriffliche bzw. empfundene Räume wie das Feld der Kulturellen Bildung selbst, der Entwicklungsraum oder auch der freie kulturelle Raum.
Warum bestimmte Räume herausgefiltert werden konnten, verweist auch auf die mit der Kategorie Raum verbundenen Anliegen. Eine Person beschreibt ihr Studienmotiv damit, „... dem System Schule noch eine Chance zu geben, sich als ein Ort zu erweisen, in dem es Gestaltungs-Räume (für mich) gibt.“ Hier artikuliert sich ein Spannungsgefüge zwischen dem System Schule, der Schule als Ort und den Vorstellungen persönlicher Gestaltungs-Räume. Letztere lassen sich im Kontext der Motivationsschreiben gleichermaßen als materiale, architektonisch gestaltbare Räume z.B. in Schule oder Museum, wie auch als Räume, in denen die Person sich als (professionell) handelndes Individuum erleben möchte, benennen. Studierende äußern sich in dieser Hinsicht z.B. so: „Schon lange gehört es zu einer meiner Überzeugungen, dass kulturelle Bildung in die Schule gehört und mehr Raum dafür geschaffen werden muss. Diese Haltung wuchs parallel zu meiner Biografie.“ Die Überzeugung, die hier formuliert und deklariert wird, fußt auf der „eigenen Biographie“. Analytisch aufschlussreich ist die herausgestellte Beziehung zwischen der eigenen Biographie und einer daraus entstandenen Haltung: insbesondere das „Wachsen“ einer Haltung „parallel zur eigenen Biographie“ ist eine Formulierung, mit der im Folgenden auch andere Dokumente in den Blick genommen wurden. In den Analysen wiederholte sich diese Verknüpfung in den Formulierungen, sodass eine Kernkategorie aus der Analyse die der Haltung ist.
Haltung als Kernkategorie
In vielen Dokumenten findet sich das Anliegen, innerhalb des Masterstudiums in interprofessionellen Austausch zu kommen. Während im Berufsalltag oftmals wenig Raum für konzeptionellen Austausch zur Verfügung steht, wird das Studium als Chance empfunden, diesen Austausch vor allen Dingen auch interprofessionell zu beleben. Bezogen auf das Aufeinandertreffen von Akteuren aus dem Feld der Kulturellen Bildung während des Studiums wird auch das Anliegen geäußert, mit anderen in Austausch zu kommen, von der Expertise der anderen zu profitieren und eben auch Synergieeffekte zu generieren. Dabei wird einerseits auf das inter-professionelle Moment, die Differenz oder Andersartigkeit von Perspektiven, die dadurch aufeinandertreffen können, verwiesen. Auf der anderen Seite wird Peer-Austausch gesucht, in dem das vergemeinschaftende Element darin besteht, Kulturelle Bildung in den je eigenen Bereichen (weiter) zu entwickeln, aber auch das eigene Handeln kritisch zu hinterfragen. So wird, bezogen auf das eigene Handeln, auch eine Art von Qualitätsmanagement gesucht, bei dem durch die Begegnung auf Augenhöhe das kritisch konstruktive Moment im Miteinander möglich wird. Es geht also darum „Fragen zu entwickeln“, sich durch andere Perspektiven ver(un)sichern zu lassen, aber auch um einen Zeit-Raum, das eigene Anliegen zu „fundieren“.
Innerhalb der unterschiedlichen Arbeitskontexte scheinen die Bewerber*innen zum Teil als separierte Einzelpersonen zu agieren und zu navigieren. Die beiden oben genannten Punkte der Interprofessionalität und des Peer-supports gehören allem Anschein nach nicht zum Alltag der Bewerber*innen; dies zeigt sich beispielsweise in den Äußerungen einer Bewerberin, die im Kollegium eine Stimmung wahrnimmt, wonach Kulturelle Bildung „als Belastung“ empfunden wird und bereits die Kooperation und der professionelle Austausch im Kollegium Fragen offen lässt. So lässt sich aus unterschiedlichen Äußerungen schlussfolgern, dass die Bewerbung ein Zeichen ist, in den Dialog zu kommen, sich mit anderen vernetzen zu wollen, aus einem Einzelkämpfer*innentum herauszukommen und inhaltlich wie auch ganz praktisch Verbündete zu finden.
