Digitalität und Wandel: Neue Wege der Fort- und Weiterbildung

Überlegungen zur Professionalisierung im Kulturbereich

Artikel-Metadaten

von Daniel Autenrieth, Claudia Baumbusch, Anke von Heyl

Erscheinungsjahr: 2024

Peer Reviewed

Abstract

Der Beitrag unterstreicht die Bedeutung von Fort- und Weiterbildung im Kulturbereich vor dem Hintergrund technologischer, gesellschaftlicher und kultureller Entwicklungen. Ausgehend von einer Betrachtung globaler Veränderungsprozesse sowie Überlegungen zu einem veränderten Verständnis von Lehren und Lernen unter den Bedingungen einer Kultur der Digitalität, wird ein Bedarf an Fort- und Weiterbildungsangeboten skizziert, der flexibel auf die Dynamik dieser Entwicklungen reagiert und damit eine bedarfsgerechte Unterstützung von Fach- und Führungskräften im Kulturbereich ermöglicht.

Der Beitrag stützt sich auf Einblicke in aktuelles Studienmaterial sowie auf erste Erkenntnisse aus einer Design-Based-Research-Studie der Autor:innen, die darauf hinweisen, dass Fach- und Führungskräfte im Kulturbereich in der Lage sind, ihre Bedürfnisse an die eigene Professionalisierung klar zu benennen. Eine breitere Nutzung der verfügbaren digitalen Tools, wie sie in anderen Branchen bereits üblich ist, steht im Kulturbereich jedoch noch aus. Es werden konkrete Überlegungen zur Veränderung der Fort- und Weiterbildung im Kulturbereich vorgestellt, die die Notwendigkeit betonen, jenseits bestehender Routinen neue, praxisorientierte Konzepte zu entwickeln und umzusetzen. Dies erscheint als ein zentraler Schritt, um den Herausforderungen einer dynamischen Welt aktiv zu begegnen und den Kulturbereich zukunftsorientiert weiterzuentwickeln.

Die Bereitschaft, sich kontinuierlich weiterzubilden und die eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse zu erweitern, ist vor dem Hintergrund aktueller technischer, gesellschaftlicher und kultureller Entwicklungen (Krotz 2007; Stalder 2021; Döbeli Honegger 2021) von zentraler Bedeutung. Der häufig beschriebene und geforderte Lernkulturwandel (Arnold und Schüßler 1998) muss im Sinne einer Neuorientierung des Bildungswesens der Tatsache Rechnung tragen, dass die sich immer schneller wandelnden Anforderungen der Berufswelt und der Gesellschaft nicht allein auf fachlicher Spezialisierung und Detailkenntnissen aufbauen können. Stattdessen stehen Menschen vor der Herausforderung, sich zu „wandlungsbereiten und wandlungsfähigen Subjekten“ (Bauerdick, Eichener und Wegge 1993, 114) zu entwickeln, die über „selbstschärfende Qualifikationen“ (ebd.) verfügen und sich eigenständig die notwendigen Fachkenntnisse und Kompetenzen aneignen können, wenn diese benötigt werden.

Vor diesem Hintergrund sollen im Folgenden die Potenziale selbstgesteuerter Fort- und Weiterbildungsangebote im Kontext einer zukunftsorientierten Professionalisierung von Fach- und Führungskräften im Kulturbereich untersucht werden. Theoretischer Ausgangspunkt hierfür ist zunächst ein Blick auf globale Wandlungsprozesse und den daraus resultierenden Veränderungsdruck sowie die Darlegung unseres Verständnisses von Lehr- und Lernprozessen. Anschließend werden anhand verschiedener Studien bzw. Forschungsansätze die Anforderungen an zukunftsrelevante Kompetenzen im Kulturbereich dargestellt. Darüber hinaus gehen wir auf die Entwicklung neuer Formate und Plattformen ein, um abschließend mit Einblicken in eine Design-based-Research-Studie empirisches Material zu präsentieren, mit dem die unterschiedlichen Fort- und Weiterbildungsbedarfe im Kulturbereich und der Kulturellen Bildung deutlich werden.

Gesellschaftlicher Wandel und Veränderungsdruck im Kulturbereich

Das Institut für kulturelle Teilhabeforschung führte 2023 eine repräsentative Befragung in Berlin durch, um u. a. herauszufinden, ob das klassische Kulturpublikum nach den pandemiebedingten Schließungen inzwischen zurückgekehrt ist und wie sich die Situation bei den Gelegenheitsbesucher:innen und den Selten- bis Nie-Besucher:innen verändert hat (Allmanritter & Tewes-Schünzel 2023). Die Untersuchungen offenbaren tiefgreifende Veränderungen in den Besuchsgewohnheiten bei klassischen Kulturangeboten. Insbesondere unter den über 50-Jährigen ist ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen, während jüngere Generationen kaum Interesse an herkömmlichen Kulturformaten zeigen.

Angesichts dieser Herausforderungen stellt sich die Frage, wie Kultureinrichtungen relevante Angebote für ein breiteres und insbesondere jüngeres Publikum schaffen können (ebd.). Die Pandemie wird von Allmanritter & Tewes-Schünzel (2023) als einer der Auslöser für die veränderten Gewohnheiten benannt. Dies macht deutlich, wie nur eine unter vielen existenziellen Krisen die Produktions- oder Rezeptionsgewohnheiten von Menschen im Kontext vielfältiger (medialer) Lebenswelten verändern kann. Henning Mohr (2023) argumentiert daher, dass angesichts einer Zunahme dieser Krisen „wir uns die Aufrechterhaltung eines veralteten Status quo im Handlungsfeld der Kultur schlicht nicht mehr erlauben [können]“ (ebd, 23).

