Digitale Bildung und Vermittlung in Museen: Trends, Praxis und Vision
Abstract
Digitale Bildung und Vermittlung in Museen heute ist vielfältig und beschreibt je nach Kontext digitale Elemente und Angebote in Ausstellungen, Anwendungen für die Auseinandersetzung im musealen Raum und vor dem Objekt oder Angebote rein für den digitalen Raum. Dieser Beitrag, der der BKJ bereits 2022 zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt wurde, richtet den Blick - ausgehend von zu beobachtenden Trends in der Museumsszene - in die konkrete Praxis ausgewählter Bildungsprojekte des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg und der Klassik Stiftung Weimar. Fokus liegt hierbei auf der Rolle des Museums als Bildungsort zur Aneignung und kritischen Auseinandersetzung mit Digitalität. Anschließend wird eine mögliche Richtung für die Zukunft der Kulturellen Bildung in Museen entworfen. Voraussetzung dafür ist ein umfassender Wandel des Selbstverständnisses und der interdisziplinären Zusammenarbeit in den Museen sowie Kompetenzaufbau und kollaboratives Arbeiten mit externen Partnern.
Einblicke I: Aktuelle Trends in der digitalen Kulturvermittlung in Museen
Die klassischen Museumsbroschüren oder Audioguides für den individuellen Rundgang vor Ort werden zunehmend ersetzt durch interaktive Anwendungen: Das sind beispielsweise Medienguide-Apps und spielerische Formate wie die Objekt-Dating-App Ping! Die Museumsapp (ein Projekt, das im Rahmen von museum4punkt0 entstand) oder die MAK Lab App mit Stories zu Digital Life Literacy im Instagram-Format. Im Gegensatz zu betreuungsintensiven Virtual Reality Anwendungen, werden verstärkt spannende Augmented Reality Formate entwickelt und eingesetzt, die verschiedene Zeitebenen erlebbar machen oder museale Restriktionen überwinden, wie beispielsweise das Modul Aufgeschlagen (ebenfalls ein Projekt im Rahmen von museum4punkt0) in der App der Klassik Stiftung Weimar, das den Blick in historische Bücher der Herzogin Anna Amalia-Bibliothek ermöglicht.
Als Bildungsangebote, die keinen physischen Besuch im Museum erfordern, wurden während der Corona-Pandemie verstärkt virtuelle 360 Grad-Rundgänge oder digital erlebbare Live-Formate wie Ausstellungsrundgänge via Webkonferenz oder Instagram erprobt. Viele Häuser wollen weiterhin digitale oder hybride Führungsangebote bereitstellen - ob dies in der näheren Zukunft wirklich umgesetzt und nachgefragt wird, bleibt offen. Ein langfristiges Projekt für Kinder und Jugendliche, das Live-Formate beinhaltet, soll mit den VimukiTours des Historischen Museums Saar entstehen – ein Projekt, das auch im Verbund museum4punkt0 entstand.
Für die Nutzung im Schulkontext bieten Museen zudem digital aufbereitete und abrufbare (Unterrichts-)Materialien und –Vorschläge an, wie im Portal www.bauhaus-machen.de, entstanden im Rahmen der Initiative Bauhaus Agenten, oder den digitalen Kursen des Hölderlinturms Tübingen. Für individuelle Erwachsenenbildung entstehen Online-Kursformate wie die MOOCs (Massive Open Online Courses) des MOMA oder der Kurs Kunstgeschichte Online des Städel Museum.
In Projekten der Kulturellen Bildung werden digitale Angebote oftmals partizipativ erstellt. Kinder und Jugendliche wirken bei der Entwicklung und Umsetzung von Anwendungen mit, gestalten Webseiten und erstellen Museums-Podcasts. Und auf Technik oder Medien spezialisierte Museen wie das ZKM in Karlsruhe bieten regelmäßige Workshop-Angebote zum Umgang mit digitalen Techniken wie Programmieren und Robotik an.
Auch die wachsenden Online-Sammlungen von Museen machen es möglich, durch thematische oder explorative Zugänge sowie neue Funktionalitäten und inhaltliche Erweiterungen Angebote im Bildungskontext zu unterbreiten. Das Smithsonian Learning Lab bietet z.B. einen Werkzeugkasten für das Finden, Bearbeiten und Teilen von digitalen Museumsinhalten. Das Portal EducArt des Montreal Museum of Fine Art versteht sich als eigenes Universum mit „Planeten” zu gesellschaftlich relevanten Begriffen wie „Identität”, „Resilienz”, „Körper”. Sammlungsobjekte werden mit aktivierenden Fragestellungen angereichert und bereits umgesetzte pädagogische Projekte vorgestellt.