Aus dieser Perspektive ist der Studiengang, wie es Anke Abraham (2016), ein Gründungsmitglied des Masters, formulierte, als Modell in zweierlei Hinsicht zu verstehen: als Abbild und als Vorbild im Sinne einer Praxis, die Fragestellungen des Feldes bezüglich Kooperation sowie Diversität und Heterogenität aufgreift und umsetzt. Die Handlungspraxen von Akteuren mit ihren jeweiligen Logiken versteht sie als Bedingungen für Kooperation, was sich in den bisher erhobenen Forschungsdaten abzeichnet und in denen die Handlungspraxen thematisiert und Selbstverständnisse versprachlicht werden: „Kulturelle Bildung ist nicht nur eine Frage der Strukturen, sondern auch einer kollegialen und kooperativen Haltung.“
Übergeordnetes Ergebnis
Insgesamt war in dem Prozess der Datenanalyse herausstechend, dass den Kategorien stets der (auto-)biographische Werdegang zugrunde liegt und dieser das Fundament der Textstücke bildet. Alle Bewerbungsschreiben folgen einer narrativen Logik, in der die Motivation, den Master-Studiengang studieren zu wollen, und die persönliche Initiative für das Studium als notwendiger (Wende-)Punkt innerhalb ihrer Biographie betont wird. Kulturelle Bildung wird – auch wenn die Arbeitskontexte und professionellen Positionierungen different sind – als ein Handlungsfeld beschrieben, das professionell bearbeitet ein hohes Maß an biografischen Bezügen mit den entsprechenden Zuschreibungen beinhaltet.
Aus den professionellen Handlungsfeldern bringen die Bewerber*innen ihre eigenen Kenntnisse ein und verdeutlichen auch, was sie „mitbringen“. Geht es aus einer biographietheoretischen, rekonstruktiven Perspektive darum, wie subjektive Sinnhaftigkeit konstruiert wird, so können die verschiedenen Textsorten als reflexiv und generativ zugleich interpretiert werden, in der die je individuelle Perspektive und Welt(an)sicht als stimmig hergestellt wird. Die Bewerber*innen beschreiben von diesem Standpunkt aus ihr Anliegen, den WBM KuBiS zu studieren, um die eigene Handlungsfähigkeit auf eine noch offene Zukunft hin zu erweitern: „Ich habe große Lust auf die Rolle des ‚Lernenden‘ mit der Möglichkeit für Austausch und Vertiefung in einer Lerngruppe aus Kulturschaffenden und Lehrenden“. Sich als langjährig Berufstätige/r wieder als Lernende/r zu begegnen – mit Austausch und Vertiefung – kann hier als grundlegende Haltung gelesen werden, das Unbekannte und Neue als Teil des eigenen Tuns zu verstehen. Dabei werden auch Herausforderungen, Grenzen, Unzufriedenheit benannt, aber auch (Selbst-)Kritik geübt; die eigenen Wege werden nicht als linear, sondern in ihren, sich überlagernden Anliegen, Veränderungen und Windungen abgebildet. So zeigen sich vielschichtige Verflechtungen, Kenntnisse, aber auch Perspektivierungen auf das Feld und seine Akteure.
Diskussion - Wege und Wendungen zur Haltung
In dieser Auseinandersetzung mit dem Material zeigen sich Verdichtungen, werden Spannungslinien deutlich und entstehen Fragen, z.B. wie aus dem operativ umgesetzten interprofessionellen Dialog ein interdisziplinäres Miteinander systematisch erwachsen kann. Diese Aspekte gilt es im weiteren iterativ-zyklischen Prozess der Analyse einzubringen und erneut das Datenmaterial zu befragen.
Der aufgenommene Faden der (Inter-)Professionalität des eigenen Handelns unter Berücksichtigung der biografischen Bezüge und der damit verbundenen Haltungsfrage zum Feld, aber auch zu dessen Akteuren, scheint ein zentraler Dreh- und Angelpunkt zu sein. Die in der qualitativen Analyse aufscheinenden Kategorien verweisen darauf, dass der Studiengang in seinem Aufbau einem breiten Spektrum an Akteur*innen im Feld mit ihren Anliegen und Ansprüchen als Möglichkeit erscheint, dies zu gewährleisten. Dabei nimmt sich der Studiengang vor, „sich selbst, aber auch den Studierenden das Feld fremd zu machen“ und unternimmt so auch die von den Befragten eingeforderte kritische Betrachtung des Feldes – in seinen vielschichtigen Möglichkeitsräumen, aber auch machtvollen Setzungen und Unterscheidungen.