Ein fundierter Blick auf mögliche zukünftige gesellschaftliche Entwicklungen scheint uns vor diesem Hintergrund von großer Bedeutung, um prospektiv (De Haan 2008) Handlungsstrategien entwickeln zu können. Die Delphi-Studie „Arbeit 2050: Drei Szenarien“ aus dem Jahr 2019 unternimmt einen Versuch, zukünftige Arbeitswelten und gesellschaftliche Entwicklungen bis zum Jahr 2050 zu erkunden, und stellt diese durch drei detaillierte Szenarien dar. Diese Zukunftsszenarien reflektieren unterschiedliche Entwicklungswege, die durch den rasanten technologischen Fortschritt, die Globalisierung und die damit einhergehenden sozialen und ökonomischen Veränderungen geformt werden (Daheim & Wintermann 2019):

  • Szenario 1: Es ist kompliziert – eine zweischneidige Sache
    Die rapide Beschleunigung in sozialen, wirtschaftlichen und technologischen Bereichen hat die Welt komplexer gemacht. Wachstumsfelder wie synthetische Biologie, KI/Robotik und umweltfreundliche Technologien haben zu neuen Arbeitsplätzen geführt und Massenarbeitslosigkeit verhindert. 2050 sind sechs Milliarden Menschen im erwerbsfähigen Alter, verteilt auf verschiedene Beschäftigungsarten. Die technologische Entwicklung hat zur Entstehung weniger monopolistischer Großkonzerne geführt, deren Macht über staatliche Kontrolle hinausgeht. Trotz der Schaffung neuer Arbeitsplätze durch Technologien wie KI und Quantencomputer hat die Integration eines bedingungslosen Grundeinkommens soziale Unruhen verhindert. Die Gesellschaft passt sich an das Verschwinden des traditionellen Ruhestands an und Senioren tragen weiterhin zur Wirtschaft bei. Cyberkriminalität und Informationskriege bleiben jedoch ein allgegenwärtiges Problem (ebd. 12).
  • Szenario 2: Politische / wirtschaftliche Turbulenzen – Zukunft der Verzweiflung
    Dieses Szenario ist geprägt von einem zunehmenden Wohlstandsgefälle und der Zerstörung von Arbeitsplätzen durch neue Technologien, was zu politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen führt. 2050 gibt es sechs Milliarden Menschen im erwerbsfähigen Alter mit hoher Arbeitslosigkeit und einer starken Zunahme der Schattenwirtschaft. Die politische Polarisierung hat konstruktive Diskurse verhindert, was zu Vernachlässigungen in Bildung, Wirtschaft und sozialem Zusammenhalt führte. Globale Krisen wie Klimawandel, Terrorismus und organisierte Kriminalität dominieren das Weltgeschehen. Maßnahmen wie ein bedingungsloses Grundeinkommen zur Linderung der Probleme fehlen, was zu sozialen Konflikten und zunehmender Entfremdung führt (ebd. 13).
  • Szenario 3: Wenn die Menschen frei wären – die Selbstaktualisierungs-Ökonomie
    Der Übergang zu einer Wirtschaft, die auf Selbstaktualisierung basiert, markiert einen historischen Wandel. Die Menschheit diskutiert über die Zukunft der Zivilisation und individuelle Potenziale. Durch den Fortschritt in KI und anderen Technologien werden Menschen von traditioneller Arbeit befreit und können sich ihrer Selbstverwirklichung widmen. Erfolgreiche Testläufe eines bedingungslosen Grundeinkommens zeigen positive Effekte auf Gesellschaft und Wirtschaft. 2050 gibt es eine nachhaltige Weltwirtschaft, die den meisten Menschen einen gehobenen Lebensstandard bietet. Die Rolle der Arbeit hat sich gewandelt und Technologie sowie politische und wirtschaftliche Strategien, einschließlich des bedingungslosen Grundeinkommens, spielen eine zentrale Rolle in dieser Entwicklung (ebd. 14).

Die Szenarien machen deutlich, dass wir uns global an einem Punkt befinden, an dem wegweisende Entscheidungen getroffen werden müssen. Max Fuchs bringt es auf den Punkt, wenn er sagt, dass „es unstrittig [ist], dass zur Bewältigung dieser Herausforderungen, die sich nicht nur einzelnen Gesellschaften und Staaten stellen, sondern globale Trends darstellen, radikale gesellschaftliche Umwandlungsprozesse notwendig sind“ (Fuchs 2023, 162).

Kultur ist gleichzeitig Spiegel und Gestalterin gesellschaftlicher Prozesse, die auch der Aushandlung und Realisierung sozialer Bedeutungen und der normativen Dimension der Existenz dient (Stalder 2019, 16). Sie wird in Zeiten des Umbruchs zum zentralen Schauplatz des Wandels. Die Notwendigkeit, Kulturelle Bildung neu zu denken und zu gestalten, ist dabei hochrelevant. In einer durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit geprägten Welt (auch bekannt als VUCA-Welt: Akronym für volatility, uncertainty, complexity, ambiguity) muss Kulturelle Bildung auf vielfältige Weise reagieren.