Insgesamt lässt sich der Trend zu mehr Interaktion und Partizipation festhalten - im Digitalen bieten sich dafür zahlreiche Möglichkeiten. Museen öffnen vermehrt ihre Sammlungen und gehen in den Austausch mit dem Publikum. Meist sind diese Entwicklungen eingebettet in Strategien zur Öffnung und Anknüpfung an Gegenwarts- und Zukunftsthemen einer im Wandel befindlichen Gesellschaft. Der partizipative Gedanke betrifft auch die Entwicklung der Angebote selbst, die möglichst unter Einbeziehung von Fokusgruppen und im Sinne der Mensch-zentrierten Entwicklung ausgehend von späteren Anwender*innen entstehen sollen. Im Gegensatz zu analogen Formaten und anders als in den Anfangsjahren digitaler Anwendungen entsteht ein größeres Bewusstsein für die Relevanz von Evaluation, die Frage nach Nutzer*innenzugängen und Wirksamkeit. Im Idealfall betten sich die digitalen Angebote in eine Audience Development-Strategie ein, die auch die Perspektive des (potentiellen) Publikums berücksichtigt: Formate wie Citizen Science oder Bürger*innenbeteiligung laden ein, selbst aktiv zu werden, Inhalte und Themen mitzugestalten oder auch überhaupt mit dem Museum in Austausch zu treten und eigene Perspektiven zu formulieren. Dabei muss bedacht werden, dass auch dieser Austausch einer Moderation und Organisation bedarf.
Einblicke II: Museumsarbeit und digitale Schnittstellen in der Praxis
Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg erprobt regelmäßig neue Workshop-Formate, um Gestaltung für und im digitalen Raum spielerisch zu vermitteln. Diese werden durch die jährliche Code Week Hamburg angeregt und eine damit verbundene Förderung der Körber-Stiftung ermöglicht. Die Graswurzelbewegung Code Week initiiert unter dem Motto „Hack the future” europaweit praxisorientierte Lernangebote zur Förderung digitaler Kompetenzen Kinder und Jugendlicher.
Im Workshop-Format Bring Bilder zum Reden! designen Kinder ab 12 Jahren digitale Sticker für Whatsapp, Telegram und andere Messengerdienste. Zunächst reflektieren sie die Rolle von Emojis, Emoticons und Stickern in ihrer digitalen Kommunikation, insbesondere die spezielle Form von “Meme”-Humor, bei dem Bildinhalte durch Kommentare oder Sprüche in einen ironischen Kontext gesetzt werden. Als Material für eigene Kreationen dienen frei nutzbare („Public Domain”-)Abbildungen der Online-Sammlung des Museums, vor allem historische Plakate und Fotografien. Die Kinder üben die praktische Anwendung einer digitalen Museumssammlung und lernen das Thema Urheberrechte im digitalen Raum kennen. Bei der Gestaltung eigener Sticker mit verschiedenen Apps erkennen sie schnell grundlegende Designprinzipien für den digitalen Einsatz der Bildmotive. Ihre Ergebnisse probieren sie abschließend direkt im Chat miteinander aus.
Das Workshop-Format Die dritte Dimension! für Kinder ab 10 Jahren dreht sich um DIY-Hologramme, Augmented Reality und 3D-Scans im Museum. Zunächst lernen die Kinder die Praxis der 3D-Digitalisierung im Museum und den Einsatz von 3D-Objekten in Computerspielen, als 3D-Druck oder Hologramm kennen. Anhand von Antiken-Repliken und eigenen Objekten diskutieren sie die Bedeutung einer persönlichen Sammlung und die unterschiedliche Materialität der Gegenstände. Mit einer mobilen Scan-App entwickeln sie ein Verständnis für die Grundlagen eines 3D-Scans wie Räumlichkeit, Licht, Oberflächen und Unterschneidungen. Nach verschiedenen Scanversuchen gestalten und digitalisieren die Kinder zusätzlich eigene Figuren aus Knetmasse. Diese eignen sich besonders für eine in der Scan-App implementierte Augmented Reality-Animation, welche sie zu einer Interaktion mit den virtuellen Kreationen anregt. Abschließend wandeln sie die 3D-Objekte in Hologrammvideos um, die sie mit selbstgefertigten Pyramiden aus Folie auf den eigenen Smartphones betrachten.