Was wir bis jetzt unter Hinzunahme externer Beobachtungsprotokolle aus den Moduldurchführungen feststellen, ist eine Differenz zwischen formaler Kooperation und „Kooperativität als Haltung“. Den Studiengangsleiter*innen ist es wichtig, in jedem Modul Situationen zu generieren, in denen die akteursspezifischen Sichtweisen aufeinandertreffen und die Bedingungen nachhaltiger Kooperationen zwischen Schule und außerschulischen Institutionen bzw. das Handeln der Akteure hinterfragt wird. In diesen Situationen entstehen Schnittstellen, d.h. Überschneidungsmomente und gemeinsame Handlungsfelder. Die so gewonnenen Einblicke in professionelle Positionierungen, individuell-biographische Prozesse, aber auch kollektive (Feld-)Bewegungen bilden ein erstes Forschungsergebnis ab, indem einerseits die individuellen Konstruktionen inter-professioneller Begegnung mit Blick auf die eigene professionelle Haltung deutlich wird und damit Aufschluss über die individuelle Konstruktion des Feldes liefert. Andererseits können so auch Diskursgestalten, geteilte und verhandlungsbedürftige Themen sowie (nicht-)markierte Selbstverständlichkeiten herausgearbeitet werden. Es gilt, das komplexe Gefüge zwischen den Studierenden aufzuzeigen, denn – so Frauke Kurbacher und Philipp Wüschner in ihrer Einleitung des Haltungsbegriffs – „Haltung ist ein Relationsphänomen“ (2016: 5). Sie konturieren Haltung als „multiperspektivische[n] Grundbegriff menschlicher (Selbst)-Reflexion und des Verstehens“ (2017: 14) und fordern, eben diese Pluralität und zuweilen Ambivalenz von Haltungen in ihren jeweiligen Artikulations- und Ausdrucksformen zu untersuchen (vgl. 2016:12).
Gerade mit Blick auf Kulturelle Bildung als heterogenes, bildungspolitisches Feld, können empirische Daten die (Selbst-)Verortungen nachzeichnen und über einen Verlauf begleiten und entfalten. Durch die Module werden Themenschwerpunkte gesetzt, wobei jedoch die unterschiedlichen Erfahrungen, Fragen und Anliegen der berufserfahrenen Teilnehmenden nicht minder einflussreich sind. Haltung, verstanden als körperliches Phänomen, als (habituelle) Grundeinstellung oder auch (Selbst-)Bezüglichkeit, ist dann im Sinne Kurbachers das „Dazwischen, die Relation als das Konstitutivum einer Person“ (Köppel 2016:164). Der Begriff der Haltung erweist sich als theoretisches Instrument, um „Kooperativität“ ausdifferenzieren zu können. Was im weiteren Forschen zu untersuchen wäre ist die Frage danach, wie sich Kooperativität (nicht) zeigt und wie sie erklärt, dargestellt, verschwiegen wird. Christina Schwer und Claudia Solzbacher (2014) widmen sich dem Aspekt der Haltung im pädagogischen Handeln auch mit Blick auf Widersprüchlichkeiten und Reflexivität; Carmen Mörsch (2014) adressiert das Feld der Kunstvermittlung aus diverstiätssensibler bzw. -kritischer Perspektive. Es wäre demnach gerade auch zu fragen, wie Haltungen unterschiedlicher Akteure sichtbar werden, ob und wie Ambivalenzen verhandelt oder markiert werden. In den Zusammenhängen von Haltung und Handeln, in den Verhältnissen zu Anderen und Anderem können so Prozesse der (reflexiven) Auseinandersetzung, (Dis-)Kontinuitäten sowie (normative) Um-/Setzungen am Beispiel des Weiterbildungsmasters zum Gegenstand werden.
Im Weiteren gilt es nun die biographischen Verläufe sowohl innerhalb von Durchführungsgruppen als auch vergleichend, bezogen auf die individuelle „eigene Haltung“ und die Ansprüche an „das Feld“, zu analysieren. Dabei werden die jeweils feldspezifischen Logiken der Akteure bedeutsam, hier auch in der Betrachtung des interprofessionellen Miteinanders der Lehrenden im Master sowie der interinstitutionellen Kooperationspartner des Studiengangs wie z.B. Stiftungen, Kulturinstitutionen, Ministerien und Schulen.
So werden auf unterschiedlichen Ebenen die Prozesse Kultureller Bildung reflexiv betrachtet. Diese in den Blick genommen, bedeutet dies, dass durch die personelle Zusammensetzung und inhaltliche Gestaltung des WBM KuBiS, als ein mögliches Abbild der gegenwärtigen Landschaft von Akteuren, Fragestellungen und Arbeitsweisen Kultureller Bildung, potentiell Rückkopplungseffekte in und für das Feld generiert werden können. Über die Einblicke, die diese Daten geben, lassen sich Prozessverläufe rekonstruieren, aber auch die konstruierten Kategorien in ihren Relevanzen perspektivieren. Die fortlaufenden und folgenden Erhebungen zielen darauf, Veränderungen nachzuzeichnen, die sich innerhalb des Feldes und seiner Akteurslandschaft vollziehen.