Arbeitsmarkt Kulturelle Bildung

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von Gabriele Schulz

Erscheinungsjahr: 2013/2012

Der Arbeitsmarkt Kulturelle Bildung ist ein Segment aus dem Arbeitsmarkt Kultur, das ein brei­tes Feld an Tätigkeiten, Berufen und Beschäftigungsformen umfasst. Er erstreckt sich sowohl auf den erwerbswirtschaftlichen Teil, also Kultur- und Kreativwirtschaft, auf den Non-Profit-Bereich, Vereine und Stiftungen, sowie den staatlichen Bereich, öffentliche Kultureinrichtun­gen. Zum Arbeitsmarkt Kultur gehören sowohl handwerkliche Berufe und Beschäftigungsfelder etwa im Kunsthandwerk, technische Berufe z.B. in der Medientechnik, der Bühnentechnik usw. als auch geistes-­ und kunstwissenschaftliche Berufe und Tätigkeitsfelder.

Der Arbeitsmarkt Kultur ist hochkomplex und Angehörige sehr vieler verschiedener Berufe sind in diesem Arbeitsfeld tätig. Es kann daher kaum von einem abgeschlossenen Arbeits­marktsegment gesprochen werden. Im Arbeitsfeld Kultur arbeiten nicht nur KünstlerInnen und Kulturschaffende, sondern ebenso TechnikerInnen, Kaufleute usw. Die Unternehmen des Arbeitsmarktes Kultur sind teils sehr klein, so sind die kleinste Einheit die KünstlerInnen als Einpersonenunternehmen, teils handelt es sich aber auch um sehr große Unternehmen mit bis zu 4.000 MitarbeiterInnen, wie etwa ein Rundfunksender wie der WDR. Egal, ob ein Film, ein Theaterstück, eine Ausstellung oder anderes mehr, bis zur Präsentation und Vermittlung des Produktes „Kunst“ wirken mitunter sehr viele Menschen mit.

Eine genaue Abgrenzung des Arbeitsmarktes Kultur ist teilweise schwierig. Gehören z.B. Drucker noch zum Arbeitsmarkt Kultur? Wie sieht es aus mit Steinmetzen, die ausschließlich Grabmale herstellen? Was ist mit NäherInnen? In vielen Studien zum Arbeitsmarkt Kultur insgesamt oder auch zu Teilbereichen wird als erstes hervorgehoben, dass das statistische Material zu diesem Arbeitsmarktsegment unzureichend sei.

Teilarbeitsmarkt Kulturelle Bildung

Wird der Teilarbeitsmarkt der Kulturellen Bildung betrachtet, wird das Thema nicht einfacher, sondern noch komplexer, denn es gilt zusätzlich, den Arbeitsmarkt für soziale Arbeit, der Kinder­- und Jugendhilfe sowie der Arbeit mit älteren Menschen in den Blick zu nehmen. Hinzu kommt, dass gerade im Bereich der Kulturellen Bildung das bürgerschaftliche Engagement eine wichtige Rolle spielt (siehe Kerstin Hübner „Kulturelle Bildung im freiwilligen/bürger­schaftlichen Engagement“). Vermittlungsarbeit im ländlichen Raum findet vielfach in Zusammenarbeit mit bürgerschaftlich Engagierten statt. Aber auch in den urbanen Zentren sollte die Rolle bürgerschaftlich Engagierter nicht unterschätzt werden.

Eine Annäherung an den Arbeitsmarkt Kulturelle Bildung kann zunächst über die Institu­tionen erfolgen. Der Arbeitsmarkt Kultur umfasst alle LehrerInnen für künstlerische Fächer an den allgemein bildenden Schulen. Weiter sind dadurch die LehrerInnen an Einrichtungen der Kulturellen Bildung wie Musikschulen oder Jugendkunstschulen erfasst. Zudem gehören die PädagogInnen in Museen, Theatern, Bibliotheken und weiteren Kultureinrichtungen dazu. Sind diese Gruppen noch relativ einfach zu umgrenzen, da es sich um etablierte Orte Kultureller Bildung handelt, wird es schwieriger bei jenen Orten, die frei flottierend sind, die sich stetig ändern und die in Grenzbereichen angesiedelt sind. Dazu gehören beispielsweise Zirkus-­ oder Medienprojekte, temporäre Aktionen für verschiedene Zielgruppen usw.

Weitere Spezifika des Arbeitsmarktes Kultur

Diese Annäherung führt zu einer zweiten Besonderheit des Arbeitsmarktes Kulturelle Bildung. Anders als der allgemeine Arbeitsmarkt, auf dem ein langsamer Anwuchs an sozialversiche­rungspflichtiger Beschäftigung festzustellen ist, sinkt im Arbeitsmarkt Kultur die sozialver­sicherungspflichtige Beschäftigung. Die Selbstständigkeit nimmt stetig an Bedeutung zu. Daraus folgt, dass ein Teil der Beschäftigten als Selbstständige auf der Basis von Honorar-­ oder Werkverträgen arbeitet. Im Feld der Kulturellen Bildung hat dies eine Tradition, da teils sehr spezielle Kompetenzen gefordert sind. Die Kehrseite davon ist die teilweise wirtschaftliche und soziale Unsicherheit der Beschäftigten. Werden darüber hinaus die Beschäftigungsanteile der verschiedenen Altersgruppen in Kultureinrichtungen betrachtet, so fällt auf, dass Beleg­schaften gemeinsam altern. Das heißt, dass der Anteil der älteren Beschäftigten wächst und der der Jüngeren sinkt. Das hat den Nachteil, dass jüngere Menschen schwieriger eine Be­schäftigung finden und ältere Beschäftigte ihr Erfahrungswissen kaum weitergeben können. Weiter führt es zu einer Starrheit des Arbeitsmarktes Kultur. Auch wenn keine differenzierten Daten für den Arbeitsmarkt Kulturelle Bildung vorliegen, ist zu vermuten, dass das Genannte gleichermaßen für dieses Arbeitsmarktsegment zutrifft.