Es geht darum, Menschen entlang der gesamten Bildungskette (von der Kita bis zur Erwachsenenbildung) dabei zu unterstützen, ein Bewusstsein für die komplexen Zusammenhänge zwischen individuellem Verhalten, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen sowie globalen Prozessen zu schaffen, und gleichzeitig zu einer kritischen Auseinandersetzung mit diesen Themen zu ermutigen. Das Ziel ist dabei, Menschen dazu zu befähigen, die Dynamiken der heutigen Welt zu verstehen, eigene Positionen zu entwickeln und aktiv an der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft mitzuwirken. Die Förderung von Kompetenzen wie kritisches Denken, kreative Problemlösung, interkulturelle Kommunikation und Empathie wird entscheidend sein, um den vielfältigen und sich wandelnden Anforderungen der heutigen Gesellschaft gerecht zu werden (6K Modell; Fullan 2014).

Diese Erkenntnis fordert uns auf, proaktive Schritte zu unternehmen, um die zukünftige Gestaltung unserer Arbeits- und Lebenswelten nicht nur zu adaptieren, sondern aktiv mitzugestalten und dabei insbesondere die Rolle von Kultur und kreativer Arbeit in einer sich wandelnden Welt neu zu definieren. Einem zeitgemäßen und an die Bedürfnisse der Fach- und Führungskräfte im Kulturbereich angepassten Fort- und Weiterbildungsangebot kommt vor diesem Hintergrund eine entscheidende Bedeutung zu. Ein aus unserer Sicht hierfür notwendiges Verständnis von Lehren und Lernen, insbesondere unter den Voraussetzungen einer Kultur der Digitalität (Stalder 2019), soll im Folgenden näher betrachtet werden.

Neues Verständnis von Lehren und Lernen – Absage an den Vermittlungsbegriff

Mit dem Begriff des Lehrens geht meist ein Verständnis von Lehrenden einher, die als Vermittler:innen agieren, und es ergibt sich eine Vorstellung, nach der die Intention (institutionell zum Beispiel verankert durch Lehrpläne und Curricula) im Einklang mit der Anwendung von Lehrstrategien steht.  Durch die Vorausplanung von Lernprozessen wird ein System geschaffen, das die lernenden Subjekte in einer Art Automatismus dazu zwingt, wie gewünscht zu lernen. Unter anderem Holzkamp (2008) kritisiert diesen Lehr-Lern-Kurzschluss und gibt zu bedenken, dass derartige Arrangements „über die Köpfe der Betroffenen [der Lernenden] hinweg“ agieren. Das erzeuge vor allem „Widerstand, Verweigerung, Ausweichen", wobei – sofern es überhaupt zum Lernen kommt – dieses als „‚defensives Lernen‘ nicht auf (...) ein tieferes Verständnis der Lerninhalte etc. gerichtet ist, sondern lediglich darauf, die Lehrenden zur Abwendung von Sanktionen ‚zufrieden zu stellen‘, d. h. Lernerfolg zu demonstrieren bis vorzutäuschen“.

Vor dem Hintergrund eines konstruktivistischen Lernverständnisses und den damit einhergehenden Annahmen einer Strukturdeterminiertheit und Nicht-Trivialität des lernenden Subjekts (Arnold & Schön 2019, 26) wird zum einen unterstrichen, dass eine Person nicht von außen zu einer bestimmten Reaktion veranlasst werden kann. Zum anderen ist von Bedeutung, dass der Mensch als komplexer Organismus mit seiner individuellen Geschichtlichkeit hohe strukturelle Dynamiken besitzt, so dass eine lineare Input-Output-Beziehungsstruktur im Sinne einer Vermittlung von Inhalten durch Lehrende in Anlehnung an einen Erfolgsbegriff des Lehrens kaum zielführend erscheint.

Wenn man einen Absichtsbegriff von Lehren zugrunde legt, der dadurch geprägt ist, dass von „‚Lehren‘ immer dann die Rede sein [kann], wenn die Absicht zu lehren bestanden hat“ (Pachner 2018, 1441), muss zur Nutzbarmachung des Begriffs dann aber auch von einer „erzeugungsdidaktischen Konzeption von Vermittlung“ (Arnold & Schön 2019, 46) Abschied genommen werden, um ermöglichungsdidaktische Konzeptionen mit ihren prinzipiell wirkungsoffenen Ansätzen zuzulassen.

Die „Absicht zu lehren drückt sich dann in einer Anerkennung dessen aus, dass „Verstehen und Lernen als Aneignung [...] unverwechselbare Subjektleistungen [darstellen]“ (Meueler 2001, 11), wobei Subjekte hier die Lernenden beschreiben. Dies bedeutet gleichzeitig nicht, dass damit die Verantwortung für das Lernen auf die Lernenden abgewälzt wird, sondern dass die Absicht des Lehrens darauf gerichtet sein muss, Arrangements zu entwerfen, welche aktivieren, Lernende in ihrer Selbstständigkeit unterstützen und diese zu kooperativen und erfahrungsbasierten Aneignungs- und Konstruktionsprozessen anzuregen (Pachner 2018, 1448).

Lehren und Lernen in einer Kultur der Digitalität

Annäherung an den Begriff

Digitalisierung beschreibt im engsten Sinne eine Umwandlung analoger Medien in digitale Formate, wie zum Beispiel beim Scannen eines Buches. In einem weiteren Sinn betrachtet geht es bei der Digitalisierung jedoch um weitreichende Veränderungen, die durch die Verwendung digitaler Medien in verschiedenen Prozessen entstehen (Stalder 2021, 3). Digitalisierung als Produkt menschlicher Kultur (Rat für Kulturelle Bildung, 2019) ist allerdings nicht nur ein technologischer, sondern in erster Linie ein Metaprozess (Krotz 2007, 11), der weder räumlich noch zeitlich in seinen sozialen und kulturellen Folgen begrenzt ist und damit Auswirkungen auf Handlungsabläufe, Lebensweisen, Wahrnehmungs- und Denkstrukturen sowie die Gestaltung der Welt durch Menschen und Gesellschaften besitzt (Autenrieth & Nickel 2022).