Bei beiden Angeboten zeigen die Kinder und Jugendlichen eine hohe Einsatzbereitschaft und Begeisterung. Sie reflektieren das eigene Nutzungsverhalten digitaler Angebote, lernen den technischen Umgang mit digitalen Werkzeugen und setzen sich kreativ mit den Museumsinhalten auseinander. Während Jugendliche besonders einfallsreich in der Gestaltung ironischer Sprüche sind, fasziniert jüngere Teilnehmer*innen vor allem der körperlich aktive Scanvorgang der 3D-Digitalisierung. Herausfordernd bei beiden Formaten ist das Mitbringen und die Nutzung eigener mobiler Geräte, sowie die hohe Betreuungsintensität, vor allem jüngere Kinder bis 14 Jahre benötigen ein*e Vermittler*in und ein Leihgerät je 2-3 Kinder. Aus diesen Gründen ist es trotz Erfolges der Formate schwierig, diese ohne eine dauerhafte finanzielle Förderung regelmäßig anzubieten.
Ein Konzept, das ebenfalls die Aneignung von Themen durch „selbst machen” aufgreift, aber hier eher auf das Gestalten mit im Alltag zur Verfügung stehenden Instrumenten zurückgreift, ist das mehrtägige Bildungsprogramm Youpedia, das zunächst als Konzept der Klassik Stiftung Weimar unter dem Titel Weimarpedia entstand, und seit 2019 in einer gemeinsam mit dem Deutschen Jugendherbergswerk e.V. zu Youpedia weiterentwickelten Form angeboten wird. Ziel des Konzepts, in dessen Zentrum die gleichnamige Webplattform steht, ist es, an verschiedenen Orten Deutschlands kulturelle Bildungsangebote von Kulturinstitutionen wie Museen, Archiven oder Bibliotheken in mehrtägigen Projekten für die Sichtweisen und Interessen von Jugendlichen zu öffnen. Durch User-generated Content werden diese auf der Webseite sichtbar - das können z.B. kleine Textbeiträge, Videos, Audio-Beiträge oder Fotostories sein. Dabei stehen die dort veröffentlichten Ergebnisse in engem Bezug zu den physischen Orten und zur eigenen Lebenswelt der Jugendlichen, denn das Bildungsprojekt verbindet die Exkursion in die Museen und die von Erinnerungskultur durchdrungenen Außenräume mit der digitalen Repräsentation auf der Webseite. Das digitale Produkt ist dabei Ergebnis einer längeren Auseinandersetzung mit einem Thema und soll zugleich als Recherchequelle für weitere Projektgruppen (oder auch rein digitale, projektunabhängige Besucher*innen der Webseite) dienen. So setzen die Jugendlichen beispielsweise Goethes strenge Regeln für Schauspieler*innen in Beziehung zu heutigen Casting-Shows. Zur Erarbeitung des Beitrags stehen den Gruppen neben Tablets und entsprechenden Softwareprogrammen je nach Ort und Institution die musealen Räume, Bibliotheken oder Archive zur Verfügung sowie weitere digitale und analoge Recherchequellen. Neben bereits vorhandenen Beiträgen auf youpedia.de nutzen Jugendliche heute selbstverständlich Suchmaschinen wie Google und setzen sich im Projekt bedingt durch die Diversität an Suchergebnissen mit der Frage nach verlässlichen Quellen auseinander. Während des Projekts können die Gruppen in einem geschützten Online-Bereich der Webplattform Notizen und Materialien ablegen sowie in einem einfachen Content Management System arbeiten. Den mit dem Smartphone oder Tablet erstellten Kurzbeitrag laden sie ebenfalls hier hoch und können ihn durch einen Text, weitere Bilder, Schlagworte oder Zuordnungen zu Orten, Personen und Themen ergänzen. Erst nach einer gemeinsamen Präsentation und Reflektion in der Gruppe werden die Beiträge freigeschaltet, sofern die Gruppe dem zustimmt. Voraussetzung ist hier die vorliegende Einverständniserklärung (ggf. der Sorgeberechtigten). Die Webplattform verknüpft die Beiträge über Themen, Orte und Personen. Das Prinzip des Mappings ermöglicht die Verortung der Beiträge auf einer Karte. Vor Ort kann die Youpedia-Seite so auch als Medienguide genutzt werden.
Zentral ist bei all diesen Projekten das kreative Potenzial der Jugendlichen in der Auseinandersetzung mit den Themen, aber ebenso mit den digitalen Instrumenten: Fast selbstverständlich gehen Jugendliche mit der Videofunktion ihres Smartphones um, erstellen kleine Clips, Reels oder Fotos für Social Media, nehmen Audios auf und verschicken Sprachnachrichten. Diese Fähigkeiten werden hier aufgegriffen, weiter ausgebaut, mit Inhalten verknüpft und zugleich kritisch reflektiert: Was will ich im Netz von mir zeigen? Welche Einschränkungen muss ich beachten (Stichwort Urheberrecht bei der Nutzung von Bildern, Musik etc.)? Der kreative Umgang mit den Grenzen und die kritische Reflektion der kulturgeschichtlichen Themen durch digitale Möglichkeiten sind für diese Art von Projekten essentiell.