Weiter sind bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Arbeitsmarkt Kultu­relle Bildung befristete Beschäftigungsverhältnisse üblich. In zeitlich begrenzten Projekten sollen neue Methoden oder neue Einsatzmöglichkeiten Kultureller Bildung erprobt werden. So wichtig diese Erprobung zur Weiterentwicklung des Feldes ist, so führt sie doch zu einer beruflichen Unsicherheit der in diesem Feld Beschäftigten. Neben dem Arbeitsplatzverlust für die Betroffenen, der mit dem Ende eines Projektes oft einhergeht, stellt sich auch die Frage nach der Anschlussfähigkeit der gewonnenen Erfahrungen für die Institutionen selbst. In zeitlich befristeten Projekten erworbene Erfahrungen können vielfach nicht weitergegeben werden. Zugleich bieten zeitlich befristete Projekte KünstlerInnen die Möglichkeit, ihr eigenes Berufsfeld zu erweitern und neben der künstlerischen Arbeit ein zweites Standbein in der Kulturvermittlung aufzubauen. Die Gleichzeitigkeit von Starrheit des Arbeitsmarktes Kultur auf der einen Seite und dem steten Wandel durch befristet Beschäftigte sowie Honorar­- und Werkvertragskräfte ist ein besonderes Kennzeichen dieses Arbeitsmarktsegments.

Eine weitere Besonderheit des Arbeitsmarktes Kulturelle Bildung ist der teilweise un­ geregelte Zugang. Er bietet die Chance einer großen Offenheit. Im Arbeitsmarkt Kulturelle Bildung kann ein bestimmter Abschluss, zumindest wenn es sich um eine Honorartätigkeit handelt, nachrangig sein. Das ist sehr positiv, wenn es um die Etablierung neuer Arbeitsfelder und die Berufsfelderweiterung geht. Es wirft auf der anderen Seite die Frage der Professio­nalität der Tätigkeiten auf. Die professionelle Ausübung eines Berufes bedeutet stets auch die Abgrenzung von anderen. Wenn vermeintlich jeder im Feld der Kulturellen Bildung tätig sein kann, wird diese Professionalität in Frage gestellt. Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, wenn von Seiten der MusiklehrerInnen so massiv beklagt wird, dass das Fach fachfremd unterrichtet wird. Hier geht es zum einen um die fachliche Qualität des Unterrichts und zum anderen um die Fachlichkeit und Professionalität des eigenen Berufes.

Notwendigkeit einer Abgrenzung des Arbeitsmarktes Kultureller Bildung

Fachlichkeit, Qualifizierung und Qualität sind die Begriffe, mit denen eine Abgrenzung des Arbeitsmarktes Kulturelle Bildung erfolgen soll. Die beschriebene Offenheit des Arbeits­marktsegments und die teilweise nicht erforderlichen Berufsabschlüsse können durch eine konsequente Anwendung dieser Begrifflichkeiten eingegrenzt werden. Damit wird unter anderem eine Trennung zwischen den Methoden und Formaten Kultureller Bildung, die von ganz verschiedenen pädagogischen Berufsgruppen angewandt werden, und denjenigen, die aus Sicht der Kunst an Kultur heranführen bzw. die Auseinandersetzung damit ermöglichen sollen, erreicht.

Ausblick

Angesichts des in den nächsten Jahren anstehenden Generationenwechsels in vielen Kul­tureinrichtungen wie auch in Einrichtungen der Kulturellen Bildung wird es voraussichtlich einen stärkeren Bedarf sowie auch eine stärkere Nachfrage an MitarbeiterInnen geben. Mit Blick auf den demografischen Wandel werden insbesondere Profile im Bereich der Arbeit mit älteren Menschen oder mit MigrantInnen nachgefragt werden. Es bleibt zu hoffen, dass der Bedeutungsgewinn, den die Kulturelle Bildung seit einiger Zeit erfährt, sich auch in einer Abgrenzung und Qualifizierung dieses Arbeitsmarktsegmentes niederschlagen wird.

Anmerkungen

Dieser Text wurde erstmals im Handbuch Kulturelle Bildung (Hrsg. Bockhorst/ Reinwand/ Zacharias, 2012, München: kopaed) veröffentlicht.

Zitieren

Gerne dürfen Sie aus diesem Artikel zitieren. Folgende Angaben sind zusammenhängend mit dem Zitat zu nennen:

Gabriele Schulz (2013/2012): Arbeitsmarkt Kulturelle Bildung. In: KULTURELLE BILDUNG ONLINE: https://www.kubi-online.de/artikel/arbeitsmarkt-kulturelle-bildung (letzter Zugriff am 14.09.2021).

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Dieser Artikel wurde dauerhaft referenzier- und zitierbar gesichert unter https://doi.org/10.25529/92552.189.

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