Digitalität wird als Ergebnis dieses Metaprozesses verstanden, wenn die Digitalisierung eine bestimmte Tiefe und Breite erreicht hat, wodurch ein neuer Raum der Möglichkeiten entsteht, der von digitalen Medien geprägt ist. In dieser Hinsicht steht Digitalität zur Digitalisierung in einer ähnlichen Beziehung wie die Buchkultur zur Alphabetisierung. Durch die weit verbreitete Anwendung neuer kultureller Techniken entsteht ein neuer kultureller Raum, der sowohl Möglichkeiten als auch bestimmte Einschränkungen mit sich bringt (Stalder 2021, 4). Stalder argumentiert daher, dass wir nicht länger in einer Übergangszeit hin zu einer digitalen Kultur leben, sondern in einer Zeit, in der Digitalität eine dominierende kulturelle Logik sei, die das soziale und kulturelle Leben auf verschiedene Weise durchdringe und präge. Er definiert die Kultur der Digitalität durch drei grundlegende Praktiken (Stalder 2019, 95):

  • Referentialität: In der digitalen Kultur wird Information weitgehend durch Beziehungen zu anderen Informationen definiert, z. B. via Hyperlinks. Dies bedeutet eine Verschiebung weg von der Betrachtung von Information als isolierte Einheiten hin zur Betrachtung von Information als Teil eines größeren Netzwerks von Beziehungen (ebd., 96).
  • Gemeinschaftlichkeit: Digitalität ermöglicht neue Formen der Gemeinschaftsbildung, die nicht mehr auf geografische Nähe oder starre institutionelle Strukturen angewiesen sind. Durch digitale Techniken können sich Menschen in neuen Formen organisieren und kooperieren, die traditionelle Grenzen und Hierarchien überschreiten (ebd., 129).
  • Algorithmizität: Informationen werden zunehmend durch Algorithmen verarbeitet, die uns dabei helfen, Bedeutungen zu finden, Entscheidungen zu treffen und unser Verhalten zu koordinieren. Dies führt zu einer neuen Art der Rationalität, die sich stark auf die algorithmische Verarbeitung und Analyse von Daten stützt (ebd., 164).

Während die Digitalität als dominierende kulturelle Logik unter dem Einfluss der hier skizzierten Praktiken unser soziales und kulturelles Leben durchdringt, stellt sich die Frage, wie diese neue Kultur die Art und Weise beeinflusst, wie wir als Gesellschaft interagieren und partizipieren. Im Folgenden soll daher kurz beleuchtet werden, welche polaren Ausprägungen innerhalb einer Kultur der Digitalität diskutiert werden.

Veränderung der Lehr- und Lernkultur

In der Buchkultur gab es klare Vorstellungen von Linearität und Ordnung, wobei Wissen als fest und unveränderlich galt. Das Lernen konzentrierte sich bislang darauf, festgelegte Kulturtechniken zu erwerben und sich dieses geordnete Wissen anzueignen. Im Gegensatz dazu ist die Digitalität von Flexibilität, Dynamik und anderen Vorstellungen geprägt, nämlich: „Nicht-Linearität; assoziativen Verknüpfungen; Parallelität und Gleichzeitigkeit; Feedback, das Ursache und Wirkung verschmelzen lässt; ein Ding kann an mehreren Orten gleichzeitig sein; jede Position ist immer kontext- und zeitabhängig etc.“ (Stalder 2021, 4).

Die neuen kulturellen Erfahrungen, die durch die Digitalität ermöglicht werden, führen, wie zu Beginn dieses Kapitels bereits erwähnt, zu einer veränderten Wahrnehmung von uns selbst und unserer Umwelt. Damit wandeln sich allerdings auch die Kompetenzen und Kulturtechniken, die sich Menschen aneignen müssen. Es geht weniger darum, feststehende Fakten zu lernen, sondern vielmehr darum, sich in einem ständig verändernden Raum zurechtzufinden. Das bedeutet, Informationen ständig neu zu bewerten und sich anzupassen. Dieser kulturelle Wandel erfordert daher auch einen Lernkulturwandel (u. a. Döbeli Honegger 2021), dessen mögliche Entwicklungslinien als stark divergierend wahrgenommen werden können (ebd., 45).

So beschreibt Muuß-Merholz (2019) eine Verstärker-These, die davon ausgeht, dass die Möglichkeiten der Digitalität nur die bestehende Lernkultur verstärken könnten: Lehrende, die eher behavioristisch orientiert unterwegs sind, würden so bewusst oder unbewusst die entsprechenden Potenziale des Digitalen nutzen. Gleiches gilt für jemanden mit einem konstruktivistischen Ansatz (Muuß-Merholz 2019). Die Katalysator-These beschreibt dagegen das Potenzial, dass sich die Lernkultur durch die Digitalisierung fast von selbst in Richtung Konstruktivismus entwickelt. Dabei wird das Digitale ohne kritische Betrachtung als treibende Kraft für Veränderungen im Bildungsbereich gesehen (Döbeli Honegger, 2021, 45).

Diese sehr gegensätzlichen Thesen machen deutlich, dass bei der Diskussion um eine veränderte Lehr- und Lernkultur starke Abhängigkeiten vom Bildungsverständnis und von den zugrundeliegenden Menschenbildern der Beteiligten bestehen.