Ausblick: Vom Ausprobieren zur Neufindung – Aufgaben der Kulturellen Bildung in Museen in einer (post)digitalen Gesellschaft
Die digitale Transformation durchdringt alle Bereiche der Gesellschaft und so auch die Museen. Allerdings ist die konkrete Definition dieses häufig bemühten Schlagworts eine Herausforderung. Mittlerweile ist die Rede von (post)digitaler Gesellschaft und das Gefühl, den rasanten Entwicklungen nicht mehr beizukommen, wächst vielerorts. Dabei verbirgt sich bei genauerem Hinsehen in der digitalen Transformation und der Verquickung des Digitalen mit den analogen, physischen Dingen gerade für Kulturelle Bildung ein immenses Potenzial. Vieles an Ansätzen, die in der aktuellen Forschungsliteratur zur digitalen Transformation in Museen beschrieben werden, ist Praktiker*innen der Kulturellen Bildung durchaus schon vertraut, wie etwa handlungsorientierte Konzepte. Diese müssen nun aber mit neuen Instrumenten, Medien und interdisziplinären Kompetenzen erweitert werden.
Benjamin Jörissen und Lisa Unterberg zeigen vier zentrale Schnittstellen zu den Potenzialen der Kulturellen Bildung im kulturhistorischen Transformationsprozess der Digitalisierung unserer Gesellschaft auf (Jörissen/Unterberg 2019:18ff). Neben dem Lebensweltbezug, der sich auch in der Anknüpfung an einen alltäglich gewordenen Umgang mit digitalen Medien und damit veränderten Alltagspraktiken herstellen lässt, spielen insbesondere neue Praktiken der ästhetischen Bildung eine große Rolle. Es entwickeln sich neue Formate und Kulturtechniken, die in Vermittlungsangebote von Museen einfließen. Kulturelle Bildung vermittelt dabei nicht nur die Kompetenzen im Umgang mit der Technik (Hardware, Software) oder digitalen Phänomenen (z. B. Social Media), beispielsweise beim Erstellen eigener Video-Clips oder der kreativen Arbeit mit Bildern. Durch die Annäherung mittels einer ästhetischen Praxis wird ein tieferes Verständnis für Funktionsweisen und Wirkung des Digitalen vermittelt. Als letzten und zentralen Punkt nennen sie die Entwicklung einer reflexiven Haltung und Ermächtigung gegenüber Digitalisierung durch Kulturelle Bildung (ebd.). So bieten sich im Digitalen neue Möglichkeiten, Grenzen zu sprengen, Normen zu hinterfragen und Narrative zu überschreiben (Jörissen/Unterberg 2019/2017). (Kulturelle) Bildung wird hier verstanden als ein Prozess der Selbstbestimmung und Positionierung in einem gesellschaftlichen, kulturellen Rahmen, und dazu gehört genauso, diesen Rahmen kritisch zu reflektieren und eine eigene Haltung zu finden. Dieser Rückgriff auf bildungstheoretische Aspekte hilft auch, die Bedeutung der digitalen Transformation für Museen mit ihrem Bildungsauftrag klarer zu umreißen. Die ästhetische Aneignung von Themen, von Lebenswelt mittels digitaler Medien und den Spielarten der Gestaltung im Digitalen erlauben einen sinnlichen Zugang zu den Themen, was gegenüber einer rein kognitiven Aneignung zu einem umfassenderen Verständnis führt. Aber nicht nur das Verständnis, sondern auch die Erfahrung, Dinge selbst zu gestalten, selbst Produzent*in der umgebenden (digital-analogen) Welt zu werden und dadurch die Mechanismen der Produktion und der Werkzeuge zu begreifen, steht dabei im Fokus. Damit verlassen wir den rein rezeptiven Modus in einer Welt mit schier unübersichtlicher Produktion ständig neuer Inhalte hin zu einer Ermächtigung im Digitalen. Und genau hier liegt auch für Kulturelle Bildung ein neuer Ansatz: Das Potenzial, im Digitalen viel stärker produktiv zu werden, muss noch mutiger erprobt, durchdrungen und praxistauglich gemacht werden. Die dargestellten obigen Beispiele zeigen zwei Möglichkeiten auf, wie sich Kulturelle Bildung mit Entwickler-Know-how anreichern lässt oder wie Jugendliche selbst digital Inhalte produzieren. Klar ist auch, dass dafür ausreichend Ressourcen eingeplant werden müssen.