Überlegungen zur Veränderung von Fort- und Weiterbildung im Kulturbereich

In den vorangegangenen Abschnitten wurde bereits auf die tiefgreifenden Veränderungsprozesse hingewiesen, denen die Gesellschaft unterliegt. Diese Prozesse betreffen insbesondere die Lebens- und Arbeitswelt und haben damit auch großen Einfluss auf die Anforderungen an die Fort- und Weiterbildung. Denn Akteur:innen im Kulturbereich stehen im Berufsleben oft vor der Herausforderung, mit dem Wandel Schritt zu halten, um z. B. in einer digitalisierten Arbeitswelt bestehen zu können. Dazu bedarf es eines erneuerten Verständnisses von Lernen, das den Besonderheiten und Anforderungen einer sich wandelnden Welt und den Potenzialen einer Kultur der Digitalität für das Lehren und Lernen Rechnung trägt.

Das Hagener Manifest fordert daher „neue Möglichkeiten und Kompetenzentwicklungen, um selbstbestimmt und selbstorganisiert zu lernen“, sowie „eine Bildungspolitik, die das Thema Lernen in allen gesellschaftlichen Bereichen verortet und dazu alle Akteur:innen der Bildungsinstitutionen sowie Vertreter:innen aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft einbezieht“ (Fernuniversität Hagen 2020, 4). Die aktuelle Adult Education Survey aus dem Jahr 2020 zeigt mit Blick auf die Nutzung von Weiterbildungsangeboten einen positiven Trend: Die Quote stieg von 50 % im Jahr 2016 über 54 % im Jahr 2018 auf 60 % im Jahr 2020. Die Nutzung von digitalen Medien in der Weiterbildung hat ebenfalls deutlich zugenommen (47 %, BMBF 2022). Der mmb-Trendmonitor 2022/2023 blickt mit einer Delphi-Studie unterdessen auf die Weiterbildung und das digitale Lernen heute und in drei Jahren. Die Analyse zeigt einen klaren Trend zu individuellen und flexiblen Lernformen, der durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie noch verstärkt wurde (mmb Institut 2023, 10). Ab 2020 haben Formate, die das Lernen zu Hause ermöglichen, an Popularität gewonnen, auch wenn sich dieser Trend inzwischen auf einem hohen Niveau stabilisiert hat. Es wird festgehalten, dass die Corona-Pandemie virtuelles Lernen als „New Normal“ etabliert hat, mit starker Zustimmung der Befragten zu Aussagen, die virtuelle Lernveranstaltungen als normalen Teil des Lernalltags betrachten.

Insbesondere Personen mit eingeschränkter Mobilität oder solche, die lange Wege zum Lernort zurücklegen müssten, bevorzugen Online-Angebote. Zudem hat das selbstorganisierte, informelle Lernen durch die Pandemie an Stellenwert gewonnen, was die Bedeutung dieser flexiblen Lernformen auch in der Zukunft unterstreicht (ebd.). Asynchrone Videoformate sowie Micro-Learning-Angebote (mit 3- bis 5-minütigen Lerneinheiten) werden in diesem Kontext von 89 % bzw. 86 % der befragten Expert:innen als zentrale Lernform im beruflichen Kontext und in Unternehmen angesehen (edb. 6).

Dies macht einen Trend deutlich, der auch im Einklang mit den weiter oben beschriebenen Veränderungen der Lehr- und Lernkultur steht. Es gibt Bewegungen vom Analogen zum Digitalen, vom Formalen zum Informellen, von der Fremd- zur Selbststeuerung sowie von geschlossenen und vorgegebenen zu offenen, orts- und zeitunabhängigen Weiterbildungsangeboten.

Solche offenen Angebote wurden bereits ab 1995 entwickelt, als sich LinkedIn Learning (ursprünglich bekannt als Lynda.com) als einer der Pioniere in der Bereitstellung von Video-Trainings etablierte. Das Angebot konzentrierte sich insbesondere auf die Bereiche Technologie, kreative Softwaretools sowie unternehmerische Fähigkeiten. Im deutschsprachigen Raum trat später Video2Brain als ähnlicher Anbieter auf den Plan, der schließlich von LinkedIn Learning übernommen wurde, was die internationale Expansion und die Vertiefung des Angebots in spezifische Marktsegmente unterstreicht.

Erstmals im deutschsprachigen Bildungsbereich trat mit der Gründung des Start-ups fobizz  im Jahr 2018 ein Anbieter auf, der speziell für Lehrkräfte entwickelte Fortbildungsangebote auf einer Online-Plattform zur Verfügung stellt, welche an die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen dieser Berufsgruppe angepasst sind. Im Kontext von Kultur und Kultureller Bildung wurde 2023 nun mit der KuBi Academy auch eine spezialisierte Online-Lernplattform gegründet, die sich mit einer wachsenden Bibliothek dem Bereich der Kultur und der Kulturellen Bildung widmet und ihre Inhalte und Didaktik gezielt auf die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen an Fachkräfte im Kulturbereich anpasst. Diese Entwicklungen veranschaulichen, dass interaktive Online-Plattformen mit asynchronen und videobasierten Trainings sowie ähnliche Angebote einen wichtigen Teil eines Toolsets darstellen, das Fachkräften bei der individuellen und selbstgesteuerten Fort- und Weiterbildung zur Verfügung steht. Neben den genannten Plattformen umfasst dieses Toolset aber noch weitere Elemente (ebd.), die hier beispielhaft angerissen werden:

  • Soziale Netzwerke und Professional Networking Sites wie Xing und LinkedIn fördern den fachlichen Austausch und das Lernen durch Vernetzung, indem sie den Zugang zu Branchentrends, Diskussionen und Erfahrungen ermöglichen.
  • Open Educational Resources (OER) bieten frei zugängliche Lernmaterialien und Ressourcen, die es Nutzer:innen erlauben, sich Wissen ohne finanzielle Hürden anzueignen  und zu teilen.
  • Podcasts und Webinare ermöglichen es, flexibel und oft nebenbei aktuelle Themen und Trends zu verfolgen sowie von Expert:innenwissen zu profitieren.
  • Video-Lernplattformen wie YouTube und TED Talks stellen eine breite Palette an Bildungsinhalten zur Verfügung, von akademischen Vorträgen bis hin zu praktischen Anleitungen.
  • Tools für kollaboratives Arbeiten und Lernen wie Zoom, Teams, Slack oder Trello unterstützen die Möglichkeit zum Austausch, zur Teamarbeit und zum Lernen.
  • E-Books und digitale Bibliotheken ermöglichen den einfachen und schnellen Zugriff auf eine umfangreiche Sammlung von Fachliteratur und Bildungsmaterialien.
  • Mobile Lern-Apps wie z. B. Duolingo und Babbel bieten Nutzer:innen die Möglichkeit, unterwegs Sprachen zu lernen oder  ihre Sprachfähigkeiten zu verbessern.

Die Vielfalt und Verfügbarkeit dieser Tools tragen dazu bei, dass Lernende nicht mehr nur Rezipienten von Wissen sein müssen, sondern zu aktiven Teilnehmer:innen ihres lebenslangen Lernprozesses, der über traditionelle Bildungseinrichtungen hinausgeht und in den Alltag eingebettet ist, werden. Jedoch sind das Vorhandensein und die Nutzung eines solchen Toolsets lediglich ein Teil der Gleichung für erfolgreiche Fort- und Weiterbildung im beruflichen und privaten Leben. Mindestens ebenso entscheidend sind das Skillset und das Mindset der Lernenden (Bolles, 2021). Während das Toolset die externen Ressourcen und Werkzeuge umfasst, bezieht sich das Skillset auf die individuellen Fähigkeiten und Kompetenzen, die erforderlich sind, um die Tools effektiv zu nutzen und das eigene Lernen zu steuern. Dazu gehören neben Medienkompetenzen auch die weiter oben bereits angesprochenen Kompetenzen wie kritisches Denken, kreative Problemlösungsfähigkeiten und die Fähigkeit zur Selbstreflexion (Fullan 2014). Das Mindset wiederum betrifft die innere Haltung und Einstellung zum Lernen: Eine offene, lernbereite und anpassungsfähige Geisteshaltung ist unerlässlich, um mit dem ständigen Wandel Schritt zu halten und sich proaktiv neues Wissen und neue Fähigkeiten anzueignen (Bolles, 2021).

Diese Kombination aus Toolset, Skillset und Mindset bildet eine wichtige Grundlage für lebenslanges Lernen, das nicht nur für den Erfolg im Berufsleben, sondern auch für die persönliche Entwicklung und Zufriedenheit entscheidend ist.

Insbesondere unter den Voraussetzungen zahlreicher existenzieller Krisen und Wandlungsprozesse im Kulturbereich, wo der Umgang mit neuen Technologien, veränderten Publikumserwartungen und kulturellen Trends zur Tagesordnung gehört, erweisen sich diese drei Säulen als unverzichtbar. Sie ermöglichen es den Akteur:innen, nicht nur auf Veränderungen zu reagieren, sondern diese aktiv mitzugestalten und so zur Weiterentwicklung der Gesellschaft beizutragen.

Fortbildungs-Bedarfe im Kulturbereich

Gemäß den Prinzipien einer konsequenten Nutzer:innenzentrierung aus dem Design Thinking haben die wir mit zwei unterschiedlichen Formaten im Sinne eines Design-based-Research-(DBR-)Ansatzes (Barab, 2014) nach den Fortbildungsbedarfen in der Gruppe von Kulturarbeiter:innen gefragt. Durch DBR können die Bedürfnisse und Herausforderungen der Zielgruppe im Kulturbereich erfasst werden, um darauf basierend innovative und effektive Bildungsangebote zu entwickeln. Dieser Ansatz ermöglicht es, kontinuierlich Feedback aus der Praxis in die Weiterentwicklung von Angeboten einzubeziehen und sicherzustellen, dass diese sowohl relevant als auch wirksam sind. Zudem trägt DBR zur Schaffung eines theoretischen Verständnisses bei, wie sich Lernprozesse unter den Bedingungen der Digitalität und globaler Wandlungsprozesse gestalten lassen. Dieses Verständnis ist wichtig, um langfristig wirksame Fort- und Weiterbildungsstrategien entwickeln zu können, die den Einzelnen nicht nur Wissen bereitstellen, sondern auch genau jene Kompetenzen fördern, die für eine aktive Gestaltung des sozialen und kulturellen Wandels notwendig sind.

Um diese Prinzipien in die Praxis umzusetzen und die Effektivität dieses Ansatzes zu überprüfen, haben wir uns für einen Zugang entschieden, der die Vielfalt der Lern- und Kommunikationsstile innerhalb ihrer Zielgruppe berücksichtigt und digitale Plattformen nutzt, um eine breite Beteiligung und tiefgreifende Einblicke zu ermöglichen. Die Wahl der Methoden spiegelt das Engagement für Nutzer:innenbeteiligung und die Flexibilität des DBR-Ansatzes wider, der es erlaubt, verschiedene Formate zu erkunden und deren Wirksamkeit kontextabhängig zu bewerten. Zum einen wurde zur Durchführung eines Fokusgruppengesprächs eine Einladung zu einem „Zoom-Café“ an die Community ausgesprochen. An dieser zweistündigen Runde beteiligten sich acht Kolleginnen aus unterschiedlichen Institutionen sowie Freiberuflerinnen. Zum anderen führten wir eine qualitative Befragung unter rund 200 Teilnehmenden an der Tagung „Gemeinsam digital“ durch, die von der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG) veranstaltet wurde.