Partizipative Projekte, Co-Creation und kollaboratives Arbeiten in Kooperationen - das ist im Bereich der Kulturellen Bildung vielfach schon erprobt und lässt sich auch im Digitalen weiterentwickeln. Dabei kann auch das Konzept der Museumswerkstatt hin zum digital Makerspace weitergedacht werden. Stephan Meißner schreibt in seinem Konzept zur Maker-Literacy: „Making setzt an unserer digital gewordenen Lebenswelt an, regt zur kritisch-reflexiven Auseinandersetzung mit Digitaler Kultur an und übt in diese auf ästhetisch-spielerische Weise ein. Makerprojekte ermöglichen daher einen Einblick in Digitale Kultur; sie verhelfen zur Ausbildung einer spezifischen Komplexitätskompetenz, die sich mit der Erfahrung und der Zeit entschieden steigern kann. Doch schon bei den ersten Eingriffen und Interventionen erfahren die Maker*innen eine Selbstwirksamkeit und Empowerment, das zu einer weitergehenden Auseinandersetzung mit unserer Digitalen Kultur motiviert. Kulturelle Bildung sollte daher die Makerkultur als Verbündete für mehr kulturelle Teilhabe begreifen lernen.“ (Meißner 2021)
Hier zeigt sich deutlich die Auswirkung der digitalen Vermittlung in die Institutionen hinein: Um digitale Makerprojekte umsetzen zu können, bedarf es neuer Kompetenzen und einer Bündelung von Wissen, das bereits im Haus, in den verschiedenen Bereichen, vorhanden ist. Auch Kooperationen mit Hochschulen, Medienzentren oder anderen lokalen Kompetenzzentren sollten dabei eingegangen werden. Die digitalen Projekte erfordern ein Umdenken in den institutionellen Arbeitsstrukturen, um die Museen - und konkret deren Bildungsauftrag - im Digitalen zu stärken.
Spätestens seit der Corona-Pandemie ist ein weiterer Aspekt klargeworden: Es gibt neben digitalen Angeboten, die für die Nutzung vor Ort im Museum entwickelt wurden, einen Bedarf an rein digitaler Nutzung - auch über die Zeiten von Lockdown und Zugangsbeschränkungen zu Häusern hinaus. Es entwickelt sich immer stärker ein digitales Publikum, das nicht zwangsläufig identisch mit dem Publikum vor Ort sein muss. Digitale Formate ermöglichen andere Zugänge zu Ausstellungsinhalten, Hintergrund- oder Kontextinformationen zu wissenschaftlichen Sammlungen oder vernetzte Zugänge zu Daten. Das ist durchaus interessant für viele Menschen - auch ohne den Besuch des Museums. Man denke nur an Mobilitätseinschränkungen und Reiseaufwand - Menschen können im Digitalen auch ortsunabhängig an dem Wissen teilhaben, das in den Museen aufbereitet wird. Umgekehrt profitieren auch die Museen vom Austausch mit dem digitalen Publikum, der durch einfache Interaktionswege wie Chats, Uploads von User-generated Content oder Feedback-Tools möglich wird. Das digitale Publikum auch über Corona hinaus in die weitere Angebotsentwicklung einzubeziehen, ist neben der digital-analogen Angebotsentwicklung für den Besuch vor Ort, eine grundlegende Aufgabe der Museen. Wollen Museen den Bildungsauftrag auch in Zeiten der digitalen Transformation erfüllen, dürfen sie das nicht aus dem Blick verlieren.In den letzten Jahren hat sich gezeigt, wie experimentierfreudig und offen Kulturelle Bildung auf gesellschaftliche Veränderung reagiert. Museen sind darauf angewiesen ihre Ressourcen zu bündeln, sich von der klassischen Trennung in Kurator*innen, Wissenschaftler*innen, Vermittler*innen, Marketingexpert*innen und ITler*innen zu lösen und die Kompetenzen zu verbinden, um gemeinsam das Museum neu zu denken. Es gilt interdisziplinäre Teams aufzubauen mit unterschiedlichen Rollen, aber einer gemeinsamen sinnstiftenden Mission, in der das Publikum nicht nur als Empfänger von Wissen verstanden wird, sondern als mitgestaltende Öffentlichkeit. Das ist dann die eigentliche (post)digitale Transformation der Museen.