Fokusgruppengespräch

Verteilt in zwei moderierte Breakout-Sessions wurden die insgesamt acht Teilnehmenden zu den Herausforderungen befragt, die sie in ihrem beruflichen Kontext wahrnehmen. Dazu konnten sie sich mit Post-its an einer Sammlung möglicher Themen beteiligen. In einem informellen Gespräch ging es vor allem um ganz konkrete Herausforderungen, denen sich die Befragten in ihrem Arbeitsalltag zu stellen haben, aber auch um zukünftige Szenarien, denen gegenüber sie sich noch nicht ausreichend gewappnet sehen.

Neben einigen formalen Fragen (Kürzungen im Kulturbereich, Freiberuflichkeit etc.) fühlte sich die Gruppe allgemein vor allem herausgefordert durch den Auftrag, mehr Publikum zu erreichen. Gleich mehrfach wurde deutlich, dass Konzepte wie Outreach zwar bekannt sind, aber die konkrete Umsetzung als große Aufgabe angesehen wird, die teilweise auch zu einer Überforderung führt. Die immer wieder gestellte Frage nach den Ressourcen spielt auch hier eine entscheidende Rolle. Generell wurde die Problematik von Querschnittsaufgaben benannt. Hier sah man unter anderem die Notwendigkeit von Demokratie- und Medienbildung und das Überwinden von Klassismus. Gleichzeitig wurde auch deutlich gesagt, dass es für diese Aufgaben mehr Unterstützung geben müsse, zum Beispiel durch Netzwerke und Lobbyarbeit. „Wie können wir uns kulturpolitisch Gehör verschaffen?“ war eine konkrete Frage. Aber auch die eigene Rolle bzw. die Haltung der Institutionen sollte hier reflektiert werden.

Nach einer Sammlung der Herausforderungen wurde nach möglichen Fortbildungsformaten gefragt, die sich aus diesen ergeben könnten. Hier zeigte sich ein Unterschied zwischen den Freiberuflerinnen, die sich für Coaching-Formate interessierten, und den institutionell verankerten Teilnehmerinnen. Letztere warben z. B. für Formate, die den Aufbau von Netzwerken zum Ziel haben.

Das Votum für Fortbildungen zu speziellen Tools oder Methoden war aber allen Teilnehmerinnen gemeinsam. Auch der Wissenstransfer z. B. im Rahmen von Diversity-Workshops wurde als zielführend angesprochen. Kurz und knapp sowie ressourcenschonend – das war ein Fazit von allen Beteiligten.

Digitale Umfrage auf einer Museums-Tagung

Im Zusammenhang mit der Realisierung des Raums 243 im Stadtmuseum Pforzheim erhielten wir auf der Veranstaltung „Gemeinsam digital“ die Gelegenheit, einen innovativen Keynote-Impuls zu gestalten. Zum Abschluss gab es ein partizipatives Modul, in dem die Anwesenden dazu eingeladen wurden, den Satz „Für meinen Arbeitsalltag würde ich gerne wissen …“ zu vervollständigen. Zielsetzung dieses Ansatzes war es, die Dynamik und die inhaltliche Ausrichtung der Keynote interaktiv bzw. partizipativ zu gestalten. Die Fragen wurden über ein Online-Tool gesammelt und dienten als Grundlage für den Input der Vortragenden. Darüber hinaus bot dieses Format den Teilnehmenden die Möglichkeit, die eingereichten Fragen nach ihrer individuellen Relevanz zu bewerten, um so einen direkten Einfluss auf den Diskurs und die Themenschwerpunkte der Veranstaltung zu nehmen.

An der Umfrage nahmen 52 der rund 200 anwesenden Museums-Mitarbeiter:innen teil. Die eingegangenen Antworten sind hier geclustert und zu zentralen Aussagen verdichtet wiedergegeben. Sie liefern einen guten Einblick in die Herausforderungen, vor denen insbesondere die Museumsszene steht. Zum Teil können sie aber auch auf generelle Fragestellungen des Kulturbereichs übertragen werden.

Folgende Herausforderungen ergaben sich aus den eingegangenen Antworten und Zustimmungsraten:

  • Umgang mit Megatrends (z. B. meistgenannt mit Zustimmung von 62 % der Befragten: künstliche Intelligenz; Diversität: 54 %)
  • Audience Development betreiben (Konzepte für eine erfolgreiche Partizipation: 52 %)
  • Kultureinrichtungen (Berührungs-)Ängste nehmen, um Macht abzugeben und mehr Partizipation zuzulassen (46 %)
  • Arbeitsalltag erleichtern (kleines Budget, Überforderung durch komplexe Aufträge)
  • Leadership & Agilität (wie begeistere ich alle im Team, wie mache ich meine Vorgesetzten mutig, Nutzung von Projektmanagement-Ansätzen und -Tools)
  • Synthese von Analogem und Digitalem (Nutzung der Potenziale einer Kultur der Digitalität)

Fortbildung als Empowerment für den Arbeitsalltag

Diese Herausforderungen spiegeln einen Alltag wider, in dem regelmäßig neue Programme inhaltlich konzipiert und in komplexe Organisationsstrukturen überführt werden müssen. Die Arbeit mit dem Publikum ist dabei noch nicht berücksichtigt. In unseren Fokusgruppengesprächen wird sehr deutlich, dass längere Workshops mit Anreise sowie ganz- oder mehrtägige Veranstaltungen nur selten wahrgenommen werden können und nicht alle Einrichtungen dafür großzügige Budgets zur Verfügung haben.

Durch die Pandemie konnte beobachtet werden, dass die Nutzung und Ausbringung von Fortbildungen auch online gut möglich ist. Insbesondere die Verbände haben hier auf Online-Seminare gesetzt, die von der Community gut angenommen werden. So nehmen an den regelmäßig stattfindenden KuPoGe-Webtalks durchschnittlich 50-100 Teilnehmer:innen das Live-Angebot wahr sowie bis zu 1000 Menschen deren Aufzeichnung auf YouTube. Das Kulturbüro Rheinland-Pfalz bietet einen Großteil seiner Seminare bereits als Zoom-Termine an - viele davon sind ausgebucht. Mittlerweile haben sich auch Arbeitsroutinen für diese Art der Fortbildung auf Seiten der Vortragenden sowie Teilnehmenden etabliert (z.B. Arbeit in Breakout Sessions). Der Austausch mit den Kolleg:innen wird von vielen Teilnehmenden positiv bewertet.

Blickt man auf die online angebotenen Fortbildungsthemen verschiedener Organisationen, so lässt sich zudem feststellen, dass mit den Angeboten Wissenslücken geschlossen werden sollen, mit denen man im Arbeitsalltag konfrontiert wird. Die Vermutung liegt daher nahe, dass die Arbeitsanforderungen komplexer und auch komplizierter werden. Der Druck, sich fehlende Kompetenzen anzueignen, steigt.

Der immer wieder postulierte Anspruch, dass sich Institutionen in lernende Organisationen wandeln, lässt sich auch auf das Personal übertragen. In Zukunft sollte sich auch hier ein Selbstverständnis für die eigenen Fortbildungsbedarfe im Sinne von Anpassung an veränderte Herausforderungen entwickeln.

Selbstlernkurse und Micro Learning Angebote sind dabei eine Möglichkeit, nicht nur orts- sondern auch zeitunabhängig die eigene Kompetenz zu erweitern. Die KuBi Academy beispielsweise zielt mit der Schaffung eines breiten und auf die Bedarfe von Fachkräften aus dem Kulturbereich abgestimmten Angebots an videobasierten Selbstlernkursen darauf ab, Orientierungswissen sowie für den beruflichen Kontext relevante Themen niedrigschwellig zur Verfügung zu stellen. Ein Beispiel hierfür ist die Einführung in die Nutzung von KI um anmad von zahlreichen Anwendungsfälle und Beispiele zu verstehen, wie KI in der täglichen Arbeit von Kultureinrichtungen eingesetzt werden kann, von der Suchmaschinenoptimierung bis zur Formulierung von Förderanträgen. Der zentrale Moment dabei ist die Abwechslung zwischen Input und Erklärungen mit praktischen Anregungen für den eigenen beruflichen Kontext.

Fazit

Der dargestellte theoretische Hintergrund sowie die darin aufgezeigten gesellschaftlichen Wandlungsprozesse und Herausforderungen von Kultureinrichtungen stellen wichtige Ausgangspunkte dar, um eine zeitgemäße und zukunftsgerichtete Fort- und Weiterbildungslandschaft für den Kulturbereich zu gestalten. Die Fach- und Führungskräfte aus Kultur und Kultureller Bildung, so deutet es sich durch die Auswertung der Befragungen an, sind in der Lage, ihre Bedürfnisse klar zu benennen, und suchen nach bedarfsgerechten Angeboten, um sich neues Wissen anzueignen und relevante Kompetenzen anzubahnen. Der skizzenhafte Überblick, den wir zu den Möglichkeiten eines Toolsets für Fort- und Weiterbildungen gegeben haben, ist ein Einblick in die vielfältigen Angebote, die jedem Einzelnen sowie Organisationen hierzu zur Verfügung stehen. Allerdings scheint mit Blick auf die gemachten Erfahrungen und weitere Fokusgruppengespräche im Kulturbereich eine breite Nutzung dieser Angebote bislang noch nicht so ausgeprägt zu sein wie in anderen Branchen. Hier ist weitere Forschung notwendig, die sowohl auf die Nutzungsgewohnheiten des verfügbaren Toolsets von Fachkräften im Kulturbereich und der Kulturellen Bildung eingeht und gleichzeitig mit einbezieht, wie in diesem Kontext das Skill- und Mindset zur Professionalisierung ausgeprägt ist.

Insgesamt ergeben sich aus unserer Sicht daher folgende zusammenfassende Erkenntnisse im Hinblick auf die Zukunft der Fortbildungsangebote im Kulturbereich und der Kulturellen Bildung:

  1. Es braucht ein neues Lernverständnis, das dem gesellschaftlichen Wandel angepasst ist. Der Dynamik, mit der neue Anforderungen auch an den Kulturbereich entstehen, müssen flexible und schnell verfügbare Fortbildungsmöglichkeiten gegenüberstehen.
  2. Es gilt, neue Entwicklungen in der Gesellschaft im Blick zu haben und sich laufend neues Wissen und neue Kompetenzen anzueignen.
  3. Was für eine künftige Kulturarbeit entscheidende Impulse liefert, kann sich am Ende nur über entsprechende Mindsets manifestieren. Diese müssen auch kulturpolitische Voraussetzungen reflektieren und Fragen nach den gemeinsamen Werten einbeziehen. 

Aus all dem ergibt sich für uns die Notwendigkeit, über die bisherigen Routinen der Fortbildung hinaus neue Konzepte zu entwickeln und in die Praxis zu überführen.